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Erfahrungen aus verschiedenen deutschen und europäischen Großschutzgebieten

Stand und Trends des Einsatzes von GIS in Schutzgebietsverwaltungen

Abstracts

Der Naturschutz war einer der Motoren der Entwicklung von Geoinformationssystemen. Die neuen GIS-Werkzeuge erlaubten die Anwendung von landschaftsökologischen Methoden in effizienter Weise für flächenhafte Analysen. Gerade in den ersten Entwicklungsjahren wurde ein großes Potenzial von GIS im Bereich Naturschutz und landschaftsökologischen Anwendungen gesehen (Ashdown & Schaller 1990, Bill 1996, Kratz & Suhling 1997). Geoinformationssysteme wurden seither für eine Vielzahl von weiteren Anwendungsfeldern eingesetzt und haben damit – vor Jahren noch ungeahnte – Marktsegmente erschlossen. Die Anfänge des Einsatzes von GIS im Naturschutz und mithin in Verwaltungen von Großschutzgebieten liegen 15 bis 20 Jahre zurück und es stellt sich die Frage, ob sich die ursprünglichen Hoffnungen und Erwartungen bewahrheitet haben und wie der Nutzen von GIS heute eingeschätzt wird.

In diesem Kurzbeitrag wird versucht, die Entwicklung und den momentanen Stand der Verbreitung und der Nutzung von GIS in Schutzgebietsverwaltungen darzustellen. Grundlage sind die Erfahrungen aus zwei EU-INTERREG-Projekten, in denen mehrere (nicht repräsentative) Umfragen in den Verwaltungen durchgeführt wurden. Insofern kann hier kein absolutes Bild wiedergegeben werden, jedoch zeichnen sich deutliche Trends ab.

Present State and Trends in Applying GIS in Administrations of Protection Areas – Experiences from different German and European Large Protection Areas

Nature conservation was one of the major incentives for the development of geographical information systems. The instruments of GIS allowed the application of methods of landscape ecology in a very efficient way for extensive analyses. Particularly in the first years of its development a large potential for GIS was expected in the fields of nature conservation and landscape ecological applications (Ashdown & Schaller 1990, Bill 1996, Kratz & Suhling 1997). Since that time geographic information systems were used in numerous other fields and opened up unexpected market segments. The application of GIS for nature conservation and in the administrations of Large Protection Areas has started 15 to 20 years ago, and the question arises if the initial hopes and expectations have been fulfilled, and how the present use of GIS is being estimated.

The paper intends to illustrate the development and the present state of the dispersal and use of GIS in administrations of pro­tection areas. The investigations base on experiences from two EU-INTERREG projects which included several (non-representative) interviews in the administrations. On this base the study cannot depict an absolute picture but it outlines clear trends.

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Abb. 1: Inhalt der Datenbestände im Vergleich 2001/2007.
Abb. 1: Inhalt der Datenbestände im Vergleich 2001/2007.
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1 GIS-Einführung in (Groß-)Schutzgebieten

Bereits 1996 formulierten Vogel und Blaschke: „…ohne den Einsatz Geographischer Informationssysteme [wird] ein moderner Naturschutz nicht möglich sein. Moderner Naturschutz heißt vor allem, nicht auf beabsichtigte oder bereits vollzogene Umweltveränderungen zu reagieren, sondern ein Datenmanagement zu betreiben, das es ermöglicht, vorausschauenden (prospektiven) und „voraushandelnden“ (proaktiven) Naturschutz zu betreiben.“ (Vogel & Blaschke 1996).

Eine erste größere dokumentierte Anwendung von GIS in Nationalparken war das MAB-Projekt zur Ökosystemforschung und Umweltbeobachtung im Nationalpark Berchtesgaden (Ashdown & Schaller 1990, Franz 1995). Bedkowski berichtet bereits 1994 vom GIS-Einsatz in polnischen Nationalparks (Bedkowski et al. 1994). Einen Überblick über den damaligen Stand von GIS im Naturschutz gibt der Tagungsband zur Tagung „GIS in Naturschutz und Landschaftspflege“ der Laufener Akademie (1996). Die Aktualität des Themas zum damaligen Zeitpunkt wird dadurch unterstrichen, dass kurz darauf eine ähnliche Veranstaltung in Braunschweig stattfand (1997). Einen weiteren Meilenstein setzte Huber mit dem Referenz-Geoinformationssystem „Nationalpark Bayerischer Wald“ (Huber 2002).

2 Umfragen zum Stand der GIS-Nutzung in Großschutzgebieten Mittel- und Osteuropas

Von den Autoren wurden in den letzten Jahren mehrere Umfragen in europäischen und deutschen Großschutzgebieten zum Stand der GIS-Nutzung initiiert und begleitet. Die Recherchen und Umfragen leiten sich aus Fragestellungen ab, die im Rahmen europäischer Projektkooperationen (EU-INTERREG IIC Projekt „NPIS“: Csaplovics et al. 2000, Walz & Csaplovics 2001; EU-INTERREG IIIB Projekt „SISTEMaPARC“: Csaplovics et al. 2008) bearbeitet und erörtert wurden. Die Umfragen variieren in Zweck, betriebenem Aufwand und der Anzahl der Befragten. Sie erheben nicht den Anspruch auf vollumfängliche Erhebung oder Repräsentanz der Ergebnisse. Gleichwohl ergeben sie ein prägnantes Stimmungsbild und zeigen Trends und Tendenzen auf.

In einer ersten Umfrage in mittel- und osteuropäischen Biosphärenreservaten und Nationalparken wurden im Jahre 2001 insgesamt 70 Verwaltungen aus elf Ländern einbezogen (Leibenath & Walz 2001). Bei einer weiteren Umfrage im Jahr 2004 lag der Schwerpunkt auf der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit, was den Kreis der befragten Verwaltungen einschränkte: 14 Parks aus sieben Ländern nahmen an der Umfrage teil (Walz & Neubert 2005). Ergänzend wurden 2007 die Internetdarstellungen von 257 Biosphärenreservaten und Nationalparken aus 18 Ländern analysiert (Rehn 2007). Zusätzliche Informationen konnten aus gezielten Teilnehmerbefragungen im Vorfeld des ESRI-Anwendertreffens (Internationale Naturschutzakademie, Vilm, 04./05.10. 2007) gewonnen werden, die die Rechercheergebnisse für den deutschsprachigen Raum unterstützten und verifizieren halfen. 18 Verwaltungen aus Deutschland und der Schweiz nahmen an dieser Befragung teil.

Trotz unterschiedlicher Ansätze und Ziele der Umfragen und Recherchen konnten aus der Beantwortung grundsätzliche Aussagen zu den nachfolgenden Fragen zusammengefasst werden:

Für welche Aufgaben werden GIS hauptsächlich eingesetzt?

Geo-Informationssysteme bieten vielfältige Funktionalitäten, die zur effizienten Erfüllung der Aufgaben der Großschutzgebiets-Verwaltungen im Naturschutz, aber auch der Umweltbildung und Erholungsvorsorge, beitragen können. Aufgabenfelder, die immer wieder genannt wurden, sind:

Monitoring des Umweltzustands,

Ableitung optimierter Schutz-, Pflege- und Entwicklungsmaßnahmen und deren Effizienzkontrolle,

Management von Schutzgebieten, z.B. die Erstellung von Schutzplänen und Pflegeplänen,

Untersuchung von Umweltprozessen und Modellierung von Landschaftsfunktionen,

Forschung und Dokumentation,

Besucherinformation und -lenkung, Öffentlichkeitsarbeit.

Dabei zeichnen sich Schwerpunkte des Einsatzes von GIS in den Schutzgebietsverwaltungen in den Bereichen Monitoring, Planung und Biotopmanagement ab. Ein weiteres, allerdings deutlich weniger häufig genanntes Feld ist die Besucherlenkung. Die Öffentlichkeitsarbeit ist dagegen ein deutlich an Bedeutung gewinnender Anwendungsbereich (siehe auch weiter unten).

Wie verbreitet ist der GIS-Einsatz in Schutzgebieten?

Im mitteleuropäischen Raum finden GIS gerade in Nationalparken und Biosphärenreservaten eine starke Anwendung. Allerdings gibt es Abstufungen zwischen den Schutzgebietskategorien. Die Umfragen haben ergeben, dass prozentual zunächst mehr Biosphärenreservate mit einem GIS arbeiteten als Nationalparke. So gaben 2001 nur 68,5 % der Nationalparks, aber 88,5 % der Biosphärenreservate an, GIS einzusetzen. 2007 waren es für beide Kategorien 100 %. In den einzelnen Staaten ergibt sich ein uneinheitliches Bild: Zum einen ist in einigen osteuropäischen Ländern eine (noch) geringe Einbindung von GIS auszumachen, jedoch ändern sich die Zustände hier teils rasant. Zum anderen gaben überraschenderweise bereits 2001 alle tschechischen, ungarischen und lettischen Nationalparke an, ein GIS zu nutzen, während Deutschland damals bei einem Ausstattungsgrad von 95 % und Österreich bei 25 % lag. Heute liegen diese Staaten ebenfalls bei einem Ausstattungsgrad von 100 %.

GIS wird heute häufig als „Standardwerkzeug“ bezeichnet, in Abhängigkeit von der Schutzgebietskategorie ist es für manche Verwaltungen auch (nur) ein „Werkzeug für ausgewählte Anwendungen“. In größeren Schutzgebieten mit mehr Mitarbeitern wird GIS eher als Standardwerkzeug bezeichnet als in anderen.

Welche Daten sind verfügbar und woher stammen die Daten?

Noch vor einigen Jahren wurden vor allem die Topographie mit Flächennutzung, Wegenetz und Hydrologie sowie die ­Verbreitung von Tier- und Pflanzenarten als wichtige Datengrundlagen genannt (Abb. 1). 2007 sind neue Schwerpunkte klar im Bereich der Biotoptypenkartierung, den digitalen Geländemodellen sowie Boden und Geologie zu sehen. Während es 2001 anscheinend vielerorts noch um den Aufbau eines Grunddatensatzes ging, stehen heute weitere naturräumliche Informationen im Mittelpunkt des Interesses. Besonders auffällig ist die große Anzahl an Daten aus eigenen Erhebungen, insbesondere zu Flächennutzung, Verbreitung von Tier- und Pflanzenarten, zu besonderen Biotopen, zum Wegenetz und zum Tourismus (Abb. 2). Eigene Erhebungen bzw. Kauf von Daten finden offenbar nur in geringem Umfang statt.

Grundsätzlich wird die Datenlage als gut beschrieben. Grundlagendaten zur Topographie werden häufig von den entsprechenden staatlichen Behörden zur Verfügung gestellt. Hier hat sich offensichtlich eine Verbesserung eingestellt. So stehen topographische Daten, Geländemodelle, Luft-/Satellitenbilder 2007 meist kostenlos zur Verfügung, während noch 2004 die Schutzgebietsverwaltungen kaum kostenfreien Zugriff auf offizielle Daten anderer Verwaltungen hatten. Derzeit wird in den Mitgliedsländern der Europäischen Union die INSPIRE-Richtlinie umgesetzt. Es ist zu erwarten, dass damit die Voraussetzungen für die ressortübergreifende Nutzung erhobener Daten verbessert, nicht notwendige Mehrfacherhebungen vermieden und der kostenfreie Zugang zu bestimmten Daten weiter erleichtert werden.

In welchen Bereichen wird Potenzial für GIS gesehen?

Neben den bereits erschlossenen Anwendungsgebieten wurden potenzielle Einsatzfelder erfragt. Die Antworten sind sicherlich durch individuelle Wünsche und Vorstellungen der Befragten geprägt und spiegeln gleichzeitig das erwartete Spektrum anfallender Arbeiten wider. So werden künftige Anwendungsfelder insbesondere in praktikablen Lösungen für Fachaufgaben gesehen, beispielsweise für das Monitoring, die Flächenbewirtschaftung, Planungszwecke und Stellungnahmen. Weiterhin könnten GIS eine wichtige Rolle in der Umweltbildung, Öffentlichkeitsarbeit und Besucherinformation spielen. Potenzial für GIS wurde auch in der angewandten Forschung in Großschutzgebieten, beispielsweise bei der Verknüpfung und Analyse von Datenbeständen, gesehen sowie in der Zusammenarbeit mit anderen Einrichtungen und Behörden.

Sind Teile von GIS(-Daten) im Internet verfügbar?

Generell sind bisher GIS-Anwendungen nur in einem sehr geringen Umfang interaktiv im Internet nutzbar oder wenigstens GIS-Daten einsehbar. Allerdings zeigt sich hier seit 2001 eine deutliche Verschiebung. Die Frage, ob Teile des GIS im Internet verfügbar sind, bejahten 2001 nur 4 % aller Schutzgebiete mit GIS; 2007 waren es schon 33 % aller Schutzgebiete mit GIS. Offensichtlich bedingt durch technische Fortschritte und Entwicklungen der GIS-Präsentationskomponenten sowie gestiegene Anforderungen an Visualisierungen werden GIS zunehmend auf Internetseiten für die Öffentlichkeitsarbeit eingesetzt.

Wo liegen die Schwierigkeiten eines effizienten GIS-Einsatzes?

Als Hauptproblem für einen effizienten GIS-Einsatz in den Verwaltungen der Großschutzgebiete wird die personelle Ausstattung gesehen. So gibt es nach wie vor nicht für alle Schutzgebiete einen „hauptamtlichen“ GIS-Mitarbeiter.

Im Jahr 2001 standen im Durchschnitt jeder Verwaltung mit GIS 1,5 Mitarbeiter für GIS-Aufgaben zur Verfügung (Deutschland 1,4), allerdings hatten gerade kleinere Schutzgebietsverwaltungen mit weniger als 20 Mitarbeitern meist keinen eigenen GIS-Mitarbeiter. Für viele Mitarbeiter war GIS eher eine Aufgabe neben anderen. Dieser Umstand trug sicher dazu bei, dass gerade die Einarbeitung in die Software als Problem dargestellt und die Aktualisierung und Pflege der Daten als schwierig bezeichnet wurden. Vor diesem Hintergrund wurden GIS daher zwar vielfach eingesetzt, aber der Aufwand durchweg als hoch eingeschätzt.

Die Ergebnisse der kleineren Umfrage in den deutschsprachigen Verwaltungen 2007 zeigen ein ganz ähnliches Bild: Nach wie vor werden als Haupthemmnisse ein hoher Aufwand für die Pflege des digitalen Datenbestandes und das Fehlen von speziellen GIS-Mitarbeitern genannt. Laut Umfrage 2007 sind in Deutschland nur noch 0,9 Mitarbeiter hauptamtlich mit GIS beschäftigt. Offensichtlich werden die inzwischen sehr leistungsfähigen Geoinformationssysteme gerade von den oft nur zeitweise damit befassten Personen als schwer verständlich wahrgenommen. So wird neben der schon früher als zeitaufwändig beschriebenen Einarbeitung inzwischen die Bedienung der Software als zu komplex kritisiert. GIS würden zu viel spezifisches Wissen voraussetzen. Als weitere Hemmnisse werden teilweise eine fehlende bzw. eingeschränkte Datenverfügbarkeit sowie Probleme mit den Daten (unterschiedliche Projektionen, Formate etc.) angeführt.

Bestehen Kooperationen? Gibt es Bedarf für einen (Erfahrungs-)Austausch?

Der Austausch über GIS-spezifische Themen zwischen den Schutzgebietsverwaltungen funktioniert hauptsächlich über persönliche Kontakte. Nahezu alle Verwaltungen unterhalten untereinander Kontakte und pflegen die Zusammenarbeit, wenngleich mit unterschiedlicher Intensität. Teilweise gibt es auch organisierte Veranstaltungen, bei denen GIS zumindest mittelbar ein Thema sind. Allerdings scheint der Wille zu weiterer Vernetzung durch den Zeit- bzw. Personalfaktor limitiert zu sein. Der Austausch zu praktischen Erfahrungen ist dennoch sehr erwünscht. Gerade Projekte, wie die aus EU-INTERREG-Mitteln, die die Zusammenarbeit zwischen Verwaltungen und Wissenschaft in größeren Regionen fördern, können dabei sehr hilfreich sein (Abb. 3).

3 Zusammenfassende Thesen

Aus den Umfrageergebnissen der verschiedenen Jahre, den Internet- und Literaturrecherchen sowie persönlichen Gesprächen und der mehrjährigen Projekterfahrung in der Zusammenarbeit mit Verwaltungen von Großschutzgebieten im mittel- und südosteuropäischen Raum sollen folgende thesenartige Aussagen zusammenfassend zur Diskussion gestellt werden:

1. Offensichtlich ist die Anfangseuphorie vorüber. GIS-Funktionen sind in vielen Verwaltungen ein Arbeitswerkzeug geworden. Gerade in der ersten Phase der Einführung von GIS sind mit großem Aufwand Fach-, aber auch topographische Grundlagendaten erhoben worden. In vielen Schutzgebieten entstanden umfangreiche Datenbestände. Bestärkt durch die heute oft kostenfreie Bereitstellung von Basisdaten durch andere öffentliche Einrichtungen und angesichts zunehmender Kosten- und Personalknappheit konzentriert sich die Erfassung gegenwärtig auf spezifische Fachdaten, die für die GIS-unterstützte Bewältigung der Aufgaben der Verwaltung zusätzlich notwendig sind.

2. Trotz der verbesserten Datenlage steht die Anwendung weitreichender GIS-Analysefunktionen häufig nicht im Vordergrund der täglichen Arbeit. Geoinformationssysteme dienen den Verwaltungen vorwiegend zur Datenerfassung, Verwaltung und Präsentation. Der anfänglichen Begeisterung über die technologischen Möglichkeiten von GIS folgten zunehmend pragmatischere Abschätzungen, mit welchem Aufwand unter den individuell in den Verwaltungen gegebenen Voraussetzungen sich GIS sinnvoll nutzen lassen. Die Komplexität der Modelle und Methoden wurde anfangs offenbar unterschätzt. Außerdem wird bei den häufig notwendigerweise auf Alltagsaufgaben und unmittelbare Lösungen konzentrierten Verwaltungen die Sinnhaftigkeit von komplexen ökologischen Modellen in Frage gestellt, da diese in der Tat hauptsächlich langfristige Entwicklungsleitbilder generieren.

3. Die konsequente Pflege einerseits von eigenen Datenbeständen und andererseits von Ergebnissen und Daten externer Forschungsarbeiten in Datenbanken sowie das Führen von entsprechenden Metadaten sind neben der Aktualisierung elementare Erfordernisse, denen häufig nicht genug Rechnung getragen wird. Die zunehmende Aufgabenverdichtung innerhalb der Verwaltungen, eine Erhöhung des Grades der Aufgabenspezialisierung und -diversifizierung für die einzelnen Mitarbeiter sowie eine generelle Unattraktivität des Themas kommen unter anderem als Gründe in Betracht. Offenbar wird die Notwendigkeit einer Aufgabenspezialisierung in anderen Feldern, nicht jedoch bezüglich GIS, gesehen. Das Vernachlässigen einer umfassenden Datenpflege kann im besten Fall zu redundanten Daten führen, schlimmstenfalls zu widersprüchlichen bzw. nicht mehr verwendbaren Daten. Einmal gewonnene Daten und Ergebnisse stehen so kaum für langfristige Zeitreihenanalysen und Vergleiche zur Verfügung. „Was fehlt, ist eine Zusammenführung der Daten, ihre Verarbeitung und auch Generierung neuer Daten aus dem gesammelten Pool, die als Diskussionsgrundlage in den Entscheidungsprozess eingehen können“, kritisierte Vogel bereits 1996. Seine Feststellung scheint immer noch aktuell.

4. Informationstechnologien können Entscheidungsprozesse unterstützen, wenn der Weg dafür geebnet wird. Neben einer entsprechenden Personalkapazität scheinen Mehrfachqualifikationen der Mitarbeiter (GIS und entsprechende Fachdisziplinen wie z.B. Forst, Biologie, …) sowie die Offenheit für Quereinsteiger aus anderen Disziplinen unentbehrlich. Ausstattung der Verwaltung mit technischer Infrastruktur und entsprechenden Fortbildungsmöglichkeiten der Mitarbeiter, das Vorliegen aktueller fachlicher Fragestellungen sowie Konzentration auf Kernaufgaben sind Faktoren, die das Maß des Einsatzes von komplexen GIS-Analysefunktionen mitbestimmen. Sie haben Einfluss darauf, inwieweit Schutzgebietsverwaltungen aktiv für wissenschaftliche Forschung eintreten, diese anregen und kritisch reflektieren. Das über Projektaktivitäten aufgebaute Know-how in den Schutzgebietsverwaltungen kann und muss durch langfristige Kooperationsvereinbarungen zwischen wissenschaftlichen Einrichtungen und Verwaltungen gesichert, kontinuierlich erweitert und fortgeschrieben werden.

4 Schlussbetrachtung und ­Ausblick

Die technische und personelle Ausstattung und die wissenschaftlichen und politischen Voraussetzungen, die den GIS-Einsatz in Schutzgebieten ab 1990 vorangetrieben haben, sind heute nicht mehr in gleicher Weise gegeben. Derzeit ist eine Verlagerung der Schwerpunkte der GIS-Anwendungen hin zur Öffentlichkeitsarbeit und Umweltbildung zu beobachten. Angesichts der gestiegenen Ansprüche hinsichtlich der Aufbereitung und Darstellung von Informationen und unter den sich rasant ändernden technischen und medialen Rahmenbedingungen erscheint das als ein nachvollziehbarer und positiver Schritt. Dennoch sollte überlegt werden, ob die Verwaltungen nicht gerade mit dem Hilfsmittel GIS stärker einen agierenden, vorausschauenden Naturschutz betreiben können, der sich auf die zukünftige Entwicklung und die Analyse und Darstellung bzw. Vermittlung alternativer Entwicklungsszenarien und entsprechender Folgen für die Natur und Umwelt bezieht. Damit könnte gerade in der öffentlichen Wahrnehmung das Bild eines zukunftsgerichteten, als attraktiv empfundenen „modernen“ Naturschutzes befördert und die handelnde Verwaltung gestärkt werden.

Zu überlegen wäre auch, ob ein einheitliches Gesamtkonzept für die Großschutzgebiete Deutschlands nicht sinnvoll sein könnte. Dazu würden neben einem einheitlichen Monitoringkonzept auch die Datenerfassung in einem einheitlichen Bezugssystem und ein Metainformationssystem gehören. Standardisierte Vorgehensweisen erhöhen die Vergleichbarkeit der Daten und verbessern ihre Aussagekraft. Monitoringpflichten, wie sie sich beispielsweise aus der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie ergeben, könnte besser Rechnung getragen werden.

Nach Überzeugung der Autoren bieten die vielfältigen Analysefunktionen ein großes Anwendungs- und Effektivitätspotenzial. Geoinformationssysteme müssen künftig stärker als Integrationswerkzeug verstanden werden. Unterstützt werden sollte dieser Prozess von Software- und Systementwicklern durch die Bereitstellung maßgeschneiderter Werkzeuge, nutzerspezifisch angepasster Softwarelösungen, intuitiver Benutzerführung und ggf. reduzierte Bedienelemente. Gemeinsame Projekte von Schutzgebietsverwaltungen, wissenschaftlichen Instituten und Forschungseinrichtungen können diese Entwicklung bestärken, wie das Beispiel des EU-Projekts SISTEMaPARC zeigt (Csaplovics et al. 2008).

Die Umfragen haben auch gezeigt, dass ein zunehmender Bedarf für ein Forum zum gegenseitigen Austausch besteht, um Aktivitäten zu bündeln und Netzwerke zu etablieren. Darüber hinaus stellen europäische und globale Initiativen und Festlegungen wie die Geodateninitiative INSPIRE, die Verwaltung und das Monitoring des europäischen Schutzgebietsnetzes Natura 2000, der Vereinten Nationen (UNEP-WCMC), der UNESCO (Man and Biosphere, World Heritage) und die International Union for Conservation of Nature (IUCN) beispielsweise zum European GreenBelt die Schutzgebietsverwaltungen hinsichtlich des Einsatzes von GIS aktuell vor neue Aufgaben.

Literatur

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Anschriften der Verfasser: Dr. Ulrich Walz, Leibniz-Institut für ökologische Raumentwicklung e.V. ­Dresden, Weberplatz 1, D-01217 Dresden, E-Mail u.walz@ioer.de; Stefan Wagenknecht, E-Mail stefan.wagenknecht@web.de.

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