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Forschungsprojekt

Mehr historische Hutewälder in Nordwestdeutschland als angenommen

Hutewälder sind ein einzigartiges kulturhistorisches Relikt. Sie entstanden durch die jahrhundertelange Beweidung von Wäldern mit Nutztieren und besitzen heute einen hohen Wert für die biologische Vielfalt. Neueste Ergebnisse der Nordwestdeutschen Forstlichen Versuchsanstalt zeigen, dass in Nordwestdeutschland mehr historische Hutewälder erhalten geblieben sind als zuvor angenommen.

von NW-FVA/Redaktion erschienen am 07.01.2025
Lichte historische Hutewälder – wie hier im hessischen Reinhardswald – sind heute selten geworden. Der Aufwuchs junger Buchen und Hainbuchen stellt eine Gefahr für die Strukturen und Arten historischer Hutewälder dar. © Dario Wolbeck
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Bis weit in das 19. Jahrhundert hinein wurden Weidetiere im Sommerhalbjahr in die Wälder eingetrieben, auch wurde Futter für den Winter im Wald gewonnen. Menschen und Tiere öffneten den Wald. Er wurde licht und die Sonne drang bis zum Boden vor. Da die Holzproduktion nur eine von vielen Nutzungen des Waldes war, durften alte Bäume bis zu ihrem natürlichen Ende stehen bleiben, um etwa Eicheln oder Bucheckern für die Schweinemast zu liefern. In Deutschland gibt es kaum Waldgebiete, die nicht in die historische Waldweide einbezogen waren. Dennoch sind bis heute erhaltene Hutewälder eine große Seltenheit und bedürfen unserer Aufmerksamkeit.

Die Nordwestdeutsche Forstliche Versuchsanstalt (NW-FVA) hat jetzt erstmals die noch erhaltenen Relikte historischer Hutewälder Nordwestdeutschlands (Hessen, Niedersachsen, Sachsen-Anhalt und Schleswig-Holstein) systematisch erfasst. Zwischen 2022 und 2024 führte sie hierzu ein von der DBU gefördertes Forschungsprojekt durch. Demnach existieren in den vier Bundesländern mehr Hutewaldflächen als zuvor vermutet. Sie umfassen insgesamt ca. 3.700 Hektar. Jedoch fehlt es dabei meist an geeigneten Schutzkonzepten für diese gefährdeten Waldlebensräume.

Aktiv mit Schottischen Hochlandrindern beweideter Hutewald im niedersächsischen Bramwald
Aktiv mit Schottischen Hochlandrindern beweideter Hutewald im niedersächsischen Bramwald © Marcus Schmidt

Der Biotoptyp Hutewald gilt nach der Roten Liste bundesweit als akut von vollständiger Vernichtung bedroht. Zugleich gehört er zu den Waldtypen mit dem höchsten Artenreichtum, da die jahrhundertelange Beweidung stabile Lebensräume für spezialisierte Arten lichter Wälder schuf. Leider wachsen viele Flächen heute mit Schattbaumarten zu. Anders als in Naturwäldern, in denen natürliche Prozesse ungestört ablaufen sollen, ist im Hutewald eine an der historischen Waldwirtschaft orientierte Pflege notwendig. „Nur so lassen sich die besonderen lichten Strukturen und die Artenvielfalt der Flächen erhalten. Beispielprojekte zeigen, dass die Wiederaufnahme der Waldweide unter heutigen Bedingungen möglich ist“, erläutert Dario Wolbeck von der NW-FVA, der das Projekt bearbeitet hat. Trotzdem gibt es bei dieser Form der Bewirtschaftung noch Wissenslücken. Diese gilt es zu schließen, um Waldbewirtschaftende bei der Umsetzung von Waldweide zu unterstützen. Geeignete Beweidungskonzepte tragen dabei nicht nur zum Schutz der Hutewälder und ihres Artenreichtums bei, sondern fördern auch deren Struktur- und Lebensraumvielfalt. Dies verbessert gleichzeitig die Anpassungsfähigkeit des Ökosystems Hutewald an den Klimawandel. Für die weitere Erforschung und den Erhalt historischer Hutewälder durch Beweidung will sich die NW-FVA im Rahmen eines Folgeprojekts ab 2025 einsetzen. Gemeinsam mit Praxispartnern im Forstbereich sowie Tierhaltern sollen dabei ein Leitfaden und konkrete Umsetzungskonzepte für die Beweidung historischer Hutewälder entwickelt werden.

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