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Naturwacht Saarland

Ein Quartett für saarländische Perlen

Vier hauptamtliche Naturwächter sorgen im Saarland für Ordnung in den Naturschutzgebieten – und das ist nur eine der zahlreichen Aufgaben, der Frank Grütz, Karl Hermann, Michael Keßler und Henning Schwartz in ihrem Arbeitsalltag nachkommen. Wir haben die vier am Tor zur Wildnis nördlich von Saarbrücken getroffen.
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Die Ranger der Naturwacht (von links) : Michael Keßler, Karl Hermann, Frank Grütz und Henning Schwartz
Die Ranger der Naturwacht (von links) : Michael Keßler, Karl Hermann, Frank Grütz und Henning SchwartzJulia Schenkenberger
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Im ersten Moment dachte ich, ich sei in einem Filmdreh der Fantastic Four gelandet: Geschlossen und selbstbewusst kommen die vier Männer in olivgrüner Dienstkleidung auf mich zu. Das Einzige, was fehlt, sind die Special Effects. Dafür haben sie einige Scherze auf den Lippen: Wo Saarländer und Pfälzer aufeinandertreffen, müssen einige Spötteleien einfach sein.

Mein erster Eindruck mag weit hergeholt sein, aber es gibt Parallelen. Zwar haben Frank Grütz, Karl Hermann, Michael Keßler und Henning Schwartz keine Superkräfte, doch wie die Marvel-Helden haben sie sich der guten Sache verschrieben. Die Logos auf den Ärmeln der Jacken geben Aufschluss: Auf dem linken Ärmel prangt das Hoheitszeichen des Saarlandes, auf dem rechten das Logo der Naturwacht Saarland. Die Naturlandstiftung Saar als älteste deutsche Naturschutzstiftung ist seit 2005 Trägerin der Naturwacht im Auftrag des saarländischen Umweltministeriums. Mit diesem Ministerium steht die Naturwacht in ständigem Austausch, ebenso in Kooperation mit dem Saarforst Landesbetrieb und den Naturschutzverbänden. Die Kosten der Naturwacht Saarland trägt das saarländische Ministerium für Umwelt und Verbraucherschutz.

15 Jahre alt wird die Naturwacht in diesem Jahr. Ihre Wurzeln liegen in einer Vorstudie des NABU: Er untersuchte den Betreuungsaufwand für die saarländischen Schutzgebiete. Diese wurden zwar ehrenamtlich betreut, erklärt der Kurator der Stiftung, Udo Weyrath, doch das reichte bei Weitem nicht aus. Eine professionelle Betreuung musste her – und die wurde ins Leben gerufen in Form der Naturwacht. Vier hauptamtliche „Ranger“ wurden eingestellt, am Anfang für etwa 10.000 ha Fläche. Heute betreuen sie gemeinsam etwa 35.000 ha, aufgeteilt auf insgesamt etwa 170 Schutzgebiete.

Jeder Ranger hat ein bestimmtes Gebiet, in dem er vorrangig „patrouilliert“. Bei Michael Keßler ist das der Bliesgau, Henning Schwartz ist an der Ill unterwegs, Karl Hermann im Nordosten des Saarlandes, Frank Grütz im Westen. Bei Bedarf – im Krankheitsfall oder als Urlaubsvertretung – hilft sich das Quartett auch gegenseitig aus.

Unterstützung bekommen sie dabei von 25 ehrenamtlichen Naturwarten. Oft sind das interessierte Laien, die sich auf einem bestimmten Themengebiet, beispielsweise in der Ornithologie oder in der Botanik, besonders intensiv eingearbeitet haben. Sie liefern Daten aus ihren Kartierungen, bieten Führungen an und sind in den Schutzgebieten unterwegs, um Missstände zu identifizieren und an die Ranger weiterzugeben.

Kommunikation als oberste Prämisse

Das Aufgabengebiet der vier Hauptamtlichen erstreckt sich nicht nur auf die Betreuung der Gebiete selbst. Im Vordergrund steht die Öffentlichkeitsarbeit. „Wir wollen bei allem, was wir tun, vorrangig das Umweltbewusstsein der Bevölkerung stärken“, erklärt Frank Grütz. Der Diplom-Geograf und Holzbearbeitungsmechaniker ist nicht nur bei der Naturwacht tätig, er ist außerdem Präsident der Europäischen Rangerföderation. Die Kommunikation mit der Bevölkerung ist für ihn dabei fast noch wichtiger als der reine Artenschutz selbst. Das reicht von zufälligen Treffen bei Gebietskontrollen über Führungen und Infostände bis hin zur Beantwortung von Fragen, die die vier Ranger per Mail oder Telefon erreichen. „Wir haben die Pflicht, die Einstellung der Menschen zur Natur zu verändern“, betont er.

Neben der wichtigen Aufgabe der Kommunikation und Öffentlichkeitsarbeit ist auch das Monitoring seltener Arten eine Daueraufgabe für die Naturwächter. Sie haben alle eine Weiterbildung als staatlich geprüfte Natur- und Landschaftspfleger genossen, sind also in Sachen Flora und Fauna gut aufgestellt. Und im Zweifel unterstützt sich das Quartett auch gegenseitig – schließlich hat jeder sein Spezialgebiet, seine „Lieblings“-Artengruppe.

Für Michael Keßler ist es vor allem der Biber, der ihn umtreibt. Die Begeisterung für diese Art gibt der Forstwirtschaftsmeister weiter an Interessierte: Er zeigt auf Biberführungen, welche Schätze seine Heimat zu bieten hat. Trotzdem findet man ihn abseits der Gewässer genauso häufig, beispielsweise in den artenreichen Wiesen des Bliesgaus oder aber in Baumkronen bei der Nistkastenkontrolle. Er liebt die Zeit draußen, egal ob in Begleitung von Führungsteilnehmern oder allein „auf Streife“. „Das ist aus meiner Sicht ein Kindheitstraum“, sinniert er. „Sich draußen in der Natur zu bewegen, und die wertvollen Flächen für zukünftige Generationen zu bewahren.“

Draußen sind die vier Ranger häufig – einen geregelten Arbeitstag von neun bis fünf gibt es nicht. „Tatsächlich werden wir immer danach gefragt“, lacht Karl Hermann, ebenfalls Forstwirtschaftsmeister wie sein Kollege Keßler und zertifizierter Wildnismentor. „Wie sieht ein typischer Arbeitstag bei Ihnen aus? Aber so etwas kennen wir hier nicht.“ Stattdessen sind sie auch und gerade an den Wochenenden unterwegs. Schließlich kommen sie gerade dann am besten ins Gespräch mit den Nutzern der Schutzgebiete. „Die Menschen werden naturbewusster“, stellt Frank Grütz fest. „Allerdings sehen viele die Natur vor allem als angenehme Kulisse für ihr Hobby.“ Die meisten Besucher nehmen die Anwesenheit der Ranger trotzdem positiv wahr – sie sind offen für die zusätzlichen Informationen über die Umgebung, die sie durch die Ortskundigen bekommen.

Konfliktpotenzial

Allerdings gibt es auch weniger erfreuliche Begegnungen in den Schutzgebieten. Müllablagerungen, Falschparker, Menschen, die Schadstoffe in Gewässer einleiten. Die hauptamtlichen Ranger dürfen in solchen Fällen die Personalien der „Umweltsünder“ aufnehmen und Gebietsverweise erteilen. Im Ernstfall kommt es zur Anzeige – 150 waren es im Jahr 2019. „Oft sind auch wirklich beratungsresistente Menschen dabei“, findet Hermann. „Die treffen wir immer wieder. Und da stellt man schon eine Verrohung im Umgang miteinander fest.“ Manche dieser Begegnungen verlaufen nicht unbedingt harmonisch, Konfliktpotenzial gibt es fast täglich. Die vier Naturwächter sind deshalb im Konfliktmanagement geschult und bilden sich hier regelmäßig weiter.

Bei den Jüngsten beginnen

Damit eine solche Beratungsresistenz sich erst gar nicht entwickeln kann, setzt Karl Hermann schon bei den Jüngsten an: Er hat sich für die Errichtung eines „Wildniscamps“ im „Urwald vor den Toren der Stadt“ eingesetzt, das 2005 in Zusammenarbeit mit NABU, dem Ministerium und SaarForst umgesetzt wurde. Hier kommen 30 bis 40 Schulklassen im Jahr her, übernachten witterungsgeschützt im Freien, müssen selbst Feuerholz besorgen und bekommen ohne Smartphone und Tablet einen ganz neuen Bezug zu ihrer Umgebung – angefangen bei der Komposttoilette bis hin zum morgendlichen Vogelkonzert in der Dämmerung.

Begleitet werden sie dabei von zwei Lehrern und einem der Ranger. Die Gebietskulisse ist denkbar günstig: Das Camp liegt im „Urwald“ des Saarlandes, abseits der Zivilisation – und ist trotzdem gut erreichbar. „Dieser Wald ist der einzige Urwald, der mit der Straßenbahn erreichbar ist“, betont Marie-Luise Spettel, die für die Öffentlichkeitsarbeit der Naturlandstiftung zuständig ist.

Bei solchen Projekten merkt man den vier Naturwächtern an, wie stolz sie auf ihre Arbeit sind. Sie engagieren sich weit über ihren eigentlichen Arbeitsinhalt hinaus, und das aus voller Überzeugung. „Ein Kollege meinte einmal: Ranger kann man nicht machen“, zitiert Hermann. „Ranger werden geboren.“ Sie wollen als Naturwacht mit gutem Beispiel vorangehen – schließlich sei das keine Selbstverständlichkeit.

Michael Keßler ist seit 1. September 2010 hauptamtlich bei der Naturwacht Saarland tätig. Der gelernte Forstwirtschaftsmeister ist seit 2004 staatlich geprüfter Natur- und Landschaftspfleger. Ehrenamtlich engagiert er sich beim NABU Ortsverband Fechingen-Kleinblittersdorf.

Karl Hermann ist seit 2007 Ranger bei der Naturwacht Saarland. Er ist Forstwirtschaftsmeister, geprüfter Natur- und Landschaftspfleger und zertifizierter Wildnislehrer und -mentor. Schon als Kind war er ein begeisterter Waldläufer und streifte in jeder freien Minute durch die dortige Natur.

Frank Grütz , gelernter Holzbearbeitungsmechaniker, geprüfter Natur- und Landschaftspfleger und Diplom-Geograf, ist seit Januar 2005 als Leiter der Naturwacht Saarland tätig. Er betreut die Naturschutz- und FFH-Gebiete im Landkreis Merzig-Wadern und die westlich der Saar gelegenen Schutzgebiete des Landkreises Saarlouis.

Henning Schwartz ist seit April 2007 hauptamtlich bei der Naturwacht tätig. Er betreut alle Naturschutz- und FFH-Gebiete im Regionalverband Saarbrücken, das Großschutzgebiet Täler der Ill und Nebenbäche sowie das Großschutzgebiet Warndt.

Philosophie

Die saarländischen Schutzgebiete werden als Juwelen der heimischen Natur, als besonders schützenswertes Heimatgut, in das Bewusstsein der Bevölkerung gebracht. Somit wird die Akzeptanz für die Bedeutung dieser Areale erhöht. So lautet auch das Motto der Ranger im Saarland: „Mittler zwischen Mensch und Natur“.

Betriebsdaten
  • Träger: Naturlandstiftung Saar
  • Finanzierung: Ministerium für Umwelt und Verbraucherschutz
  • Leitung: Frank Grütz
  • Team: 4 Ranger, 25 Ehrenamtliche

www.naturwacht-saarland.de

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