
Ein Diskussionsbeitrag zu den Wirkungen gängiger Empfehlungen
Während in diversen Quellen ein Hochschnitt (>/= 10 cm) bei der Wiesenmahd als pauschal zielführend im Sinne des Artenschutzes kommuniziert wird, diskutiert der vorliegende Beitrag dessen Auswirkungen kritisch und ruft zur Vorsicht auf. Neben den belegten positiven Wirkungen auf Amphibien fehlen Untersuchungsergebnisse, die einen eindeutig positiven Effekt einer angehobenen Schnitthöhe auf andere Tierartengruppen bestätigen. Bisher weitgehend unbeachtet blieben mögliche negative Effekte – insbesondere solche auf die Vegetation, die situativ schon bei der üblichen Schnitthöhe von 6-8 cm angestoßen werden könnten. Mithilfe verfahrenstechnischer und ökologischer Erkenntnisse ergibt sich hier final eine Hypothese, die zu weiterer Forschung und in der Praxis zu einer ganzheitlicheren Betrachtung der Wiesen anregen soll: Unterschiedliche Schnitthöhen bewirken gemeinsam mit anderen Bewirtschaftungsparametern vor allem auf hoch- und dichtwüchsigen Standorten einen nennenswerten Effekt auf das Lichtangebot und das Mikroklima im Bestand. Wird die Schnitthöhe angehoben, führt das über einen gewissen Zeitraum zu weniger Einstrahlung und mehr Beschattung. Das beeinflusst Konkurrenzfaktoren indirekt. Die Schnitthöhe hat aber auch einen direkten artindividuellen Einfluss auf Pflanzen. Unerwünschte Veränderungen in der Vegetation, wie sie zumindest bei einem Hochschnitt langfristig fallweise zu erwarten sind, könnten mittelbar auch den faunistischen Artenschutz negativ tangieren und wären für Lebensraumtypen der FFH-Richtlinie, wie FFH-Mähwiesen, rechtlich relevant. Eingereicht am 12.07.2025, akzeptiert am 02.11.2025.
von Nicolas Schoof, Ralf Worm, Kerstin Grant, Eckhard Jedicke, Albert Reif, Lea von Berg und Thomas Fartmann erschienen am 30.12.2025 DOI: 10.1399/NuL.1939671 Einleitung und Methoden
Der Einsatz moderner landwirtschaftlicher Technik bei der Wiesenernte verursacht viele Verluste bei Wirbeltieren (etwa Amphibien, Kleinsäuger, Reptilien, Vögel) und Wirbellosen (etwa Schnecken, Insekten, Spinnen) (Übersicht bei Künast et al. 2025, Schoof et al. 2024). Es ist daher ein Anliegen des Biodiversitätsschutzes, die Wiesenernte möglichst tierschonend zu gestalten. Dies ist durch verschiedene Anpassungen erreichbar, beispielsweise (siehe hierzu Schoof et al. 2024):
- Einrichtung rotierender Refugien (Insektenschutzstreifen),
- Reduktion der Nutzungshäufigkeit,
- zeitliche Verzögerung der Erstnutzung und
- Anhebung der Schnitthöhe bei der Mahd.
Obwohl etabliert und häufig kommuniziert, erscheint uns die Wirksamkeit der letztgenannten Maßnahme nicht ausreichend belegt und die möglichen Auswirkungen einer angehobenen Schnitthöhe nicht ganzheitlich berücksichtigt. Es ist durchaus möglich, dass dieses Verfahren langfristig zu unerwünschten Vegetationsveränderungen führt, was sich wiederum vor allem auf viele Insektentaxa negativ auswirken könnte (vergleiche Fartmann et al. 2021). Ziel dieses Beitrages ist es, eine kritische Überprüfung der Empfehlung zur Schnitthöhenanhebung auf Wiesen anzuregen. Darüber hinaus soll der Text zu einem vertieften Verständnis der anwendungsorientierten Wiesenökologie beitragen.
Anders als eine empirische Arbeit diskutiert die vorliegende Publikation in Anbetracht fehlender Messergebnisse eine Hypothese für künftige Forschungsarbeiten. Dazu werden zunächst erklärende Indizien der Wirkungsbeziehung Schnitthöhe und Artenzusammensetzung identifiziert. Argumentativ bedienen wir uns verfahrenstechnischer und ökologischer Erkenntnisse, die im Sinne der Fragestellung zusammengeführt werden.
2 Sensen schneiden tiefer als moderne Maschinen
Vor der Einführung von Messerbalken- und später Rotationsmähwerken wurden Wiesen mit der Sense gemäht. Heute ist die Sense nur mehr eine Option der Biotoppflege (Poschlod 2015). Die Tagesleistung pro Arbeitskraft lag bei der Sensenarbeit selbst bei idealen Bedingungen kaum über 0,5 ha. Dieselbe Flächenleistung wird mit modernen Maschinen und entsprechender Arbeitsbreite heute oft in unter fünf Minuten bewältigt. Ein entscheidender Unterschied zwischen üblichen Mähwerken und Sense ist, dass die Sensenmahd eine niedrigere Schnitthöhe aufweist. Diese liegt bei der Sense nur knapp über der Bodenoberfläche, nämlich zwischen 1 und 1,5 cm (H. Winkels, Sensenverein Deutschland e.V., 2025 mündliche Mitteilung; vergleiche Oppermann & Claßen 1998; Abb. 1). Infobox 1 geht detaillierter auf die Sensenmahd, ihre Arbeitshöhe und die heutigen Einsatzoptionen ein.

Die Schnitthöhe moderner Geräte lässt sich einstellen. Eine Justierung während der Mahd ist zwar nicht möglich, prinzipiell bestehen aber vor allem über die Hydraulik des Geräteträgers vorab Einstellmöglichkeiten. Theoretisch sind in Abhängigkeit des Gerätetyps auch sehr niedrige Schnitthöhen realisierbar (Abb. 2). Da die Schnitthöhe beim Einsatz von Maschinen prinzipiell anpassbar ist, wird sie auf Basis futterbaulicher Ansprüche festgelegt:
- Das Futter soll möglichst gering mit Erde und Rohfasern abgestorbener Blätter kontaminiert werden.
- Bei einem einzelnen Erntedurchgang soll möglichst viel Aufwuchs gewonnen werden.
- Gleichzeitig soll aber der gesamtjährliche Ernteertrag maximiert werden, die frisch gemähten Pflanzen müssen daher möglichst schnell wieder Biomasse aufbauen können.

Diese Anforderungen stehen in Abhängigkeiten zueinander. So würde ein Tiefschnitt unter 4 cm zwar den Ertrag des einzelnen Durchgangs maximieren, jedoch gleichzeitig das Wiederaustriebsvermögen landwirtschaftlicher Zielarten herabsetzen (siehe unten). Letztlich würde das auf Mehrschnittwiesen den jährlichen Gesamtertrag einer Fläche reduzieren (Wilson & Robson 1970). In Verbindung mit der ohnehin niedrigen Arbeitshöhe des Tiefschnitts käme es beim Einsatz moderner Mähgeräte aufgrund der großen Arbeitsbreite und der eingeschränkten Möglichkeiten, Hindernissen auszuweichen, auch zu stärkeren Verunreinigungen des Futters mit Bodenmaterial. Gemeinhin arbeiten moderne Geräte aus diesen Gründen auf einer Höhe zwischen 6 und 8 cm (Normalschnitt; Binnie et al. 1974, Schoof et al. 2024).
Beim Einsatz von Balkenmähwerken kommt hinzu, dass niedrige Schnitthöhen in Abhängigkeit vom Mikrorelief bei dann gegebenenfalls häufigerem Bodenkontakt zu rasch abstumpfenden Klingen führen können. Das würde den Wartungs- und Zeitaufwand bei der Ernte wiederum beträchtlich steigern. Nur wenn die Arbeitsbreite gering ist und Bodenunebenheiten daraufhin die Bodenkontaktrate nur unwesentlich steigern, kann ein Messerbalken prinzipiell auch flächig problemlos tiefer als der Normalschnitt arbeiten. Tiefschnitt ist beispielsweise bei Einachsmähern beziehungsweise Spezialgeräten der Landschaftspflege leicht umsetzbar oder gar gerätetypisch.
Sofern etwa über den Vertragsnaturschutz nicht explizit anders vorgegeben, werden wohl auch im Extensivgrünland weithin die landwirtschaftlich üblichen Schnitthöhen übernommen. Quantitativ am bedeutendsten sind in dieser Kulisse die relativ wüchsigen Flachland- beziehungsweise Berg-Mähwiesen (FFH-Mähwiesen), aber auch Brenndoldenwiesen, Pfeifengraswiesen sowie die aufwuchsschwächeren und nur regional gemähten Kalk-Magerrasen und Borstgrasrasen.
Sensen arbeiten schneidend-ziehend, was sie von allen modernen Geräten unterscheidet, deren Messer oder Plastikfäden entweder in hoher Geschwindigkeit oszillieren oder rotieren (Schoof et al. 2024). Der Sensenrücken gleitet bei der Arbeit über die Bodenoberfläche, sodass sich die tatsächliche Schnitthöhe des Dengels (scharfe Schneidkante) fertigungsseits und über die Winkeleinstellung der Hamme ergibt. Letzteres ist die Verbindung zum Stiel (in der Fachsprache Worb oder Sensenbaum genannt). Der Dengel ist in der Regel auf 0,8 cm über dem Boden eingestellt (Spanne zwischen 0,7 und 1,2 cm). Die tatsächliche Schnitthöhe liegt immer etwas höher, da sich nicht-verholzende Pflanzen bei dem Schnittvorgang etwas umbiegen. Wenn das Sensenblatt gleitend und im üblichen Winkel über den Boden geführt wird, beträgt die Schnitthöhe also etwa 1–1,5 cm. Schnitthöhenangaben werden für einen gedachten ebenen Untergrund getroffen. In der Realität hat jeder Boden ein mehr oder weniger ausgeprägtes Mikrorelief (Mäusegänge, Tierpfade, Erosionsrinnen und Ähnliches). Die tatsächlichen Schnitthöhen auf der Wiese schwanken also.
Soll die Schnitthöhe der Sense während der Arbeit weiter angehoben werden, gibt es zwei Möglichkeiten:
- Der Winkel des Sensenbaums wird steiler gestellt, sodass sich auch der Winkel von Blatt zu Boden vergrößert, was den Dengel „anhebt“. So sind Schnitthöhen bis 5 cm möglich.
- Alternativ wird das Sensenblatt auf beliebige Höhe angehoben, indem der Sensenrücken nicht mehr über den Boden gleitet.
In der historischen, auf Flächenleistung fokussierten Sensenarbeit wurden diese beiden Optionen nur kleinflächig zur Sensenschonung bei Hindernissen angewendet. Ein dauerhaftes Anheben oder Steilstellen der Sense ist unergonomisch, das heißt zeitintensiver und kräftezehrend (H. Winkels & L. Crasser, Sensenverein Deutschland e.V. 2025, mündliche Mitteilung).
Heutige Einsatzbereiche der SenseAnders als in der historischen, an Flächenleistung orientierten Verwendung kann die Sense im Biotopschutz heute flexibler eingesetzt werden. So kann etwa die Schnitthöhe viel eher angehoben werden, beispielsweise um Amphibien in gewässernahen Wiesen zu schonen. Es kann gar einzelnen schützenswerten Pflanzenindividuen ausgewichen werden (zum Beispiel Arnika [Arnica montana]). Dass die Sensenarbeit großflächig eine Renaissance im Naturschutz erfährt, ist aber aus arbeitsergonomischen und Kostengründen ausgeschlossen. Vor allem auf Flächen, auf denen heute Freischneider eingesetzt werden, können Sensen allerdings eine naturverträglichere Alternative sein. Gegenüber einem Freischneider erzeugt die Sense zunächst ein saubereres Schnittbild, arbeitet mehr oder weniger ohne jegliche Futterverschmutzung, ohne Lärm, ohne fossile Ressourcen und im Unterschied zu Mähfäden (falls nicht mit Messer geschnitten wird) auch ohne Eintrag von Plastik. Der Wiederaustrieb der Pflanzen wird durch die geraden Schnittflächen wohl verbessert, die Bergung des Mahdgutes gegenüber dem des Freischneiders tendenziell erleichtert. Letzteres wiederum erhöht den oft gewünschten Nährstoffentzug. Der Einsatz des Freischneiders hat bisweilen nicht den Anspruch, dass der Aufwuchs geborgen wird. Sensen arbeiten vom Wirkprinzip her wohl auch eindeutig insektenschonender als Freischneider (vergleiche Stadt Zürich 2010). Ein weiterer Vorteil von Sensen: Geübte Sensenarbeit ist, zumindest exklusive der Wartungsarbeit, schneller als die Alternative Freischneider. Pro Stunde kann also eine größere Fläche geschnitten werden (Stadt Zürich 2010). Nachteilig ist, dass Handhabung und Wartung der Sense erlernt werden müssen, was anders als die Freischneiderarbeit mehrerer Schulungstage bedarf. Ebenso kommt die Sense an felsblock- oder geröllreichen Standorten an Einsatzgrenzen. Situativ könnten Einachs-Balkenmäher mit geringer Arbeitsbreite einen guten Kompromiss zwischen Flächenleistung und möglicherweise gewünschtem Tiefschnitt sein. Die minimale Schnitthöhe ist hier bei circa 3 cm anzunehmen.
3 Auswirkungen der Schnitthöhe auf die Fauna
Oppermann & Claßen (1998) zeigten, dass nach einer Anhebung der Schnitthöhe eines Rotationsmähwerks von 7–8 cm auf einen Hochschnitt von 10 cm und letztlich 12 cm der Anteil toter und verletzter Amphibien von 27 % auf 19 % beziehungsweise auf 5 % der Ausgangsindividuenzahlen sank. Auf Basis dieser Erkenntnisse wird der Hochschnitt mancherorts zum Schutz einiger Wirbeltiere angewendet (neben Amphibien zum Beispiel im Feldhamsterschutz oder bei Wiesenbrütern). Viele Entomologen empfehlen auch für den Insektenschutz eine Anhebung der Schnitthöhe auf 10 cm (etwa Betz et al. 2022, Krogmann et al. 2018) oder betonen zumindest die Relevanz für Insekten (von Berg et al. 2025). Die Empfehlung für eine Schnitthöhenanhebung auch in letztgenannter Größenordnung wurde in Übersichtsarbeiten aufgegriffen (zum Beispiel Angerer et al. 2023, Fartmann et al. 2021, Schoof et al. 2024, van de Poel & Zehm 2014) und findet sich als Auflage in europäischen Agrarumweltmaßnahmen sowie im Vertragsnaturschutz (Chaudron et al. 2020, LUBW unveröffentlicht). Sie wurde sogar in der privatwirtschaftlichen Produktentwicklung insektenschonenderer Geräte der Straßenbegleitgrünpflege berücksichtigt. Letztere sind wohl tatsächlich schonender als gewöhnliche Geräte, allerdings blieb in den Untersuchungen zu ihrer Wirkung unklar, welche Rolle explizit die höhere Schnitthöhe innerhalb des technischen Maßnahmenbündels (zusätzlich veränderter Luftstrom, Einsatz von Scheuchen etc.) dieser Geräte spielte (siehe Steidle et al. 2022).
Anders als bei Wirbeltieren steht für die Insektenfauna unserer Kenntnis nach ein empirischer Beleg aus, nach dem eine Anhebung der Schnitthöhe pauschal oder zumindest bei der überwiegenden Anzahl der Taxa zu signifikant geringeren direkten letalen Verlusten führt (vergleiche Ergebnisse Berger et al. 2024, Humbert et al. 2010, Rossier et al. 2023). Direkte Schnitthöheneffekte scheinen nur unter spezifischen Konstellationen denkbar: In erster Linie bei einem Aufbereitereinsatz, wenn dieser einen Sog erzeugt. Logisch erscheinen ansonsten in Abhängigkeit der Taxa/Gilden mit der Schnitthöhenwahl einhergehende indirekte, eher langfristig wirkende Effekte sein. Diese wären beispielsweise bei einem dadurch veränderten Bestandsmikroklima (Abb. 3) oder Vegetationsverschiebungen anzunehmen.

Untersuchungen zur Auswirkung der maschinellen Wiesenernte auf die Fauna umfassen in aller Regel aber nur einen kurzen Untersuchungszeitraum – meist von nur einem Jahr (zum Beispiel Steidle et al. 2022). Diese Zeiträume reichen aus, um direkte und wenige, unmittelbar eintretende indirekte Effekte auf die Fauna zu erfassen. Die Vegetation einer Wiese reagiert auf Änderungen der Nutzungsform und Konkurrenzbedingungen hingegen viel langsamer, also erst nach einigen bis vielen Jahren (Papanastasis 1985, Rossier et al. 2023). Mögliche Auswirkungen einer veränderten Schnitthöhe auf die Artenzusammensetzung der Vegetation könnten also in kurzen Versuchszeiträumen nicht erfasst werden, selbst wenn darauf ein Forschungsfokus gelegt werden würde. Um die Effekte einer Anhebung der Schnitthöhe auf die Biodiversität einer Wiese ganzheitlicher bewerten zu können, müssten Untersuchungszeiträume also ausgedehnt und ein zusätzlicher Fokus auf etwaige Vegetationsverschiebungen gelegt werden.
4 Literaturhinweise unterstreichen mögliche Bedeutung der Schnitthöhe für die Flora
Der Wiesenschnitt ist die entscheidende „Störung“, die die Konkurrenzverhältnisse einer Wiese steuert. Sie bricht die Konkurrenzkraft ansonsten dominanter Pflanzenarten und die konkrete Schnitthöhe ist dabei ein wohl mitentscheidender Parameter. Über die tatsächlichen Auswirkungen einer längerfristigen Anhebung der Schnitthöhe im Extensivgrünland besteht, wie angedeutet, zwar praktisch kein abgesichertes Wissen. Einige Arbeiten aus dem Intensivgrünland liefern aber Indizien für die angenommene Relevanz: Beispielsweise wurde in Weidelgras-Weißklee-Intensivsystemen festgestellt, dass Weiß-Klee (Trifolium repens), der als ein Vertreter der eher auf Tiefschnitt (evolutiv eigentlich wiederholter Verbiss und Tritt) angepassten Arten angesehen werden kann, bei einer Schnitthöhe von 10 cm bereits nach drei Jahren praktisch vollständig verdrängt ist (Acuña & Wilman 1993).
Eine Anhebung der Schnitthöhe wirkt sicherlich negativ auf den Parameter des jährlichen Lichtangebots (die Lichtsumme) innerhalb tiefergelegener, sprich bodennaher Vegetationsschichten ein. Beim Hochschnitt sinkt hier im Vergleich zum Normal- und Tiefschnitt die Einstrahlung. Die Schnitthöhe hat auch Effekte auf die Feuchtigkeit, weil sie den Luftaustausch in Bodennähe maßgeblich beeinflusst (Geiger 1941). Darüber hinaus sind Effekte auf die Durchschnittstemperatur und auch auf Temperaturschwankungen vorstellbar, welche besonders in heißen und trockenen Sommern relevant sein dürften.
Eine gewisse Vergleichsabschätzung bezüglich eventueller Auswirkungen dieser Faktoren ermöglicht sicherlich die Betrachtung anderer Maßnahmen der naturverträglichen Ernte. Bekannt ist hier: Eine Reduktion der Nutzungshäufigkeit und eine zeitliche Verzögerung der ersten Hauptnutzung unter das Niveau des standörtlichen Potenzials verringert während der Vegetationszeit das Lichtangebot innerhalb des Bestandes (Ellenberg & Leuschner 2010, Stoutjesdijk & Barkman 2014). Außerdem werden der Wiese durch Spätschnitt wie auch durch Hochschnitt weniger Biomasse und damit weniger Nährstoffe entzogen (vergleiche Delagarde et al. 2000). Ob und wie schnell dies die Artenzusammensetzung verändert, ist in hohem Maße standortsspezifisch. Vor allem in gut nährstoff- und wasserversorgten (also wüchsigen) Wiesen werden Obergräser wie Glatthafer (Arrhenatherum elatius), Wiesen-Schwingel (Festuca pratensis) und Knäuelgras (Dactylis glomerata) durch die Senkung der Nutzungsfrequenz oder die Verzögerung des Schnittzeitpunktes gefördert. Niedrigwüchsigere Gräser und viele Kräuter können dann entsprechend schnell anteilig verdrängt werden. Diese unerwünschten Veränderungen sind zum Beispiel durch Langzeiterfassungen auf Schwarzwaldwiesen dokumentiert und treten standortabhängig auf (Nowak & Schulz 2002). Sie können eintreten, wenn etwa im Sinne des Wiesenbrüter- oder Tagfalterschutzes Schnittzeitpunkte vom ortsüblichen Heuschnitttermin dauerhaft in den Hoch- oder Spätsommer verlegt werden.
5 Schnitthöhe beeinflusst Konkurrenz zwischen Gräsern und Kräutern
Auf vielen gesetzlich geschützten Wiesenbiotopen ist, so lautet unsere Annahme, die zunehmende Deckung von hochwüchsigen Süßgräsern zulasten der Kräuter einer der Hauptgründe ungünstiger Erhaltungszustände. Dafür kommen verschiedene Ursachen in Betracht: häufig eine zu hohe Nutzungsintensität (inklusiver zu hoher Düngung), Übersaaten, außerdem mildere Winter, Stickstoffeinträge über die Luft, aber auch Formen der Unternutzung (etwa beim Rotschwingel [Festuca rubra], siehe exemplarisch auch zur Aufrechten Trespe [Bromus erectus] Fartmann et al. 2025). Wie im Folgenden gezeigt, könnte die Schnitthöhe über ihren Einfluss auf das Lichtangebot und das Mikroklima hinaus, vor allem auch durch arttypische Effekte ein zusätzlicher erklärender Faktor für die zunehmende Deckung mancher Grasarten sein.
Mitentscheidend über die Konkurrenzkraft der Gefäßpflanzen einer Wiese ist zunächst die nach einer Schnittnutzung verbliebene Blatt-, sprich Assimilationsfläche (Diepolder et al. 2014). Bedeutend sind außerdem die artspezifischen Blatt- und Stängel-Konstruktionskosten, die für einen Wiederaufwuchs in Form verstoffwechselter Reservestoffe (Energie) aufgebracht werden müssen (Schnyder 2006). Es entscheidet also schon die (gedachte) mittlere Lage der Blattflächen über die artspezifischen Auswirkungen einer Schnitthöhe. Arten, deren Blattfläche bodennah akkumuliert und die im Vergleich zur Blattbiomasse nur einen kleinen Stängel ausbilden, werden von einem Tiefschnitt vergleichsweise wenig erfasst. Oft sind das gleichzeitig Arten, die auf ein hohes Lichtangebot angewiesen sind und deshalb von einem niedrigen Schnitt tendenziell profitieren. Arten, deren Blätter überwiegend höher liegen oder die einen relativ hohen Stängel ausbilden, müssen nach dem Schnitt mehr Energie in die Wiederbeblätterung und den Wiederaufbau des Stängels investieren. Nur letztere profitieren von einem hohen Schnitt. Auch Arten mit langlebigeren Blattorganen (also viel Gerüstsubstanz und daher weitem C:N-Verhältnis) müssen für den Wiederaufbau mehr Energie aufbringen als solche, deren Blätter eher kurzlebig sind. In Abhängigkeit von den artspezifischen Blatt- und Stängel-Konstruktionskosten kann ein relativ hoher Schnitt also Konkurrenzvorteile oder -nachteile erzeugen (vergleiche Schnyder 2006).
Vor allem spielen aber wohl direkte Auswirkungen auf die Speicherorgane der Reservestoffe eine Rolle für die Zunahme mancher Obergräser (Diepolder et al. 2014). Der Ort der Reservestoffeinlagerung unterscheidet sich zwischen den Arten(gruppen) (Diepolder et al. 2014):
- Obergräser wie Glatthafer, Wiesen-Schwingel, Knäuelgras, aber auch Lieschgras (Phleum pratense) und Deutsches Weidelgras (Lolium perenne) lagern ihre Reservestoffe in der Halmbasis (Stängelgrund) bis etwa 4 cm über dem Boden ein. Ein Tiefschnitt trifft also diese Speicherorgane und beseitigt Reservestoffe. Das Wiederaustriebsvermögen wird dadurch herabgesetzt, was so weder bei Normal- noch Hochschnitt eintritt.
- Unter anderem Quecken (Elymus spp.), Rispengras-Arten (Poa spp.) und Weiß-Klee (Trifolium repens) halten die Reservestoffe dagegen in Rhizomen vor, die ein Tiefschnitt nicht erfasst.
- Alle Kräuterarten, inklusive mancher Leguminosen wie Rot-Klee (Trifolium pratense) und Luzerne (Medicago sativa agg.), speichern ihre Reservestoffe in Wurzeln. Tiefschnitt greift hier ebenfalls nicht direkt in die Speicher ein.
Eine Anhebung der Schnitthöhe verringert das jährliche bodennahe Lichtangebot im Bestand direkt, weil die so verbleibende Blattfläche den Lichteinfall nach unten verringert. Andererseits wirkt diese indirekt: Bleiben die Speicherorte der Obergräser unberührt, erfahren diese einen aus Naturschutzsicht oft unerwünschten Vorteil zulasten vieler Kräuter. Dies ist ab Schnitthöhen oberhalb von etwa 4 cm der Fall. Mit dem veränderten Lichtangebot verändert sich auch das Mikroklima und hier vor allem die Feuchtigkeit im Bestand, wobei ein Tiefschnitt eher trockenheitstoleranteren Arten Vorteile verschaffen könnte, da er tendenziell austrocknungsfördernd wirkt. Dies alles gilt zumindest, wenn die Nutzungsfrequenz nicht im Zuge einer Schnitthöhenanpassung ebenfalls angepasst wird. Von einem Hochschnitt und in geringerem Maße bereits von einem Normalschnitt dürften zusammenfassend folgende Artengruppen benachteiligt werden:
- ein- und zweijährige Pflanzen (etwa Bocksbärte [Tragopogon spp.], Stängelumfassendes Hellerkraut [Microthlapsi perfoliatum]);
- auf ein hohes Lichtangebot angewiesene, niedrigwüchsige Arten – also vor allem solche, deren Gesamtblattfläche oder -biomasse in Grundrosetten bodennah akkumuliert (etwa Arnika [Arnica montana], Echte Schlüsselblume [Primula veris], (Kranz-)Enzian-Arten [Gentianella spp. und Gentiana spp.], Frühlings-Fingerkraut [Potentilla neumanniana], Purgier-Lein [Linum catharticum], Gänseblümchen [Bellis perennis], Mittlerer Wegerich [Plantago media]), aber auch solche, die kleinwüchsig bleiben (etwa Kleine Braunelle [Prunella vulgaris], Kriechender Günsel [Ajuga reptans]);
- tendenziell negativ beeinflusst wird die Keimlings- und Etablierungsphase von Individuen, die aus generativer Vermehrung hervorgehen. Dies könnte situativ zu Überalterungseffekten beitragen (etwa bei Arten wie Hornklee [Lotus corniculatus]) oder generell die vegetative Vermehrung bevorteilen (Abb. 4 und 5).
Weitere Auswirkungen liegen für folgende Arten(gruppen) nahe:
- Aus Untersuchungen im Intensivgrünland ist bekannt, dass sich einzelne Grünlandarten in Wuchshöhe und -verhalten an die Nutzungsform und die vergesellschaftete Konkurrenz in artspezifischen Grenzen anpassen, also die zuvor genannten Wuchsparameter adaptieren können (Bozhanska & Churkova 2019). Im Extensivgrünland wäre zum Beispiel der Hopfenklee (Medicago lupulina) eine Art, die zu großen Anpassungen der Aufwuchshöhe und Stängellage fähig ist. Es gibt also vermutlich Arten, die Veränderungen der Schnitthöhe besser adaptieren können als andere.
- Ein höherer Schnitt und mehr Schatten in Bodennähe beeinträchtigen auch viele Moose. Dies kann sich auf eher unerwünschte Arten, wie den Sparrigen Runzelbruder (Rhythidiadelphus squarrosus), ebenso auswirken wie auf seltenere Arten, etwa das Bäumchen-Leitermoos (Climacium dendroides). Hoch geschnittene Wiesen sind tendenziell moosärmer (Simmel & Poschlod 2019), wobei einzuschränken ist, dass auch relativ hochwüchsige Vegetation situativ eine lückige Grasnarbe besitzen kann und diese Lücken insbesondere im Winterhalbjahr von Moosen wie dem Gemeinen Kurzbüchsenmoos (Brachythecium rutabulum) besetzt werden können.
Die genannten Konkurrenzverschiebungen könnten also eine über die Jahre schleichende und unerwünschte Entwicklung der Vegetation mitverursachen. Dies kann dazu beitragen, dass sich die Erhaltungszustände der über die Vegetation bewerteten Offenland-Lebensraumtypen, wie FFH-Mähwiesen, durch die Benachteiligung krautiger Arten verschlechtern. Da FFH-Mähwiesen im Vergleich zu anderen Lebensraumtypen vielfach auf relativ wüchsigen Standorten liegen, wären hier bei Hochschnitt stärkere Effekte zu erwarten, während magerere Wiesen, wie etwa Esparsetten-Halbtrockenrasen, nutzungselastischer reagieren dürften. In einigen Wiesentypen, wie unternutzten Rotschwingel-Rotstraußgras-Wiesen, sind die geschilderten Effekte oft besonders deutlich erkennbar. Rotschwingel-Rotstraußgras-Wiesen sind zwar mager und nicht hochwüchsig, die dominanten Arten sind aber potenziell dichtwüchsig. Der Rotschwingel, dessen Blattbiomasse eher bodennah akkumuliert, profitiert nicht erst bei Hochschnitt, sondern bereits erkennbar von den heute üblichen Schnitthöhen. Vor allem auf Buntsandstein kann er bei relativ geringer Nährstoffverfügbarkeit im Verbund mit dem Sparrigen Runzelbruder dichte, biodiversitätsabbauende „Filzdecken“ bilden.
Die aufgeführten Auswirkungen bedürfen in Anbetracht der Komplexität der Biozönose Wiese einer wissenschaftlichen Überprüfung und Quantifizierung in Form von Felduntersuchungen, die Analyse von Datenbanken funktioneller Artenmerkmale (zum Beispiel www.try-db.org) kann weitere Indizien liefern. Da die Vegetationszusammensetzung einer Wiese auf Bewirtschaftungsänderungen teils erst nach vielen Jahren erkennbar reagiert, müssen diese Untersuchungen in einem langfristigen Versuchsdesign angegangen werden. Unsere mithilfe der vorgestellten Zusammenhänge dafür identifizierte Arbeitshypothese lautet:
Die Wahl der Schnitthöhe ist neben dem Nährstoffeintrag, der Nutzungsfrequenz und den Nutzungszeitpunkten eine weitere, mit Blick auf die Vegetationszusammensetzung bislang zu wenig beachtete Einflussgröße bei der Erhaltung artenreicher Vegetation. Je wüchsiger das Grünland, desto stärker sind die Effekte einer Verschiebung der Schnitthöhe auf die Artenzusammensetzung und desto höher sind die Deckungsgrade einzelner Pflanzenarten.
6 Schlussfolgerung: Mögliche Schnitthöheneffekte stärker beachten
Mit Blick auf das Extensivgrünland ist es wichtig zu berücksichtigen, dass die heutige landwirtschaftliche Normalhöhe der Mahd von 6–8 cm zumindest aus nutzungshistorischer Sicht relativ hoch angesetzt ist. Die Schnitthöhe sollte aber nicht allein deshalb nach unten angepasst werden, weil sie früher tiefer lag (historisch heißt nicht zwingend besser). Vielmehr zeigt der Blick in die Zeit des Sensenschnitts nur, dass, in diesem Kontext von vielen weitestgehend unbemerkt, auch ungedüngte Wiesen erhebliche Bewirtschaftungsänderungen erfahren haben. Die Artenzusammensetzung eines Grünlands ergibt sich im Wesentlichen aus dem Zusammenspiel der Nutzung mit den Standortfaktoren Licht-, Wasser- und Nährstoffverfügbarkeit sowie unter anderem dem Vorhandensein offener und ausreichend besonnter Bodenstellen, die zur Bestandserneuerung erforderlich sind. Die Nutzung beeinflusst dabei die genannten Standortparameter (Übersicht zum Beispiel Dierschke & Briemle 2008, Sturm et al. 2018). Wie argumentativ begründet, kann auch eine Anpassung der Schnitthöhe einen steuernden Effekt haben. Abb. 6 fasst unter den erläuterten Wissenseinschränkungen die skizzierten Auswirkungen von Hoch- und Tiefschnitt auf den Standort und die Vegetation zusammen.

In der Praxis ist eine Absenkung der Schnitthöhe unter 6 cm aus verfahrenstechnischen Gründen nicht immer unproblematisch (Futterverschmutzung, Geräteverschleiß). Eine aus Vegetationssicht regelmäßig zu hohe Schnitthöhe, wie sie bereits die praxisübliche Schnitthöhe und besonders der Hochschnitt sein können, sollte aber als ein denkbarer Erklärungsansatz ungünstiger Erhaltungszustände geschützter Wiesen mitberücksichtigt werden. Die jährliche Lichtsumme wird auch über die Faktoren Nutzungsfrequenz, Nährstoffversorgung (Aushagerung), Vor- und Nachnutzung effektiv beeinflusst, sodass die Schnitthöhe nicht die einzig anwendbare Einflussgröße ist.
Wie so oft im Naturschutz sind auch bei den Maßnahmen einer naturverträglichen Wiesenernte zunächst Zielkonflikte abzuwägen. Steht der Schutz größerer, sich am Boden aufhaltender Tiere im Fokus (zum Beispiel Amphibien), kann eine höhere Schnitthöhe situativ sinnvoll sein. Steht die langfristige Entwicklung des Ökosystems mit Fokus auf die Pflanzenartenvielfalt im Vordergrund, dürfte eine Anhebung der Schnitthöhe über die landwirtschaftliche Normalhöhe womöglich nur temporär, nur teilflächig oder gar nicht infrage kommen oder sollte räumlich und zeitlich rotierend eingesetzt werden. Gerade auf Extensivwiesen sollte auch ein (gelegentlicher) Tiefschnitt als Pflegeoption in Betracht gezogen werden. Das gilt besonders dann, wenn das Grünland schon Unternutzungen in Form einer verfilzten Grasnarbe, fehlender Offenbodenstellen oder Brachezeiger wie Echtes Johanneskraut (Hypericum perforatum) aufweist. Ein gelegentlicher Tiefschnitt kann auch vorbeugend eingesetzt werden.
Generell müssen die in diesem Text getroffenen Annahmen unter dem Vorbehalt klimawandelbedingter Veränderungen interpretiert werden. Möglicherweise sind etwa aufgrund des Klimawandels neuerdings zur Sommeraustrocknung neigende, in der Regel südexponierte Wiesen eine Ausnahme von der Empfehlung für einen tieferen Schnitt. Dies würde mitunter eine Teilkulisse Magerer Flachland-Mähwiesen (FFH-LRT 6510) betreffen. Sind das Zwei- oder Dreischnittwiesen, könnte die Schnitthöhe auch zwischen den einzelnen Nutzungen verändert werden. Um standörtlich erwartbare Sommerdürren nicht zu verschärfen, scheint es sinnvoll, hier bei der Erstnutzung keinen tiefen Schnitt einzusetzen. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass in diesen Situationen auch ein Hochschnitt zukünftig situativ günstiger zu bewerten sein wird. Auch diese Wiesen sollten dann aber möglichst tief geschnitten in den Winter gehen.
Es muss also standörtlich entschieden werden, ob und unter welchen Bedingungen ein höherer Schnitt zur Abmilderung von Trockenstress helfen könnte. In diesem Kontext ist aber zu beachten, dass heutige Nutzungsformen des Extensivgrünlands aus ökosystemarer Sicht und im historischen Vergleich oft zu störungsarm sind, weil ergänzende Nutzungen, wie etwa die Herbst- und Winterbeweidung (Transhumanz), weithin ausfallen (vergleiche Janišová et al. 2023). Das wirkt sich tendenziell in ähnlicher Richtung wie ein Hochschnitt auf den Wiesenbestand aus, verringert also das Lichtangebot, das Angebot an Keimnischen und Ähnliches. Auch stärkere Störungen sind mitnichten immer negativ für Wiesenökosysteme. Erst wenn sie zu häufig wiederkehren, kann das Probleme verursachen.
Natürlich muss auch eine Optimierung des faunistischen Artenschutzes auf Wiesen stets mitgedacht werden. Eine Umstellung auf eine qualifizierte Beweidung in der Hauptnutzung ist in der Praxis oft nicht realisierbar und je nach Schutzgut und Schutzzielen auch nicht immer ratsam (Schoof et al. 2025), sodass dann idealerweise Möglichkeiten der naturverträglichen Ernte angewendet werden sollten. Die aus unserer Sicht entscheidenden Maßnahmen auf artenreichen Wiesen sind bei Maschineneinsatz aber nicht die Anhebung der Schnitthöhe, sondern der Verzicht auf Aufbereiter und vor allem das Belassen von Saumstrukturen beziehungsweise von Refugien (Schwarz et al. 2023). Um auch hier ungünstige Vegetationsentwicklungen durch zu lange Beschattung möglichst auszuschließen, müssen diese Refugien über die Fläche rotieren. Rotierend heißt, dass bei jeder Nutzung ein neues Refugium belassen und das zuvor belassene mitgeerntet wird. Zudem sollten diese Refugien auf Wiesen innerhalb von zwei Jahren nicht wieder auf derselben Teilfläche eingerichtet werden (Rossier et al. 2023). Auf magereren Standorten besteht hier sicherlich etwas mehr Umsetzungsspielraum, während die Empfehlung pro Refugien nur mit Vorsicht auf stärker gedüngte Wiesen übertragbar ist.
- Die Relevanz der Schnitthöhe für die Vegetationszusammensetzung ist bislang weitgehend unerforscht, könnte aber ein wesentlicher Erfolgsfaktor für die Zielerreichung auf Wiesen-Lebensraumtypen sein. Die heutige Normalschnitthöhe (6–8 cm) ist aus nutzungshistorischer Sicht bereits vergleichsweise hoch angesetzt. Eine Sense arbeitete auf etwa 1–1,5 cm.
- Nährstoffeintrag, Nutzungsfrequenz, Nutzungszeitpunkte und nach unserer Einschätzung also dann zusätzlich auch die Schnitthöhe sind die wesentlichen Steuerungsoptionen floristischer Diversität auf Wiesen.
- Zumindest ein Hochschnitt (= 10 cm) kann langfristig zu unerwünschten Veränderungen in der Vegetation führen.
- Um mit der Unsicherheit bezüglich der Folgen umzugehen, sollte bei Änderungen der Schnitthöhe zunächst eine Abwägung mit faunistischen Artenschutzzielen vorgenommen werden. Der faunistische Artenschutz lässt sich dabei statt mit Hochschnitt oft am wirksamsten mit rotierenden Refugien erreichen.
- Eine Möglichkeit, das Lichtangebot in einem Wiesenbestand zu erhöhen und damit vor allem Keimungs- und Etablierungsphasen von Kräutern zu stärken, kann neben dem Tiefschnitt ( = 4 cm) bei trittfestem Boden beispielsweise auch eine Nach-, Winter- oder Vorbeweidung sein. Damit lässt sich auch der im Vergleich oft tiefere Verbiss ausnutzen (Abb. 7).
Acuña, G., Wilman, D. (1993): Some effects of added phosphorus on perennial ryegrass – white clover swards. Grass and Forage Science 48 (4), 416-420.
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Während in diversen Quellen ein Hochschnitt (>/= 10 cm) bei der Wiesenmahd als pauschal zielführend im Sinne des Artenschutzes kommuniziert wird, diskutiert der vorliegende Beitrag dessen Auswirkungen kritisch und ruft zur Vorsicht auf. Neben den belegten positiven Wirkungen auf Amphibien fehlen Untersuchungsergebnisse, die einen eindeutig positiven Effekt einer angehobenen Schnitthöhe auf andere Tierartengruppen bestätigen. Bisher weitgehend unbeachtet blieben mögliche negative Effekte – insbesondere solche auf die Vegetation, die situativ schon bei der üblichen Schnitthöhe von 6-8 cm angestoßen werden könnten. Mithilfe verfahrenstechnischer und ökologischer Erkenntnisse ergibt sich hier final eine Hypothese, die zu weiterer Forschung und in der Praxis zu einer ganzheitlicheren Betrachtung der Wiesen anregen soll: Unterschiedliche Schnitthöhen bewirken gemeinsam mit anderen Bewirtschaftungsparametern vor allem auf hoch- und dichtwüchsigen Standorten einen nennenswerten Effekt auf das Lichtangebot und das Mikroklima im Bestand. Wird die Schnitthöhe angehoben, führt das über einen gewissen Zeitraum zu weniger Einstrahlung und mehr Beschattung. Das beeinflusst Konkurrenzfaktoren indirekt. Die Schnitthöhe hat aber auch einen direkten artindividuellen Einfluss auf Pflanzen. Unerwünschte Veränderungen in der Vegetation, wie sie zumindest bei einem Hochschnitt langfristig fallweise zu erwarten sind, könnten mittelbar auch den faunistischen Artenschutz negativ tangieren und wären für Lebensraumtypen der FFH-Richtlinie, wie FFH-Mähwiesen, rechtlich relevant.
Mowing height as a factor influencing floristic diversity – A discussion on the effects of common recommendations
While various sources recommend that a high cut (>/= 10?cm) in meadow mowing is generally effective for species conservation, this article critically discusses its effects. Although positive effects on amphibians have been documented, there is no clear evidence that an increased cutting height has a similarly positive effect on other animal groups. Possible negative effects, especially those on vegetation, which could already be triggered at the usual cutting height of 6-8 cm in some cases, have so far been largely ignored. Based on management-related and ecological insights, a hypothesis is proposed here to encourage further research and, in practice, a more holistic consideration of meadows: different cutting heights, together with other management parameters, have a significant effect on light availability and the microclimate within the sward, particularly on sites with tall and dense vegetation. If cutting height is increased, this leads over time to reduced light exposure and increased shading. This indirectly affects competitive interactions. However, cutting height also has a direct, species-specific effect on plants. The effects of mowing on meadow ecosystems can therefore have both negative and positive consequences, depending on the cutting height. Undesirable changes in vegetation, which at least in the case of a high cut may be expected in the long term, could indirectly have a negative impact on faunistic species conservation and would have legal implications for areas protected under the Habitats Directive, such as the two hay meadows habitat types.














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