Geben Sie einen Suchbegriff ein
oder nutzen Sie einen Webcode aus dem Magazin.

Geben Sie einen Begriff oder Webcode ein und klicken Sie auf Suchen.
Studie

Reifenabrieb verschmutzt Gewässer und gefährdet Tiere

Reifenabrieb enthält eine komplexe Mischung verschiedener Verbindungen, darunter giftige Substanzen. Gelangen die Reifenpartikel in Gewässer, werden die Schadstoffe dort ausgelaugt. Ein neuer Übersichtsartikel im „Journal of Environmental Management“ fasst den aktuellen Wissensstand über das Vorkommen von Reifenabrieb und die Freisetzung von Schadstoffen in aquatischen Ökosystemen zusammen.

von Leibniz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei (IGB)/Redaktion erschienen am 26.07.2025
PKW-Reifen © Julia Bächtle
Artikel teilen:

Reifenabrieb gelangt vor allem durch Wind und Regen in Flüsse und Seen. Diese Partikel machen 50 bis 90 % des gesamten Mikroplastiks aus, das bei Regen von den Straßen abfließt. Wissenschaftliche Hochrechnungen deuten außerdem darauf hin, dass fast die Hälfte (45 %) des in Böden und Gewässern gefundenen Mikroplastiks von Reifenabrieb stammt. Die Konzentration von Reifenabrieb in einem Gewässer kann um mehrere Größenordnungen variieren und liegt zwischen 0,00001 bis 10.000 Milligramm pro Liter.

In diesem Artikel im „Journal of Environmental Management“ analysieren die Autoren bestehende Studien über die Auswirkungen von Reifenabrieb auf Wasserorganismen und geben einen Überblick über die möglichen ökologischen Folgen. „Das Problem beim Reifenabrieb sind nicht nur die Partikel selbst, die lange in der Umwelt verbleiben und sich wie anderes Mikroplastik verhalten, sondern auch die Auswaschung von giftigen Zusatzstoffen“, sagt Prof. Hans-Peter Grossart, IGB-Forscher und Mitautor der Übersichtsstudie.

Denn Autoreifen bestehen nicht nur aus Kautschuk: Tatsächlich finden sich in Reifengummi 2.456 chemische Verbindungen, von denen mindestens 144 in den Auslaugungen vorkommen. Darunter sind organische Schadstoffe wie Hexa(methoxymethyl)melamin, Dibutylphthalat und N-(1,3-Dimethylbutyl)-N'-phenyl-p-phenylendiamin (6-PDD), 6-PDD sowie 6-PDD-Chinon. Außerdem Schwermetalle wie Zink und Mangan in beträchtlichen Mengen, Cadmium und Blei. Diese Stoffe dienen zum Ozonschutz, als Antioxidationsmittel oder Weichmacher, Chemikalien für die Vulkanisation sowie Verstärkungs- und Füllmaterialien. „Beim Auslaugungsprozess setzt Reifenabrieb mehr Chemikalien frei als Thermoplastik wie PE. Und wir gehen auch davon aus, dass noch mehr Stoffe ausgelaugt werden, als bisher bekannt“, sagt Hans-Peter Grossart.

Die Partikel und ihre Auslaugungen können im Körper die Bildung von freien Radikalen (oxidativer Stress) fördern, Erbgutveränderungen verursachen und die Immunreaktion verändern. Auf Ebene des Organismus beeinträchtigen sie das Fressverhalten, die Fortpflanzung und das Überleben.

Die Studie beleuchtet auch die umfassenderen Folgen für die Struktur und Funktion von Ökosystemen, um die Lücke zwischen toxikologischen Reaktionen bei Lebewesen und den Prozessen auf Ökosystemebene zu schließen: Auf Ökosystemebene verursachen die Partikel Verschiebungen in der Artenzusammensetzung, verringern die aquatische Biodiversität und verändern das Nahrungsnetz. Dadurch beeinflussen sie den Kohlenstoff- und Stickstoffkreislauf erheblich und verändern somit essentielle Prozesse wie die Bildung von Biomasse oder die Verfügbarkeit von Nährstoffen.

0 Kommentare
Was denken Sie? Artikel kommentieren

Zu diesem Artikel liegen noch keine Kommentare vor.
Schreiben Sie den ersten Kommentar.

Artikel kommentieren
Was denken Sie? Artikel kommentieren