Neugierig auf die Zukunft
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Nach einer kleinen Odyssee im Stiegenhaus – irgendwie recht unübersichtlich für Besucher – treffe ich im vierten Stock eines typischen Wiener Altbaus den Büroinhaber Oliver Rathschüler und die Leiterin des Wiener Büros, Karin Egger. Die Räumlichkeiten bieten einen wunderschönen Ausblick auf den Liechtensteinpark mit dem Palais und den alten Bäumen.
Oliver Rathschüler ist der Geschäftsführer von freiland. Ursprünglich wollte er gar kein Landschaftsökologe werden. Veterinärmedizin, das sollte das Richtige sein! Dann jedoch schwärmte ein Schulkollege, der spätere Mitbegründer der freiland, Hans-Jörg Raderbauer, von der Landschaftsökologie an der Boku. Rathschüler wurde neugierig und besuchte probehalber eine Vorlesung. „Und da war das Veterinärstudium Geschichte“, lacht er. „Das war die Initialzündung.“
Schon während des Studiums machte der junge Landschaftsplaner sich mit drei weiteren Kommilitonen selbstständig. Nicht, weil er es unbedingt wollte. „Wir haben uns selbstständig gemacht, weil wir es mussten“, stellt er klar. Die Landschaftsplanung war zur Zeit der Bürogründung noch eine junge Disziplin. Die Stellen in der Verwaltung waren alle schon besetzt, aber es gab kaum Büros – und entsprechend wenige Stellen für junge Absolventen.
Die vier – alle aus der Abteilung für Hydrobiologie, alle mit Fließgewässerrenaturierung befasst – schufen sich also etwas Eigenes. Nach zehn Jahren trennte sich Rathschüler gemeinsam mit seinem Kollegen Raderbauer von den anderen beiden Gründern, und führten das Büro gemeinsam weiter – Rathschüler das Büro in Wien, Raderbauer den Standort in Graz, wo er lebte. „Für uns sind die beiden Standorte ein großer Vorteil“, erklärt Rathschüler. „So können wir Österreich wesentlich besser abdecken.“ Und nicht nur Österreich: Das Büro hat auch Aufträge in Slowenien, Georgien und Albanien. Rathschüler selbst hat sogar einige Jahre im Oman gearbeitet, um dort die „Nationale Raumplanungsstrategie“ mit zu entwickeln. Für ihn persönlich sind die kulturellen Unterschiede ein wesentlicher Anreiz dieser internationalen Arbeit. „Internationale Projekte sind für uns fachlich und menschlich extrem bereichernd“, erzählt er. „Diese Erfahrung kann man national so nicht machen.“
Doch 2018 dann der Einschnitt: Hans-Jörg Raderbauer verstarb plötzlich und völlig unerwartet. Seitdem ist Oliver Rathschüler alleiniger Geschäftsführer. Wenn er über den Verlust spricht, merkt man ihm an, dass das ein schwerer Schicksalsschlag war. „Nicht nur, dass Hans-Jörg Raderbauer ein sehr guter Freund war; wir waren es gewohnt, uns sehr intensiv auszutauschen. Das vermisse ich wirklich. Trotzdem ist er in seiner Aufgabe der Büroleitung nicht allein: Sowohl in Wien als auch Graz stehen ihm zuverlässige Mitarbeiter und zwei kompetente Büroleiterinnen zur Seite.
Mit Hans-Jörg Raderbauer hat Rathschüler das Büro von den Anfängen in der Fließgewässerrenaturierung wesentlich weiterentwickelt und ausgebaut. Längst nicht mehr ist man inhaltlich so auf ein Thema fokussiert. „Wir waren da unter den Wegbereitern in Österreich“, meint Rathschüler. Aber es gab immer mehr Mitbewerber am Markt und auch mehr Themen.“ Sukzessive weitete das Büro seine Arbeitsinhalte aus: Umweltverträglichkeitsprüfungen, Projektsteuerung, Freiraumplanung und Baubegleitung und weitere Arbeitsfelder in der Umweltplanung.
Heute ist das Büro auf vier Säulen begründet: Beratung, Planung, Umsetzung und Kommunikation, letztere umfasst alle Tätigkeitsfelder. Zu nennen sind unter anderem Gewässerplanungen, die Regionalentwicklung, die Umweltkoordination, Naturschutz und Freiraumplanung. Dabei bearbeiten beide Bürostandorte unter der Maxime „ein Team, zwei Standorte“ alle Aufgaben.
Ebenso breit gefächert wie die Aufgabenbereiche sind die Berufe der Mitarbeiter. 25 sind es inzwischen, verteilt auf die beiden Standorte. Trotzdem sind sie ein Team, das betont die Büroleiterin. „Wir pflegen täglich intensiven Austausch, wenn auch meist nicht unbedingt in geregelten Strukturen. Da bekommt man immer wieder neue Sichtweisen und wird zur Selbstreflektion gezwungen.
Die Mitarbeiter sind die wahre Stärke des Unternehmens. „Wir bilden unsere Mitarbeiter spezifisch für unsere eigenen Bedürfnisse aus“, erklärt Rathschüler. „Wir haben ein informelles Mentorenwesen, in dem die fachliche und persönliche Entwicklung gefördert wird.“ Die Architekten, Biologen, Bauingenieure, Landschaftsplaner und Umweltsystemwissenschaftler, die bei freiland arbeiten, bekommen Schulungen und Weiterbildungen genau zu den Inhalten, die das Büro bewegen. Daneben wünscht sich der Landschaftsplaner aber auch einen Lehrberuf, eine Art technisch-naturwissenschaftliche Assistenz. „Es gibt viele Arbeiten, für die man nicht zwangsläufig einen Hochschulabschluss braucht“, erläutert er. „Da wäre so eine Assistenz wirklich hilfreich.“
Noch ist dieser Lehrberuf Zukunftsmusik. Aber es ist nicht das einzige Feld der Weiterentwicklung, mit dem Rathschüler sich auseinandersetzt. Ein wichtiges Thema ist für ihn auch die Digitalisierung. Vor allem das Building Information Modelling, kurz BIM, hält er für einen Aspekt, der in Zukunft immer wichtiger werden wird. Derzeit arbeitet er deshalb in einem Musterprojekt der österreichischen Bundesbahnen mit. Und auch bei der Geländearbeit sieht er den digitalen Fortschritt: Die Arbeit mit der Drohne wird immer wichtiger.
Dieses ständige Up-to-date-Bleiben bei allen Entwicklungen am Markt ist eine der größten Herausforderungen, denen sich das Büro gegenübersieht. Das beginnt bei den verschiedenen Naturschutzgesetzen Österreichs: Jedes Bundesland hat sein eigenes, neun Stück sind es an der Zahl. Die müssen natürlich immer präsent sein, ebenso diverse unterschiedliche Regelungen der Länder. „So gesehen ist das ganze Berufsleben eine Herausforderung“, scherzt Rathschüler, und fährt ernster fort: „Für uns ist es wichtig, uns immer rechtzeitig neu zu verändern.“ Sonst wäre die Gefahr einfach zu groß, von den Mitbewerbern abgehängt zu werden.
Diese ständige Veränderung der Arbeitswelt fordert auch den Mitarbeitern einiges ab. Selbstständiges Arbeiten ist gefordert. Das soll aber Bewerber nicht einschüchtern: „Wir haben im Hintergrund trotzdem einen sehr starken Geschäftsführer, der die Verantwortung übernimmt“, meint Karin Egger.
Vielleicht ist das auch der Grund für die geringe Fluktuation: Die Angestellten beider Standorte arbeiten eng zusammen, dürfen sich in ihrem Feld recht frei entwickeln und sind darin geschult, großes Verständnis für alle Disziplinen aufzubringen. Trotzdem können sie auf ihren Chef zählen, wenn es darauf ankommt. Der im Gegenzug lässt möglichst viele Freiheiten, vor allem, was individuelle Lösungen für Arbeitszeiten, Büropräsenz und Teilzeitmöglichkeiten anbelangt. „Das ist eigentlich die größte Herausforderung neben der fachlichen Entwicklung“, stellt der Geschäftsführer fest. „Aber in der heutigen Arbeitswelt wird das immer wichtiger.“ Für sein Büro glaubt er, eine gute Lösung gefunden zu haben, der interdisziplinäre Austausch funktioniert auch über das Telefon sehr gut, und die Flexibilität wird von den Angestellten gut angenommen.
Das Betriebsklima spricht auf jeden Fall dafür, man spürt im Gespräch den freundschaftlichen Umgang zwischen der Büroleiterin und ihrem Vorgesetzten. „Wir sind nicht alle beste Freunde“, gibt Egger zu. „Aber wir pflegen einen respektvollen Umgang miteinander.“
Bei der derzeitigen Größe des Büros sind dieser respektvolle Umgang und der intensive Austausch noch recht leicht möglich. Trotzdem schließt Rathschüler es auf Dauer nicht aus, auch ins Wachstum von freiland zu investieren, vor allem wünscht er sich, die Geschäftsführung weiter auszubauen. Er schätzt den fachlichen Austausch und will die nächste Generation an Entscheidern frühzeitig einbinden. Aber er blickt auf die Situation des gesamten Büros. „Momentan sind wir sehr gut eingenischt. Doch bleiben wir ständig wachsam“, meint er. Er ist sich bewusst, dass seine Auftragslage sehr stark von der Konjunktur abhängt. „Da hilft es, sich breit aufzustellen.“
Deshalb probiert Rathschüler auch gerne immer wieder Neues aus, nimmt dabei auch Fehlschläge in Kauf. Die internationalen Projekte beispielsweise haben sich wirtschaftlich nicht bewährt. Dafür sei das Büro einfach zu klein, und die Risiken seien kaum abzuschätzen. Deshalb orientiert sich die jetzige Büroaufstellung stärker am österreichischen Markt – immer mit Blick auf die Nachbarländer, denn so richtig ablegen kann Rathschüler sein internationales Interesse nicht.
Mit unserer Arbeit übernehmen wir Verantwortung. Unsere Kunden erwarten fachlich hochwertige Ausarbeitungen und dabei größtmögliche Projektsicherheit und Funktionalität. Wir diskutieren daher bereits im Vorfeld der Bearbeitung intensiv umweltbezogene, rechtliche, aber auch soziale, regionalkulturelle und ökonomische Aspekte.
- Gründung: 1991
- Gesellschaftsform: Ziviltechniker GmbH
- Mitarbeiter: derzeit 25
- Arbeitsschwerpunkte: Beratung, Planung, Umsetzung und Kommunikation in den Arbeitsfeldern Freiraumplanung und Stadtentwicklung; Umweltverträglichkeitsprüfungen: Gutachten und Umweltkoordination mit Schwerpunkt Infrastrukturausbau; naturschutzfachliche Expertisen; Fließgewässerplanungen mit Schwerpunkt Gewässerentwicklung und -renaturierung; Prozessdesign und -begleitung in allen Arbeitsfeldern.
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