Wie eine große Familie für Natur und Landschaftsplanung
Ein äußerst breites Leistungsportfolio zeichnet die Planungsgesellschaft Natur & Umwelt mbH aus. Wir haben das Büro in Frankfurt am Main besucht und uns mit vier Mitgliedern des Teams unterhalten.
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„Wie soll es beruflich weitergehen?“, überlegten am Ende ihres Biologiestudiums die Gründungsmitglieder der PGNU Marion Löhr-Böger, Johannes Christoph Kress und Alexander von Küchler. Fest stand: Dauerhaft an der Uni zu arbeiten kam nicht infrage. Doch welche Alternativen standen zur Auswahl?
„Angefangen haben wir dann 1986 als Gesellschaft bürgerlichen Rechts mit Ökogutachten zur Flurbereinigung“, erzählt von Küchler weiter. Sehr schnell aber weitete das junge Unternehmen sein Portfolio aus und nahm neue Gesellschafter auf, um ein breites Spektrum von Landschaftsarchitektur über Bauleitplanung und Umweltbaubegleitung bis hin zur Landschaftsplanung und zum Naturschutz abzudecken. „Interdisziplinäre Zusammenarbeit stand von Anfang an als Unternehmenskern auf unserer Agenda, zugleich wollten wir mit dieser Firmenphilosophie auch eine Art Pufferwirkung erzielen, um Schwankungen abzufangen, wenn es in einem Geschäftsfeld gerade nicht so gut läuft“, erklärt der Biologe.
Heute ist dieser Puffer nicht mehr notwendig, die 7 Teilhaber und inzwischen 35 Mitarbeiter des Unternehmens sind mehr als ausgelastet. „Wir könnten problemlos noch zehn weitere Mitarbeiter einstellen“, lacht Alexander von Küchler. „Arbeit genug hätten wir für alle.“ Das Problem sei aber generell, gute Mitarbeiter zu finden. Marion Löhr-Böger, ebenfalls Mitgründerin, beklagt, dass zum Beispiel im Bereich Biotopkartierung und Vegetationsökologie viele Absolventen inzwischen nicht mehr die nötige Artenkenntnis mitbringen – oft aber auch nicht die notwendige Begeisterung, um sich das Wissen selbst anzueignen.
Lebenslanges Lernen
Die Bereitschaft zu lernen bildet ein zentrales Element der Firmenphilosophie. „Ganz oft kommt es auf das persönliche Engagement an“, erklärt Dr. Benjamin Hill. Der Zoologe ist seit zirka zehn Jahren im Büro und inzwischen einer der Geschäftsführer. „Die breite Leistungspalette von PGNU bietet jedem Mitarbeiter die Möglichkeit, sich auch in andere Bereiche einzuarbeiten. Wir machen eigentlich regelmäßig Neues, das ist ja Teil des Spaßes in diesem Berufsfeld.“
Das Büro unterstützt die Weiterbildung und finanziert bis zu zehn Fortbildungen pro Mitarbeiter und Jahr. „Das ist auch deshalb wichtig, weil der Erkenntnisstand in unserer Branche ständig im Fluss ist“, erklärt Dr. Hill. „Nur so können wir auf dem aktuellsten Stand bleiben.“ Seine Kollegin Katrin Kretschmann ergänzt: „Die frisch geschulten Mitarbeiter bringen ihr Wissen dann auch in das Team ein, zum Beispiel über Vorträge.“ Darüber hinaus sind die Teams zur Projektbearbeitung meist interdisziplinär aufgestellt, sodass Biologen, Landschaftsökologen, Geografen und Landschaftsarchitekten vom Wissen der jeweils anderen profitieren, voneinander lernen und ihren Denkhorizont erweitern können. Vielseitigkeit und Flexibilität in den Denkstrukturen zu schaffen gehört zu den Stärken des Planungsbüros.
Kommunikation ist das A und O
Doch nicht nur bei betriebsinternen Schulungen und Fortbildungen wird Kommunikation bei PGNU großgeschrieben. Auch die Bedeutung der Kommunikation nach außen haben die „alten Hasen“, wie Alexander von Küchler die Führungsriege des Unternehmens scherzhaft bezeichnet, längst erkannt. „Der Planungsprozess als solcher ist immer iterativ, sowohl innerhalb des Büros als auch mit den Auftraggebern und den Behörden“, erklärt der Biologe. „Durch Kommunikation wird dieser Prozess weiter befeuert, das ist die entscheidende Stellschraube.“ Durch die aktive Interaktion können auch immense Zeitverluste bei der Planung vermieden werden, was wiederum das positive Verhältnis zum Auftraggeber stärkt. „Wir erkennen Probleme oft schon im Vorfeld und kommunizieren diese frühzeitig, anstatt bis zum finalen Projektbericht zu warten“, erklärt Dr. Hill. Gerade bei Artenschutzgutachten kann so unter Umständen eine langwierige Projektverzögerung vermieden werden. Zugleich versucht das Büro auch, entsprechende Lösungen für Probleme zu liefern und damit möglichst alle betroffenen Parteien zufriedenzustellen.
Dabei scheuen sich die Mitarbeiter von der Planungsgesellschaft Natur & Umwelt auch nicht, bei der Beratung steuernd einzugreifen. „Gerade in Sachen Schottergärten oder Baumfällungen haken wir auch ein, wenn die geplanten Maßnahmen unserer Überzeugung widersprechen“, stellt von Küchler klar. „Wir sind Überzeugungstäter. Wir versuchen dann durchaus, die Beteiligten von bestimmten Maßnahmen zu überzeugen und gezielt gegenzusteuern.“
Teamkultur
Der respektvolle Umgang mit dem Gegenüber ist auch ein wesentliches Element innerhalb des Unternehmens. Neue Mitarbeiter bekommen bei PGNU immer einen großen Vertrauensvorschuss und Entwicklungsspielraum, sodass jeder seine Stärken finden und einbringen kann. Flache Hierarchien fördern diese freie Entfaltung im Team. „Bei uns gibt es keine Oberglucke, die jedem über die Schulter schaut“, lacht Alexander von Küchler. „Stattdessen übertragen wir Verantwortung.“ Jeder wird dazu ermutigt, das Team voranzubringen, unabhängig vom akademischen Grad, vom Alter oder vom Erfahrungsschatz des Einzelnen. Die geringe Fluktuation der langjährigen Mitarbeiter bestätigt den Erfolg dieser Philosophie.
Das Übertragen von Verantwortung bedeutet bei PGNU aber nicht, dass die Mitarbeiter mit neuen Aufgaben allein gelassen oder „ins kalte Wasser geworfen“ werden. Vor allem Absolventen können sich einer zweijährigen Einarbeitungsphase sicher sein, in der sie die Möglichkeit haben, dass Handwerkszeug für ihre tägliche Arbeit zu erlernen. Fehler bei ihrer Arbeit müssen sie nicht scheuen. „Fehler passieren unvermeidlich“, erklärt von Küchler. „Bei uns wird dann aber nicht nach dem einen Schuldigen gesucht, sondern wir entwickeln uns gemeinsam aus den Fehlern weiter.“ Als letzte Kontrollinstanz arbeitet PGNU nach dem Vieraugenprinzip: Alle Arbeiten, die nach außen gehen, werden zuvor von einem erfahrenen Mitarbeiter noch einmal kontrolliert. Diese Endkontrolle erfolgt auch durch „fachfremde“ Kollegen, die dann mit neutralem Blick vielleicht Fehler finden, die sonst unentdeckt geblieben wären.
Auch außerhalb der Projekte arbeiten die Geschäftsführer von PGNU stetig daran, die Atmosphäre im Unternehmen möglichst positiv zu gestalten. So wurde schon zur Unternehmensgründung ein gemeinsames Mittagessen eingeführt. „Zu Beginn hat tatsächlich immer einer von uns gekocht“, erzählt Marion Löhr-Böger. „Vor ein paar Jahren wurde das dann zu aufwendig, und wir haben eine Köchin engagiert.“ Die gemeinsamen Mahlzeiten fördern die Teambildung und geben die Möglichkeit zum ungezwungenen Austausch.
Neben den täglichen Zusammenkünften treffen sich die Abteilungen auch einmal pro Woche, um sich gegenseitig über den Stand der Projekte auf dem Laufenden zu halten. Einmal monatlich gibt es Gesamtbesprechungen, bei denen sich alle Mitarbeiter austauschen können. Darüber hinaus pflegen die Geschäftsführer die Tradition des jährlichen, mehrtägigen Betriebsausflugs, der von den Mitarbeitern gut angenommen wird, und die Weihnachtsfeiern sind legendär.
Offene Atmosphäre
Die Philosophie der Offenheit und des Zusammenhalts im Team setzt sich in der Gestaltung der Arbeitsplätze fort. Die Teams sitzen in Gruppenbüros zusammen, was den Austausch im Team sehr erleichtert. Glastüren schaffen eine offene und helle Atmosphäre, regulieren aber gleichzeitig den Geräuschpegel. Nachdem das Unternehmen in den vergangenen Jahren weiter gewachsen ist, wurden einige Arbeitsplätze ins Nachbargebäude „ausgelagert“. Das erschwert die Kommunikation untereinander aber nur geringfügig, denn spätestens in der Mittagspause trifft man sich wieder im Hauptgebäude.
Auf Erfolgskurs
Die Erfolge dieser offenen Unternehmenskultur mit flachen Hierarchien sprechen für sich. PGNU kann auf eine Reihe repräsentativer Projekte zurückblicken. So hat das Büro in ARGE mit anderen Büros im Vogelsbergkreis ein Naturschutz-Großprojekt begleitet, bei dem auf fast 10 000 ha, verteilt auf 75 Teilflächen, nach ausführlicher Kartierung eine Pflege- und Entwicklungsplanung für die Grünländer und Bergmähwiesen abgeleitet wurde.
Das Büro hatte auch die Ehre, das erste LIFE-Projekt in Hessen von Anfang bis Ende zu begleiten. Für die Wetterauer Hutungen erstellte PGNU in ARGE mit einem anderen Büro den Projektantrag, war zuständig für faunistische Erhebungen, unterstützte das Projektmanagement und leistete auch wesentliche Beiträge zur Öffentlichkeitsarbeit mit der Erstellung von Infomaterialien und Flyern.
Alexander von Küchler blickt außerdem stolz auf den Umbau der Commerzbank Arena zurück. „Beim Waldstadion, und so wird die Commerzbank Arena bei mir auch weiterhin heißen, haben unsere Landschaftsarchitekten im laufenden Betrieb unter extrem schwierigen Bedingungen eine Modernisierung für die Weltmeisterschaft mit Bravour realisiert. Auch der Garten-Oskar der DGGL im Jahr 2007 für einen von unserem Landschaftsarchitekten Klaus Eicke entworfenen Villengarten war ein stolzer Erfolg.“
An spannenden Projekten mangelt es also kaum, allein im Jahr 2018 wickelte PGNU rund 250 Aufträge ab, beginnend von Kleinstprojekten wie Fledermausgutachten für geplante Gebäudeabrisse bis hin zu großen Managementplanungen über mehrere Jahre. Die Aufträge stammen meist von der öffentlichen Hand, von Kommunen, Städten oder Straßenbauverwaltungen, aber auch von privaten Bauträgern, meist im Umkreis von zirka 250 km um den Frankfurter Firmensitz. „Die meisten Aufträge werden inzwischen direkt an uns vergeben, andere generieren wir aus Ausschreibungen“, so von Küchler.
Zukunftspläne
Die Geschäftsführer blicken aber nicht nur auf die Vergangenheit zurück, sondern schmieden auch Pläne für die Zukunft. So wurde die GbR im Jahr 2018 in eine GmbH umgewandelt und zum 1. Januar 2019 wird eine Mitarbeiter-Genossenschaft gegründet, die sukzessive mit dem Ausstieg der Gesellschafter die Anteile am Unternehmen übernehmen soll. Finanziert wird die Übernahme aus den Gewinnausschüttungen der Vorjahre. „Wir waren überrascht, wie positiv diese Idee von den Mitarbeitern aufgenommen wurde“, berichtet Dr. Benjamin Hill. „Bis auf zwei Ausnahmen waren alle von dem Vorhaben begeistert.“ Der langfristige Fortbestand von der Planungsgesellschaft Natur & Umwelt ist also gesichert, auch wenn die Gesellschafter dann nach fast 40 Jahren das Heft aus der Hand legen und ihren wohlverdienten Ruhestand genießen.
Betriebsdaten
• Gründung: 1987
• Büropartner: 7
• Mitarbeiter: 35, davon 4 Landschaftsplaner, 25 Biologen/Ökologen, 6 Landschaftsarchitekten
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