
Pferdestark gerückt
Seit 2013 betreibt Agraringenieur Korbinian Arzberger zusammen mit seiner Frau Julia einen Pferdepensionsstall in der Oberpfalz. Neben eingestellten Pferden tummeln sich auch eigene Pferde, konkret Rückepferde, auf dem Hof. Mit ihnen hat Arzberger ein weiteres wichtiges Standbein für den Hof aufgebaut: Forstdienstleistungen mit Rückepferden. Wir durften seine Arbeit kennenlernen.
von Julia Schenkenberger erschienen am 07.10.2024Ein kühler Herbstmorgen, Vogelgezwitscher. Ein einzelner Sonnenstrahl durchbricht den dichten Schatten des Waldes. In seinem goldenen Licht dampft es vom Rücken des stämmigen Pferdes, das sich schnaubend ins Geschirr legt. „Das ist das Bild, das viele von unserer Arbeit im Kopf haben“, stellt Korbinian Arzberger fest. „Arbeit mit Pferden wird sehr romantisiert.“
Die Rückearbeit mit Pferden entspricht längst nicht mehr dem romantischen Bild, das manch einer im Kopf haben mag. Und das ist gut so: Die Geschirre heute bestehen aus leichteren und zugleich festeren Materialien, es gibt Sicherheitsverschlüsse und klare Vorgaben zu Arbeits- und Pausenzeiten. Das Tierwohl steht immer im Fokus.
Korbinian Arzberger begeistert sich schon lange für Pferde – mit neun Jahren bekam er seinen ersten Haflinger. Kein Wunder, dass er sich schließlich auch als Erwachsener, mit eigenem Hof und eigenem Wald, weitere Pferde anschafft. Seine Wahl fiel auf Noriker, ein Gebirgskaltblut, das in den deutschen und österreichischen Alpen gezüchtet wird: „Zum einen sind die schön, zum anderen sind sie durch ihre Zuchtgeschichte sehr geländegängig und dem Menschen zugewandt“, erklärt Arzberger.
Seine Noriker sind nicht einfach nur Reitpferde, sie sind auch Arbeitspferde. Von September bis Mai geht der Biolandwirt mit ihnen in den Wald. Ihre Aufgabe ist es, die Stämme gefällter Bäume zu den Rückegassen zu ziehen – das sogenannte Kölner Verfahren. Dabei ersetzen die Pferde die Maschinen nicht, sie ergänzen sie. Arzberger erklärt: „Die Pferde sind flexibler. Mit einer Seilwinde könnte ich nur gerade ziehen – die Pferde dagegen denken mit und laufen um Hindernisse, ohne dass sich die Stämme verkeilen. So sind wir viel schneller und machen weniger Schäden.“
Die Pferde können außerdem auch da arbeiten, wo Maschinen längst im Boden versinken. Ihre Hufe verursachen nur geringen Bodendruck. So können sie auch bei regennassen Böden eingesetzt werden und auch dann, wenn die Rückegassen durch fehlenden Frost nicht tragfähig genug für schwere Maschinen sind, können die Noriker ohne Probleme laufen.
1Teamarbeit ist gefragt
Wichtig für den Erfolg der Arbeit: Arzberger und seine Pferde sind ein eingespieltes Team – ob im Gespann zu zweit, zu dritt oder zu viert, manchmal sogar mit einem weiteren Gespann eines Kollegen, mit dem der Landwirt bei Bedarf zusammenarbeitet. Die Pferde müssen in der Lage sein, auf Anweisungen per Stimme zu reagieren, denn nicht selten steht der Gespannführer bis zu 20 m von ihnen entfernt. Sie wissen genau, was zu tun ist und wie es zu tun ist. Sie sind nicht einfach nur Zugtiere, sondern denken aktiv mit. „Jeder hat Situationen, in denen man komplett auf die Erfahrung der Pferde angewiesen ist“, betont Arzberger. Gegenseitiges Vertrauen steht deshalb an oberster Stelle.
Breites Arbeitsspektrum
Neun Pferde hat Korbinian Arzberger derzeit auf seinem Hof – vier davon im aktiven Arbeitseinsatz. Dabei rücken die Tiere nicht nur Holz, die Aufgaben sind vielfältig. Manchmal muss das Holz auch in den Wald hinein: Für den Landesbund für Vogel- und Naturschutz (LBV) werden gelegentlich die Totholzmengen im Wald mithilfe der Pferde erhöht. Bei anderen Einsätzen ziehen sie einen Pflug, um den Mineralboden freizulegen und so die Gehölzkeimung zu fördern. Auch in der Neophytenbekämpfung sind die Noriker ideal: Sie bekämpfen die Späte Traubenkirsche. „Der Trick dabei ist, ganz langsam den Wurzelstock auszuhebeln“, erklärt Arzberger. Würden die Pflanzen einfach abgesägt oder unvorsichtig ausgerissen, würden sie sich durch Wurzelbrut stark vermehren – die Bekämpfung wäre fehlgeschlagen.
So vielfältig die Einsatzmöglichkeiten der Rückepferde sind, so schwierig war es am Anfang, Aufträge zu generieren. Vielmehr wurde er von anderen Waldbesitzern für seine scheinbar altertümlichen Methoden belächelt. Davon hat sich Arzberger aber nicht abschrecken lassen. Er bewirbt die Pferdearbeit im Wald aktiv auf Social Media, hält Vorträge und gibt Kurse und ist als Dozent an der Hochschule Weihenstephan-Triesdorf bezüglich des Einsatzes von Rückepferden im Forst tätig.
2Die Mühe hat sich ausgezahlt. Die Nachfrage überschreitet inzwischen längst die Kapazitäten des Betriebs – und das, obwohl das Rücken mit Pferden erst einmal teurer ist als die Arbeit mit Maschinen. Die geringeren Flurschäden geben immer häufiger den Ausschlag, um zum Pferd zu greifen – und sicher auch die positive Wahrnehmung, die die schonende Bewirtschaftung mit sich bringt.
Nachwuchs fördern
Korbinian Arzberger will auch zukünftig weiter mit seinen Norikern arbeiten. Deshalb sorgt er vor: Inzwischen kauft der Landwirt regelmäßig Fohlen der Rasse direkt von österreichischen Züchtern. Das Potenzial steht den Fohlen ins Gesicht geschrieben. „Ich möchte ein Pferd, das wachsam und neugierig ist“, erklärt Arzberger. „Das sieht man an den Augen.“ Dabei dürfen die jungen Pferde auch gerne eine gewisse Coolness, vielleicht sogar ein wenig Arroganz mitbringen. „Das sind die Pferde, die später mitdenken können!“
Die Tiere bildet Arzberger selbst aus. Mit zwei bis drei Jahren beginnt ihr Training. Wenn sie körperlich stark genug sind, dürfen sie bei ersten Arbeitseinsätzen in Arzbergers eigenem Wald Erfahrung sammeln. Dabei lernen sie nicht nur das Ziehen – die körperliche Anstrengung ist der einfachste Teil ihrer Arbeit. Die stundenlange Konzentration ist das eigentlich Herausfordernde – eine Fähigkeit, die erst mit der Zeit gemeistert wird. Die Pferde lernen über die Jahre immer mehr dazu. „Die Alten wissen genau, wie sie sich ihre Kraft einteilen. Sie werden besser, je länger sie dabei sind“, betont Arzberger.
3Auf das Team aus Mensch und Pferd kommt es an, das geht in unserem Gespräch klar hervor. Jeder ist für den anderen verantwortlich – Arzberger legt sein Leben in die Hände seiner Noriker, dafür können sie ihm blind vertrauen. Dass ein solch enges Verhältnis nicht in einem 8-Stunden-Tag entsteht, versteht sich von selbst. Für Arzberger ist das kein Opfer. „Man muss für sich entscheiden, ob man dem Feierabend um 17 Uhr hinterherjammert oder etwas Sinnstiftendes tun will“, findet er. Er selbst musste nicht lange überlegen.

Korbinian Arzberger Dorfstraße 20 93102 Pfatter?/?Griesau Email: info@biohof-arzberger.de www.biohof-arzberger.de
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