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Kumpfmüller Landschaftsplanung

Mehr Natur für den Siedlungsraum!

Im österreichischen Steyr betreibt Markus Kumpfmüller mit seiner Frau ein Landschaftsplanungsbüro. Die beiden legen Wert auf Nachhaltigkeit in der Planung. Uns haben sie das Büro und ihre Prinzipien vorgestellt.
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Markus Kumpfmüller entstammt einer Pioniergeneration. Er zählt zu den Landschaftsplanern, die ihr Studium an der Universität für Bodenkultur in Wien noch als „Studium irregulare“ begannen – beendet hat er es schließlich als reguläres Studium. Mit seiner Generation der Absolventen erhielt die Landschaftsplanung ihren festen Platz in der österreichischen Studienlandschaft.

Nach dem Abschluss blieb der frischgebackene Diplomingenieur erst einmal in der Bundeshauptstadt. Erst arbeitete er zwei Jahre an einer Forschungseinrichtung am Umweltbericht für Österreich. Dann zog es ihn nach Steyr, wo er sieben Jahre am Aufbau einer Umweltbildungseinrichtung arbeitete. „Die Arbeit in der Bildungseinrichtung war eine sehr stressige Zeit“, erinnert sich Kumpfmüller. „Interessant und lehrreich, aber letztlich wollte ich doch mehr aus meiner Ausbildung machen.“ Ein attraktives Angestelltenverhältnis in Oberösterreich zu finden, war schwierig. Deshalb fasste der Landschaftsplaner schließlich den Entschluss, sein eigenes Büro zu gründen. „Und ich habe es keine Minute bereut!“

In den ersten Jahren steht der klassische Naturschutz im Vordergrund: Landschaftspflegepläne, Renaturierungskonzepte, Begleitplanungen. Nach und nach hat sich der Schwerpunkt immer wieder ein wenig geändert, Schritt für Schritt immer weiter in Richtung Objektplanung, aber immer unter dem Motto Naturnähe. Im Jahr 2003 kommt schließlich ein Auftrag der oberösterreichischen Naturschutzabteilung, der die weitere Ausrichtung des Büros entscheidend prägt: Wege zur Natur im Betrieb – eine Grundlagenstudie mit fünf Pilotbetrieben, in der ausgelotet wird, wie naturnahe Gestaltung der Außenanlagen von Gewerbebetrieben funktionieren kann. Dem erfolgreichen Projekt folgen weitere Aufträge, die zeigen, wie naturnahe Gestaltung in allen anderen Bereichen des Siedlungsraums umgesetzt werden kann. In zahlreichen Veranstaltungen wird diese neue Herangehensweise an die Zielgruppen vermittelt, drei Handbücher werden verfasst und an alle Gemeinden, Schulen und Siedlervereine des Bundeslandes verteilt.

Im Jahr 2004 fasst Markus Kumpfmüller mit seiner Frau Edith Kals den Entschluss, auf dem Nachbargrundstück des Wohnhauses ein Bürogebäude zu errichten, in dem möglichst viele Prinzipien naturnaher Freiraumgestaltung umgesetzt werden: extensive Dachbegrünung, Fassadenbegrünung, Sicker-Speicher-Teich, Wildblumenbeet vor dem Haus, Blumenschotterrasen. Zu diesem Zeitpunkt steigt auch seine Frau Edith Kals voll in den Betrieb ein und hängt ihren bisherigen Job als AHS-Lehrerin für Mathematik und Textiles Werken an den Nagel. Sie übernimmt im Büro die zeichnerische Umsetzung und grafische Aufbereitung der Planungen, die davor immer wieder wechselnde Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen innehatten. Und sie entwirft mit Sohn Stefan Kals, einem IT-Experten, den Web-Auftritt www.kumpfmueller.at, der zum zentralen digitalen Aushängeschild wird.

Säulen der Nachhaltigkeit

Die Naturnähe ist aber nur ein Teilaspekt der Planung: Der Landschaftsplaner hat es sich zur Aufgabe gemacht, bei jeder Planung die größtmögliche Nachhaltigkeit in ökonomischer, ökologischer und sozialer Hinsicht zu erreichen. Konkret bedeutet das: Vor jedem Angebot untersucht der Planer sorgfältig den Bestand und analysiert die wertvollen Bestandselemente – einschließlich Boden und Wasser. Dann die Frage: Was brauchen die Freiraumnutzer? Können sie in den Planungsprozess eingebunden werden? Geplant wird schließlich mit möglichst regionalen oder wiederverwerteten Materialien und heimischen Arten, auch im Blick auf die Lebenszykluskosten. Oberste Prämisse dabei: Immer so naturnah wie möglich! Das vermittelt Kumpfmüller bei jedem potenziellen Auftrag: Seine Arbeitsphilosophie ist stets dem Angebot beigefügt.

Sein Kundenstamm dankt es ihm – mehr noch, er fordert diese Nachhaltigkeit sogar aktiv ein. Wer lieber lange Transportwege in Kauf nimmt oder den Bestand nicht respektiert, ist bei Kumpfmüller falsch. Die Auftragslage spricht für diese Konsequenz: Das Unternehmen hat eher zu viele Aufträge als zu wenige.

Einzelkämpfer?

Trotzdem arbeiten die Kumpfmüllers ohne Angestellte. Das war nicht immer so. Doch der Landschaftsplaner arbeitet lieber ohne eigenes Personal. „Durch unsere Kompaktheit können wir sehr gut auf das Angebot eingehen und haben ein gutes Gespür dafür, was unsere Kunden brauchen“, meint er. Das ist eine der wesentlichen Stärken des Unternehmens. Außerdem legt der Planer äußersten Wert auf Verlässlichkeit: Termintreue und Kostentreue sind von größter Bedeutung. „Und bei aller Ideologie ist es uns wichtig, technisch einwandfreie Arbeit abzuliefern“, betont Markus Kumpfmüller. Dazu arbeitet er häufig mit anderen Fachplanern zusammen – inzwischen auch mit einer Landschaftsplanerin aus der Gegend: Irgendwann möchte Kumpfmüller auch mal in den Ruhestand gehen, und dann möchte er seine Kunden auch weiter gut betreut wissen.

Der gute Ruf scheint ihm vorauszueilen: Sein Kundenstamm erstreckt sich weit über Steyr hinaus, bis nach Salzburg, Niederösterreich und Oberösterreich. Etwa 60 % der Aufträge stammt von Kommunen, weitere 20 % von Gewerbebetrieben und Wohnbaugenossenschaften, die mehr wollen als den üblichen naturfernen Einheitsbrei.

Den größten Anteil der Planungen umfasst inzwischen der öffentliche und halböffentliche Raum. „Wir müssen uns bewusst machen, dass auch hier wie in der Landschaft zahlreiche unterschiedlichste Kleinstandorte vorhanden sind“, erklärt Kumpfmüller. „Ebenso wie die Landschaften Österreichs. Das bietet ein großes Potenzial, auch mit heimischen Arten zu arbeiten.“ Das wiederum fördert die heimische Fauna, und so tauchen auf den neu gestalteten, naturnahen Flächen bald Hauhechel-Bläuling, Feuerfalter und Co. auf.

Neben den Arbeiten im Siedlungsbereich hat der Diplomingenieur den klassischen Naturschutz aber nicht aufgegeben: Erst kürzlich hat er dem Aumühlbach in Linz ein neues Bett geschenkt. Zuvor war der Bach 20 Jahre verrohrt und unter die Erde verbannt, nun fließt das Wasser in einem strukturreichen Bett und wartet nur auf die Rückkehr der Arten, die einst hier lebten.

Zu Kumpfmüllers Kundenstamm zählen auch Non-Profit-Organisationen, ein Resultat seines außerberuflichen Engagements. Denn der Landschaftsplaner ist ehrenamtlich selbst in verschiedenen Organisationen aktiv, unter anderem im Klimabündnis, im Bodenbündnis und im Rewisa-Netzwerk. Begonnen hat er mit der ehrenamtlichen Arbeit bereits im Studium, in zwei Bürgerinitiativen, die nach langer harter Arbeit zwei Wasserkraftwerke in Landschaften verhinderten, die später zu Nationalparks wurden. Damals ahnte er nicht, dass ihm das auch mal ökonomische Vorteile bringen würde. Aber der eigentliche Grund für das Engagement ist seine persönliche Überzeugung: Artenvielfalt lässt sich nur dann erhalten, wenn man nachhaltige, dauerhafte Freiflächen aus regionalem Saatgut schafft und sie auch entsprechend pflegt.

Kampf gegen Greenwashing

Dieses Anliegen ist gleichzeitig eine der größten Herausforderungen für das Unternehmen. „Naturnah gärtnern ist einfach nicht Stand der Technik“, beklagt Kumpfmüller. „Ich kann Qualität nicht auf Dauer gewährleisten, wenn Pflegekonzepte nicht befolgt werden.“ Noch mehr ärgert er sich über die großen Unternehmen, die Greenwashing betreiben. Wenn dem Endkunden beispielsweise vorgegaukelt wird, die „Blumenwiesenmischung“ mit Kalifornischem Mohn, Prachtlein und Rosaroter Kornblume sei die perfekte Lösung, um nachhaltig Insekten zu fördern. „Die deuten feste Begriffe einfach für ihre Zwecke um“, ärgert er sich. „Und dabei erreichen sie ganz andere Frequenzen als ein kleines Planungsbüro.“

Dabei kritisiert Kumpfmüller auch Kollegen, die den gestalterischen Aspekt der Planung als oberste Priorität ansehen. „In meiner Ausbildung dachte ich, dass Nachhaltigkeit selbstverständlich sei, aber viele Kollegen entwickeln sich davon weg“, meint er. „Oft geht es da nur um Effekthascherei, Ästhetik wird gegen Naturnähe ausgespielt. In Wirklichkeit muss das kein Gegensatz sein!“

Der Steyrer selbst engagiert sich deshalb umso mehr für die Werte, für die er einsteht: Er pflegt intensiven Austausch in seinem Netzwerk, auch über die österreichischen Grenzen hinaus. Die Naturgartentagung des Naturgarten e. V. in Heidelberg ist für ihn eine der wichtigsten Veranstaltungen im Jahr, auch er selbst war dort schon mehrfach Referent. Und über den direkten Austausch hinaus bemüht sich Kumpfmüller, die Menschen digital zu informieren: Auf seiner Homepage stehen zahlreiche Vorträge, Merkblätter und Handbücher zum Download bereit.

Auch seinen Kunden stellt Kumpfmüller solche Merkblätter zur Verfügung. Viel lieber schaut er aber einfach selbst spontan nach Projektabschluss auf Flächen vorbei, ruft einen Kunden an, wenn er gerade in der Nähe ist oder informiert über interessante Veranstaltungen. Diese Form der Kundenbindung hat sich für den Ingenieur bewährt, zeigt sie doch, dass er auch über Vertragsende hinaus an der positiven Entwicklung seiner Projekte interessiert ist. Das sei viel zielführender, als Weihnachtskarten zu verschicken. „Ich finde es sinnvoller, wenn man dann kommuniziert, wenn es inhaltlich passt.“ Das bedeutet auch, sich Zeit zu nehmen, wenn ein Kunde eine Frage hat: Für Kumpfmüller heißt genau das echte Kundenbindung.

Info

DasREWISA-Netzwerk ist eine österreichweite Vereinigung naturnah und regional arbeitender Unternehmen. Der Verein steht Endkunden mit Beratung, Planung und Ausführung zur Seite, die Mitglieder stellen Pflanzen, Saatgut und Baustoffe aus regionalen, zertifizierten Herkünften bereit, auf Wunsch auch aus biologischer Produktion.

Gemeinsam bieten die Unternehmen viele Jahrzehnte an gesammelter Erfahrung und Wissen. Der Verein kooperiert eng mit Forschungsstellen, Umweltorganisationen, mit Botanikern und Ökologen aus dem universitären Bereich und mit den für Naturschutz Verantwortlichen der Länder.

www.rewisa-netzwerk.at

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Das Europäische Bodenbündnis (European Land and Soil Alliance, ELSA) vereint Städte, Gemeinden und Landkreise, aber auch Bundesländer, NGOs und andere Organisationen aus neun europäischen Staaten. Es ist das größte europäische kommunale Netzwerk, das sich dem Schutz von Böden verschrieben hat.

Das Bodenbündnis bietet eine Plattform für alle europäischen Städte und Gemeinden und für alle an Bodenfragen interessierte Akteure. Es geht darum, gemeinsam Fragen des Bodenschutzes, der Landnutzung, der Landschaftspflege und Siedlungsentwicklung zu diskutieren und an gemeinsamen partnerschaftlichen Projekten zu arbeiten. ELSA versteht sich als Netzwerk und Lobbyist für den Bodenschutz.

www.bodenbuendnis.org

Betriebsdaten
  • Gründung: 1994
  • Gesellschaftsform: KG
  • Mitarbeiter: keine
  • Auftraggeber: 60 % öffentlich, 20 % Gewerbe/Wohnbau, 15 % Non-Profit, 5 % privat
  • Aufgabenfelder: Landschaftsarchitektur, Umweltbildung, Öffentlichkeitsarbeit
Philosophie

„Das Grundprinzip unserer Arbeitsweise ist die jeweils größtmögliche Nachhaltigkeit in ökonomischer, ökologischer und sozialer Hinsicht. Dies beinhaltet insbesondere den sorgsamen Umgang mit dem Umfeld, den Ressourcen Boden und Wasser und mit wertvollen Bestandselementen, die bevorzugte Verwendung regionaler umweltverträglicher Materialien und Pflanzen, die besondere Berücksichtigung der Eigenheiten und Ansprüche der jeweiligen Freiraumnutzer, gegebenenfalls deren Einbeziehung in den Planungs- und Entwicklungsprozess sowie die Optimierung der Lebenszykluskosten unter besonderer Berücksichtigung des Erhaltungsaufwands.“

Kontakt

DI Kumpfmüller KG

Büro für Landschaftsplanung

Tulpengasse 8A

AT - 4400 Steyr

+43 7252 77727

Mail: markus@kumpfmueller.at

Website: www.kumpfmueller.at

 9 Auf den Restflächen von Parkplätzen können auf humusfreien Substraten artenreiche Magerwiesen aus regionalem Saatgut entwickelt werden.
Markus Kumpfmüller hat Landschaftsplanung an der BOKU in Wien studiert. Seit 1994 führt er sein eigenes Unternehmen, seit 2004 gemeinsam mit seiner Frau. Zusätzlich engagiert er sich ehrenamtlich in zahlreichen Branchennetzwerken.

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