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BIO-Diverse

Arbeiten an der Schnittstelle

2012 haben Dr. Nicole Nöske und Dr. Luciana Zedda ihr Unternehmen BIO-Diverse gegründet. Sie verfolgen dabei gemeinsam das Ziel, die Biodiversität in Deutschland und weltweit zu schützen. Dabei setzen sie an der Schnittstelle an: Sie sind das Sprachrohr zwischen Wissenschaft und Gesellschaft. Luciana Zedda stellt das Konzept vor.
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 1 Biologin Nicole Nöske bei der Geländearbeit
1 Biologin Nicole Nöske bei der Geländearbeit Nicole Nöske 
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Biodiversität begeistert Luciana Zedda. Die Vielfalt im Großen, globale Zusammenhänge, aber auch die Vielfalt im Kleinen. Ein Teil dieser Biodiversität im Kleinen? Flechten. Zedda, von Haus aus Agrarwissenschaftlerin, stieß durch ihren Professor für Botanik auf die spannende Symbiose von Pilz und Algen, promovierte über die Flechten Italiens und blieb dem Thema bis zum Postdoc treu. Am Botanischen Museum in Berlin traf sie schließlich eine Mitstreiterin: Nicole Nöske, Biologin, ebenfalls botanisch und lichenologisch interessiert. Nöske wollte ihre Diplomarbeit über Flechten schreiben. Zedda, gebürtige Italienerin, vermochte ihr eine Forschungsarbeit auf Sardinien zu vermitteln.

Dann trennten sich die Wege der beiden Flechtenexpertinnen wieder. Nicole Nöske blieb in Berlin, Luciana Zedda wechselte zur Uni Bayreuth. Der Kontakt blieb bestehen, in Anbetracht des gemeinsamen Themenschwerpunkts nicht überraschend. Einige Jahre später sollten sich ihre Wege aber erneut kreuzen: Die beiden Frauen landeten in der Region Bonn. Hier zeigte sich: Beide wollten sich beruflich neu orientieren.

Mehr Flexibilität

„Die Selbstständigkeit gibt viel Flexibilität, gerade für Frauen mit Kindern“, erklärt Zedda. „Außerdem wollten wir eigene Projekte und Ideen entwickeln, kreativ sein.“ Ein klassisches Arbeitsverhältnis jedoch setzt dem Grenzen. Für Nicole Nöske und Luciana Zedda liegt die Lösung auf der Hand: 2012 machen sich die beiden Frauen gemeinsam mit BIO-Diverse selbstständig.

Der Name ist Programm: Das kleine Unternehmen soll einen kleinen Beitrag dazu leisten, die weltweit gefährdete Biodiversität zu erhalten. Die beiden Frauen haben einen Forschungsschwerpunkt auf Flechten und Moosen und wollten zunächst ihr Können in der Konzeption und inhaltlichen Pflege von wissenschaftlichen Datenbanken und Internetportalen weitergeben.

Neupositionierung

Heute ist BIO-Diverse wesentlich breiter aufgestellt und auf die Erforschung und Kommunikation der Biodiversität spezialisiert: Positioniert haben Zedda und Nöske ihre Firma an der Schnittstelle zwischen Wissenschaft, Bildungseinrichtungen und Unternehmen. Das Arbeitsspektrum reicht dabei von Datenrecherche, -analyse und -auswertung über das Verfassen von Studien und Fachtexten sowie klassischer Geländearbeit bis hin zur Biodiversitätsbildung. Hier halten die beiden Unternehmerinnen Vorträge, bieten Workshops und Exkursionen an, entwickeln Lehrmaterialien und Konzepte, um Menschen die Natur nahezubringen.

Die breite Ausrichtung des Unternehmens hat viele Gründe. „Nur mit der Geländearbeit verdient man leider nicht genug Geld“, meint Luciana Zedda. „Und die Forschung ist eher an den Universitäten angesiedelt. Außerdem entwickelt man sich ja immer weiter, man updatet sich quasi selbst.“ Vor allem aber bereitet es ihr Spaß, an verschiedensten Projekten gleichzeitig zu arbeiten. „Ich bin breit interessiert“, erklärt sie. „Ich mag diese Vielfalt von Themen, Menschen und Projekten.“

Dabei ist das Duo – inzwischen unterstützt von einem freiberuflichen wissenschaftlichen Mitarbeiter – nicht nur regional, sondern auch überregional und international aktiv. So engagieren sich die beiden Wissenschaftlerinnen in der Bildung für nachhaltige Entwicklung in Deutschland und Italien, betreuen Forschungsarbeiten an der Universität von Südafrika, sind an nationalen und internationalen Studien im Auftrag von Behörden und NGOs beteiligt, halten aber auch regional Vorträge für interessierte Bürgerinnen und Bürger. Gerade diese Mischung aus Forschung einerseits und Wissenstransfer in die breite Bevölkerung andererseits bereitet Luciana Zedda Freude. „Wir stehen an der Schnittstelle zwischen Wissenschaft und den Menschen. Wir versuchen, komplexe Themen in einfache Botschaften zu übersetzen.“

Wildnis in der Stadt

Eine dieser Schnittstellen pflegt Luciana Zedda derzeit im Projekt „Stadtwildnis und Bildung für nachhaltige Entwicklung“, das BIO-Diverse gemeinsam mit Abenteuer Lernen e. V. in ihrer Wahlheimat Bonn initiiert hat. Im Projekt wollen die Verantwortlichen Angebote für Kinder und Jugendliche, aber auch für Erwachsene schaffen, um auch in der Stadt in Kontakt mit der „wilden Natur“ zu kommen und diese zu fördern. Das ist gar nicht so einfach, stellt die Agrarwissenschaftlerin fest: In der Stadt gibt es wenig Natur, geschweige denn Wildnis. „So wird es für die Menschen in der Stadt schwierig, echte Naturerfahrungen zu machen.“

Im Projekt will Zedda mit dem Team deshalb diese Naturerfahrung möglich machen: Über Bildungsangebote für verschiedene Zielgruppen unterschiedlichen Alters oder Citizen Science will sie Menschen für Biodiversität in der Stadt sensibilisieren. Über die Methoden der Bildung für nachhaltige Entwicklung will das Team ein Bewusstsein für Artenvielfalt in den Köpfen schaffen.

Um dieses Ziel zu erreichen, enthält das Projekt einen weiteren Grundstein: die Schaffung von Stadtnatur selbst. „Wir wollen neue Wildnis kleinflächig schaffen“, erläutert Luciana Zedda. „Wildnis, die über Löwenzahn hinausgeht“, am besten im Dialog mit der Wissenschaft, den Behörden und Bildungsakteuren. Und auch die Stadtbewohnerinnen und -bewohner selbst werden ins Boot geholt: In Kursen können Kinder, Jugendliche und Erwachsene die Stadtnatur kennenlernen und selbst Stadtwildnisbotschafterinnen und -botschafter werden. Hinter all dem steht das Motto: Je mehr Leute sich für die Natur in der Stadt begeistern, desto wilder und vielfältiger wird es in Bonn, desto besser für die Umwelt.

Luciana Zedda will mit ihrer Arbeit jedoch nicht nur die Menschen für Biodiversität begeistern. Sie will ihnen auch eine Botschaft mit auf den Weg geben. „Ganz wichtig ist, dass die Leute verstehen, dass die Rettung der Biodiversität auch in ihrer Verantwortung ist!“

Ein solches Verständnis der eigenen Verantwortung am Biodiversitätsverlust ist nur möglich, wenn die Menschen die Zusammenhänge zwischen dem Biodiversitätsverlust und eigenen Aktivitäten wie Konsum, Kaufentscheidungen, Freizeitaktivitäten oder Gartengestaltung begreifen. Dieses Wissen darf allerdings nicht mit erhobenem Zeigefinger aufgedrängt werden. Wichtig ist Luciana Zedda deshalb, jeden Menschen da abzuholen, wo er steht. „Es gibt viele Möglichkeiten, Wissen weiterzugeben.“ Sie hat die Erfahrung gemacht, dass vieles besser im Gedächtnis bleibt, wenn es etwas zum „Anfassen“ oder zum „Beobachten“ gibt – ein Fleckchen Natur in der Stadt, eine Pflanze, die Rinde eines Baumes. Vor allem Kinder lassen sich so besonders nachhaltig begeistern. „Manchmal höre ich dann nach einer solchen Unterrichtstunde: ‚Wieso kann Schule nicht immer so sein‘?“, schmunzelt Zedda.

Das Interesse gerade der Kinder und Jugendlichen an der Natur gibt ihr Mut. Luciana Zedda ist überzeugt: Die Biodiversität ist zu retten – wenn alle mit anpacken.

Betriebsdaten

  • Gründung: 2012
  • Gesellschaftsform: GbR
  • Mitarbeiter: die 2 Gesellschafterinnen + 1 freiberuflicher wissenschaftlicher Mitarbeiter sowie regelmäßig Studierende der Biologie und Geographie im Praktikum
  • Arbeitsschwerpunkte: Biodiversitätsforschung, insbesondere Studien und Gutachten, Datenrecherche, -analyse und -auswertung, Botanik, Lichenologie und Bryologie, Wissenschaftskommunikation, Öffentlichkeitsarbeit, Citizen Science, Bildung für nachhaltige Entwicklung

 

Dr. Luciana Zedda ist Agrarwissenschaftlerin mit einem Abschluss der italienischen Universität Sassari und hat an der Technischen Universität Berlin zu Flechten als Bioindikatoren menschlicher Störungen in Italien promoviert. Sie besitzt langjährige Erfahrung in der internationalen Biodiversitätsforschung und hat Erfahrungen mit der Betreuung und Nutzung nationaler und internationaler Informationsquellen und Online-Suchportalen gesammelt. An der Universität Sassari (Italien) war sie für mehrere Jahre Privatdozentin für Pflanzensystematik und angewandte Botanik sowie Lehrbeauftragte an der University of South Africa (UNISA). Aktuell ist sie auch als Expertin für die EU-Kommission tätig. Sie ist Autorin von über 70  Publikationen zur Biodiversität.

Dr. Nicole Nöske ist Biologin und hat an der Georg-August-Universität Göttingen studiert und dort auch promoviert. Sie hat zur Biodiversität von Gesteinsflechten in Italien und zur Biodiversität epiphytischer Flechten und Moose entlang eines Landnutzungsgradienten in Ecuador geforscht, jeweils in Kooperation mit dem Botanischen Museum Berlin. Zusätzlich hat sie eine Ausbildung zur Fachjournalistin an der Freien Journalistenschule Berlin absolviert. Vor der Gründung von BIO-Diverse war sie langjährige freie Mitarbeiterin an verschiedenen Universitäten und naturkundlichen Sammlungen in Deutschland. Sie hat zu einer großen Bandbreite von Biodiversitätsthemen publiziert. Zurzeit arbeitet sie am Leibniz-Institut zur Analyse des Biodiversitätswandels (LIB) im Museum Koenig Bonn als wissenschaftliche Mitarbeiterin im FörTax-Projekt, welches durch das Bundesprogramm Biologische Vielfalt gefördert wird.

Kontakt

Dr. Nicole Nöske,
Dr. Luciana Zedda GbR

Ließemer Str. 32 a
D-53179 Bonn
E-Mail: info(at)biodiverse.de
www.bio-diverse.de

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