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Betrifft: Biologische Vielfalt

Das Bundes-Klimaanpassungsgesetz aus Sicht des Naturschutzes

Mit dem 1. Juli ist das Klimaanpassungsgesetz in Kraft getreten. Es zielt darauf ab, negative Auswirkungen, insbesondere drohende Schäden zu vermeiden und zu reduzieren sowie eine Anpassung an die Folgen des Klimawandels zu fördern. Dr. Juliane Albrecht beleuchtet das Gesetz aus naturschutzfachlicher Sicht.

von Dr. Juliane Albrecht erschienen am 08.07.2024
Bad Neuenahr-Ahrweiler nach der Flut im Jahr 2021 © Tjards Wendebourg
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I. Einleitung

Deutschland wird durch Klimaveränderungen vor große gesellschaftliche Herausforderungen gestellt. Wetterextreme wie Hitze, Dürre und Hochwasser verursachen enorme Schäden und werden in Zukunft häufiger auftreten. Auch der Naturschutz und die biologische Vielfalt sind von den Folgen des Klimawandels betroffen, z. B. durch die Verschiebung von Vegetationszonen, den Verlust von Lebensräumen und die Zuwanderung nichtheimischer Arten (Klotz, Settele 2017: 151 ff.). Um sich so gut wie möglich auf die Veränderungen einzustellen und das Ausmaß der Schäden zu minimieren, ist neben dem Klimaschutz auch die Anpassung an die unvermeidbaren Folgen des Klimawandels erforderlich (z. B. durch Hochwasserschutz, Hitzevorsorge und Dürremanagement).

Um die Klimaanpassung besser zu steuern, hat die Bundesregierung im November 2023 das Bundes-Klimaanpassungsgesetz (KAnG) verabschiedet. Mit diesem Gesetz, welches zum 1. Juli 2024 in Kraft getreten ist, soll erstmals ein strategischer und verbindlicher Rahmen für eine vorsorgende Anpassung an die Folgen des Klimawandels auf allen Verwaltungsebenen in Deutschland geschaffen werden. Im Gegensatz zu fachgesetzlichen Regelungen, welche die Berücksichtigung der Klimaanpassung in einzelnen Sektoren regeln (sog. Mainstreaming), handelt es sich bei dem neuen Gesetz um ein sektorenübergreifendes Umweltpolitikplanungsgesetz (Reese 2020: 541 f.). Die wesentlichen Inhalte für den Bund, die Länder und Kommunen werden nachfolgend aus der Perspektive des Naturschutzes vorgestellt.

II. Klimaanpassung im Bund

§ 3 KAnG regelt, dass die Bundesregierung bis zum 30.9.2025 eine vorsorgende Klimaanpassungsstrategie vorlegen soll. Diese hat sie im Rahmen ihrer Zuständigkeit umzusetzen und alle vier Jahre unter Berücksichtigung neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse fortzuschreiben. Die Strategie enthält u. a. messbare Ziele mit Zeitzielen sowie Indikatoren und Maßnahmen für die Zielerreichung (§ 3 Abs. 3 KAnG). Soweit die Maßnahmen nicht in der Zuständigkeit des Bundes, sondern in der Zuständigkeit der Länder liegen, werden entsprechende Empfehlungen aufgenommen. Die neue Strategie soll die bisherige Deutsche Anpassungsstrategie an den Klimawandel (DAS, Bundesregierung 2008) ablösen und befindet sich derzeit in Erarbeitung.

Da es sich bei der Klimaanpassung um eine Querschnittsmaterie handelt, betrifft die Klimaanpassungsstrategie verschiedene Cluster und ihnen zugeordnete Handlungsfelder (vgl. § 3 Abs. 2 KAnG). Die Cluster umfassen mindestens die Themenbereiche Infrastruktur, Land und Landnutzung, menschliche Gesundheit und Pflege, Stadtentwicklung, Raumplanung und Bevölkerungsschutz, Wasser sowie Wirtschaft. Zum Cluster Land und Landnutzung gehört u. a. auch das Handlungsfeld biologische Vielfalt. Darüber hinaus ist ein Cluster mit übergreifenden Handlungsfeldern (z. B. vulnerable Gruppen oder Arbeitsschutz) vorgesehen.

Aus dem Charakter des Klimaanpassungsgesetzes als übergreifendes Politikplanungsgesetz folgt, dass dieses keine konkreten Vorgaben für einzelne Sektoren bzw. Handlungsfelder enthält. § 3 Abs. 3 S. 2 KAnG regelt allerdings, dass im Fall des Vorliegens mehrerer geeigneter Maßnahmen die nachhaltigen Anpassungsmaßnahmen Vorrang haben sollen. Hierunter fallen insbesondere solche, die ausgeprägte Synergien zu den Bereichen des natürlichen Klimaschutzes, des Schutzes der biologischen Vielfalt, des resilienten Wasserhaushalts, der blau-grünen Infrastruktur oder der nachhaltigen Stadt- und Siedlungsentwicklung aufweisen. Aus Sicht des Naturschutzes sind Renaturierungsmaßnahmen als Beispiel zu nennen, da intakte Ökosysteme resilienter gegenüber klimatischen Veränderungen sind als geschädigte.

Als systematische Grundlage für die Klimaanpassung hat die Bundesregierung eine Klimarisikoanalyse zu erstellen und alle acht Jahre zu aktualisieren (§ 4 KAnG). Gemäß § 5 KAnG ist zudem ein Monitoring über die beobachteten Folgen des Klimawandels und die Zielerreichung durchzuführen. Ergibt sich daraus eine Zielverfehlung, soll eine Anpassung im Rahmen der Fortschreibung der Klimaanpassungsstrategie erfolgen. Die Bundesregierung setzt sich zudem zum Ziel, Bundesliegenschaften an die Folgen des Klimawandels anzupassen und damit eine Vorbildfunktion einzunehmen (vgl. § 7 KAnG).

III. Klimaanpassung auf Landesebene

Die Länder können gemäß § 9 Abs. 1 S. 1 KAnG eigene Gesetze zum Zweck der Klimaanpassung erlassen. In den meisten Bundesländern liegen bereits Klimagesetze vor, die neben dem Klimaschutz auch die Klimaanpassung regeln (Albrecht 2024: 26 f.). § 10 KAnG legt fest, dass die Länder selbst vorsorgende Klimaanpassungsstrategien mit Maßnahmenplänen vorlegen und umsetzen. Zur näheren Ausgestaltung wird auf die Klimaanpassungsstrategie des Bundes verwiesen. Die Strategien müssen auf Klimarisikoanalysen sowie Analysen darüber, welche Auswirkungen des Klimawandels in den einzelnen Ländern bereits eingetreten sind, beruhen. Hierzu sollen möglichst regionale Daten herangezogen werden.

IV. Klimaanpassung auf kommunaler Ebene

Für das Gebiet jeder Gemeinde und jedes Kreises ist nach Maßgabe des Landesrechts ein integriertes Klimaanpassungskonzept aufzustellen (§ 12 KAnG). Etwas schwer lesbar. Vorschlag: Die Länder können bestimmen, dass für Gemeinden unterhalb einer bestimmten Größe kein Klimaanpassungskonzept aufgestellt werden muss, sofern ihr Gebiet durch das Konzept eines Kreises abgedeckt ist. Länder, die von dieser Option keinen Gebrauch machen, können bestimmen, dass für das Gebiet von Kreisen kein Klimaanpassungskonzept aufgestellt wird.

Klimaanpassungskonzepte sollen auf einer Klimarisikoanalyse beruhen. Die Länder bestimmen dafür die wesentlichen Inhalte und Verfahren. In den Konzepten sind relevante Planungen und sonstige Grundlagen, wie z. B. Starkregen- und Hochwassergefahrenkarten, Freiraumkonzepte sowie Landschafts- und Grünordnungspläne zu berücksichtigen. Damit findet eine Verzahnung mit naturschutzrechtlichen Inhalten statt. Die Länder berichten dem Bund ab dem 30.9.2024 alle zwei Jahre, in welchem Umfang in den Gemeinden und Kreisen entsprechende Konzepte vorliegen und in welchen Gemeinden es keine Konzepte gibt (§ 11 Abs. 1 KAnG).

V. Allgemeines Berücksichtigungsgebot

§ 8 Abs. 1 KAnG verpflichtet sämtliche Träger öffentlicher Aufgaben auf Bundes-, Landes- und kommunaler Ebene, die Ziele der Klimaanpassung bei allen Planungen und Entscheidungen zu berücksichtigen. Als relevante Klimawirkungen werden insbesondere Starkregen, Sturzfluten und Hochwasser, das Absinken des Grundwasserspiegels, die Verstärkung von Trockenheit oder Niedrigwasser, die Bodenerosion sowie lokale Wärmeinsel-Effekte genannt. Versickerungs-, Speicher- und Verdunstungsflächen sollen im Rahmen einer wassersensiblen Entwicklung soweit wie möglich erhalten werden. Träger öffentlicher Aufgaben sollen zudem darauf hinwirken, versiegelte Böden, deren Versiegelung dauerhaft nicht mehr für die Nutzung der Böden notwendig ist, zu entsiegeln (§ 8 Abs. 3 KAnG).

VI. Bewertung aus Sicht des Naturschutzes

Das KAnG zielt darauf ab, die Auswirkungen des Klimawandels abzumildern, indem es die Erstellung von Anpassungsstrategien bzw. -konzepten auf allen Verwaltungsebenen in Deutschland vorschreibt. In diesen Strategien und Konzepten müssen u. a. Ziele und Maßnahmen zum Schutz der biologischen Vielfalt formuliert werden. Auch für andere Handlungsbereiche festgelegte Ziele und Maßnahmen können Synergieeffekte mit dem Naturschutz aufweisen (z. B. im Bereich Stadtentwicklung und Raumplanung). Der Anpassungserfolg wird allerdings maßgeblich davon abhängen, inwieweit es gelingt, ambitionierte Ziele zu formulieren und wirksame Maßnahmen tatsächlich umzusetzen. Zudem sollte die Klimaanpassung auch in den fachgesetzlichen Regelungen, insbesondere im BNatSchG, stärker berücksichtigt werden.

Literatur

Albrecht, J. (2024), Auf die richtige Verzahnung kommt es an. Landesklimagesetze und kommunale Klimaanpassung, politische ökologie 42 (176), 26-33.

Bundes-Klimaanpassungsgesetz vom 20. Dezember 2023, BGBl. I Nr. 393. Bundesregierung, Deutsche Anpassungsstrategie an den Klimawandel (DAS), vom Bundeskabinett am 17. Dezember 2008 beschlossen.

Klotz, S., Settele, J. (2017), Biodiversität, in: Brasseur et al., Klimawandel in Deutschland, Springer, S. 151-160.

Reese, M. (2020), Das EU-Klimagesetz – Nachhaltigkeit durch Umweltpolitikplanungsrecht?, ZUR 31 (12), 641-642.

Autor:in
Dr. iur. Juliane Albrecht
ist Juristin und wissenschaftliche Mitarbeiterin am Leibniz-Institut für ökologische Raumentwicklung (IÖR) sowie Lehrbeauftragte an der TU Dresden und der HTW Dresden. Ihre Forschungsschwerpunkte liegen im Umwelt- und Planungsrecht. 
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