Geben Sie einen Suchbegriff ein
oder nutzen Sie einen Webcode aus dem Magazin.

Geben Sie einen Begriff oder Webcode ein und klicken Sie auf Suchen.
Zarte Blüten durch Plackerei

Landschaftspflege in der Heide

Bei einem Ausflug durch die Lüneburger Heide steht bei vielen Touristen eine Fahrt mit der Pferdekutsche durch die blühende Landschaft, vorbei an Heidschnucken, auf dem Programm. Doch das Landschaftsschutzgebiet ist stark von Menschenhand geprägt und ist sogar auf den Eingriff des Menschen angewiesen, um weiter bestehen und blühen zu können. Swane Jung erklärt, worum es in der Heidepflege geht.

von Swane Jung erschienen am 13.10.2025
Von August bis September steht die Besenheide ( Calluna vulgaris ) in der Lüneburger Heide in voller Blüte. © Swane Jung
Artikel teilen:

Der von Pferdehufen und Rädern zerfurchte Weg, auf dem die Kutschen durch die Osterheide bei Schneverdingen fahren, ist von kniehohen, trockenen Sträuchern umgeben. Nur vereinzelt stehen in der weiten Landschaft kleinere Baumgruppen, am Horizont zeichnet sich Wald ab. Trotz der Hitze sind auf den sandigen Wegen zahlreiche Wanderer unterwegs. Noch mehr Gäste werden erwartet, wenn sich in wenigen Tagen die Blüten der Besenheide öffnen und sich die Landschaft in ein in Lila und Magenta leuchtendes Blütenmeer verwandeln wird.

Was wie eine ursprüngliche, natürliche Landschaft erscheint, kann jedoch nicht ohne das Einwirken des Menschen bestehen. Denn Heidelandschaften mit ihrer beeindruckenden Heideblüte sind vom Menschen geschaffene Kulturlandschaften, die nur durch kontinuierliche und umfangreiche Landschaftspflegemaßnahmen wie Schoppern, Brennen und Plaggen erhalten werden können.

Als Heiden werden Offenlandschaften mit mageren Böden bezeichnet, die hauptsächlich mit Zwergsträuchern wie den namensgebenden Heidekrautgewächsen (Ericaceae) und weiteren hartlaubigen Pflanzen wie Ginster oder Wacholder bewachsen sind. Entstanden sind die meisten Heidelandschaften in Deutschland durch die extensive Nutzung des Bodens durch den Menschen. Nur unter speziellen Bedingungen, wie sie beispielsweise an der Ostseeküste und auf der Insel Hiddensee herrschen, kommen natürliche Zwergstrauchheiden vor. Neu entstehen können Heiden heute noch auf kontinuierlich mechanisch beanspruchten Flächen wie Truppenübungsplätzen.

Auch das Gebiet, in dem sich heute die Lüneburger Heide befindet, war ursprünglich von großen Wäldern bedeckt. Im Laufe der Zeit verschwanden die Wälder, da sie als Weideflächen und für die Holzgewinnung genutzt wurden. Später wurde auf den Böden Ackerbau betrieben, was ihnen zunehmend die Nährstoffe entzog. Nur wenige spezialisierte Pflanzenarten waren in der Lage, sich auf den ausgelaugten Böden anzusiedeln, wodurch die Heidelandschaft entstand. Bis ins 19. Jahrhundert wurde auf den Flächen Heidebauernwirtschaft betrieben. Ab den 1950er Jahren war es durch den Einsatz von Düngemitteln wieder möglich, die Heide in Ackerland umzuwandeln, weshalb heute nur noch ein sehr geringer Prozentsatz der ursprünglichen Heideflächen intakt ist.

Auf den sandigen, nährstoffarmen Böden der Ostseeküste in der Nähe Rostocks finden sich vereinzelt natürliche Vorkommen der Besenheide.
Auf den sandigen, nährstoffarmen Böden der Ostseeküste in der Nähe Rostocks finden sich vereinzelt natürliche Vorkommen der Besenheide. © Swane Jung

Große Heidschnuckenherden mit vielen hundert Tieren sind überall in dieser Landschaft unterwegs. Die Haltung der ikonischen Landschafrasse mit dem graumelierten, zotteligen Fell ist das traditionelle Nutzungssystem und bis heute eine der wichtigsten Landschaftspflegemaßnahmen zur Erhaltung dieser Kulturlandschaft. Ohne Beweidung würden sich nach kurzer Zeit Bäume auf den Flächen ansiedeln und ein Wald entstehen. Der Verbiss durch die Tiere führt zudem zu einer Verjüngung der Heidepflanzen mit kräftigerer Blüte. Durch die scharfen Hufe wird das Aufwachsen von Moosen verhindert und es kommt zu einem Nährstofftransfer in die Ställe.

Neben Heidschnucken werden heute auch Ziegen zur Beweidung eingesetzt, da diese auch Gehölze anfressen, die von den Schafen ausgelassen werden, und auch die Standhaltung von Rindern und Pferden zeigt positive Effekte auf die Bodenqualität. Zusätzlich werden Baumsprösslinge von Pionierbaumarten wie beispielsweise Kiefern durch Entkusseln manuell mit Spaten und Astschere entfernt und bei Bedarf auch größere Gehölze entnommen. Um dabei eine möglichst vielfältige, biodiversitätsreiche Landschaft zu fördern, werden möglichst viele verschiedene Sukzessionsstadien erhalten.

Neben dem Entfernen aufkommender Bäume liegt der Fokus der Landschaftspflegemaßnahmen in Heidelandschaften stark auf dem Erhalt und der Wiederherstellung eines mageren, nährstoffarmen Bodens. Als natürlicher Prozess der Landschaftsentwicklung, aber auch durch Eintrag über die Luft, reichern sich im Boden sukzessive Nährstoffe an, wodurch sich schnellwachsende Gräser schneller ausbreiten und die typische Heidevegetation verdrängen.

Der Nährstoffgehalt im Boden wird durch das Abtragen der stickstoffreichen oberen Bodenschichten verringert. Der Umfang der dabei entfernten Bodenschichten und der Materialmengen hängt vom Zustand der Gebiete ab. Wenig vergraste Flächen können durch Ausharken oder Vertikutieren entmoost werden, wobei sowohl Moos als auch Rohhumusanteile entnommen werden. Das Entmoosen ist zudem kostengünstig und kann regelmäßig durchgeführt werden. Findet keine Beweidung statt, kann zudem im Abstand mehrerer Jahre gemäht werden. Auch durch eine gründliche Mahd kommt es zu einer Verjüngung der Heidepflanzen und zum Erhalt der Blüte. Das Mahdgut kann kleingehäckselt für die Anlage neuer Heideflächen genutzt werden.

Auf Flächen mit einem Grasanteil von bis zu 30 % mit einer niedrigen Rohhumusauflage kommt das Schoppern zum Einsatz. Dabei wird die gesamte Vegetationsschicht und der größte Teil der Rohhumusauflage entfernt. Als Alternative für die Spezialmaschinen, die nur von wenigen Firmen in Deutschland eingesetzt werden, können dazu auch Anbauhäcksler für Grassilage verwendet werden. Die oberirdischen Teile der Pflanzen werden beim Schoppern zwar vollständig entfernt, das Heidekraut wächst jedoch direkt aus dem Wurzelstock und blüht bereits nach einem Jahr wieder. Neben der Verjüngung der Pflanzen profitiert die Landschaft auch von der Freilegung verschiedener Samen aus der Samenbank, wodurch sich Pflanzen wie die Niedrige Schwarzwurzel (Scorzonera humilis) oder die Thymianseide (Cuscuta epithymum) ausbreiten können. Die regelmäßige Pflege der Heideflächen wirkt auch der Ausbreitung des Heideblattkäfers (Lochmaea suturalis) entgegen, dessen Larven die Triebe der älteren Pflanzen abfressen und so eine Blüte verhindern. Durch Entmoosen und Schoppern wird die Bodenschicht entfernt, in der der Käfer überwintert, und so Massenvermehrungen verhindert.

Bei starker Vergrasung kommt das Plaggen zum Einsatz, bei dem der Boden bis in den Mineralbodenhorizont hinein abgetragen wird. Durch diesen radikalen Eingriff entsteht Offenboden. Die Vegetation wird durch Pflanzen mit geringer Konkurrenzkraft vielfältiger und auch Tierarten, die Offensandbereiche benötigen, wie Kreuzottern oder Steinschmätzer, profitieren vom Plaggen. Aufgrund der hohen Kosten und dem anschließenden jahrelangen Ausbleiben der Heideblüte wird jedoch nur noch selten geplaggt. Bis es spezielle Plaggmaschinen und Bagger gab, musste der Boden manuell mit einer Plaggenhacke entfernt werden, woraus sich der Begriff „Plackerei“ für schwere Arbeiten entwickelt hat.

Während großflächig beweidet wird, werden invasive Maßnahmen nur in Korridoren angewendet, um den Erhalt der Tier- und Pflanzenwelt zu sichern. Dazu gehört auch das Heidebrennen, mit kontrolliert gelegten Feuern. Anders als beim Abtragen der oberen Bodenschichten bleiben Nährelemente wie Phosphor und Magnesium erhalten und der Artenreichtum auf den gebrannten Flächen ist dadurch häufig größer. Tierarten wie das Birkhuhn oder die Heideschrecke profitieren von den sich im Frühjahr schnell aufwärmenden schwarzen Böden. Brennen lohnt sich jedoch nur auf Flächen mit geringer Rohhumusauflage, da es sonst schnell zu einer erneuten Vergrasung kommt, und ist aufgrund der notwendigen Sicherheitsmaßnahmen mit einem hohen Personalaufwand verbunden.

Nur durch kontinuierliche, kostenintensive Landschaftspflegemaßnahmen ist der Erhalt der anthropogenen Heidelandschaften möglich, und neben großer Expertise ist hierfür ein hoher Personal- und Organisationsaufwand notwendig. Doch viele Heideflächen sind heute Landschafts- oder Naturschutzgebiete und der Lebensraum für zahlreiche unter Schutz stehende Tier- und Pflanzenarten. Zudem sind sie – und das nicht nur zur Blütezeit des Heidekrauts – Naturlandschaften mit einzigartiger Schönheit und besonderem Erhaltungswert.

Auf den sandigen, nährstoffarmen Böden der Ostseeküste in der Nähe Rostocks finden sich vereinzelt natürliche Vorkommen der Besenheide.
Auf den sandigen, nährstoffarmen Böden der Ostseeküste in der Nähe Rostocks finden sich vereinzelt natürliche Vorkommen der Besenheide. © Swane Jung
0 Kommentare
Was denken Sie? Artikel kommentieren

Zu diesem Artikel liegen noch keine Kommentare vor.
Schreiben Sie den ersten Kommentar.

Artikel kommentieren
Was denken Sie? Artikel kommentieren