Alleen und Baumreihen an Straßen in Brandenburg
Abstracts
Für Gesamtdeutschland gibt es bisher weder eine einheitliche Definition für Alleen und Baumreihen, noch existieren valide Bestandsdaten. Basis dieser Publikation ist deshalb ein Vorschlag für eine bundesweit einheitliche Begriffsbestimmung.
Am Beispiel des Bundeslandes Brandenburg wurde eine GIS-gestützte Methode entwickelt, um mit amtlichen Geodaten eine automatisierte Berechnung von Alleen und einseitigen Baumreihen zu ermöglichen. Mit dieser Methode lassen sich Alleen und Baumreihen lagegenau identifizieren. Ein jährlicher Abgleich von Zuwuchs und Verlusten von Alleen- und Baumreihenkilometern ist so in Zukunft möglich.
Avenues and rows of trees on streets in Brandenburg – results of a current inventory
The Federal Republic of Germany has no standardized definitions or valid inventory data of avenues and thoroughfares with rows of trees along their sides.The basis of this publication is therefore a proposal for nationwide uniform definitions. Using the example of the state of Brandenburg, a GIS-based method has been developed. This allows automatic calculation of avenues and one-sided rows of trees. With this method, avenues and rows of trees can be accurately identified. An annual comparison of growth and loss of tree row per kilometre would be possible.
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1 Einleitung
1.1 Anlass und Hintergrund
Berlins Flaniermeile „Unter den Linden“ ist Deutschlands wahrscheinlich berühmteste Allee. Wer ostdeutsche Bundesländer zum ersten Mal bereist, wird vermutlich überrascht sein, wie viele Alleen und Baumreihen die Straßen und Wege säumen. Jedoch gelten ihre Bestände seit der Wiedervereinigung 1989/90 als rückläufig. Das lässt sich mit der gestiegenen Motorisierung sowie dem Ausbau von Straßen und Versorgungsleitungen begründen. Viele Alleen und Baumreihen sind von Fällungen bedroht oder bereits aus dem Landschaftsbild verschwunden. Aufgrund des noch vorhandenen Alleenreichtums in den neuen Bundesländern besitzen diese eine besonders hohe Verantwortung für den Erhalt des Bestands sowohl für Deutschland als auch im europäischen Kontext (Lehmann2007, 124).
Im Rahmen einer Masterarbeit (Wilitzki2017) und eines FuE-Vorhabens (Peterset al. 2017) wurde der Alleenbestand in Brandenburg aktuell neu erfasst. Gemeinsames Ziel beider Arbeiten war es, am Beispiel des Bundeslandes Brandenburg die Möglichkeiten der Nutzung von Geodaten auszuschöpfen, um die bisherigen Wissenslücken zu füllen und einen vollständigen Überblick über den Ist-Bestand an Alleen und Baumreihen zu erhalten. Die Erfassung beschränkte sich auf die offenen Landschaften inklusive der Siedlungsbereiche. Zusammenhängende Waldbereiche wurden ausgeklammert, da sie für die landschaftsgliedernden und ökologischen Wirkungen der Alleen nicht in dem Maße relevant sind.
Die Ergebnisse dieser beiden Bestandserfassungen bilden, neben einer vorangegangenen bundesweiten Abfrage zum Datenbestand in den Landesämtern (Müller2015), den Grundstock dieser Publikation.
1.2 Bisheriger Kenntnisstand
Lehmann & Rohde (2006)haben in ihrem Buch „Alleen in Deutschland“ den Gesamtbestand an Alleen innerhalb der einzelnen Bundesländer zusammenfassend dargestellt. Dies ist bis heute die einzige Quelle, die eine derartige Übersicht für die Bundesrepublik Deutschland liefert. Den Angaben liegen jedoch zum größten Teil verjährte Erhebungen sowie grobe Schätzungen zugrunde. Seit dieser Veröffentlichung ergaben sich zudem zahlreiche gesetzliche Neuerungen sowie erhebliche Veränderungen der Bestände durch Fällungen sowie Nach- und Neupflanzungen von Alleebäumen. AussagenMüllers (2015, 2) und der Bundesregierung(2017, 2) zufolge existieren in den einzelnen Bundesländern sehr heterogene Definitionen für Alleen und Baumreihen. Zudem fehlen standardisierte Kriterien für die Aufnahme und Kartierung der Alleen und Baumreihen. Uneinheitliche Datengrundlagen führen zwangsläufig auch zu einer unterschiedlichen digitalen Auswertung und kartografischen Aufbereitung der Daten (Müller2015, 47). Auch zukünftig ist kein einheitliches Alleenkataster geplant (Bundesregierung 2017, 3). Nach § 90 Abs. 2 des Grundgesetzes obliegt die Verwaltung der Bundesautobahnen und Bundesstraßen den Ländern im Auftrag des Bundes (Bundesregierung 2017,3). Die Länder sind somit für den gesamten Baumbestand an den Autobahnen sowie den Bundes- und Landesstraßen zuständig. Das bedeutet, dass sie selbst entscheiden können, wie und in welchem Umfang Alleen und Baumreihen kartiert und verwaltet werden. In einem noch geringeren Umfang finden standardisierte Erfassungen an Kreis- und Gemeindestraßen statt(Lehmann & Rohde2006,114 ff.).Aufgrund dessen fehlen, mit Ausnahme weniger Bundesländer, miteinander vergleichbare Daten zu Lage, Anzahl und Länge von Alleen und Baumreihen in Deutschland. Das bestätigen auch Aussagen der Bundesregierung(2017, 2). Einzelne Bundesländer erfassen aber in regelmäßigen Abständen ihre Alleenbestände, hervorzuheben sind hier Nordrhein-Westfahlen und Brandenburg(Müller2015,43).
Alleen und Baumreihen sind bereits bundesweit durch verschiedene gesetzliche Regelungen geschützt. Im Bundesnaturschutzgesetz werden in § 29 unter „Geschützte Landschaftsbestandteile“ auch „Alleen“ aufgeführt. Es obliegt jedoch den Ländern, dies rechtsverbindlich zu bestimmen. Hiervon machen nicht alle Bundesländer Gebrauch. Am weitesten geht Mecklenburg-Vorpommern. Das Bundesland regelt den Schutz und die Pflege der Alleen seit 1993 sogar in der Landesverfassung (Artikel 12). In den Landesnaturschutzgesetzen von Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein sind Alleen gesetzlich geschützt. Allerdings fehlen auch hier klare Legaldefinitionen des Begriffs „Allee“. Deshalb findet zunächst der Versuch statt, die in den Bundesländern gängigen Definitionen aus Gesetzestexten auf Landesebene und wissenschaftlichen Publikationen auf jeweils eine Definition zu Alleen und Baumreihen zusammenzuführen.
1.3 Begriffsdefinitionen zu Alleen und Baumreihen
Alleen und Baumreihen zählen zu den anthropogen geschaffenen Landschaftselementen (Kraft & Plachter2006, 76;Peters1996, Abb. 1). Der Begriff „Allee“ leitet sich vom französischen Nomen allée bzw. vom Verb aller (gehen) ab. Zu Deutsch kann man allée mit Gang (Dudenredaktion 2015,72) oder Gehbahn (Wimmer2006,14)übersetzen. Unter „Allee“ versteht man somit einen durch zwei Baumreihen eingefassten Weg(Bührle1988, Fink1955, Gamer1986, Wimmer2006,24; Wimmer2001).
Zur Entwicklung eines Vorschlags für eine umfassende, bundesweit einheitliche Begriffsdefinition für Alleen und Baumreihen gehen die folgenden Rechtsgrundlagen und Publikationen der vergangenen 27 Jahre ein: „Merkblatt Alleen: MA-StB 92“(BMV1992,11), Definitionen des Bundesamtes für Kartografie und Geodäsie(BKG) (2009a, 1; 2009b, 1; 2009c, 1),Alleenerlass des Landes Mecklenburg-Vorpommern (AlErl M-V Gl. Nr. 791-16 2016, Abs. 3) sowie Erlasse aus weiteren Bundesländern, wie Hessen(HMUKLV2016,20f.),Nordrhein-Westfalen(LANUV NRW2015,2),Thüringen(TMLFUN2012, 3) und insbesondere aus dem Land Brandenburg(Landesbetrieb Straßenwesen 2012,12; LUA2007,248; MIL2007,11;UNB M-O2016,4).Einfluss auf die Definitionsbegriffe hatten zudemStübben(1980, 439),Peters(1996, 125),Uerscheln &Kalkusok (2003,43)sowieWimmer (2006,14). Davon ableitend ergeben sich für Alleen und Baumreihen die in Tab. 1 zusammengefassten Definitionen als Arbeitsgrundlage für die Kartierung im Land Brandenburg.
2 Datengrundlagen und methodische Vorgehensweise
Im Folgenden sollen das Untersuchungsgebiet und die verfügbaren Geodaten vorgestellt werden. Die Daten sind so gewählt, dass Folgeerfassungen von Alleen und Baumreihen analog auch in anderen Bundesländern möglich sind. Das bedeutet, dass sie möglichst aktuell und verlässlich, aber auch kostenfrei oder kostengünstig zu beschaffen sind. Als Ausschlusskriterium gelten signifikante Unterschiede bei der Datenerhebung zwischen den Bundesländern.
2.1 Bundesland Brandenburg und Referenzraum Landkreis Barnim
Im deutschlandweiten Vergleich gilt das Land Brandenburg, noch vor Mecklenburg-Vorpommern, als das alleenreichste Bundesland (Szymanski2006, 102). Brandenburg erscheint damit als besonders geeignet, um eine auch auf andere Länder übertragbare Referenzmethode zu entwickeln. Im Nordosten Brandenburgs liegt der Landkreis Barnim. Im Rahmen der Erarbeitung eines neuen Landschaftsrahmenplans Barnim wurden im Auftrag der Unteren Naturschutzbehörde Barnim durch die Hochschule für nachhaltige Entwicklung Eberswalde in den Jahren 2008 und 2017 Alleenkartierungen durchgeführt. Hierbei wurde das Gebiet des Biosphärenreservats Schorfheide-Chorin ausgeklammert, da hierfür ein separater Landschaftsrahmenplan erstellt wird (Peterset al. 2009, Peterset al. 2017, 4). Die im Rahmen des Projektes für den Landkreis Barnim kartierten Alleen dienen der „Eichung“ und Kontrolle der zeitgleich für das gesamte Bundesland auf Basis von Geodaten erhobenen Alleenbestände.
2.2 Vorgehensweise bei der Auswertung von Geodaten für das Land Brandenburg und den Landkreis Barnim
Ausgangspunkt dieser Analyse sind Daten aus dem Jahr 2016. Im Untersuchungsgebiet Brandenburg fanden diverse Erfassungen von Alleen und/oder Baumreihen zeitgleich durch verschiedene Institutionen statt. Abb. 2 gibt einen Überblick über die verfügbaren Geodaten zu Alleen und Baumreihen.
Nach einem deutschlandweit einheitlichen Regelwerk werden in den Daten der Landesvermessung und Geobasisinformation (LGB), passend zur obigen Definition, Baumreihen ab 200 m Länge an Straßen im Offenland außerhalb von Waldbereichen erfasst (BKG2009a, 1; 2009b, 1; 2009c, 1). Zudem beinhaltet dieser Datensatz deutlich mehr erfasste Baumreihen als die beiden anderen Datengrundlagen, die entweder nur die Bundes- und Landesstraßen abbilden, nicht aber die untergeordneten Straßenkategorien auf Ebene der Landkreise und Kommunen (Landesbetrieb Straßenwesen Brandenburg 2016), oder offensichtlich unvollständig kartiert wurden (Landesamt für Umwelt 2016, Wilitzki2017,15).
Aus diesen Gründen gehen im Folgenden die Baumreihen des digitalen Basis-Landschaftsmodells (LGB2016) in die weiteren Analysen ein. Sie entsprechen einem Aktualisierungszeitraum von 2012 bis 2016 (ebd.). Zusätzlich zu den linienhaften Daten zu Alleen und/oder Baumreihen ist es notwendig, flächenhafte Daten einzubeziehen, welche dazu dienen, die Lage der Alleen und Baumreihen im Innen- und Außenbereich von Gemeinden zu unterscheiden. Um zukünftige bundesweite Berechnungen von Alleen und einseitigen Baumreihen nicht durch unnötige Beschaffungskosten zu erschweren, fiel die Entscheidung auf die lizenzkostenfreien Daten von OpenStreetMap (Ramm & Topf2010,3).Das Straßennetz von OpenStreetMap erscheint insbesondere in den Städten sehr genau. An der Darstellung der Verwaltungsgrenzen und Siedlungsbereiche kann man die regional unterschiedlichen Aktivitäten der (vielen) freiwilligen Mapper (oft ausgebildete und private Kartografinnen und Kartografen, die kontinuierlich Geodaten sammeln, um sie in eine gemeinsame Datenbank einzupflegen) ablesen (ebd., 3 f, 79ff.). Durch die tägliche Aktualisierung und Vervollständigung der Daten erscheinen sie jedoch zukünftig als eine adäquate und zunehmend verlässliche Ergänzung zu kommerziellen Daten.
Insgesamt wurden somit für die Bestandserfassung die in der Abb. 3 dargestellten Datensätze ausgewertet.
Zur Verarbeitung der angeführten Geodaten dient das geografische Informationssystem ArcGIS Desktop. Die darin integrierte ArcToolbox bietet zur Bearbeitung von raumbezogenen Daten eine Reihe von Funktionalitäten(GIGeoinformatik GmbH 2012,423,444). Um Prozesse zu automatisieren und im Nachhinein Arbeitsabläufe leicht nachvollziehen zu können, lassen sich die in der ArcToolbox verknüpften ModelBuilder nutzen.
Mit dem neu entwickelten Flussdiagramm können sowohl Geodaten nachvollziehbar aufbereitet, Fehler bereinigt, Daten zusammengeführt und analysiert als auch Alleen erkannt und berechnet werden. Aufgrund der Datenlage erfolgte eine Erfassung der Alleen und Baumreihen ausschließlich im Offenland, also außerhalb von Waldbereichen und nicht an kleineren Wander-, Rad- und Reitwegen. Abschließend wurden die Ergebnisse innerhalb des Referenzraums Landkreis Barnim bezüglich des Erfassungsraums und der Straßenklasse so angepasst, dass sie mit offiziellen Daten vergleichbar sind.
3 Ergebnisse
Auf Basis einer Auswertung der im Abschnitt 2 beschriebenen Geodaten ergeben sich für das Bundesland Brandenburg im Offenland (außerhalb von Waldbereichen) zusammenfassend für alle Straßenkategorien Gesamtlängen von 4 141 km Alleen und 7 064 km einseitigen Baumreihen .
Die Ergebnisse sind im Einzelnen in Tab. 2 und den Abb. 4 bis 7 zusammengefasst.
Abb. 4 und 5 zeigen die Verteilung der Alleen und einseitigen Baumreihen im Land Brandenburg.
Zusätzlich zur Gesamtbilanz der Alleen und einseitigen Baumreihen erfolgte eine Aufschlüsselung nach Straßenklassen. Dabei zeigte sich die deutlich größte Anzahl und Länge von Alleen und Baumreihen an den Gemeindestraßen (750 km Allee) und sonstigen untergeordneten öffentlichen Straßen, welche für Fahrzeuge geeignet sind (1699 km Allee).Dazu gehören öffentliche Feldwege und beschränkt öffentliche Wege (§ 3 Abs. 5 BbgStrG,Ramm & Topf2010, 68). Im Vergleich zu den Bundesstraßen (334 km Allee) weisen die Landesstraßen (829 km Allee) eine deutlich höhere Gesamtlänge an Alleen auf.
Zur Überprüfung und Validierung der Ergebnisse erfolgte ein Abgleich der Geodaten mit den Ergebnissen der Vor-Ort-Kartierungen der Alleen im Landkreis Barnim (Peterset al. 2017). Die Berechnungslänge ist mit 189 km fast identisch mit der aktuellen (für vollständig erachteten) Kartierung von 185 km (Wilitzki2017, 71).
Abb. 6 zeigt die Verteilung der ermittelten Alleenkilometer in Bezug auf die Straßenklassen. Es fällt auf, dass die untergeordneten Straßenkategorien den höchsten Anteil am Alleenbestand aufweisen.
Im Zeitvergleich der Kartierungen von 2008 (186 km) und 2017 (185 km) konnte für den Landkreis Barnim belegt werden, dass der Alleenbestand an allen Straßenkategorien relativ stabil ist (Peterset al. 2017). In diesem Landkreis zeigen sich offenbar Erfolge in der Ersatzpflanzung, da der Landesbetrieb Straßenwesen hierbei besonders engagiert ist. In Zukunft werden derartige Ersatzmaßnahmen durch verschärfte Sicherheitsanforderungen (ESAB/RPS) aber deutlich erschwert (Glante2016 und mdl. 2018).
Die Vor-Ort-Kartierungen haben aber auch gezeigt, dass der Alleenbestand stark überaltert ist. Fast die Hälfte aller Alleen ist mehr als 90 Jahre alt. Hier besteht also in den kommenden Jahren ein erheblich größerer Bedarf an Nachpflanzungen (s. Abb. 7).
4 Diskussion
Im Ergebnis wird deutlich: Je niedriger die Straßenklassen desto größer ist die Gesamtlänge des Bestandes an Alleen und einseitigen Baumreihen. Hier besteht offensichtlich ein Zusammenhang zwischen Verkehrsmengen und Ausbaudruck, der bei den höherklassigen Straßen zu einem schleichenden Rückgang der Vitalität führt (Eidet al. 2005, 67). Zudem erschweren Verkehrssicherheitsrichtlinien die Nachpflanzung von Bäumen an höherrangigen Bundes- und Landesstraßen (König2008, 13).
Explizit ausgeschlossen sind Baumpflanzungen an den Bundesautobahnen, den Bundesstraßen des Blauen Netzes (als Teilnetz des Bundesstraßennetzes; Landesrechnungshof Brandenburg 2017, 8) sowie Kraftfahrstraßen (Heck2013, 5). Fraglich ist jedoch, warum Neupflanzungen auch an den Kreisstraßen in so geringem Umfang stattfinden? Die Zahlen liegen jeweils deutlich unter denen der Landes- und Gemeindestraßen.Möglicherweise spielen hierbei Unsicherheiten eine Rolle, ob die o. g. Richtlinien auch auf Kreisebene anzuwenden sind. Eine andere Erklärung könnte die schlechte Personalsituation in den meisten Unteren Naturschutzbehörden sein, die dazu führt, dass zeitaufwendige Koordinationsaufgaben, wie die Vorbereitung von Pflanzmaßnahmen, zurückgestellt werden. Bereits das Merkblatt „Alleen“ (BMV 1992) verdeutlichte, dass Alleen sowohl der Ausstattung und Verschönerung von überörtlichen Straßen als auch der Gestaltung von Ortslagen dienen (ebd., 11). Bis dato finden jedoch nur selten Erfassungen im Innenbereich von Ortschaften statt.Im Vorschlag zu einer einheitlichen Definition von Alleen und einseitigen Baumreihen fallen deshalb Reihungen von Bäumen ab 200 m innerorts ebenfalls unter Alleen und Baumreihen.
Wertet man den Bestand an Alleen und Baumreihen pro km2Fläche aus, so fällt zudem auf, dass im Landkreis Barnim zwar mehr Alleen, aber weniger Baumreihen als im Durchschnitt des gesamten Landes vorkommen. Das könnte daran liegen, dass in anderen Landkreisen die ausgefallene Seite (s. Abb. 8) einer Allee seltener nachgepflanzt wird als im Barnim und damit die Anzahl der einseitigen Baumreihen ansteigt.
Aufschlussreich ist außerdem der Vergleich der berechneten Alleen und einseitigen Baumreihen mit früheren Erfassungen im Land Brandenburg. Hierzu wurden Vergleichsdaten ab den 1990er Jahren einbezogen (Feichtinger2005,Landesbetrieb Straßenwesen 2014,Landesregierung Brandenburg 2005, LUA1993,157 ff.; MIL2007,4; Selle2002, Szymanski2006,102).
Insgesamt gibt es für die Vergangenheit deutlich mehr Angaben zu Alleen als zu einseitigen Baumreihen. Es handelt sich oftmals lediglich um Schätzungen und Hochrechnungen. Genaue Kartierungsergebnisse bietet lediglich der Landesbetrieb Straßenwesen (2014,2016)für Alleen an Bundes- und Landesstraßen.Für die Bundesautobahnen sowie Kreis- und Gemeindestraßen liegen dagegen so gut wie keine Daten vor(Lehmann & Rohde2006,114 ff.).
Im Vergleich der Erfassungen durch den Landesbetrieb Straßenwesen (2016) und der kartierten Alleen (Peterset al. 2017, 18) mit den berechneten Alleen wird deutlich, dass sie sich in vielen Fällen decken. Allerdings sind einige Alleen nachgepflanzt worden, die noch nicht in den Geodatensätzen vom LGB (2016) erfasst sind. Die berechneten Alleenkilometer liegen daher deutlich niedriger als die Länge der kartierten Alleen. Andererseits konnten auch einige einseitige Baumreihen ermittelt werden, welche Lücken zwischen Alleen schließen.
Insgesamt wird deutlich, dass der Bestand an Alleen in Brandenburg kontinuierlich zurückgeht, gleichzeitig jedoch derjenige an Baumreihen kontinuierlich steigt. Offensichtlich gibt es hier einen kausalen Zusammenhang: Ehemalige Alleen lösen sich altersbedingt allmählich auf oder eine der beiden Baumreihen wird beim Ausbau von Straßen gerodet. Im Ergebnis werden Alleen in beiden Fällen zu Baumreihen.
Dieses Ergebnis muss im Kontext des Pflanzziels von 30 km Alleen an Bundes- und Landesstraßen außerorts pro Jahr im Land Brandenburg betrachtet werden. Dieses Ziel steht losgelöst von der jährlichen Anzahl gefällter Alleebäume(Heck2013,3). Seit 2010 wird es allerdings u. a. aufgrund bundesweit verschärfter Sicherheitsanforderungen (ESAB und RSB-Richtlinie) für das Netz der Bundes- und Landesstraßen nicht mehr eingehalten. Fraglich ist deshalb, wie das Bundesland Brandenburg auf den deutlichen Rückgang von Alleen und einseitigen Baumreihen zukünftig reagieren wird.
5 Schlussfolgerung
Aus den vorangegangenen Kapiteln wurde deutlich, dass bundesweit gültige Definitionen zu Alleen und einseitigen Baumreihen fehlen. Auf bundespolitischer Ebene setzt sich die Parlamentsgruppe „Kulturgut Alleen“ gemeinsam mit der Alleenschutzgemeinschaft e.V. dafür ein, den überalterten und rückläufigen Alleenbestand trotz einer schwierigen Verkehrssicherheitsdebatte zu verjüngen (Alleenschutzgemeinschaft e.V. 2016). Die Parlamentsgruppe fordert den Bund auf, eine bundesweite Alleenkartierung nach einheitlichen Standards zu initiieren (Parlamentsgruppe „Kulturgut Alleen“ 2016,2).
Auf Grundlage der für Brandenburg entwickelten Analysemethode ließe sich eine solche Datenerhebung mit vertretbarem Aufwand gewährleisten. Unter Einbeziehung von Walddaten sowie zusätzlichen Metadaten könnte der Datenbestand vervollständigt werden.Aus naturschutzfachlichen Gründen ist es gleichwohl zielführend, auch kleinere Baumreihungen von unter 200 m Länge zu ermitteln. Sie stellen Trittsteinhabitate für Tier- und Pflanzenarten in einer ausgeräumten Agrarlandschaft dar und können als Anknüpfungspunkte für Nach- und Neupflanzungen dienen. Ebenso besitzen insbesondere sehr alte Alleen an gering befahrenen Straßen eine hohe Bedeutung (Eidet al. 2005, 66 f.). Gerade untergeordnete Straßenklassen und Wege bieten sich zur Neuanlage von Alleen und einseitigen Baumreihen an. Insbesondere autofreie Alleen lägen in der Verkehrssicherungskontrolle und -pflege deutlich unter den Kosten von Alleen an höheren Straßenklassen. Sie könnten auf Basis der Datenlage von OpenStreetMap in eine erweitere Auswertung potenzieller Pflanzstandorte einbezogen werden. Diese Daten würden die Erfassung an Straßen und Wegen sinnvoll komplettieren.
Die Ermittlung der „Alleendichte“ und der „Baumreihendichte“ (Alleenkilometer/Baumreihenkilometer pro km² Offenland) könnte zukünftig eine wichtige Grundlage bilden, um die Alleendaten regional und in Zeitreihenvergleichen bilanzieren zu können. Ein langfristiges Monitoring aller Alleen und einseitigen Baumreihen für sämtliche Straßenklassen in ganz Deutschland wäre so möglich.
In einem von der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU) geförderten Projekt (Laufzeit: 2019 bis 2021) soll der hier vorgestellte methodische Ansatz für eine GIS-gestützte bundesweite Erfassung aller Alleenbestände mit Geodaten angewandt werden. Gleichzeitig sollen eine bundesweit gültige Kartieranleitung und ein Handlungsleitfaden für die Pflege und Erneuerung von Alleen entwickelt werden.
Dank
Ein besonderer Dank gilt dem Landesamt für Landesvermessung und Geobasisinformation Brandenburg für die Beantwortung einiger Fragen zu Geodaten sowie ESRI Deutschland GmbH für die Hilfestellungen in der technischen Umsetzung der Geodatenanalyse. Wir bedanken uns weiterhin für die beschränkungsfreie Nutzung der kostenlosen und im Internet frei zugänglichen Daten von OpenStreetMap.
Literatur
Aus Umfangsgründen steht das ausführliche Literaturverzeichnis unter www.nul-online.de (Webcode 2231 ) zur Verfügung.
Fazit für die Praxis
- Bisher fehlen bundesweit einheitliche Definitionen für Alleen und Baumreihen. Diese sind aber für eine Vergleichbarkeit der Daten und eine gesamtdeutsche Erfassung aller Alleen und Baumreihen erforderlich.
- Aufgrund des schmaleren Ausbauquerschnitts und des geringeren Verkehrsdrucks verfügen niedrige Straßenklassen über mehr Alleen und Baumreihen als Bundes- und Landesstraßen.
- Es besteht ein Zusammenhang zwischen dem kontinuierlichen Rückgang des Bestandes an Alleen und dem gleichzeitigen Anstieg des Bestandes an Baumreihen in Brandenburg. Ehemalige Alleen, welche sich einseitig auflösen oder bei Straßenbauarbeiten gefällt wurden, werden nur selten nachgepflanzt.
- Auf Basis von Geodaten ist ein deutschlandweites Monitoring für Alleen und Baumreihen möglich.
Kontakt
Prof. Dr. Jürgen Peters leitet das Fachgebiet Landschaftsplanung und Regionalentwicklung an der Hochschule für nachhaltige Entwicklung Eberswalde (HNEE). Er befasst sich in Lehre und Forschung mit Theorie und Methodik der Landschaftsentwicklung. Aktuelle Forschungsthemen behandeln u. a. die Integration Erneuerbarer Energien in die Kulturlandschaft, Baukultur und Tourismus sowie die Landschaftswahrnehmung.
Frank Torkler , Dipl. Geograph, leitet am Fachbereich Landschaftsnutzung und Naturschutz der HNEE das Fachgebiet Geoinformation. Forschungsthemen sind digitale Landschaftsbildbewertung, Visualisierung von Landschaftsszenarien, Sichtanalysen und Sichtverschattungsplanung.
M. Sc. Annemarie Wilitzki forscht seit 2018 als wissenschaftliche Mitarbeiterin am Fachgebiet Landschaftsplanung und Regionalentwicklung an der HNEE. Im Schwerpunkt arbeitet sie am Teilbeitrag Kulturlandschaft zum Landschaftsrahmenplan Barnim, im E + E-Vorhaben des BfN „Naturerfahrungsräume in Großstädten am Beispiel Berlin“ und am DBU-geförderten Projekt „Alleen als schützenswerte Landschaftselemente“ mit.
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