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Unteres Odertal

Geöffnete Polder stärken die Auen

Auen können Wasser speichern und reinigen. Ein Team unter Leitung des Leibniz-Instituts für Gewässerökologie und Binnenfischerei (IGB) hat in enger Zusammenarbeit mit dem Nationalpark Unteres Odertal untersucht, welche Rolle die ausgedehnten Flussauen der Oder für den Wasserhaushalt und den Umsatz von Nähr- und Schadstoffen spielen. Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass eine dauerhafte Öffnung der Überflutungswehre vorteilhaft sein könnte, um zumindest einige der Auen länger im Jahr in Kontakt mit dem Fluss zu halten und deren wichtige Funktion zu erhalten.

von IGB/Redaktion erschienen am 03.04.2025
Die Polder der Oder im Nationalpark Unteres Odertal © Dörthe Tetzlaff
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Im Nationalpark Unteres Odertal sind die Überflutungsflächen eingedeicht – ein Kompromiss zwischen natürlicher Aue und landwirtschaftlicher Nutzung, wie Dr. Jana Chmieleski, Stellvertretende Leiterin des Nationalparks, erklärt: „Diese Polder sind von Mitte Mai bis Mitte November geschlossen, in den übrigen Monaten dienen sie als Überflutungsflächen.“ Die Forscherinnen und Forscher quantifizierten über zwei Jahre in zwei Auenpoldern, woher das Wasser stammt, wie alt es ist, wie viel davon verdunstet, und wie es um die Wasserqualität und den Austausch mit dem Grundwasser steht. Außerdem wurde untersucht, welche Rolle die Auen für den Stoffrückhalt und -umsatz spielen. Die wichtigsten Erkenntnisse über die vorherrschenden Muster und Prozesse wurden in einem Konzept zusammengefasst, mit dem diese Ökosystemleistungen unter sich ändernden Umweltbedingungen besser abgeschätzt werden können.

Wie die Studie zeigt, ermöglichen hohe Wasserstände der Oder im Winter die Überflutung der Auenpolder. Mit dem Wasser gelangen auch viele gelöste Stoffe, die sowohl aus natürlichem organischen Material als auch aus Düngemitteln stammen, in die Auen. Während dieser Zeit ist das Wasser jedoch gut mit Sauerstoff versorgt, was besonders wichtig für Fische und andere Tiere ist, die in den Auen aufwachsen oder überwintern.

Mit dem Rückgang des Hochwassers im späten Frühjahr verstärken sich die Abbauprozesse des eingetragenen organischen Materials, der gelösten Stoffe und die Photosynthese der Pflanzen in den Auen. Beim Umsatz der Stoffe wird mehr Sauerstoff verbraucht als durch die Photosynthese gebildet wird. Unter diesen sauerstoffarmen Bedingungen finden biogeochemische Prozesse statt, die für die Verbesserung der Wasserqualität in den Auen entscheidend sind. „Beispielsweise wird der im Nitrat gebundene Stickstoff durch Denitrifikation zu molekularem Stickstoff umgesetzt, also in eine Form überführt, die relativ reaktionsträge ist und von den meisten Lebewesen nicht genutzt werden kann. In Gewässern und Böden ist er damit nicht mehr im Sinne eines Düngemittels verfügbar und nicht mehr umweltrelevant“, erläutert Prof. Chris Soulsby von der Universität Aberdeen, einer der Autoren der Studie.

Oberes Einzugsgebiet der Oder bringt viele Schadstoffe

„Die Ökosystemleistungen der Auen sind für die Oder besonders wichtig, da die industrialisierte und urbanisierte Region im oberen Odereinzugsgebiet Wasser mit einem breiten Schadstoffspektrum einleitet, auch wenn sich die Situation seit den 1990er-Jahren verbessert hat“, sagt Dr. Jana Chmieleski.

Dennoch leidet flussabwärts das Stettiner Haff als Übergangsbereich zwischen Fluss und Meer seit langem unter erheblichen Nährstoffbelastungen. Negativer Höhepunkt war die Umweltkatastrophe in der Oder im Jahr 2022, verursacht durch eine giftige Algenblüte, die unter anderem auf den hohen Salzgehalt der Grubenabwässer und zu hohe Nährstofffrachten zurückzuführen war.

Die Wasserqualität der Oder ist nach wie vor schlecht: Auch in den Sommern 2023 und 2024 erreichte zum Beispiel die Leitfähigkeit als Gradmesser für die Salzbelastung mit rund 1.500 Mikrosiemens pro Zentimeter mehrfach ähnliche Werte wie in der Anfangsphase der menschengemachten Umweltkatastrophe.

In den Oder-Auen findet nur ein geringer Wasseraustausch mit dem Grundwasser statt. Die Isotopenanalyse zur Herkunft und zum Alter des Wassers zeigte auch, dass die Auenpolder der Oder im Untersuchungsgebiet kaum vom Grundwasser gespeist werden, sondern das Wasser überwiegend aus den Überflutungen stammt, im Sommer spielt noch der Anteil des Niederschlags eine Rolle. Der Austausch mit dem Grundwasser ist aufgrund der geringen Abflüsse und der relativ flachen Ausprägung der Feuchtgebiete mit tonreichen Sedimenten in der oberen Aue begrenzt. Das unterstreicht, wie wichtig das Oberflächenwasser für den Landschaftswasserhaushalt ist.

Längeres Öffnen der Polder kann Vorteile haben

Da die Auenpolder kaum vom Grundwasser gespeist werden, sind sie auf regelmäßige Überflutungen angewiesen, um als Ökosysteme mit einer vielfältigen Flora und Fauna bestehen zu können. Doch im Zuge des Klimawandels werden sich die biogeochemischen Prozesse und der gesamte Wasserhaushalt deutlich verändern, erläutern die Autorinnen und Autoren. Geringere Wasserführung in Trockenperioden und erhöhte Verdunstungsverluste verringern die Vernetzung zwischen Aue und Fluss, wodurch alle oben beschriebenen Prozesse beeinträchtigt werden.

Eine längere Öffnung der Polder und die damit verbundene Erhöhung der Vernetzung in der Unteren Oder-Aue könnte daher deutliche Vorteile gegenüber der derzeitigen sommerlichen Schließung haben. So untermauern die Ergebnisse der Studie ein zentrales Vorhaben der Nationalparkverwaltung: einen der untersuchten Polder für fünf Jahre ganzjährig offen zu halten. Das IGB plant, diesen Öffnungszeitraum wissenschaftlich zu begleiten.

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