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Kommunikation im Naturschutz

Was ist Wald?

Wald ist nicht gleich Wald – oft sprechen Menschen von ganz unterschiedlichen Gehölzbeständen, wenn von „Wald“ die Rede ist. In der naturschutzfachlichen Diskussion muss klar sein, welcher „Wald“ gemeint ist. Madleen Herbold erklärt für uns die wichtigsten Begrifflichkeiten.

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Herbstfärbung im Buchenwald
Herbstfärbung im BuchenwaldJulia Schenkenberger
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Herbstfärbung im Buchenwald © Julia Schenkenberger

Beim Thema „Wald“ treffen viele Interessen aufeinander, die nicht selten emotional geladen sind. Neben der Wahrnehmung des Waldes als Natur mit allen dazugehörigen Ökosystemdienstleistungen, werden an Wald und Forst viele weitere Anforderungen gestellt.

Die frühesten Begegnungen mit ihm finden wohl für die meisten von uns in seiner Funktion als Erholungsraum statt. Oft sind die Bilder von Wald von Heimat geprägt. Je nachdem, ob man als Kind in der Lüneburger Heide durch Kiefernwälder gewandert ist oder der Sonntagsspaziergang durch hessische Buchenwälder verlief, kann das Wort „Wald“ mit den unterschiedlichsten (Seh-)Erfahrungen, Erinnerungen und individuell geprägten Bedeutungen verknüpft sein. Dass daraus unterschiedliche, teils mehr sentimental als wissenschaftlich begründete Erwartungen an Landschaften und ihre Nutzung resultieren, liegt auf der Hand.

Sehr häufig bezeichnet der Begriff „Wald“ eine forstlich genutzte Fläche: Gehölzbestände, die wirtschaftlich genutzt werden. Dementsprechend häufig prägen diese Forste die Erwartungshaltung der Menschen: aufgeräumte, auf gewisse Weise „ordentliche“ Bestände von Bäumen. Im Kleinen zeigt sich diese Erwartung an Forstwirtschaft schon, wenn Laien in den Diskurs miteinander kommen: Je nach Generation und erfahrener (Umwelt-)Bildung fällt beispielsweise die Bewertung von Totholz ganz unterschiedlich aus. Es kann an Akzeptanz fehlen, wenn „die Forstleute nicht ordentlich aufgeräumt haben“. Durch ein ausgeprägtes Bewusstsein für Ökologie kann genau dies aus anderem Blickwinkel aber auch besonders positiv wahrgenommen werden.

Problematisch wird es, wenn ungeklärte Begrifflichkeiten die Basis für naturschutzfachliche Diskussionen sind. Dann reden Interessensvertretende aneinander vorbei und können ihre Standpunkte nicht klar vertreten oder nachvollziehbar argumentieren. Noch fataler: Wo Bestimmungen und Begrifflichkeiten (zu) unterschiedlich ausgelegt werden, entstehen schnell Konflikte. Ist-Zustände zu bewerten, Lösungen zu entwickeln oder Kompromisse herbeizuführen, wird dann schwer.

Das Bewusstsein für die unterschiedlichen Formen von Wald sollte demnach geschärft werden, um die zielführende Zusammenarbeit unterschiedlicher Akteure zu ermöglichen. Begonnen bei der Frage nach Wald und Forst, drehen sich die folgenden Zeilen um einige wichtige Unterbegriffe.

Bei ihrer Verwendung und Interpretation sollte beachtet werden, dass sie nicht nur ausdrücken, was den aktuellen Bestand charakterisiert. Darüber hinaus geben sie auch Aufschluss über die angestrebte Entwicklung. Diese zu kennen, kann helfen zu verstehen, warum Fachleute wie argumentieren und welcher Handlungsspielraum besteht.

Wald & Forst

„Wald“ ist, wie eingangs angedeutet, ein Wort, welches mit den verschiedensten persönlichen Erfahrungen verbunden ist.

Und obwohl der Begriff „Wald“ ein alltäglicher ist, hätte manch einer wohl Probleme, ihn konkret zu definieren. Eine weitere Schwierigkeit käme hinzu, wenn „Wald“ von „Forst“ abgegrenzt werden soll. Ist das nicht dasselbe? Oder würde man durch falsche Wortwahl Äpfel mit Birnen vergleichen?

Um Äpfel und Birnen soll es hier gar nicht gehen. Denn da sind sich wohl alle einig: Eine Streuobstwiese ist kein Wald – zumindest, solange sie nicht aufgrund mangelnder Pflege bereits im Schatten zahlreicher zwischendrin aufkeimender Waldgehölze steht.

Dies bestätigt sich beim Blick ins Bundeswaldgesetz (BWaldG). Als Voraussetzung wird hier angegeben, dass eine als Wald bezeichnete Fläche mit Forstpflanzen bewachsen sein muss. Unbestockte Bereiche wie Waldwege und Lichtungen werden ebenso hinzugezählt; Flächen wie Kurzumtriebsplantagen und Agroforste hingegen nicht. Eine Mindestgröße ist umstritten. Für die Bundeswaldinventur zählt eine Flächengröße von mindestens 1.000 m² bei wenigstens 10 m Breite. In den Landeswaldgesetzen (LWaldG) können darüber hinaus abweichende Regelungen (Ausweitungen/Einschränkungen) festgesetzt sein.

EU-weit gilt eine Fläche als Wald, welche mindestens 0,5 ha groß ist und mit mindestens 5 m hoch werdenden Gehölzen bewachsen ist, deren Kronen wenigstens ein Zehntel der Fläche überdecken.

Um in der Wissenschaft als Wald zu gelten, muss ein Baumbestand stammbildender Arten dicht stehen und unter dem Kronendach eine spezifische Flora und Fauna mit dynamischem Gleichgewicht aufweisen. Welche Ausprägungen entstehen, ist maßgeblich vom Standort abhängig.

Forstlich genutzter Wald im Schönbuch, Baden-Württemberg © Julia Schenkenberger

Die Tatsache, dass die Begriffe „Wald“ und „Forst“ teils synonym verwendet werden, macht die Abgrenzung zuweilen schwierig. Während der Wald aufgrund der germanischen Wortherkunft als „wilde“ und demnach eher natürliche Fläche wahrgenommen wird, wird „Forst“ mit planmäßiger Bewirtschaftung in Verbindung gebracht. Diese Abgrenzung hat sich in der Ökologie durchgesetzt. Durch die Aufforstungen entstehen Strukturen ohne das Vorhandensein unterschiedlichster Sukzessionsstadien. Diese Waldeigenschaft kann durch das Anpflanzen von Gehölzen nicht erzwungen werden und sorgt vor allem durch die Nutzung allochthoner (gebietsfremder) Arten für andersartige, ökologisch weniger wertvolle Bestände.

Der Schwarzwald ist von dichten Fichtenbeständen geprägt. © Julia Schenkenberger

Naturnahe und nachhaltige Forstwirtschaft

Die Ziele nachhaltiger Forstwirtschaft wurden 1993 durch die Ministerkonferenz zum Schutz der Wälder in Europa (FOREST EUROPE) definiert. Zusammenfassend geht es darum, die Ökosystemdienstleistungen auf Dauer zu erhalten. Dazu wurden Kriterien aufgestellt, dass forstliche Ressourcen und die Kohlenstoffspeicherung aufrechterhalten werden, dass die Gesundheit und Vitalität geschützt werden, dass die Produktionsfunktion gefördert wird, dass Biodiversität und Schutzfunktionen forciert werden und nicht zuletzt, dass Wald- und Forstflächen dauerhaft den sozioökonomischen Anforderungen gerecht werden.

Im Fokus soll folglich nicht nur eine Funktion stehen, sondern eine Balance gefunden werden, um die heute geforderte Multifunktionalität zu erfüllen.

Dass das Ökosystem vital und regenerationsfähig bleibt, ist ein mindestens ebenso großes Thema. Durch Klimawandel, industriell geprägte Kulturlandschaft und Globalisierung stehen Herausforderungen bevor.

Um die Nachhaltigkeitsziele zu erreichen, sollte die Bewirtschaftung möglichst naturnah und daher umweltverträglich erfolgen.

Naturnahe Forstwirtschaft orientiert sich stark an der natürlich vorkommenden Waldgesellschaft am jeweiligen Standort (potenziell natürliche Vegetation) und strebt ökologische Stabilität an. Dazu müssen Vorgänge der forstlichen Bewirtschaftung so an die Waldökosysteme angepasst werden, dass sie zu den Naturprozessen passen.

Der negativen Auswirkungen des > Kahlschlages war man sich schon im 18. Jahrhundert bewusst. Konzepte wie die > Plenterwirtschaft und der Dauerwald wurden entwickelt und stellten den > Kahlschlag nach dem Ersten Weltkrieg zunehmend in ihren Schatten. Die nach dem zweiten Weltkrieg gegründete „Arbeitsgemeinschaft Naturgemäße Waldwirtschaft“ (ANW Deutschland) strebt den Dauerwald an. Strukturreiche und stabile Mischwälder, welche möglichst schonend und standortgerecht bewirtschaftet werden, sollen ökonomischen wie ökologischen und sozialen Ansprüchen gerecht werden. Dauerwaldflächen weisen Gehölze aller Entwicklungsstufen auf und geben Naturwaldelementen wie Totholz Raum, da auch Wirtschaftlichkeit auf Dauer auf nachhaltige Arbeitsweisen angewiesen ist.

Es darf nicht vergessen werden, dass die naturnahe Forstwirtschaft ökonomische Ziele verfolgt und sich dabei die natürliche Walddynamik zu Nutze macht.

Wo Totholz im Wald bleibt, siedeln sich bald Baumpilze an. © Julia Schenkenberger

Naturwald/ Bannwald/ Prozessschutzfläche

Da „echte“ Urwälder in Europa kaum noch zu finden sind, hat man mit der Einrichtung von Naturwäldern begonnen. In die eigendynamische Entwicklung von Naturwäldern wird forstlich nicht eingegriffen. Die sich selbst überlassenen Wälder haben eine Bedeutung für Naturschutz, Forschung und Umweltbildung.

Waldflächen, die die nötigen standörtlichen und vegetationskundlichen Charakteristika aufweisen und eine Größe von mindestens 20 ha haben sollten, können durch die Landesforstverwaltung als Naturwald/ Bannwald/ Prozessschutzfläche ausgewiesen werden.

Bannwald © Julia Schenkenberger

Vor allem für die > naturnahe Forstwirtschaft ist es von Bedeutung, Naturwälder als sogenannte Referenzflächen zu haben. Diese sollen eine Orientierung geben, welche Eigenschaften unbewirtschaftete Wälder aufweisen und wie sie sich entwickeln, um eine möglichst naturnahe Bewirtschaftung ähnlicher Standorte zu planen.

Da es sich bei Naturwäldern in der Regel um Flächen handelt, die bis vor einigen Jahrzehnten genutzt wurden und die daraus resultierenden (Arten-)Strukturen noch ausgeprägt sind, dauert es mehrere Waldgenerationen, bis eine natürliche Waldtextur erreicht wird.

Felsige Kuppe im Wald: Totholz und offene Flächen erhöhen die Biodiversität. © Julia Schenkenberger

Niederwald (auch: Ausschlagswald)

Bei der historischen Niederwald-Nutzung werden Bäume mit hohem Ausschlagsvermögen nach 10-40 Jahren gefällt. Durch die Regeneration aus Stockausschlägen oder Wurzelbrut, ist das Erscheinungsbild eher strauchartig und die Höhe des Bestandes gering. Die Bewirtschaftungsform stammt aus dem frühen Mittelalter, wo das Holz hauptsächlich als Brennholz genutzt wurde. Regional waren weitere Nutzungen gebräuchlich, wie zum Beispiel die Gewinnung von Gerberlohe im Eichenschälwald.Die unterschiedlichen Dichte- und Strukturstadien nebeneinander machen die lichten Niederwälder naturschutzfachlich interessant und beherbergen profitierende, teils gefährdete Arten. Standörtlich ist die Niederwald-Nutzung jedoch mehr degradierend als nachhaltig.

Mittelwald

Im Mittelwald werden Nieder- und Hochwald-Nutzung kombiniert. So können Stammholz und Brennholz auf einer Fläche erwirtschaftet werden. Das Wachsen hoher Bäume und die Schattenverträglichkeit des Unterholzes sind von den Standortbedingungen abhängig: Mittelwälder sind auf gut versorgte Böden im milden Klima angewiesen. Sie bilden Laubwälder mit besonders artenreichen Pflanzengemeinschaften.

Hochwald (auch: Samen-/ Kernwuchsbetrieb)

Die heute vorherrschende Wirtschaftswaldform ist der Hochwald. Ihn zeichnet ein hochstämmiger Baumbestand mit eher dichtem Kronendach aus. Hochwälder entstehen durch Naturverjüngung, Pflanzungen oder Saat und haben eine Umtriebszeit von etwa 80-120 Jahren. Das heißt, dass die Bäume relativ alt und hoch werden und vor ihrer Fällung Stadien der Fruchtbildung erreichen. Je nach Nutzungsart kann die bodennahe Flora sehr unterschiedlich zusammengesetzt und ausgeprägt sein.

Hochwälder werden schlagweise oder als Plenterwald bewirtschaftet. Der Unterschied liegt darin, wann und wo die Verjüngung, Bestandespflege und Endnutzung durchgeführt werden. Im schlagweisen Hochwald werden die Eingriffe voneinander abgegrenzt vorgenommen, im > Plenterwald hingegen durchmischt. Für die Verjüngung im schlagweisen Hochwald gibt es verschiedene Möglichkeiten (z. B. > Kahlschlag, Schirmschlag) mit unterschiedlichem Einfluss auf den Waldaufbau.

Plenterwirtschaft/ Plenterwald

Ein Plenterwald ist ein Wirtschaftswald, in welchem die Holzernten immer auf einzelne Bäume oder Baumgruppen beschränkt sind. Die Regeneration erfolgt durch Naturverjüngung, was das charakteristische Vorkommen von Vegetation aller Altersphasen nebeneinander zur Folge hat. Die Bestände werden waldbaulich gepflegt. Durch die eher schonende Nutzung wird die Begleitvegetation vergleichsweise wenig beeinträchtigt.

Kahlschlag

Erfolgen flächige Fällungen auf großen zusammenhängenden Arealen, spricht man von Kahlschlag. Das Resultat ist eine Freifläche mit offenem, erosionsgefährdetem Boden. Der Einfluss auf das Waldinnenklima und die Tier- und Pflanzenwelt ist dementsprechend hoch.

Durch die veränderten Bedingungen am Boden (zum Beispiel erhöhte Sonneneinstrahlung und daher mehr Wärme) wird die Stickstoffmineralisation angekurbelt. Die Sukzession setzt ein, beginnend bei einjährigen Pflanzen bis hin zu Pioniergehölzen wie Holunder und Birke.

Bei der Verjüngungsform des Kahlschlages besteht keine Überschirmung von durch Saat oder Pflanzung angesiedeltem Jungwuchs.

Primär- & Sekundärwald

Als Primärwald werden Bestände bezeichnet, wo die natürliche Baumartenzusammensetzung noch besteht (autochthone Baumarten) und wo menschliche Einflussnahme kaum erkennbar ist. Der Begriff wird zudem für historisch alte Waldstandorte genutzt, also solche, die zwar forst-, aber nie landwirtschaftlich genutzt wurden.

Verschwindet der Primärwald in Folge von Eingriffen wie > Kahlschlag oder durch Naturkatastrophen, bildet der anschließende Aufwuchs den sogenannten Sekundärwald.

Fazit: Wald ist nicht gleich Wald! 

Dass Wald nicht gleich Wald ist, dürfte klar geworden sein – und dieses kurze Glossar spiegelt bloß einen kleinen Teil der Vielfalt wider. Das Bewusstsein für die verschiedensten Formen von Gehölzbeständen zu entwickeln ist ein notwendiger Schritt hin zu zielführenderen Diskussionen und damit auch ein Schritt der Akteure aufeinander zu. Wie der Naturschutz verfolgt auch die Forstwirtschaft Themen der Nachhaltigkeit, um ihre Rentabilität auf Dauer zu sichern. Auf der Basis solcher Verbindungen und Abhängigkeiten sollten gemeinsame Wege gefunden werden, ohne dass Verständnisprobleme daran hindern.

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