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Landschaft zum Wasserspeicher entwickeln

Synergien zwischen Wasserrückhalt und Naturschutz nutzen

In der Landwirtschaft liegt eine der zukünftigen Herausforderungen der Klimaanpassung darin, durch spezielle Landschaftsgestaltungs- und Bodenschutzmaßnahmen die Wasserspeicherfähigkeit der Flächen zu erhöhen. Dadurch können Extremwetterereignisse abgepuffert werden. Mit Maßnahmen in der Flur, auf Feldstück­ebene und an Gewässern können Oberflächenabflüsse redu­ziert, Erosion vermindert und damit die Wasserinfiltration er­höht werden. Der Schlüssel für die Umsetzung liegt dabei in der kooperativen Entwicklung von regionalen Lösungen. Ein Win-Win-Effekt entsteht, wenn auch naturschutzfachliche Ziele be­rücksichtigt werden.

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Windwasserpumpen können die Landschaft zum Wasserspeicher machen: Im Winter helfen sie dabei, Niederungen zu überfluten.
Windwasserpumpen können die Landschaft zum Wasserspeicher machen: Im Winter helfen sie dabei, Niederungen zu überfluten.Schenkenberger
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Durch den Klimawandel nehmen Extremwetterereignisse wie Dürren und Starkregen zu. Bei einer Klimaerwärmung um 3 °C prognostiziert das Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung eine Erhöhung der durchschnittlichen Dürremonate in der Bun­desrepublik um 50 %. In Hinblick auf Hochwasser wird in den Sommermonaten Mai bis Oktober eine Zunahme der jährlichen Maxima erwartet (1). Die Folgen sind eine verstärkte Wind- und Wassererosion. Humusverlust ist nicht nur im Hinblick auf die Fruchtbarkeit der Böden fatal: Humus kann das Fünffache seines Gewichts an Wasser speichern und so Extremwetter­ereignisse abpuffern. Der Trockenstress auf die Pflanzen min­dert Wachstum und Erträge in der landwirtschaftlichen Produk­tion und stellt Landwirte vor große Herausforderung.

Landschaft zum Wasserspeicher entwickeln

Bund und Länder verfolgen die Strategie, die Eigenverantwor­tung der landwirtschaftlichen Unternehmer zur Risikovorsorge zu stärken und diese durch Forschung und Förderprogramme zu unterstützen. So sieht zum Beispiel die Deutsche Anpassungsstrategie an den Klimawandel (DAS) für den Be­reich Landwirtschaft unter anderem vor, zukünftig angepasste Pflanzensor­ten zu entwickeln und Verfahren zur Verbesserung der Bodenfruchtbarkeit und der Bodenstruktur im Rahmen von Agrarumweltmaßnahmen zu fördern. Die Deutsche Ackerbaustrategie will die regionale Betroffenheit evaluieren und darauf basierend Empfehlungen für einen an den Klimawandel angepassten Ackerbau ableiten. Dabei sollen die As­pekte Kulturarten, Sorten und Frucht­folgen, Bewirtschaftungsmethoden, Bo­denbearbeitung oder Erosionsschutz einbezogen werden. Diskutiert wird zu­dem der Ausbau von Bewässerungsan­lagen. Doch auch die Deutsche Acker­baustrategie nennt bei den Zielkonflik­ten das Problem: „Der Ausbau von Be­regnungs-/Bewässerungskapazitäten kann durch das lokal verfüg­bare Wasserangebot begrenzt sein“ (2). Deshalb sollte Bewässe­rung nicht die erste Wahl sein. Um die Landwirtschaft an die veränderten Klimabedingungen anzupassen, ist es stattdessen zielführend, eine Agrarlandschaft zu schaffen, in der Oberflä­chenabflüsse verringert und die Wasserinfiltration erhöht wer­den. Dieses Ziel hat auch das Bundesumweltministerium in der ersten nationalen Wasserstrategie für das Jahr 2050 defi­niert:

„Der naturnahe Wasserhaushalt ist so weit wie möglich hergestellt, wobei der Erhalt der natürlichen Bodenfunktionen gegeben ist, der Rückhalt des Wassers in der Fläche gestärkt ist und der Flächenverbrauch sowie die Bodenversiegelung minimiert sind.“ (3)

Maßnahmen zum verbesserten Wasserrückhalt

Generelles Ziel ist es, die Infiltrationsrate einerseits zu erhöhen, anderseits die Oberflächenabflüsse und Erosion zu verringern und den Aufbau von Humus als guter Wasserspeicher zu för­dern. Die Infiltrationsrate (Wassermenge, die je Zeiteinheit ver­sickert) ist unter anderem von Faktoren wie Klima, Gelände und Bodentypen abhängig, auf die Landwirte wenig Einfluss ha­ben. Landwirte können die Infiltration aber über die Nutzung und Bo­denbearbeitung positiv beeinflussen (siehe Tabelle 1).

Die Deutsche Vereinigung für Wasserwirtschaft, Abwasser und Abfall empfiehlt, wie eine Agrarlandschaft gestaltet sein muss, um den Wasserrückhalt zu verbessern. Dazu zählen unter an­derem ein hoher Anteil an Gehölzen und Dauergrünland, ver­kürzte Hanglängen und kleine Schläge, die durch Landschafts­strukturelemente und Pufferstreifen abgegrenzt werden (4). Zu­sätzlich kann das Landschaftsplanungsinstrument „Keyline-De­sign“ (Schlüssellinienkultur) angewendet werden. Dabei werden Bearbeitungs- und Pflanzenmuster so erstellt, dass Oberflä­chen- und Bodenwasser besser verteilt und gespeichert werden können.

Auch auf Ackerflächen können produktionsintegrierte Maß­nahmen die Oberflächenabflüsse verringern und den Hu­musaufbau fördern. Beispiele sind der Anbau von Zwischen­früchten und Untersaaten, mehrjähriger (Energie-)pflanzen, Winterbegrünungen sowie bodenschonende Anbauverfahren wie Direktsaat, Mulchsaat mit einmaliger Bodenbearbeitung oder Strip Tillage. Bei der Wahl der Kulturarten sollten sowohl die Durchlässigkeit der Bodentypen als auch die Hangneigung einbezogen werden. Wasser infiltriert auf Grünland wesentlich besser als auf Acker, aber auch hier gibt es Unterschiede zwi­schen intensiv und extensiv bewirtschafteten Flächen. So kann zum Beispiel durch ein optimiertes Weidemanagement („Portions­weide“) und eine angepasste Besatzdichte die Grasnarbe ver­dichtet und die Infiltration erhöht werden. Agroforstsysteme, ob traditionell (zum Beispiel Streuobstwiesen, Hecken) oder modern (zum Beispiel lineare Pflanzungen von Kurzumtriebsplantagen oder Stamm­holz zwischen Ackerflächen), steigern die Versickerung enorm. Gehölze erhöhen die Infiltration im Vergleich zu Acker und Grünland wesentlich (siehe Tabelle 1) und können zudem für mehr Wasser im System sorgen, da sie über die Wurzeln an tie­fere Wasserschichten gelangen.

Bewirtschaftungsmaßnahmen können durch bauliche Maß­nahmen etwa von Rückhaltebecken oder den Abbau von Drai­nagen ergänzt werden. An Gewässern tragen Maßnahmen wie Pufferrandstreifen sowie die Renaturierung von Fließgewässern bis hin zur Wiederherstellung von überflutbaren Auen zum ver­besserten Wasserrückhalt bei.

Synergien mit naturschutzfachlichen Zielsetzungen nutzen

Welche Maßnahmen bevorzugt umgesetzt werden sollten, hängt von der Region ab. Dabei spielen Naturraum, landwirt­schaftliche Betriebsstrukturen sowie Förderinstrumente und vorhandene Akteursnetzwerke eine Rolle. Zwar können auch einzelne Landwirte über eine Bewirtschaftungsanpassung Ver­besserungen beim Wasserrückhalt auf ihren Flächen erzielen. Die Wirkung ist aber höher, wenn viele dezentrale, aber strate­gisch platzierte Maßnahmen in einem großen Einzugsgebiet umgesetzt werden.

Dabei sollten die Synergieeffekte, welche die beschriebenen Maßnahmen mit anderen naturschutzfachlichen Zielen bieten, genutzt werden: Hecken- und Bäume, Grünland und Humus binden Kohlenstoff und tragen zum Klimaschutz bei. Gewässer­randstreifen schützen vor Stoffeinträgen und verbessern die Wasserqualität im Sinne der Europäischen Wasserrahmen­richtlinie. Abwechslungsreiche, kleinstrukturierte Landschaften mit einem hohen Anteil an Landschaftselementen erhöhen die Biodiversität und unterstützen die Umsetzung der Europäi­schen Biodiversitätsstrategie 2030. Der Anbau von mehrjähri­gen Energiepflanzen (zum Beispiel Durchwachsene Silphie oder Wild­pflanzenmischungen) und Energiehölzern in Agroforstsystemen helfen, fossile Energieträger zu substituieren. Bei der Wieder­vernässung von Moorstandorten bzw. ihrer Bewirtschaftung bei einem hohen Wasserstand wird Kohlenstoff im Boden gebun­den. Der dort mögliche Anbau von Paludikulturen wie Schilf, Rohrkolben oder Torfmoosen liefert natürliche Rohstoffe im Sinne der Bioökonomie (siehe Weiterführende Informationen).

Bei einer großflächigen Planung von vielfältigen Maßnah­men sind unterschiedliche Akteure involviert: Kommunen, Landwirtinnen und Landwirte, Wasserwirtschaft, Wasser- und Bodenverbände, Ämter für Landwirtschaft und Umwelt, Planungs- und Umset­zungsbüros, private Akteure, Vereine, Forschung, Maschinen­ringe und andere. Da es sich bei der Verbesserung des natürli­chen Wasserrückhaltes um eine Querschnittsaufgabe verschie­dener Akteure und Ressorts handelt, können zu ihrer Realisie­rung auch vielfältige Finanzierungsquellen hinzugezogen wer­den (siehe Abbildung 1).

Rolle der Landschaftspflegeorganisationen

Bei der Umsetzung von Projekten fallen vielseitige Aufgaben an: von der Kontaktaufnahme und Beratung relevanter Akteure wie Kommunen und Landwirte über die Bestandskartierung, Maßnahmenentwicklung und Finanzierungsberatung bis hin zur Umsetzung und Betreuung. Eine Hauptaufgabe ist es, den In­formationsfluss zwischen den Akteuren sicherzustellen: Pla­nungsbüros müssen ökologische Zusammenhänge verstehen und die Anliegen der Akteure bei der Maßnahmenplanung einbeziehen. Ämter müssen über geplante Maßnahmen frühzei­tig informiert werden, um ihre Genehmigungsfähigkeit sicherzu­stellen. Öffentlichkeitsarbeit fördert Akzeptanz, was wiederum die Bereitschaft von Landwirten und Kommunen zur Beteili­gung erhöht. Die aufwändigste Arbeit an einem Planungspro­zess ist es oft, die unterschiedlichen Flächeneigentümer und -bewirtschafter im Projektgebiet zu kontaktieren und für das Projekt zu gewinnen sowie die passenden Maßnahmen mit ihnen abzustimmen. Dafür sind geschickte Kommunikation und Mediation gefragt. Landschaftspflegeorganisationen haben durch ihre Drittelparität aus Landwirtschaft, Naturschutz und Politik sowie die Gemeinnützigkeit ideale Voraussetzungen diese Aufgaben auszufüllen. Da sie Erfahrung in vielen Themenberei­chen haben, welche auch den Wasserrückhalt betreffen, können die deutschlandweit 190 Landschaftspflege­organisationen bei dieser Zukunftsaufgabe unterstützen und den Aspekt „Wasserrückhalt“ in ihre Beratungstätigkeiten so­wie in neue Projekte integrieren.

Weiterführende Informationen

Deutscher Verband für Landschaftspflege e.V. (2021) Ver­besserung des natürlichen Wasserrückhaltes in der Agrarland­schaft, Nr. 29 der DVL-Schriftenreihe „Landschaft als Lebens­raum“ (PDF

Deutscher Verband für Landschaftspflege e.V. (2019): Ko­operativer Klimaschutz durch angepasste Nutzung organischer Böden – Ein Leitfaden, Nr. 26 der DVL-Schriftenreihe „Land­schaft als Lebensraum“ (PDF)

 

(1)  Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung GmbH – UFZ (Hrsg.) (2018): Auswirkungen der globalen Erwärmung auf hydrologische und agrarische Dürren und Hochwasser in Deutschland.

(2)  Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) (2021): Ackerbaustrategie 2035. Perspektiven für einen produktiven und vielfälti­gen Pflanzenbau.

(3)  Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz (BMUV) (2023): Nationale Wasserstrategie. Kabinettsbeschluss vom 15. März 2023

(4)  DWA Deutsche Vereinigung für Wasserwirtschaft, Abwasser und Abfall e.V. (Hg) (2015): Wasserrückhalt in der Fläche durch Maßnahmen in der Landwirtschaft – Bewertung und Folgerungen für die Praxis. Hennef

(5)  Auerswald, K. & Seibert, S.P. (2020): Hochwasserminderung im ländli­chen Raum. Verlag: Springer Berlin Heidelberg

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  • User_MTg2Mzk2Ng 16.07.2023 13:04
    Beim Überfliegen des Artikels ist mir aufgefallen, dass (mal wieder) das Wort Drainagen nicht auftaucht. Ich verstehe das nicht. Unser Land ist auf undurchlässigen Böden flächig drainiert, im Acker mit 8 m Abstand, im Grünland mit etwas mehr Abstand und wir reden wieder über tausende Themen, die wir angehen mit dem Motto, mal wieder alle bessere Menschen werden zu wollen und keiner redet über die Ursache Nummer 1, die Drainagen. Gerne kann ich hierzu informieren, aber zunächst müsste das Thema erst mal erkannt werden. Das ist etwas ähnlich, wie das Insektensterben dem Klima und der Lichtverschmutzung zuzuschreiben und kaum werden die Neonics verboten, sind die Insekten wieder da. Dass Insekten gifte Insekten töten oder das Trockenlegungseinrichtungen trockenlegen, fast unglaublich ... Ist unser gesunder Menschenverstand erblindet? ;-)
    • User_MTg2Mzk2Ng 17.07.2023 10:17
      Es sei ergänzt: In einem kurzen Abschnitt taucht das Wort "Drainagen" tatsächlich auf. Der Kommentar sei hiermit abgemildert mit der Bitte, diesem Wort die zentrale Stellung zu geben, die es "verdient", ohne die vielen anderen Begleitthemen damit zu bagatellisieren. Ein Pilotprojekt "Teilrückbau von Drainagen" wäre mehr als überfällig!
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