
Anstieg der Wassertemperatur um bis zu 4,2 °C erwartet
Die Wassertemperaturen des Rheins steigen. Das zeigt eine 2024 erarbeitete Analyse der deutschen Bundesanstalt für Gewässerkunde (BfG) und des niederländischen Forschungsinstituts Deltares im Rahmen ihrer Arbeit für die Internationale Kommission zum Schutz des Rheins (IKSR). Nun wurde die zugehörige Studie veröffentlicht.
von Bundesanstalt für Gewässerkunde/Redaktion erschienen am 03.09.2025Die Auswertung der historischen Messreihen für den Zeitraum 1978–2023 hat bereits einen klaren Erwärmungstrend gezeigt: So hat sich der Rhein seit 1978, insbesondere im Raum südlich von Karlsruhe, deutlich erwärmt. Die durchschnittliche jährliche Wassertemperatur stieg beispielsweise in Basel im Untersuchungszeitraum um 0,4 °C pro Jahrzehnt. Obwohl anthropogene Wärmeeinleitungen – etwa durch abgeschaltete Kernkraftwerke – zurückgegangen sind, konnten sie den Anstieg der Wassertemperaturen nicht aufhalten, der in direktem Zusammenhang mit dem Anstieg der Lufttemperaturen aufgrund des Klimawandels steht.
Blick in die Zukunft: Modellierungen bis zum Jahr 2100
Die neuen Simulationen der Wassertemperaturentwicklung, die im Rahmen dieser Studie durchgeführt wurden, basieren auf dem CO2-Hochemissionsszenario des Weltklimarats (IPCC). Die Forschenden erwarten eine Erwärmung des Rheinwassers in der Größenordnung von +1,1?bis +1,8 °C bis zur Jahrhundertmitte. Bis zum Jahr 2100 könnte sich die jährliche mittlere Wassertemperatur sogar um 2,9?bis 4,2 °C erwärmen – im Vergleich zum Zeitraum 1990–2010, der als Referenz für alle Berechnungen herangezogen wurde. Die Studienergebnisse zeigen, dass vor allem die südlichen Rheinabschnitte von der Schweiz bis Karlsruhe betroffen sein werden.
Das bedeutet, dass im Jahresdurchschnitt im Rheinhauptstrom die Anzahl der Tage mit Temperaturen unter 10 °C bis zum Ende des Jahrhunderts von derzeit 170 Tagen auf 104 Tage sinken wird. Umgekehrt wird die Zahl der Tage mit Temperaturen über 21,5 °C deutlich steigen, von derzeit durchschnittlich 32 Tagen auf 106 Tage im Jahr. An diesen 106 Tagen im Jahr mit Temperaturen über 21,5 °C werden fast 50 Tage im Jahr Temperaturen über 25 °C und bis zu 28 °C erreichen. Die modellierten Wassertemperaturen könnten zudem aufgrund von weiteren Faktoren, insbesondere durch schwer vorhersagbare anthropogene Wärmeeinleitungen, überschritten werden.
Arten und Auen unter Druck
Die steigenden Wassertemperaturen haben auch Auswirkungen auf die Rheinauen und die dort lebenden Arten. „Die steigenden Wassertemperaturen beeinflussen die Lebensbedingungen im Rhein erheblich. Werden kritische Temperaturschwellen über längere Zeiträume überschritten, kann es zu ökologischen Schäden kommen. Aquatische Organismen leiden dann beispielsweise unter Hitzestress, was sie schwächt und anfälliger für Krankheiten macht“, sagt Tanja Bergfeld-Wiedemann, BfG-Wissenschaftlerin, die an der Studie mitgearbeitet hat. „Bei höheren Temperaturen nimmt außerdem die Löslichkeit von Gasen im Wasser ab, wodurch den Tieren weniger Sauerstoff zur Verfügung steht“, so die Biologin.
Die Erwärmung des Wassers im Winter ist auch ein günstiger Nährboden für die Verbreitung bestimmter invasiver gebietsfremder Arten. Langfristig könnten Arten wie die Äsche, die kaltes Wasser bevorzugt, Bestandseinbrüche erleiden beziehungsweise aus Teilen ihres bisherigen Verbreitungsgebietes im Rheinsystem verschwinden. Temperaturunempfindliche Raubfische wie der Wels werden gestärkt und üben einen zusätzlichen Druck auf aquatische Arten aus, obwohl einige von ihnen bei Temperaturen um die 25 °C sterben.
Der Anstieg der Wassertemperatur kann in kleinen Nebenflüssen durch die Schaffung von schattigen Rückzugsgebieten, die Renaturierung von Auwäldern und die Wiederherstellung funktionierender Auenökosysteme begrenzt werden. In großen Nebenflüssen und im Rheinhauptstrom sind Maßnahmen schwieriger umzusetzen.
Einschränkungen bei Wassernutzung drohen
Steigt die Wassertemperatur über einen Schwellenwert, können die zuständigen Behörden dazu gezwungen sein, Einschränkungen für Wassernutzungen (zum Beispiel industrielle oder landwirtschaftliche Entnahmen) auszusprechen, was zu Nutzungskonflikten und wirtschaftlichen Schwierigkeiten führen kann. Der Temperaturanstieg wird dazu führen, dass weniger Kapazität für bestehende und neue Kühlwasserverbraucher zur Verfügung steht.
Modellierung über Ländergrenzen hinweg
Mit der Studie wurde erstmals ein länderübergreifender Modellansatz erprobt, der nationale Modellergebnisse aus der Schweiz, Deutschland und den Niederlanden entlang eines einheitlichen Klimasignals koppelt. „Die enge, grenzüberschreitende Zusammenarbeit war entscheidend, um ein konsistentes Bild der zukünftigen Wassertemperaturen entlang des gesamten Rheins zu erhalten“, sagt Pascal Boderie, wissenschaftlicher Mitarbeiter bei Deltares.
Anpassung als Gemeinschaftsaufgabe
Im Rahmen der laufenden Fortschreibung ihrer Strategie zur Anpassung an den Klimawandel arbeiten die Staaten im Rheineinzugsgebiet unter dem Dach der IKSR an konkreten Maßnahmen, wobei die verschiedenen Nutzungen berücksichtigt werden. Ziel ist es, die ökologischen Funktionen des Rheins zu erhalten und zu stärken. Die Ergebnisse der Temperaturanalysen fließen direkt in diesen Prozess ein.
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