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Internet der Natur

Informationsaustausch zwischen Arten ist entscheidend

Der Begriff „Internet der Natur“ steht für das Konzept, dass Lebewesen nicht nur Materie und Energie austauschen, sondern auch Informationen, die ihr Verhalten, ihre Interaktionen und die Dynamik von Ökosystemen entscheidend prägen. Doch wie funktioniert das? Eine Studie, geleitet von Dr. Ulrich Brose vom Deutschen Zentrum für integrative Biodiversitätsforschung (iDiv) und der Friedrich-Schiller-Universität Jena, eröffnet neue Perspektiven auf die Funktionsweise von Ökosystemen. Die Studie wurde in der Fachzeitschrift „Nature Ecology and Evolution“ veröffentlicht.

von iDiv/Redaktion erschienen am 06.05.2025
Trophische Informationsflüsse sind eine von drei im Artikel beschriebenen Informationsflüssen. Sie umfassen Signale, die zwischen Räubern und Beutetieren ausgetauscht werden – zum Beispiel nutzen Wölfe Pfade und Sichtkontakte, um Elche aufzuspüren. © Adobe Stock/X. Klaussner
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Traditionell lag der Schwerpunkt ökologischer Forschung auf dem Austausch von Materie und Energie wie zum Beispiel Nahrungsketten, Bestäubung oder die Verbreitung von Samen. Die aktuelle Studie zeigt jedoch, wie wichtig der Informationsaustausch zwischen Arten für das Verständnis von Ökosystemen ist. „Ohne Berücksichtigung der Informationsflüsse im ‚Internet der Natur‘ gleicht unser Verständnis natürlicher Prozesse dem Versuch, den globalen Warenverkehr zu erklären, ohne das Internet als Kommunikationsmedium zu berücksichtigen“, so Erstautor Ulrich Brose, Leiter der Forschungsgruppe Biodiversitätstheorie bei iDiv und der Universität Jena.

Die Forschenden identifizieren drei Ebenen des Informationsaustauschs in Ökosystemen: trophische Informationsflüsse, reine Informationsflüsse und Umweltinformationsflüsse.

  • Trophische Informationsflüsse umfassen Signale, die zwischen Beute und Räubern ausgetauscht werden. Ein Beispiel: Wölfe nutzen ihre Nasen, Ohren und Augen, um Elche und ihre Fährten aufzuspüren. Die Elche wiederum reagieren auf die Wölfe, indem sie sich in Gruppen sammeln und in dichte Vegetation zurückziehen.
  • Reine Informationsflüsse beziehen sich auf Interaktionen zwischen Arten, die nicht direkt an Nahrungsbeziehungen beteiligt sind. Zum Beispiel beobachtet eine Hyäne das Verhalten eines kreisenden Geiers, um auf die mögliche Präsenz eines nahegelegenen Kadavers zu schließen.
  • Umweltinformationsflüsse ermöglichen es Arten, ihr Verhalten an Umweltbedingungen wie Lärm, Licht oder Temperatur anzupassen. Beispiele sind Motten, die nachts auf Licht reagieren, Spinnen, die ihre Netze in der Nähe von Lichtquellen bauen, oder Chamäleons, die ihre Tarnung je nach Umgebung anpassen.

Die Studie zeigt, wie menschliche Einflüsse – etwa künstliches Licht, Lärm oder Vibrationen – diese Informationsflüsse stören können. „Straßenverkehr und Industrieanlagen verschmutzen nicht nur die Luft, sondern stören auch die Vibrationssignale, mit denen sich beispielsweise Ameisen koordinieren“, erklärt Co-Autorin Dr. Myriam Hirt vom iDiv und der Universität Jena. „Das ist nur ein Beispiel dafür, wie menschliche Aktivitäten die Vibrations- oder auch Pheromonkommunikation beeinträchtigen können, die für Fortpflanzung, Nahrungssuche und soziale Interaktionen bei Insekten essenziell ist.“

Solche Faktoren verändern die Informationslandschaften, beeinträchtigen die Signalübertragung und können es Arten erschweren, miteinander zu kommunizieren, Ressourcen zu finden oder sich an ihre Umgebung anzupassen. Dies verdeutlicht die Bedeutung von Maßnahmen gegen Lärm und Lichtverschmutzung.

„Das ‚Internet der Natur‘ zu berücksichtigen, wird unser Verständnis der Interaktionen von Tieren, Pflanzen und Mikroben grundlegend verändern“, erklärt Brose. „Wir werden sie nicht mehr als passive Partikel sehen, wie es aus der Physik oder Chemie bekannt ist, sondern als Lebewesen, die aktiv Informationen produzieren und nutzen. Diese neue Perspektive wird auch für den Naturschutz von zentraler Bedeutung sein, um nicht nur Lebensräume, sondern auch die Informationswege zwischen Arten durch verschiedene Medien wie Luft, Wasser oder Boden zu schützen.“

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