Schutzkonzept für Streuobstwiesen zur Anpassung an den Klimawandel
Die Landschaftspflegeorganisation Main-Taunus Naturlandschaft und Streuobst e. V. erprobt im Rahmen eines dreijährigen Projektes neue Pflanzmethoden für Streuobstwiesen zur Anpassung an den Klimawandel. Erste vielversprechende Ergebnisse liegen bereits vor!
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Trockenstress für Obstbäume gibt es im Vordertaunus nicht erst seit den Trockenjahren 2018 bis 2020. Im Vordertaunus begann das Problem des Klimawandels sichtbar zu werden seit dem extremen Witterungsjahr 2003: hohe Temperaturen bereits im Februar, nur halb so viel Niederschlag wie im langjährigen Mittel, Frühjahrstrockenheit während der Blüte. Darauf folgten noch die Trockenjahre 2004 und 2005. Seitdem tritt der „Schwarze Rindenbrand“ sichtbar nicht nur bei allen Jungbäumen, sondern auch in Altbeständen und in allen Altersklassen auf. Die Schwächung der Obstbäume durch den Rindenbrand hatte jährlich wiederkehrende Kalamitäten von Blausieb, Apfelbaum-Gespinstmotte, Apfelblütenstecher und anderen zur Folge. Seit 2020 ist in der Region auch flächendeckend Borkenkäferbefall im Streuobst nachgewiesen.
Die ausgeprägte jährliche Frühjahrs-Trockenheit und Hitzewellen in der Wachstumszeit setzen insbesondere den Jungbäumen zu. Das hat zur Folge, dass man mit dem üblichen Wässerungsregime von Mai/Juni bis August – wie es auch in Ausschreibungen vorgesehen ist und sich vor allem in den Köpfen manifestiert hat – keine Jungbäume mehr ins Wachstum bekommt.
Im Frühjahr 2020 gab es einen bundesweiten digitalen Expertenworkshop zum Streuobst im Klimawandel. Dabei wurde klar, dass es an Forschung mangelt und auch keine speziellen Ansätze für hochstämmige Obstbäume verfolgt werden. Professor Dr. Claudia Kammann, zuständig für den Fachbereich Klimafolgenforschung an Sonderkulturen an der Universität Geisenheim, stellte klar: „Wer jetzt noch über alte oder neue Sorten diskutiert, bei dem ist die Wucht des Klimawandels noch nicht angekommen.“
Das war der letzte Anstoß für den LPV, sich mit alternativen Pflanzmethoden zu beschäftigen. Wie kommen Jungbäume in ein stabiles Wachstum? Wie vermeidet man Stress für die Jungpflanzen?
Den größten Stress erleben die Jungbäume bei der Pflanzung. Sie kommen aus der Luxussituation der Baumschule mit optimaler Versorgung und geraten in die Mangelsituation auf der Streuobstwiese mit sporadischer Versorgung. Vermeiden kann man diesen Stress zum Beispiel durch eine Pflanzung der Unterlage am endgültigen Standort. Dort wird später veredelt, der kleine Baum kann sich mit seinem Wurzelwachstum an die Bedingungen des jeweiligen Standortes anpassen und benötigt anfangs wesentlich weniger Wasser, da er sehr klein ist.
Unser Projekt, finanziert durch die GAK, sieht die Erprobung neuer Pflanzmethoden auf zehn Standorten vor, mit sehr unterschiedlichen Bodenverhältnissen von Sandboden über sandigen Lehm bis zu Gley. 107 Jungbäume wurden im November 2021 gesetzt, und zwar als zweijährige Unterlage (Foto 1).
Dabei wurden zur Bodenverbesserung und zum besseren Wasserhaltevermögen zwei verschiedene Präparate von Pflanzenkohle eingearbeitet. Jeweils eine Pflanzung je Standort erhielt keine „Düngung“, und jeweils ein Bäumchen wurde ohne Pflanzloch als reine Spaltpflanzung gesetzt. Im April wurden die Sorten auf diese Unterlagen veredelt (Foto 2).
Bislang beobachten wir einen gesunden Aufwuchs, auch auf dem reinen Sandboden. Wir beschäftigen uns mit dem Thema Pflanzlochgröße, etwa um herauszufinden, ob man von der Empfehlung, möglichst große Pflanzlöcher anzulegen, abrücken muss, um den Eingriff in das Bodengefüge gering zu halten.
Da das Projekt auf drei Jahre angelegt ist, haben wir uns für die zweijährigen Unterlagen entschieden, damit innerhalb der drei Jahre messbare Ergebnisse vorliegen können. Grundsätzlich wäre auch eine Aussaat der Kerne am Standort eine weitere Variante, die wir in diesem Zeitfenster nicht aufgreifen konnten. Künftige Streuobstpfleger brauchen deshalb wieder ein wesentlich breiteres Basiswissen als nur einen Baumschulkatalog zu konsultieren.
Kontakt: Barbara Helling, Main-Taunus-Naturlandschaft und Streuobst e.V., Am Kreishaus 1-5, 65719 Hofheim; Tel. 0162/1365732; info@streuobst-mtk.de
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