
Biotopverbund für den Heldbock in Sachsen
Der Heldbock (Cerambyx cerdo) ist einer der bekanntesten heimischen Käfer. Mit bis zu 50 mm (ohne die bis zu 100 mm langen Fühler) gehört er zu den größten Bockkäfern Mitteleuropas. Der Heldbock besiedelt alte Eichen in sonniger Lage, also typischerweise mächtige Altbäume in Hartholzauen, an Waldrändern, in Alleen, parkartigen Landschaften, in halboffenen Alteichenbestände oder Hutewäldern. Wie die Art gefördert werden kann, wird seit einigen Jahren in Sachsen erprobt.
von DVL-Landesverband Sachsen erschienen am 09.10.2024Charakterart alter Eichenbestände und lebt mit einer Vielzahl anderer Insektenarten im gleichen Lebensraum, für die er zum Teil erst entsprechende Lebensbedingungen schafft.1
In vielen Wäldern findet der Heldbock heute aber keinen geeigneten Lebensraum mehr, weil die zur Entwicklung benötigten alten und morschen Bäume nicht mehr vorhanden sind. Die Art ist in Deutschland vom Aussterben bedroht und europaweit geschützt. Der Heldbock ist besonders anfällig gegen Beeinträchtigungen und Veränderungen des Lebensraums. Als langfristig wirkende deutschlandweite Hauptgefährdungsursache ist die fehlende Vernetzung beziehungsweise die zunehmende Isolation vieler derzeit besiedelter Lebensräume anzusehen.
Auch in Sachsen gilt der Heldbock als vom Aussterben bedroht. Die letzten Verbreitungsschwerpunkte sind die Flussauen im Mulden- und Elbtal.2 Die Landschaftspflegeverbände (LPV) Torgau-Oschatz und Nordwestsachsen haben es sich zur Aufgabe gemacht, der Zersiedelung des Lebensraums des Heldbocks entgegenzuwirken. Eine Erfassung des LPV Nordwestsachsen aus dem Jahr 2022 zeigte, wie dramatisch die Situation ist: nur 31 von 440 gefundenen Lebensstätten in der Muldeaue zwischen Eilenburg und Bad Düben gelten als besiedelt, 196 wurden als endgültig erloschen eingestuft.3
Der LPV Torgau-Oschatz widmet sich bereits seit 2013 dem Heldbock und hat im vergangenen Jahrzehnt auf mehreren Hektar hunderte neuer Eichen gepflanzt und die Umgebung verstärkt entbuscht und freigestellt, um ausreichende Besonnung der besiedelten Alteichen zu gewährleisten. Ergänzend dazu informiert und sensibilisiert der LPV Torgau-Oschatz mit vielfältigen Angeboten – Exkursionen, Informationsblättern, Aktionstagen und ähnlichem – die Bevölkerung für dieses Thema und die Bedeutung alter, auch abgestorbener Eichen.
Gerade bei Heldbockvorkommen wie die im Triestewitzer Landschaftspark, wo neben den naturschutzfachlichen auch Aspekte des Denkmalschutzes eine wichtige Rolle spielen, ist diese Öffentlichkeitsarbeit von großer Bedeutung. Neben den Maßnahmen im Aktionsgebiet wurde auch ein Plan mit Biotopsicherungs- und -entwicklungsmaßnahmen erstellt, um weitere noch vorhandene und neu entdeckte Vorkommensgebiete, sogar bis nach Brandenburg, miteinander zu vernetzen.4 Das Fachbüro Stegnerplan, mit dem der LPV bei Heldbockprojekten seit vielen Jahren eng zusammenarbeitet, hat die wichtigsten Informationen und Erkennungsmerkmale in einer kompakten Handreichung zusammengestellt.

Zwischen Eilenburg bis Bad Düben will der LPV Nordwestsachsen vorhandene Altstrukturen mit derzeitigem Bestandsvorkommen durch Neupflanzungen und dem Freistellen vorhandener Stiel-Eichen verbinden und verbessern. Im Spätsommer 2023 konnte für die ersten vier Flächen ein Konzept erstellt und bei einer Rundfahrt den Eigentümer*innen und BewirtschafterInnen vorgestellt werden. Bald schon sollen auf diesen Flächen die ersten Stiel-Eichen für kommende Heldbock-Generationen gepflanzt werden. Auch hier lediglich als Auftakt und Grundlage eines größeren Biotopverbundkonzepts.

Ob die Aktivitäten der LPV Früchte tragen werden und der Rückgang des Heldbocks in Sachsen dauerhaft aufzuhalten ist, wird die Zukunft erst noch zeigen. Schließlich brauchen die gepflanzten Eichen Jahrzehnte bis Jahrhunderte, ehe sie wirklich als Lebensraum für den Heldbock zur Verfügung steht. Aber auch für unsere Kulturlandschaft sowie für zahlreiche weitere Tier- und Pflanzenarten sind der Eichenbestand und die Nachpflanzungen von großer Bedeutung.
1 S. BfN-Artenportaits 2024: Cerambyx cerdo – Heldbock
2 Sächsisches Landesamt für Umwelt und Geologie 2022: Heldbock
3 LPV Nordwestsachsen, 2024: Biotopverbund für den Heldbock in der Muldeaue, DVL-Rundbrief 03/24
4 LPV Torgau-Oschatz 2024: Ökologischer sozialer Wohnungsbau für den Heldbock
DVL-Landesverband Sachsen Tel. 03501 5827341info@dvl-sachsen.de
Der Landesverband Sachsen ist Mitglied im Deutschen Verband für Landschaftspflege e.V. (DVL). Landschaftspflegeverbände sind Zusammenschlüsse, in denen Landwirtinnen und Landwirte, Naturschützende sowie Kommunalpolitikerinnen und Kommunalpolitiker gemeinsam naturnahe Landschaftsräume erhalten oder neu schaffen.
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