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Wiesenmahd

Ist weniger mehr?

Wiesen ökologisch sinnvoll zu bewirtschaften, rückt derzeit immer weiter in den Fokus. Der erste Gedanke gilt dabei wohl einer Nutzungsextensivierung – also einer Verringerung von menschlicher Nutzung und damit Einflussnahme auf das Grünland. Doch ist es zielführend für Flora und Fauna, wenn eine Wiese selten bis gar nicht gemäht wird? Ist weniger hier mehr? Um eine Antwort auf diese Frage zu finden, hilft es zu überlegen, warum Wiesen gemäht werden (sollten). Madleen Herbold fasst das Wichtigste zusammen.

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Salbei-Glatthaferwiese
Salbei-GlatthaferwieseJulia Schenkenberger
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Wiesen sind Elemente unserer Kulturlandschaft, die es ohne die Nutzung der Menschen kaum gäbe. Wird ein Grünland nicht beweidet oder gemäht, schlägt die natürliche Sukzession zu. Die Sukzession beschreibt den Vorgang, bei welchem sich das Artenspektrum hin zu einer Zusammensetzung verschiebt, die an den Standort angepasst und somit dauerhaft stabil ist. Eine Wiese ist dies in den wenigsten Fällen; die sogenannten Klimaxgesellschaften bilden bei uns in der Regel Wälder.

Was passiert folglich, wenn Wiesen brach fallen? Konkurrenzstarke Arten (vor allem mehrjährige Gräser) breiten sich aus, konkurrenzschwächere Arten (Kräuter) verschwinden, die Verbuschung setzt ein. Die Mahd wirkt dem entgegen.

Mähtechnik

Durchgeführt werden kann die Mahd mit verschiedenen Maschinen, wobei die Mähtechnik im Allgemeinen anhand ihrer Funktionsweise in zwei Gruppen gegliedert wird. Die erste Gruppe fasst Mähtechnik zusammen, welche schneidend arbeitet. Hierzu zählen Balkenmäher (Fingerbalken- und Doppelmessermähwerke). Sie arbeiten, ähnlich einer Schere, mit einer Gegenschneide. Die zweite Gruppe bilden Mähwerkzeuge, welche das Schnittgut durch schnelle Rotation abschlagen. Dazu zählen die heute hauptsächlich eingesetzten Scheiben-, Kreisel- und Trommelmähwerke. Sie können zusätzlich mit sogenannten Aufbereitern ausgestattet werden, welche durch das Quetschen oder Knicken der Halme dafür sorgen, dass das Mahdgut schneller trocknet. Werden die abgetrennten Pflanzenteile während der Mahd zusätzlich zerkleinert, verwendet man Schlegel- oder Sichelmulcher.

Scheiben- und Trommelmähwerke haben den Vorteil, dass sie auch bei hohen Schnittgutmengen nicht zum Verstopfen neigen. Aus dem Rotationsprinzip ergeben sich allerdings auch Nachteile. Zum einen ist der Kraftaufwand recht hoch. Zum anderen ist der Wirkbereich von Scheiben- und vor allem von Trommelmähwerken wesentlich größer, da die Werkzeuge nicht nur im Bereich des eigentlichen Schnitts arbeiten (Balkenmäher), sondern viel weiträumiger rotieren und einen Sog erzeugen. Dadurch sterben erheblich mehr Insekten und die Gefahren für andere Tiere sind ebenso deutlich erhöht. 

Schneidende Werkzeuge trennen die Pflanzenteile sauberer ab, weshalb sich die Vegetation nach dem Schnitt schneller erholt als nach dem „Abschlagen“. Der Einsatz von schneidenden Werkzeugen bietet demnach nicht nur höhere Überlebenschancen für Wiesenbewohner, sondern auch Vorteile für die Vitalität der Pflanzen. Landwirte profitieren von einer geringeren Futterverlustrate, weniger Futterverschmutzung und geringerem Kraftbedarf des Mähwerks. Die Arbeit mit schneidenden Werkzeugen ist zwar zeitaufwändiger, jedoch weisen Doppelmessermähwerke mittlerweile relativ hohe Flächenleistungen auf. Landwirte einiger Bundesländer können deren Einsatz zudem in Vertragsnaturschutzprogrammen geltend machen. Allerdings sind Mäher dieser Art oft reparaturanfälliger, außerdem müssen die Messer für den sauberen Schnitt immer scharf sein.

Timing ist alles?

Wie sich Wiesen entwickeln, wenn sie nicht gemäht werden, wurde eingangs erklärt. Wiesen in Mitteleuropa sollten in der Regel ein bis zweimal pro Jahr gemäht werden, um sie zu erhalten. Dies ist aber immer standortabhängig: Auf nährstoffreichen Standorten können mitunter drei Schnitte pro Jahr sinnvoll sein, da sich eine Aushagerung durch die Abfuhr des Schnittguts positiv auf die Artenvielfalt auswirken kann.

Artenreiche Berg-Mähwiese © Julia Schenkenberger

Welchen Einfluss hat indes eine (zu) intensive Nutzung auf die Vegetation? Den Pflanzen bleibt von einer Mahd bis zur nächsten nur wenig Zeit, um sich zu entwickeln. Von diesem Umstand profitieren raschwüchsige Arten. Hingegen fallen Arten, die einen längeren Zeitraum zur Entwicklung brauchen, der Selektion durch die häufige Mahd zum Opfer. Sie können sich den raschwüchsigen Arten gegenüber nicht mehr behaupten, werden verdrängt und der Artenreichtum schwindet zunehmend. Das Resultat sind Wiesen, auf denen kaum Kräuter zu finden sind und statt der Obergräser eher die Untergräser und bodennah wachsender Klee dominieren. Ist der Boden durch die intensive Nutzung (vor allem bei Beweidung) und eventuell Düngung verdichtet und nährstoffreich, verringert sich die Wurzelmasse und konzentriert sich in der obersten Bodenschicht. Nährstoffe in tieferen Bodenschichten werden nicht erreicht und es kommt zu vermehrter Auswaschung durch Sickerwasser. In niederschlagsarmen Zeiten haben die flachwurzelnden Pflanzen wesentlich mehr mit dem Wassermangel zu kämpfen als die artenreichen Gesellschaften extensiv genutzter Flächen.

Häufig erfolgt die Mahd für die Heugewinnung vor der Blüte, um möglichst energiereiches und verdauliches Futter zu gewinnen. Es ist allerdings problematisch, wenn Wiesen immer vor der Blüte und Samenreife gemäht werden, da so sehr viele Pflanzen inklusive der ihnen angepassten Insekten nach und nach verschwinden. Bei der Futtergewinnung muss ab der Gräserblüte allerdings mit Qualitätseinbußen gerechnet werden, weshalb die Mahd intensiv genutzter Wiesen in einem recht engen Zeitfenster erfolgt. Extensiv genutzte Wiesen sind dagegen „nutzungselastisch“: Aufgrund ihrer Artenvielfalt und langsamer entwickelnder Arten kann ein Schnitt später erfolgen. Der Ertrag ist zwar niedriger, eine gute Qualität jedoch auch zu einem späteren Zeitpunkt noch gegeben.

Zu beachten ist, dass der Schnittzeitpunkt einen Einfluss auf die Regenerationsfähigkeit der Pflanzen hat. Wird die Pflanze eingekürzt, wenn sie gerade ihre Kraft ins Wachstum steckt und hierzu von ihren Ressourcen zehrt, schwächt dies die Pflanze. Es ist folglich sinnvoller, zu warten, bis die Pflanze ihr Wachstum zugunsten der Reservestoff-Einlagerung bremst. Je nach Standort brauchen die Pflanzen unterschiedlich lange, um diesen Zeitpunkt zu erreichen, was ein bis drei Schnitte pro Jahr erlaubt.

Eine späte erste Mahd (ab Mitte Juni) hat folglich den Vorteil, dass mehr Pflanzen blühen und die Fruchtbildung abschließen können, was wiederum die Vielfalt der Vegetation steigert. Die Tierwelt kann ihre natürlichen Zyklen ausleben – dies gilt sowohl für Insekten als auch Wiesenvögel.

Unter Umständen kann ein Frühschnitt seine Vorzüge haben. Die Pflanzen einer früh gemähten Wiese entwickeln sich zeitverzögert, sodass es im Verlauf des Sommers zu weniger blütenlosen Zeiträumen kommt. Kräuter werden beim Frühschnitt nicht erwischt und haben einen Vorteil den eingekürzten Gräsern gegenüber. Dies vor allem auf nährstoffreichem Grünland mit starkem Gräserwachstum.

Salbei-Glatthaferwiese © Julia Schenkenberger

Optimal für die Artenvielfalt ist eine Staffelung des ersten Mähzeitpunktes. Dabei werden Teilflächen zu unterschiedlichen Zeitpunkten gemäht. Dies fördert nicht nur die Pflanzenvielfalt. Indem man vermeidet, dass durch das Mähen der gesamten Fläche der Lebensraum verschwindet, können Wiesenbewohner in angrenzende Teilflächen fliehen („Mosaikmahd“). Ist abschnittsweises Mähen nicht durchführbar, sollten zumindest kleinere Inseln oder Randbereiche stehen gelassen werden.

Genauso wie die Wahl des ersten Schnittzeitpunktes sollte auch wohl überlegt werden, wann eine Wiese das letzte Mal im Jahr gemäht wird. Vor allem wenn der erste Schnitt vor der Blütenbildung oder der Samenreife erfolgt ist, sollte den Pflanzen im Sommer ausreichend Zeit für die Entwicklung einer zweiten Blüte gelassen werden.

Eine zu späte Mahd ist problematisch, da sich kein vor Frost schützender Aufwuchs mehr entwickeln kann. Erfolgt die letzte Mahd jedoch zu früh, legen sich die langen Halme im Winter wie eine Matte auf die Wiese, ein Grasfilz entsteht. Dies rächt sich zum einen im Frühjahr, wenn der Austrieb beeinträchtigt wird; zum anderen haben Mäuse ein leichtes Spiel.

Neben dem Jahresverlauf sollte auch dem Tagesverlauf Beachtung geschenkt werden, wenn es um die Wahl des Schnittzeitpunkts geht. Je nach vorkommenden und zu schützenden Tierarten können sich unterschiedliche Tageszeiten und Witterungsverhältnisse schonend auswirken. Ein Einsatz in der Nacht soll zu Gunsten von Nachtfaltern und Wildtieren vermieden werden.

Während der Mahd – Achtsamer Umgang mit Flora und Fauna

Ein tiefer Schnitt (Stoppellängen von weniger als 6 cm) kann große Schäden verursachen. Werden die Speicherorgane der Pflanzen bei der Mahd in Mitleidenschaft gezogen, erfolgt der Wiederaustrieb wesentlich gehemmter. Zudem werden widrige Umstände wie die kalte Jahreszeit oder Dürrephasen schlechter verkraftet. Trotz geringeren Ertrags rentiert sich eine Schnitthöhe von 7 cm, weil die Regeneration und der erneute Aufwuchs zügiger erfolgen. Das geerntete Futter ist zudem weniger verschmutzt als bei niedrigen Schnitten. 8 cm Schnitthöhe verringern den Stress für die Pflanzen merklich.

Die Schnitthöhe bedingt nicht nur das Wachstum des Pflanzenbestandes, sondern auf Dauer auch die Artenzusammensetzung. Ein kurzer, die Grasnarbe schädigender Schnitt führt zu lückigen Beständen, in welchen sich Rosettenpflanzen, Moose, Flechten und andere „unerwünschte“ Arten breit machen. Auf kurz geschorenen Wiesen verstärken sich zudem die Temperaturextreme, da das puffernde Kleinklima gestört ist.

Zum Schutz der Fauna werden Schnitthöhen von mindestens 10 bis 15 cm empfohlen. Es ist darüber hinaus sehr wichtig, dass über die Wahl von Schnittzeitpunkt und -höhe hinaus schon im Vorfeld der Mahd Maßnahmen getroffen werden, um Tiere zu schonen. Hierzu zählen die Vergrämung (zum Beispiel durch optische Wildscheuchen und akustische Signale oder das Anmähen), Wildwarner an der Mähtechnik und eine sinnvolle Mahdrichtung. Mäht man von innen nach außen, haben Wildtiere die Möglichkeit, sich leicht in Sicherheit zu bringen.

Düngung

Um möglichst viel Futter zu gewinnen, werden Wiesen zum Teil stark gedüngt. Eine Einschränkung oder gar ein Verzicht auf die Düngung bietet allerdings Chancen für den Naturschutz. Starke Düngung verstärkt den Prozess der Artenverarmung; der Verzicht auf Stickstoffgaben erhöht den Artenreichtum. Dies gilt sowohl für die Pflanzen als auch für die daran angepassten Tiere/Insekten. Magere Standorte sind oft besonders artenreich und wertvoll, da konkurrenzstarke Pflanzen in ihrem Wachstum gehemmt sind und standortangepasste Blühpflanzen mehr Licht bekommen und mehr Raum zur Entwicklung haben.

Intensive Düngung hat hier zu einer Dominanz von konkurrenzstarken Gräsern und Löwenzahn geführt. © Julia Schenkenberger

Nach der Mahd

Nun ist die Wiese gemäht und das Schnittgut muss zum richtigen Zeitpunkt entfernt werden. Bleibt das Schnittgut noch mindestens einen Tag auf der Fläche liegen, können vorhandene reife Samen aus den Samenständen ausfallen. Zudem können Wiesenbewohner, die sich eventuell noch im Schnittgut befinden, dieses verlassen. Besonders gut funktioniert das, wenn noch ungemähte Flächen angrenzen.

Wichtig ist, dass das Mahdgut nicht zu lange liegen bleibt, sondern innerhalb weniger Tage von der Fläche abgeräumt wird. Die Auflage hat ansonsten einen negativen Einfluss auf die Vegetation darunter. Verrottet das Schnittgut auf der Wiese, kann die dabei entstehende Nährstoffzufuhr zum Vorteil konkurrenzkräftiger Arten werden und folglich der Anteil von Blühpflanzen zurückgehen.

Ein guter Schnitt für alle!

Um einen „guten Schnitt“ für alle beteiligten Akteure zu erzielen, heißt es, im Spannungsfeld aus Naturschutz und rentabler Landwirtschaft einen sinnvollen Weg zu finden. Weniger ist daher nicht immer mehr – kann sich aber durchaus positiv auf die Umwelt auswirken.

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