
IGB stellt „Vertikale Feuchtgebiete“ vor
Wo Spund- und Steinwände das Ufer vom Fluss trennen, helfen ökologische Trittsteine, damit sich Tiere und Pflanzen ansiedeln können. Dafür hat das Leibniz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei (IGB) mit einem spezialisierten Ingenieurbüro nun eine Lösung entwickelt: vertikale Feuchtgebiete. Der Test in einem Berliner Pilotprojekt war erfolgreich – die sogenannten „Vertical Wetlands“ wurden von Tieren und Pflanzen sehr gut angenommen. Bereits wenige Tage nach dem Aufbau wurde Fischlaich an den Modulen festgestellt, nach einigen Wochen unternahmen Blässhühner erste Nestbauversuche.
von IGB/Red erschienen am 08.05.2024„Die Stärke der Vertical Wetlands liegt darin, dort anzusetzen, wo eine Renaturierung aufgrund intensiver Nutzung oder dichter Bebauung nicht möglich ist. Hierfür werden grüne Schlüsselbausteine angeboten, die schon auf relativ kleinen Flächen helfen, die großen ökologischen Defizite zu reduzieren“, erläutert IGB-Forscher und Projektleiter Dr. Christian Wolter die Grundidee. So können Gewässerabschnitte ökologisch schnell und kostengünstig aufgewertet werden. „Zudem leisten Vertical Wetlands auch einen Beitrag zur Wasserqualität: Das Beschatten der Uferwände reduziert den Wärmeeintrag in die Gewässer durch die von der Sonne aufgeheizten Uferwände“, ergänzt Christian Wolter.
Das System besteht aus zwei Hauptkomponenten: der an der Uferwand befestigten Tragschiene und den daran eingehängten Pflanzmodulen. Es kann an Spundwänden, Naturstein- oder Betonmauern befestigt werden und besteht nur aus Materialien, die für Gewässer unbedenklich und biologisch abbaubar sind: unbehandelter Stahl, sägeraues Holz, dem Gewässertyp entsprechendes Substrat, wie z. B. Sand oder Kies, darüber ein biologisch abbaubares Vlies und gewässertypische Gehölze und Pflanzen, wie z. B. Weiden, Erlen, Schilf, Binsen und Rohrkolben. Zusätzlich kann ökologisch wichtiges Totholz zwischen, unter oder auf den Modulen befestigt werden.
„Das System ist sehr flexibel und kann in verschiedenen Höhen, Längen und Neigungswinkeln sowohl vom Land als auch vom Wasser aus installiert werden. So kann sehr gut auf unterschiedliche Standortanforderungen reagiert werden, zum Beispiel auf behördliche Vorgaben zu nutz- und überbaubaren Flächen oder auf Auflagen des Denkmalschutzes. Zudem kann es im Bedarfsfall problemlos rückgebaut werden“, erklärt Ralf Steeg vom Berliner Ingenieurbüro WITE, das für die technische Konzeption und Umsetzung der Pilotanlage zuständig war. Die Anlagen sind auch für starke Strömungen, die Sogwirkung von Schiffen und Wellengang ausgelegt. Sollte es doch einmal zu größeren Schäden kommen, etwa durch einen Schiffsanprall, können die Module ohne großen Aufwand einzeln ausgetauscht werden.
Damit die Kenntnisse aus dem Pilotprojekt genutzt werden können, haben die Verantwortlichen ein kostenloses Handbuch zur Verfügung gestellt. Das IGB Manual zu den Vertical Wetlands enthält neben konzeptionellen Zeichnungen auch einen Implementierungsplan, der auf den Erfahrungen aus dem Pilotprojekt beruht.
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