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Januar und schon mittendrin in der EU-Gesetzgebung

Liebe Leserinnen und Leser, diesem Beitrag meiner Brüssel-Kolumne kann ich die besten Wünsche fürs neue Jahr 2020 voranstellen, für Sie persönlich, aber auch für den Natur- und Umweltschutz (es soll ja das „Superjahr“ der Biodiversität werden)! Vor genau einem Jahr habe ich den Staffelstab von Claus Mayr übernommen und begonnen, hier regelmäßig von Brüsseler Ereignissen zu berichten. Ich meine, dies ist ein guter Moment, Sie um Ihre Meinung zu fragen: Gefallen Ihnen die Texte, haben Sie kritische Anmerkungen? Schicken Sie mir gern eine kurze E-Mail.
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Die Entwicklung von marinen Schutzgebieten – hier der Nationalpark Niedersächsisches Wattenmeer – ist nicht durchweg positiv. Das zeigt der EU-Umweltzustandsbericht.
Die Entwicklung von marinen Schutzgebieten – hier der Nationalpark Niedersächsisches Wattenmeer – ist nicht durchweg positiv. Das zeigt der EU-Umweltzustandsbericht. Julia Schenkenberger
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Nun zur Sache: Im Januar 2019 hatte ich vom Ausklingen des letzten Kommissions-Mandats, von der LIFE-Verordnung und vom Mehrjährigen Finanzrahmen (MFR) berichtet. Hinter die LIFE-Verordnung kann man glücklicherweise ein Häkchen setzen, denn diese ist soweit verabschiedet; wenn Sie dies lesen, hat außerdem auch die neue EUKommission losgelegt mit konkreter Gesetzgebungstätigkeit. Nur der MFR begleitet uns – im Übrigen genauso wie die Verhandlungen der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) – auch weiterhin noch etwas. Ich gebe im Folgenden zunächst einen kurzen Überblick über den zum Zeitpunkt des Verfassens noch nicht veröffentlichten „Europäischen Green Deal“ und andere wichtige Termine auf EUEbene und widme mich dann näher einem gerade veröffentlichten Umweltzustandsbericht der EU.

Viel Spaß beim Lesen!

„EUROPEAN GREEN DEAL“

Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hatte angekündigt, einen „European Green Deal“ innerhalb der ersten 100 Tage ihrer Amtszeit vorzulegen (NuL4061). Inzwischen kristallisiert sich heraus, dass dies deutlich früher passieren könnte: In den Medien und auch in der von der EU-Kommission veröffentlichten Liste der Tagesordnungspunkte der nächsten Kollegiumssitzungen ist die Veröffentlichung des „European Green Deal“ bereits für den 11. Dezember 2019 vorgesehen, also 11 Tage nach Amtsantritt. Inwieweit unter diesem Zeitdruck die Substanz leidet, bleibt abzuwarten – beim Verfassen lag die entsprechende Kommissions-Mitteilung noch nicht vor. Die in Brüsseler Kreisen kursierenden „Leaks“ sind mit Vorsicht zu genießen, denn hierbei handelt es sich ausdrücklich um Entwürfe, die von den Generaldirektionen „gefüttert“ wurden, da die Kommissare zum entsprechenden Zeitpunkt noch gar nicht im Amt waren. Aus Umwelt- und Naturschutzsicht maßgeblich ist, dass mit ähnlichem Detaillierungsgrad für die verschiedenen Politikbereiche beziehungsweise Initiativen bereits einige Kernelemente wie zum Beispiel eine „Renaturierungs-Initiative“ aufgelistet werden, um den Weg für die Erarbeitung der jeweiligen Politikinstrumente vorzugeben. Klar ist aber auch, dass die Details erst in den eigentlichen Strategien niedergelegt werden können. Aller dings besteht auch hierfür ein relativer Zeitdruck: War beispielsweise ursprünglich vorgesehen, die EU-Biodiversitätsstrategie erst nach Auswertung der noch laufenden im Jahr 2020 fortzuschreiben, könnte die neue Strategie nun gegebenenfalls bereits am 26. Februar 2020 veröffentlicht werden – so jedenfalls der Hinweis in der Liste der Tagesordnungspunkte der nächsten Kollegiumssitzungen.

EUROPÄISCHER RAT ZUM MFR

Zwei weitere Termine haben bereits stattgefunden, wenn Sie diese Kolumne vor sich haben. Zum einen fand am 12. und 13. Dezember 2019 ein Europäischer Rat statt. Auf der Tagesordnung: unter anderem der MFR – dieser ist vor allem wegen der dort erfolgenden Einigung zu den Agrarsubventionen für den Naturschutz von Bedeutung. Zwar wird noch nicht erwartet, dass die Staats- und Regierungschefs bereits dort die Zahlen festzurren beziehungsweise festgezurrt haben. Nachdem die Finnen aber Anfang Dezember eine neue „Verhandlungsbox“ mit entsprechenden Zahlenvorschlägen vorgelegt haben, dürfte dort das erste Mal eine vertiefte inhaltliche Auseinandersetzung mit dem Thema stattgefunden haben. Dies gilt insbesondere auch deshalb, weil es anders als in den vorausgegangenen Ratstreffen nicht so aussieht, als ob der Brexit die Debatte sprengte. Mehr zu den wichtigsten Tagesordnungspunkten finden Sie unter Webcode NuL4061.

Nach dem NABU vorliegenden Informationen könnte es dann möglicherweise bereits im Februar 2020 einen Sondergipfel zum MFR geben, um „den Sack zuzumachen“, oder dies erfolgt auf dem regulären Märztreffen 2020. In jedem Fall würde sich Deutschland freuen, wenn es unter der kroatischen Ratspräsidentschaft noch zu einer Einigung käme, um den Vorgang nicht in die im zweiten Halbjahr 2020 startende deutsche Ratspräsidentschaft mit zunehmen.

UMWELTRAT, UMWELTAUSSCHUSS UND UMWELTVERBÄNDE ZU DEN BIODIVERSITÄTSSTRATEGIEN POST-2020

Der andere bereits erfolgte Termin ist der Umweltrat, der traditionell knapp vor Weihnachten angesetzt ist (NuL4061). Am 19. Dezember 2019 hat dieser unter anderem Ratsschlussfolgerungen zum Thema „Globales Biodiversitätsabkommen post-2020“ verabschiedet. Diese beinhalten zwar noch nicht das konkrete Verhandlungsmandat, sie senden dennoch ein wichtiges politisches Sig nal an die EU-Kommission, bei den Verhandlungen in Kunming als EU eine ambitionierte Position anzustreben. Darüber hinaus stand auf der Tagesordnung des Umweltrats auch noch eine Aussprache zum „European Green Deal“ (wobei eine richtige Beteiligung in den bisherigen Stadien der Erarbeitung der Kommissionsmitteilung weder für die Mitgliedstaaten noch das Europäische Parlament oder die Zivilgesellschaft möglich war). Ebenfalls Thema beim Umweltrat war ein Austausch zum Thema Vertragswidrigkeit der EU bezüglich der Umsetzung der AarhusKonvention auf EU-Ebene durch die entsprechende Verordnung. Hier hatte die EU-Kommission ein auf einer Studie basierendes Arbeitsdokument mit Schlussfolgerungen (NuL4061) veröffentlicht, wie die Vertragstreue wiederhergestellt werden könnte. Aus Sicht von NGOs sind allein die kurzfristige Anpassung der Aarhus-Verordnung und sodann die Erarbeitung einer Klagerechtsrichtlinie akzeptabel. Einen Podcast dazu finden Sie unter NuL4061. Auch der Umweltausschuss des Europäischen Parlaments hat sich zum Thema „Globales Biodiversitätsabkommen post-2020“, das auf der 15. Vertragsstaatenkonferenz der Biodiversitätskonvention (CBD-COP15) verabschiedet werden soll, positioniert: Am 3. Dezember 2019 stimmten die Abgeordneten über eine Resolution ab, die die EU-Kommission auffordert, mit einer verbindlichen EU-Strategie im Oktober 2020 nach Kunming zu fahren. Aus Sicht der Parlamentarier sind die bisherigen unverbindlichen Ansätze gescheitert. Mit der Annahme entsprechender Änderungsanträge fordern sie unter anderem rechtsverbindliche Artenschutz- und Gebiets schutzziele sowie Ziele für die Wieder her stellung/Renaturierung zerstörter Öko syste me bis 2030. Eine kurze Bewertung findet sich in der Pressemitteilung des Brüssel-Büros des WWF (NuL4061).

Wichtig für die Forderungen des NABU ist auch die Positionierung des Dachverbands BirdLife Europe. Die Grundzüge der BirdLifePosition zur EU-Biodiversitätsstrategie post2020 hatte ich in der letzten Ausgabe dargestellt (NuL4061). Nachdem die Position von den Mitgliedsverbänden angenommen war, wurde diese nun am 2. Dezember 2019 veröffentlicht und steht dementsprechend als Forderungs- und Ideenliste zur Verfügung (NuL4061). Ebenfalls unter diesem Webcode verfügbar ist inzwischen eine Reihe von Positionspapieren von BirdLife International zur globalen Biodiversitätsstrategie, zum Beispiel zu den „Key Elements“ des künftigen Abkommens.

EU-UMWELTAGENTUR LEGT NEUEN UMWELTZUSTANDSBERICHT VOR

Zum Abschluss meiner Kolumne ein wenig erbauliches Thema: Am 4. Dezember 2019 hat die Europäische Umweltagentur (EEA) ihren neuen Bericht zu Zustand und Ausblick der Europäischen Umwelt 2020 (The European Environment – State and Outlook 2020) vorgelegt. In diesem 500 Seiten schweren wissenschaftlichen Report zeichnet sie ein düsteres Bild: 77 Prozent der Lebens räume und 60 Prozent der von der EU geschützten Arten sind in einem schlechten Zustand, dramatische Rückgänge gibt es vor allem im Bereich der Agrarlandschaft. Auch ist Europa weit entfernt davon, einen guten ökologischen Zustand seiner Flüsse und Meere zu erreichen. Der Bericht legt dar, dass es die EU und ihre Mitgliedstaaten trotz ausgefeilter Strategien und Maßnahmenpläne nicht schaffen werden, die für 2020 gesetzten Umweltziele zu erreichen. Der Bericht ist ein dringender Appell an die Politik, ambitionierteren Natur-, Umwelt- und Klimaschutz zu betreiben. Der Bericht selbst spricht davon, dass angesichts des Ausmaßes und der Dringlichkeit der Umweltkrisen die nächste Dekade entscheidend ist und dass Lösungen nun transformativ und übergreifend bestimmte Themenfelder angehen müssen. Genannt sind insbesondere eine Transformation des Lebensmittelsystems, des Transport- und des Energiesystems. Sie finden den Bericht unter NuL4061.

 

Autor

Der Rechtsanwalt und Umweltrechtsexperte Raphael Weyland arbeitet seit 2015 für den NABU in Brüssel, unter anderem zum Thema EU-Naturschutzrecht.

Raphael.Weyland@NABU.de

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