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Halbzeit bei Schaf schafft Landschaft

Beteiligung ist unser Schlüssel zum Erfolg

Beteiligung ist der Schlüssel. Das haben die Projektbeteiligten im Naturschutzprojekt „Schaf schafft Landschaft“ erkannt – auch wenn genau das viel Aufwand und Engagement auf allen Seiten erfordert. Doch es lohnt sich, finden Projektkoordinatorin Dr. Anya Wichelhaus und Schäfersprecher Helfried Berger. Im Interview stellen sie ihre wesentlichen Erkenntnisse zur Projekthalbzeit vor.

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Schafe auf einer Wacholderheide
Schafe auf einer WacholderheideGerhard Müller-Lang
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Redaktion: Anya, ihr habt vor etwas über drei Jahren mit dem Projekt „Schaf schafft Landschaft“ im Werratal – dem Hotspot 17 – offiziell begonnen. Was waren damals eure wichtigsten Projektziele?

Anya Wichelhaus: Das Land Hessen hat uns damals zwei Vorstudien finanziert. Damit hatten wir bereits zur Antragsphase entsprechende Arbeitskapazitäten, um uns intensiv mit der Thematik auseinanderzusetzen und die ersten Schäfereien kennenzulernen. So konnten wir unsere Ziele auf die konkreten Bedarfe ausrichten.

Unser wichtigstes Ziel war und ist der Schutz wertgebender Grünländer unserer historisch gewachsenen Kulturlandschaft. Dabei geht es uns darum, die Flächenkulissen der Schäfereibetriebe zu optimieren. Ein großes Problem der Betriebe ist der Flächenverlust, daher versuchen wir, Flächen dauerhaft für die Schäferei zu sichern. Außerdem haben wir die Möglichkeit, verbuschte Grünländer in einen beweidbaren Zustand zu versetzen und die Beweidungskonzepte zu optimieren. Also Maßnahmen in der Fläche umzusetzen, die dem Naturschutz und den Betrieben gleichermaßen zugutekommen.

Neben den Naturschutzmaßnahmen gab es von Anfang an die Öffentlichkeitsarbeit und Umweltbildung, um die Leute für die Thematik zu sensibilisieren. Und zum anderen die wissenschaftliche Begleitung und Dokumentation der Maßnahmen. Damit das, was wir hier in einem Modellgebiet erarbeiten, für andere Projekte und für die Naturschutzarbeit im Allgemeinen übertragbar wird.

Dass es eine Zusammenarbeit mit verschiedensten Akteuren geben wird, war für uns klar. Nicht aber, wie sehr sie uns im Projektalltag beschäftigen wird.

Redaktion: Wie habt ihr die Anfangsphase der Zusammenarbeit wahrgenommen?

Wichelhaus: Die Anfangsphase war holprig, um es nett auszudrücken. Wir haben uns insgesamt anderthalb Jahre für den Antrag Zeit genommen. In dieser Zeit haben wir die ersten Schäfereien kennengelernt und mit diesen unsere Ziele und Arbeitspakete definiert. Noch vor Projektstart wollten wir dann das Gros der Betriebe aus dem Projektgebiet mit ins Boot holen und haben zu DER Infoveranstaltung eingeladen.

Ich bin damals recht euphorisch zu dieser Veranstaltung hingegangen. Wir hatten ja einen Plan in der Tasche, der nicht einfach ins Blaue hinein gestrickt war, sondern im Austausch mit den Praktikern entstand. Und wir hatten schließlich auch eine tolle Nachricht: Es kommt jetzt ein Projekt, dass euch Schäfer in eurer Arbeit unterstützen wird. Was wir an diesem Abend nicht geerntet haben, war Beifall.

Im Gegenteil: Es gab laute Kritik. Ein Kritikpunkt war die begrenzte Laufzeit, und dass nach Projektende sowieso nichts von den Maßnahmen übrigbleibt. Und es gab sogar die Befürchtung, dass ein so geldstarkes Projekt ja durchaus der Region auch Negatives hinterlassen kann, beispielsweise, dass es sich preissteigernd auf den Flächenmarkt auswirkt oder Neid und Missgunst bei den anderen landwirtschaftlichen Betrieben hervorruft, weil diese ja nicht zur Zielgruppe gehören. Ein Betrieb fasste die Stimmung des Abends in schockierende Worte: „Wir müssen teilnehmen, um Schlimmeres zu verhindern“.

Was uns über Wasser gehalten hat, sodass wir die Beantragung des Projekts überhaupt noch weiterverfolgt haben, waren letztlich die Betriebe, die wir schon persönlich kennengelernt haben. Die in unserem Projekt eine wirkliche Chance für sich und die Region gesehen haben.

Helfried Berger: Anya sagte schon, die sind da sehr gut vorbereitet und mit guten Ideen und guten Zielen reingegangen. Aber das konnte man von den Schäfern eben nicht behaupten. Wir hatten zwar ein bisschen Information und haben uns auch ziemlich intensiv untereinander ausgetauscht, auch mit den Betrieben, die im Vorfeld schon involviert waren, aber auch aufgrund der fehlenden Informationen sind die Spekulationen natürlich ins Kraut geschossen.

Dieses Fehlen an Informationen hat eigentlich dazu geführt, dass wir diesem Ganzen wenig Chancen eingeräumt haben, also wenig Erfolgschancen, oder besser gesagt, positive Ergebnisse für uns Schäfereien. Die Betriebe haben sich im Grunde zusammengetan, weil sie das gewissermaßen auch als Bedrohung gesehen haben. Das hat natürlich zu einer hohen Dynamik geführt. Bei der Stimmung, die dann aufkommt, wurden plötzlich viele Ressourcen frei und Anstrengungen unternommen, um hier quasi Paroli zu bieten.

Redaktion: Wie habt ihr es geschafft, trotz dieses Auftaktes zu einer engen Zusammenarbeit zu kommen?

Berger: Die Schäfereien haben sich dann weiter zusammengesetzt, meistens nachts, denn tags war die Arbeit. Parallel dazu haben wir auch versucht, noch mehr Informationen zu bekommen. Da wurde anfangs geantwortet: Wir können euch jetzt nichts geben zum Lesen, weil es ein Entwurf ist und der vielleicht noch geändert wird, das bringt euch nicht viel. Das hat natürlich die Skepsis nicht gerade ausgehebelt. Aber es gab einige Betriebe, die in dem Projekt auch Chancen gesehen haben. Wir haben sehr viel diskutiert. Und irgendwo in der Mitte trifft man sich dann.

Dann haben wir uns einen groben Fahrplan zurechtgeschustert, wie wir uns das vorstellen könnten. Letztlich lief es darauf hinaus, dass wir formuliert haben, dass es Bedingungen gibt, damit wir teilnehmen können und welche das sind. Auch mit dem Bewusstsein, dass wir als geschlossene Einheit der kritischen Masse der Betriebe aus dem Projektgebiet eine gewisse Macht haben, denn das Projekt hätte nicht umgesetzt werden können, wenn wir Betriebe nicht mitmachen. Aber damit wären auch die Chancen dahin gewesen, die einige gesehen haben.

Wichelhaus: Uns hat dann nach einiger Zeit ein Schreiben der Schäfereien erreicht. Mit dem Brief ist uns klar geworden: Die Schäfereien haben sich zusammengeschlossen, um ihre Anliegen und Bedenken systematisch und gebündelt einzubringen. Das war für uns eine erste Kehrtwende und die Grundlage, um uns mit der Kritik auseinanderzusetzen. Wir haben damals auch unser eigenes Auftreten reflektiert und einige Fettnäpfchen gefunden. Wir sind wahrscheinlich mit einem falschen Selbstverständnis aufgetreten, das sogar überheblich rübergekommen sein mochte im Sinne von „jetzt wird Vieles besser“. Und wir haben unsere Absichten wohl auch zu unpräzise transportiert.

Berger: Etwas später nach diesem schriftlichen Austausch kam es dann zu der öffentlichen Auftaktveranstaltung des Projektes. Dort haben die Betriebe das Angebot bekommen: Einer von euch bekommt Redezeit für einen Kurzvortrag, wenn ihr das möchtet. Das hat für Vertrauen gesorgt. Die Skepsis war immer noch sehr groß, auf beiden Seiten. Aber wir haben unsere Chance gesehen: Wir möchten da etwas Produktives machen und uns als Betriebe und ihre Meinung dort darstellen.

Wichelhaus: Mit der Infoveranstaltung im Nacken haben wir damals lange mit uns gehadert, ob wir diesen Redebeitrag bei der Auftaktveranstaltung wirklich zulassen wollen. Wir haben befürchtet, dass die Schäfereien genauso kritisch auftreten und das Projekt dadurch in schlechtem Licht dasteht. Letztlich haben wir uns gesagt: Wer nichts wagt, der nicht gewinnt. Und wir haben gewonnen! Der Redebeitrag der Schäfereien war einer der besten Vorträge an dem Abend. Letztendlich war der Auftritt in der Öffentlichkeit auch ein erster kleiner gemeinsamer Erfolg.

Es gab außerdem einen weiteren Fortschritt: Die Schäfer hatten sich nicht nur zusammengetan, sondern auch Helfried als Schäfersprecher gewählt, als Mittler zwischen Projektteam und Schäfereien und als Berater. Und, Helfried, du hast uns dazu ermutigt, mehr Informationen an die Betriebe rauszugeben und transparenter aufzutreten. Das hat auch noch einmal einen Ausschlag gegeben. Wir haben die Betriebe auf ihren Höfen besucht. Durch diese persönlichen Gespräche ist eine ganz andere Ebene entstanden.

Und was noch wichtig war: Wir haben gemeinsame Spielregeln geschaffen. Wir haben in mehreren Arbeitssitzungen zusammen mit den Schäfereien eine Kooperationsvereinbarung erarbeitet und die Vorgehensweisen in den Arbeitspaketen definiert. Diese Spielregeln haben beiden Seiten einen Orientierungsrahmen gegeben. Und schließlich fällt es einem nicht schwer, sich an Spielregeln zu halten, die man selbst miterarbeitet hat. Erst danach konnten wir so richtig produktiv mit der eigentlichen Projektarbeit beginnen.

Berger: Was uns auch maßgeblich vorangebracht hat, war, dass das Team Arbeitskapazitäten für die Betriebe geschaffen hat. Das heißt, es stehen Projektmittel bereit, um den Betrieben die aktive Teilnahme an den Arbeitssitzungen zu vergüten. Dies ist ein wichtiges Signal, dass das Engagement wertgeschätzt wird. Schließlich leisten die Betriebe hier viel Input, der die Arbeit voranbringt und an entscheidenden Stellen beeinflusst. Außerdem wurde nach etwas über einem Jahr Projektlaufzeit für mich als Schäfersprecher eine halbe Projektstelle eingerichtet. Das war nochmal so ein Meilenstein. All das hat dazu geführt, das Vertrauen weiter aufzubauen, die Basis zu schaffen für eine gute Zusammenarbeit.

Redaktion: Haben sich die Projektschwerpunkte durch die Entwicklung der Zusammenarbeit verändert?

Wichelhaus: Nicht grundlegend. Was man aber sagen kann, ist, dass sämtliche Arbeitspakete viel besser auf die eigentlichen Bedarfe ausgerichtet werden konnten. Und das sorgt dafür, dass man nur Maßnahmen umsetzt, mit denen alle zufrieden sind, die von den Umsetzenden auch langfristig getragen werden können.

Außerdem haben wir unser Arbeitsfeld erweitert. Wir waren ja ursprünglich fokussiert auf Maßnahmen in der Fläche, aber die Betriebe haben uns auch zur Politikarbeit ermutigt. Und so gibt es nun eine eigene Politikarbeitsgruppe, die bereits zum Wolfsmanagement und zur neuen Agrarförderperiode Empfehlungen ausgearbeitet und an die Entscheidungsträger herangetragen hat. Und von dem gleichen Betrieb, der damals das Ergebnis der Infoveranstaltung so treffend umrissen hatte, erreichte uns eines Tages der Satz: „Mathematisch gesehen habt ihr mit euren Empfehlungen die Beweisführung für unsere Anliegen übernommen.“

Durch dieses Lob ist uns klar geworden: Wir haben jetzt Vieles richtig gemacht. Anders als zur Anfangsphase. Wir haben durch unser transparentes Auftreten Vertrauen aufgebaut und die Arbeitspakete sind auf die Betriebe beziehungsweise mit den Betrieben abgestimmt. Ich würde meine Antwort daher so zusammenfassen: Die Projektschwerpunkte haben sich nicht vollkommen verändert, aber die Projektarbeit hat an Qualität und Leidenschaft deutlich hinzugewonnen.

Berger: Diese Arbeit hat auch eine große Solidarität bei den Schäfereien entstehen lassen, nicht nur dass man sich als „Leidensgenossen“ zusammentut. Da war von Beginn an der Gedanke: Wir müssen hier für Alle was erreichen. Das kriegen wir nicht hin, wenn jeder nur seine eigenen Schäfchen hütet.

Und die Möglichkeiten, Einfluss zu nehmen, sind enorm gestiegen. Da haben wir fast überall mit unseren Anliegen offene Türen eingerannt. Das ist für ganz viele Betriebe dann der Moment, wo man wirklich merkt: Okay, das passiert hier auf Augenhöhe.

Redaktion: Geben sich die Projektbeteiligten denn gegenseitig Feedback, um die Zusammenarbeit weiter zu verbessern?

Berger: Ja, zum einen gibt es durch mich ständig das Feedback – natürlich ein bisschen gefiltert, das ist ja meine Aufgabe als Sprecher. Wir als koordinierender Verbundpartner Uni Kassel haben auch jetzt zur Halbzeit eine größere Feedbackveranstaltung gemacht, wo wir wirklich in allen Bereichen genau nachgefragt haben: Wo stehen wir? Wie seht ihr das? Hat euch das etwas gebracht? Wo seht ihr, dass es gut läuft? Soll man das vielleicht ausbauen? Was kann man besser machen? Was fehlt noch? Was kann man besser sein lassen? Und so weiter und so fort. Dem wird sehr viel positive Bedeutung beigemessen.

Wichelhaus: Wir haben einen sehr offenen und vertrauten Umgang entwickelt. Beispielsweise sind unsere Kolleginnen, die wegen ihrer Aufgabe im Flächenmanagement ständig bei den Betrieben vor Ort sind, mittlerweile auch Ansprechpartnerinnen für viele Belange über das Projekt hinaus geworden, also manchmal sogar das Sorgentelefon. Wenn`s jetzt um Feedback geht, dann nehmen die beiden natürlich Vieles sofort auf.

Aber letztendlich ist es ja immer auch typbedingt, ob eine Person Feedback gibt oder nicht. Einige machen das sehr regelmäßig, das hilft dem Projekt wirklich weiter. Andere machen das überhaupt nicht. Deswegen haben wir die von Helfried angesprochene Feedbackveranstaltung durchgeführt, um allen Schäfereien die Chance zu geben, uns offiziell zu sagen, wo sie Optimierungsbedarf sehen.

Wir haben die Ergebnisse dazu genutzt, um einen gemeinsamen Fahrplan für die nächsten Projektjahre zu erarbeiten. Den haben die Betriebe vorgelegt bekommen. Jetzt heißt es für uns als Projektteam, diesen Fahrplan auch konsequent umzusetzen.

Was uns nicht leicht fällt, ist es, den Betrieben auch von unserer Seite aus Feedback zu geben. Zum Beispiel bräuchten wir noch mehr aktive Beteiligung an den Arbeitspaketen, deren Wirkung sich eher langfristig zeigt, zum Beispiel bei der Politikarbeit. Wir sind da aber nicht in der Position zu sagen: Ihr macht jetzt mit! Sondern wir können nur appellieren und motivieren. Das funktioniert auch nur bedingt über unseren Schäfersprecher. Da sehen wir noch Optimierungsbedarf von unserer Seite aus.

Redaktion: Ihr seid nicht das einzige Projekt, bei dem Wissenschaft und Praxis aufeinandertreffen. Habt ihr Tipps für andere Naturschutzprojekte? Was möchtet ihr anderen mitgeben?

Berger: Für die Betriebe selbst ist es glaube ich einfach entscheidend, von Anfang an mitgenommen zu werden. Und praktische Akteure muss man da abholen, wo sie sind, Wissenschaft und Praxis unterscheiden sich bekanntlich stark, die Interessenlagen sind sehr unterschiedlich. Das ist sehr wichtig zu beachten. Ich würde nicht sagen, dass es da ein Patentrezept gibt, aber auf jeden Fall muss man jeden Kritikpunkt erst mal aufnehmen und ernst nehmen. Und muss das dann eben in alle Überlegungen und Diskussionen und so weiter integrieren.

Was außerdem unser Projekt sehr vereinfacht und beschleunigt hat, war, dass es menschlich gepasst hat. Ich bin als Schäfersprecher an der Uni angestellt und fühle mich dort sehr wohl. Fachlich, aber vor allem auch menschlich. Da wird alles angenommen, da wird nichts geblockt, da wird nicht gesagt: Nee, das ist nicht unser Niveau oder so. Auf dieser Ebene muss es einfach stimmen, damit man gut arbeiten kann. Sonst bietet das viel zu viel Konfliktpotenzial und man kann sich dann vortrefflich auseinanderdividieren und viel Zeit und Energie verlieren.

Wichelhaus: Aus meiner bisherigen Erfahrung kann ich nur das unterschreiben, was Helfried sagt: Es gibt keinen Leitfaden für die Beteiligung. Jede Akteursgruppe ist anders aufgestellt, auch was ihre Interessensvertretung angeht. Somit muss die funktionale Ebene der Zusammenarbeit immer erst gefunden werden.

Aber es gibt Dinge, die wir in jedem Projekt genauso wieder machen würden, egal mit welcher Zielgruppe. Das Wichtigste ist, dass man die Akteure niemals vor vollendete Tatsachen stellt und keine Alleingänge wagt. Von unseren Betrieben haben wir gelernt: Es kommt nicht immer auf den unmittelbaren Erfolg an, sondern darauf, dass man gemeinsam entscheidet und es gemeinsam versucht.

Als Projektkoordinatorin möchte ich aber auch an alle Projekte appellieren, sich immer der eigenen Verantwortung bewusst zu sein. Nicht nur aus Verantwortung gegenüber dem Steuerzahler oder dem Fördergeber, sondern – das ist uns ja so besonders deutlich geworden zu Anfang – gegenüber der Region und den Umsetzenden vor Ort.

Wichtig auch: Das Engagement der Akteure im und für das Projekt ist nicht selbstverständlich. Auch dann nicht, wenn das Projekt für sie ausgerichtet wird. Wenn die Kommunikation weiterhin nicht gepasst hätte und beide Seiten nicht Schritte aufeinander zu gegangen wären, hätten unsere Betriebe das Projekt auch ganz schnell zum Scheitern bringen können.

Berger: Einen Unterschied sollte man sich noch vor Augen führen: Das Projektteam hat am im Vorfeld viel Arbeit, dann beginnt dieses Projekt und dann wird es planmäßig durchgeführt. Aus Praktikersicht ist es anders: In der Projektzeit soll etwas entstehen, was nach Projektende fortgeführt werden muss. Und alles, was nicht praktisch tragfähig und praktikabel ist, ist für die Katz. Für die Praktiker ist nicht nur entscheidend, was gemacht wird, sondern auch, was am Ende dabei rauskommt. Das ist einfach ein grundlegender Unterschied.

Wichelhaus: Abschließend vielleicht noch: So anstrengend sie manchmal auch sind, Projekte zwischen Wissenschaft, Praxis und Verwaltung. Es kostet Nerven, ja, durchaus, es zwingt auch dazu, sich auf andere Perspektiven, auf andere Arbeitsweisen und auf andere Kommunikationsstile einzulassen, aber ich persönlich möchte auf so eine Zusammenarbeit nicht mehr verzichten. Das erweitert den eigenen Horizont, es schafft Projekte mit einer ganz anderen Qualität, mit viel mehr Nachhaltigkeit der Maßnahmen. Deswegen würde ich mir wünschen, dass es in Zukunft mehr Naturschutzprojekte gibt, die von einem breiten Akteurskreis gemeinsam bearbeitet werden.

Redaktion: Anya, Helfried, vielen Dank für diesen ehrlichen Einblick in das Projekt!

 

Schaf schafft Landschaft wird im Bundesprogramm Biologische Vielfalt vom Bundesamt für Naturschutz mit Mitteln vom Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz sowie durch das Hessische Ministerium für Umwelt, Klimaschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz und die Heinz Sielmann Stiftung gefördert.
Weitere Informationen zum Projekt auf der Homepage www.schafland17.de.

 


Dr. Anya Wichelhaus
ist promovierte Ökologin und Landschaftsplanerin. In ihrer wissenschaftlichen Laufbahn hat sie sich u.a. mit verschiedenen Formen der Beweidung auseinandergesetzt. Derzeit koordiniert sie das Bundesprojekt „Schaf schafft Landschaft“.

 

 


Helfried Berger
ist Dipl. Ing. der ökologischen Agrarwirtschaft und war lange Jahre landwirtschaftlicher Dienstleister auf Schafbetrieben. Derzeit ist er aktiver professioneller Schafscherer und hat selbst eine kleine Schafherde.

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