Zwei für die Gewässerökologie Lugs Kassel
Das Büro für Landschaftsplanung und Gewässerökologie lugs aus Kassel steckt mit seiner gerade einmal vierjährigen Geschichte fast noch in den Kinderschuhen, zeichnet sich aber durch ein engagiertes Konzept der Verknüpfung von Praxis und Wissenschaft aus. Wir haben die beiden Firmeninhaber in Kassel besucht.
- Veröffentlicht am
Es hat ein bisschen was von einem Klassentreffen, als ich Jens Eligehausen und Ralf Katzschner auf dem Unicampus in Kassel treffe. Schließlich haben wir alle hier studiert, wenn auch zeitlich versetzt. Eigentlich wirken die beiden Männer gar nicht wie Unternehmer mit einem eigenen Planungsbüro. Als ich sie treffe, tragen sie bequeme, robuste Outdoorkleidung, von Schlips und Kragen keine Spur. Das macht sie als Gewässerökologen irgendwie authentisch.
Für Jens Eligehausen gab die Itter, ein kleiner Zufluss der Diemel, den Ausschlag zur Berufswahl. Sein Interesse für Naturschutz wurde zwar schon früh durch das Fischen und einige Urlaube in Schweden geweckt, aber erst der Zivildienst in Willingen im Sauerland zeigte ihm die ganze Bandbreite des Berufsfelds. Er pflanzte dort Erlen am Oberlauf der Itter, lernte aber auch sehr viel über das Spannungsfeld zwischen Erholungstourismus und Naturschutz. „Da war für mich klar, dass ich im nahe gelegenen Kassel studieren wollte.“
Im Studium lernte er dann seinen heutigen Geschäftspartner, Ralf Katzschner, kennen. Der gebürtige Kasseler kam über die Stadtplanung in den Fachbereich Architektur-Stadtplanung-Landschaftsplanung der Universität, erst allmählich schwenkte sein Interesse dann zum ökologischen Schwerpunkt.
Geprägt hat die beiden jungen Männer vor allem ein Professor, Dr. Ulrich Braukmann, der im vergangenen Jahr nach schwerer Krankheit verstarb. Seine Projekte und Exkursionen betonten die praktische Arbeit in der Gewässerökologie, aber auch die Übertragung der Ergebnisse der Geländeuntersuchungen in wissenschaftliche Schlussfolgerungen. Schließlich verschrieben sich Eligehausen und Katzschner schon im Studium der Gewässerökologie. „Tatsächlich habe ich mein E-Fisch-Gerät schon während des Studiums gekauft“, erinnert sich Jens Eligehausen.
Direkt nach dem Studium wickelten die frischgebackenen Diplomingenieure selbstständig erste Projekte ab, vor allem Befischungen und Untersuchungen des Makrozoobenthos. Dafür legten beide auch den Bedienschein für die Elektrofischerei und den Fischereischein ab. Zwei Jahre später, im Jahr 2015, machten sie sich dann mit einem eigenen Büro, lugs, selbstständig. Das junge Unternehmen bietet Untersuchungen der Fischfauna von Gewässern an, ebenso des Makrozoobenthos, der Vegetation von Gewässer und Aue und der Gewässerstruktur. „Bei manchen Projekten stoßen wir allerdings bei den botanischen Artenkenntnissen an unsere Grenzen“, gibt Ralf Katzschner zu. „Da müssen wir Subunternehmer heranziehen oder Bietergemeinschaften eingehen.“
Sprung in die digitale Welt
Bei der Untersuchung der Gewässerstruktur kommt bei lugs modernste Drohnentechnik zum Einsatz – ein Ansatz, der die Grundeinstellung der Jungunternehmer deutlich widerspiegelt. „Wir sind sozusagen in der Transformation vom Klemmbrett zum Tablet aufgewachsen“, lacht Jens Eligehausen. „Wir kennen sowohl die analoge als auch die digitale Arbeit. So können wir auf Entwicklungen gut reagieren, ohne blind auf jeden Trend aufzuspringen.“
Als Stärke betrachtet der 35-Jährige außerdem den Idealismus, der die beiden Gewässerökologen antreibt. „Wir stehen voll hinter dem, was wir tun“, betont Ralf Katzschner. „Wir machen diese Arbeit aus voller Überzeugung und wollen auch für zukünftige Renaturierungen etwas bewirken.“
Neben der Drohnentechnik setzen Katzschner und Eligehausen auf den Einsatz von GIS-Software (Apps und WebGIS), um Daten zu strukturieren, zu analysieren und Ergebnisse zu visualisieren. „Ohne GIS geht es heute eigentlich gar nicht mehr. Alles, was eine räumliche Dimension und eine zeitliche Komponente hat, lässt sich so schnell und einfach abbilden“, erklärt Eligehausen.
Visualisierung und Aufbereitung der Daten werden in der Zukunft immer mehr Bedeutung im Büro gewinnen. „Ich glaube, die Synthese aus aktueller Forschung und Praxiserfahrungen im Sinne von OpenCitizenScience könnte man auch als unser Alleinstellungsmerkmal bezeichnen“, meint der Hamburger. „Diesen Ansatz, in der praktischen Monitoringarbeit verankert zu sein, aber bis zur Analyse mit GIS und Photogrammetrie die Schnittstellen zur wissenschaftlichen Arbeit zu pflegen.“
Wissenstransfer als oberste Prämisse
Um diese Vernetzung von Wissenschaft und Praxis zu verstärken, arbeitet Eligehausen hauptamtlich an der Universität Kassel. Er ist dort Dozent für Geoinformationssysteme. „Die Lehrtätigkeit an der Uni bildet einen auch selbst fort“, stellt er fest. Außerdem bekommt er so fortlaufend neuen Input aus der Forschung und kann wichtigen Wissenstransfer aus der Wissenschaft in seine praktische Arbeit und aus der Praxis in die Wissenschaft entwickeln. „Das geht mit unserer Büro-Philosophie einher. Uns ist es wichtig, Projekte über Jahre im Blick zu behalten. Unsere Motivation ist, die ökologischen Prozesse zu verstehen, um daraus auch zukünftige Renaturierungsvorhaben zu optimieren.“
Die enge Verzahnung zur universitären Arbeit bietet auch den Studierenden der Landschaftsplanung an der Universität Kassel einen Vorteil: Das Büro lugs bietet ihnen die Chance, als freie Mitarbeiter an Projekten mitzuarbeiten und so bereits während des Studiums einschlägige Praxiserfahrungen zu sammeln. Eine Win-win-Situation: Werden viele Ausschreibungen gewonnen, können so über die universitären Kontakte neue und qualifizierte Kapazitäten gewonnen werden. „Ich sehe diese Flexibilität auch als Stärke“, resümiert Ralf Katzschner. „Größere Unternehmen sind wesentlich stärker von einem gleichbleibenden Auftragsvolumen abhängig.“
Engagierte Zukunftspläne
Trotzdem will das Büro wachsen. „Wir würden eigentlich gerne mehr Projekte machen, uns fehlt aber einfach die ständige Kapazität dafür“, lacht Jens Eligehausen. Gerade durch die Europäische Wasserrahmenrichtlinie (WRRL) gibt es eigentlich genügend Aufträge. Bei der Mitarbeitergewinnung sind die beiden Inhaber relativ optimistisch, den allgegenwärtigen Fachkräftemangel fürchten sie weniger. „Durch verschiedene Projekte haben wir inzwischen einige Leute im Blick, die wir auch langfristig für uns gewinnen wollen“, erklärt Ralf Katzschner. Die dafür nötige Büroerweiterung mit Umzug in größere Räumlichkeiten findet gerade statt.
Herausforderungen für das Büro liegen also weniger in der Mitarbeitergewinnung, sondern in einigen Projekten selbst. So werden Projekte manchmal recht überstürzt angegangen, da die Kommunen gezwungen sind, die Umweltziele zu erfüllen. „Richtlinien wie die WRRL sind ein absolut wichtiges Tool, um ökologische Verbesserungen zu erreichen“, findet Eligehausen. „Das Problem bei der Umsetzung von naturschutzfachlichen Zielen ist, dass sich diese oftmals im Spannungsfeld zu wirtschaftlichen Interessen befinden und es daher bei einer gewissen Umsetzungsfreiwilligkeit bleibt.“
Oft scheint sich aber auch der Naturschutz bei den Projekten des Büros selbst im Weg zu stehen. „Teilweise verursachen die Ergebnisse des Gewässermonitorings auch Zielkonflikte“, erklärt Eligehausen. Das können Konflikte zwischen Naturschutz und Erholungsnutzung sein, aber auch Zielartenkonflikte. „Gerade bei einer größeren Zahl von Projektbeteiligten kann dann schnell eine unsachliche Diskussion entstehen“, ergänzt Katzschner. „Da muss dann eine sachliche Lösung gefunden werden. Die Abwägung ist schwierig – auch, weil man im urbanen Kontext nicht alles umsetzen kann und man eigentlich gerne mehr machen würde.“
Schnittstellenproblematik
Wesentlich problematischer sind nach Eligehausen aber die oft unterschiedlichen Standards der verschiedenen Bundesländer, was die Ausgestaltung der Untersuchungsmethodik anbelangt. Als Beispiel nennt er Fischbestandserhebungen und Gewässergütestrukturkartierungen an Gewässern: Es gibt zwar gemeinsame Vorgaben zur Befischung, innerhalb dieses methodischen Rahmens haben die Länder jedoch verschiedene Wege der Ausgestaltung gewählt. Ein Teil der Länder fordert die Untersuchung einer hohen Anzahl von Probestellen, mit einer Einteilung einzelner Individuen in Größenklassen. Andere reduzieren die Zahl der Probestellen und wünschen eine zentimetergenaue Vermessung der einzelnen Fische. „Im Sinne der Vergleichbarkeit und einer effizienten Mittelverwendung wäre es wichtig, die verschiedenen Konzepte zu harmonisieren“, betont der Gewässerökologe. „Wir brauchen vereinheitlichte Methoden und offene Soft- und Hardwareschnittstellen.“ Nur so kann auch dauerhaft ein projektübergreifender Mehrwert generiert werden.
Die Dringlichkeit, mit der der junge Hamburger diese Botschaft vermittelt, überrascht nicht. Selbst in unserem kleinen Gespräch bei einer Tasse Tee springt der Funke der Begeisterung über, mit der Eligehausen und Katzschner ihr Unternehmen leiten. Da wird klar, dass der Idealismus, der die beiden antreibt, nicht bloß eine so dahingesagte Floskel ist.
Unsere Philosophie
Unsere Motivation ist, die ökologischen Prozesse zu verstehen, um daraus auch zukünftige Renaturierungsvorhaben zu optimieren. Dafür nutzen wir sowohl die praktische Monitoringarbeit als auch aktuelle Software zur Interpretation der Daten. Uns ist wichtig, unsere Projekte über Jahre im Blick zu behalten. Nur so können wir für die Zukunft lernen.
Betriebsdaten
• Gründung: 2015
• Gesellschaftsform : Gesellschaft bürgerlichen Rechts
• Mitarbeiter: 3, davon 1 Landschaftsplaner, 2 Ökologen
Zu diesem Artikel liegen noch keine Kommentare vor.
Artikel kommentierenSchreiben Sie den ersten Kommentar.