Erhaltungszustand des Luchses in Deutschland
Untersuchung von Handlungsoptionen zur Verbesserung der Konnektivität
Nach ihrem Aussterben kommen Luchse in Deutschland heute aufgrund von Wiederansiedlungsmaßnahmen in drei Populationen vor. Diese sind jedoch sehr klein und von anderen Vorkommen isoliert. Gelingt es nicht, sie miteinander zu vernetzen, ist mit einem Rückgang der genetischen Variabilität und mit Inzuchteffekten zu rechnen, die ein langfristiges Überleben der Art in Deutschland infrage stellen. Um die Auswirkung möglicher Managementmaßnahmen auf die Vernetzung der Luchspopulationen in Harz und Bayerischem Wald zu beurteilen, wurde ein räumlich explizites, individuenbasiertes Modell eingesetzt, das Prognosen für zukünftige Entwicklungen erlaubt. Anschließend wurden verschiedene Szenarien möglicher Wiederansiedlungen simuliert, die sich in der Anzahl ausgesetzter Tiere, dem Geschlechterverhältnis und den Aussetzungsorten unterschieden. Die Simulationen zeigen, dass sich die beiden Luchspopulationen ohne unterstützende Maßnahmen nur langsam ausbreiten, sodass erst nach etwa 50 Jahren mit einer Berührung der beiden Populationen zu rechnen ist. Sie zeigen auch, dass sich diese Entwicklung mit gezielten Wiederansiedlungen deutlich beschleunigen lässt. Am besten geeignet ist dafür der zentrale Thüringer Wald. Nach Vorhersage des Modells kann mithilfe der Wiederansiedlung eine Vernetzung bereits nach 25 Jahren erreicht werden. Nach 50 Jahren könnten wieder etwa 900 Luchse in der Modellregion leben. Insgesamt würde die Population so eine Größe erreichen, die auch langfristig ihre Überlebensfähigkeit sichert. Die vorgestellten Simulationen zeigen Handlungsmöglichkeiten auf, wie sich der Erhaltungszustand der Luchspopulationen in Deutschland verbessert lässt und die Ziele der Nationalen Strategie zur biologischen Vielfalt erreicht werden können.
Eingereicht am 01.04.2024, angenommen am 10.09.2024.
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Jonas Schultze-Naumburg, Markus Port, Stephanie Kramer-Schadt und Marco Heurich 10.1399/NuL.71170 1 Einleitung Seit den 1970er-Jahren hat es in einigen europäischen Ländern Projekte zur Wiederansiedlung des Eurasischen Luchses ( Lynx lynx ) gegeben (Heurich & Sinner 2012). Vielen dieser Projekte ist es gelungen, Europas größte Raubkatze zurück in die Wälder Mitteleuropas zu bringen (Linnell et al. 2009). Allerdings sind diese Populationen auch Jahrzehnte nach den ersten Wiederansiedlungen immer noch sehr klein und voneinander isoliert (Chapron et al. 2014). In Deutschland leben Luchse derzeit in drei Verbreitungsgebieten: im Bayerischen Wald, im Harz und seit wenigen Jahren auch wieder im Pfälzerwald (Wölfl et al. 2021). Alle drei...