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Verhaltensbiologie

Fledermäuse nutzen akustische Karten zur Orientierung

Echoortende Fledermäuse verfügen über eine akustische kognitive Karte ihres Heimatgebiets. Die Karte ermöglicht es ihnen, allein mithilfe der Echoortung über kilometerweite Entfernungen zu navigieren. Dies haben Forschende des Max-Planck-Instituts für Verhaltensbiologie, des Exzellenzclusters „Kollektives Verhalten“ der Universität Konstanz, der Universität Tel Aviv und der Hebräischen Universität Jerusalem, Israel nachgewiesen.

von Max Planck Institut/Redaktion erschienen am 04.11.2024
Eine Weißrandfledermaus trinkt während ihres nächtlichen Suchflugs Wasser. © Jens Rydell
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Fledermäuse sind seit langem dafür bekannt, dass sie Echoortung nutzen, um Hindernissen auszuweichen und sich zu orientieren. Die Forschenden konnten nun zeigen, dass Fledermäuse ihren Standort sogar bestimmen können, wenn sie örtlich versetzt wurden. Für die Echoortung nutzen sie akustische Orientierungspunkte der Landschaft und navigieren anhand einer „akustischen Landkarte“ ihres Heimatgebiets. Die Forschung wurde geleitet von Aya Goldshtein aus der Gruppe von Iain Couzin am Max-Planck-Institut für Verhaltensbiologie und dem Exzellenzcluster „Kollektives Verhalten“ der Universität Konstanz.

Fledermäuse mit GPS

Das Team führte die Experimente mit der Weißrandfledermaus (Pipistrellus kuhlii) im israelischen Hula-Tal durch. Weißrandfledermäuse wiegen lediglich 6 g. In mehreren Nächten spürten die Forschenden insgesamt 76 Fledermäuse in der Nähe ihrer Schlafplätze auf. Anschließend setzten sie die Tiere an verschiedenen Orten in einem Umkreis von drei Kilometern aus. Dabei war gesichert, dass die Gebiete innerhalb des gewohnten Heimatgebiets lagen. Jede Fledermaus wurde mit einem innovativen, leichtgewichtigen Reverse-GPS-Trackingsystem namens ATLAS versehen. Das System ermöglicht eine hochauflösende Verfolgung in Echtzeit.

Einige Fledermäuse wurden ausschließlich mit dem ATLAS-System ausgestattet, während andere zusätzlich für die Versuchszeit beeinflusst wurden, um zu ermitteln, wie ihr Sehvermögen, ihr Geruchssinn, ihr Magnetsinn und ihre Echoortung die Fähigkeit, zu ihren Schlafplätzen zurückzufinden, beeinträchtigen. Bemerkenswerterweise kehrten selbst mit der Echoortung allein 95 % der Fledermäuse innerhalb von Minuten zu ihren Schlafplätzen zurück. Das bedeutet, dass Fledermäuse mit dieser hochgradig zielgerichteten und relativ ortsgebundenen Art der Wahrnehmung eine kilometerweite Navigation durchführen können. Es zeigte sich jedoch, dass Fledermäuse ihre Navigation mithilfe des Sehsinns verbessern, wenn dieser zur Verfügung steht. „Wir waren überrascht, als wir entdeckten, dass die Fledermäuse auch ihr Sehvermögen nutzen. Das hatten wir aufgrund ihrer winzigen Augen nicht erwartet“, sagt Aya Goldshtein. „Es war unglaublich zu sehen, dass sie sich trotz ihrer kleinen Augen unter diesen Bedingungen auf ihr Sehvermögen verlassen können.“

Modulation des Fluges jeder einzelnen Fledermaus

Zusätzlich zu den Feldexperimenten erstellte das Team eine detaillierte Karte des gesamten Tals. „Wir wollten visualisieren, was jede Fledermaus während des Fluges erlebt und verstehen, wie sie akustische Informationen zur Navigation nutzt“, erklärt Xing Chen, der die Rekonstruktion des Tals entwickelt hat. Er ist Forscher am Labor von Yossi Yovel an der Universität Tel Aviv.

Das Modell zeigte, dass Fledermäuse dazu neigen, in der Nähe von Umgebungsmerkmalen mit höherer „Echoentropie“ zu fliegen – sprich über Umgebungen, die intensive akustische Informationen liefern. „Während der Lokalisierungsphase führen Fledermäuse einen mäandernden Flug durch, der an einem bestimmten Punkt in einen Richtungsflug in Richtung ihres Ziels übergeht. Das deutet darauf hin, dass sie bereits wissen, wo sie sich befinden“, sagt Aya Goldshtein und ergänzt: „Fledermäuse fliegen in der Nähe von Umweltmerkmalen mit mehr akustischen Informationen und treffen Navigationsentscheidungen.“ Die Tiere können diese akustischen Informationen nutzen, um zwischen Umweltmerkmalen wie einem Baum oder einer Straße, die zu akustischen Orientierungspunkten werden, zu unterscheiden.

Die Studie kommt zu dem Schluss, dass Weißrandfledermäuse sich über mehrere Kilometer hinweg allein mithilfe der Echoortung orientieren können. Wenn sie zusätzlich noch sehen können, verbessern sie ihre Navigationsleistung, indem sie beide Sinne kombinieren. Nachdem sie an einem neuen Ort ausgesetzt wurden, identifizieren diese kleinen Fledermäuse zunächst ihren neuen Standort und fliegen dann nach Hause, wobei sie Landschaftselemente mit gut identifizierbarem akustischen Fingerabdruck als Orientierungspunkte nutzen. Dieses Verhalten deutet darauf hin, dass sie über eine akustische Landkarte ihres Heimatgebiets verfügen.

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