Natura 2000 als Nukleus: Den Landschaftswasserhaushalt regenerieren
Seit Jahrhunderten müht sich die Menschheit, Wasser aus der Kulturlandschaft so rasch wie möglich abzuführen. Das Land soll maschinengerecht nutzbar, Bebauung allerorts möglich sein. Ob in Städten, in der Agrarlandschaft oder in den Forsten – nahezu 100 % der Fläche wird entwässert. Auf diese Situation treffen die zunehmend spürbaren Folgen des Klimawandels: Dürreperioden werden häufiger und länger, während durch erhöhte Temperaturen die Verdunstung steigt.
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Wassernot der Landwirtschaft
Ein Blick in den Dürremonitor des Helmholtz-Zentrums für Umweltforschung (UFZ) in Leipzig führt erschreckend vor Augen, wie krass die Folgen für den Wasserhaushalt der Böden bereits heute sind. Dabei stehen wir erst am Anfang tiefgreifender Veränderungen. Sowohl die Zeitreihen von Jahr zu Jahr als auch die monats- und tageweisen Simulationen sollten alle Zweifelnden ob der Relevanz der Klimakrise zum Schweigen bringen. Das achselzuckende „Bei mir kommt das Wasser aus dem Hahn“ – analog zum sprichwörtlichen Strom aus der Steckdose – ohne die dahinterliegende Quelle zu erfragen, funktioniert nicht mehr: Wasser ist zunehmend ein knappes Gut. Viele Betriebe in der Landwirtschaft und besonders im Weinbau treiben Zukunftssorgen um: Werde ich künftig überhaupt noch ernten können? Wie kann ich meine Kulturen bewässern, wo nehme ich das Wasser dazu her? Wer zahlt den immensen Mehraufwand? Längst ist die Wasserkrise nicht minder relevant als die Biodiversitäts- und Klimakrise.
FFH-Lebensraumtypen im Wasserstress
Auch im Naturschutz ist die Wasserknappheit noch viel zu wenig thematisiert und erforscht. Was bedeutet sie beispielsweise für die nach europäischem Recht zu schützenden Lebensraumtypen und Arten, die von einer hohen Bodenfeuchte existenziell abhängen? Diese Frage analysieren wir in einem methodischen Beitrag am Beispiel feuchter Grünlandtypen in Bremen. Das ist dringend nötig, um im Management adäquat reagieren zu können. Auch wenn dieses derzeit noch ein Spiel mit vielen Unbekannten ist: Das Schutzgebietsnetz Natura 2000 muss zu einem „Nukleus einer Wasserrückhalte- und Verteilungsstrategie in der Landschaft“ entwickelt werden, wie die Autorinnen und der Autor folgern. Oder anders formuliert: Der rechtliche Druck, einen guten Erhaltungszustand der FFH-Lebensraumtpyen zu gewährleisten, muss großräumige hydrologische Maßnahmen triggern, um wasserabhängige Landschaftsfunktionen zu stabilisieren und entwickeln.
Renaturierung für die Landwirtschaft
Das heißt: Auch der fragile Landschaftswasserhaushalt braucht dringender denn je fundamentale Strategien und Maßnahmen zur Wiederherstellung. Da reibt man sich schon verwundert die Augen, dass das geplante EU-Renaturierungsgesetz nur mit äußerst knapper Mehrheit und nach massiven Streichungen gegen die beharrenden konservativen und rechten Kräfte das Parlament in Straßburg passiert hat. Gerade auch aus der Landwirtschaft hat es massive Proteste gegen dasNature Restoration Law gegeben. Die Zeitschrifttop agrar etwa schreibt, dass „einige der Ideen das Aus für manchen Kollegen“ bedeuteten. Warum spricht niemand darüber, wie viel stärker die Dürre landwirtschaftliche Existenzen bedrohen wird? Naturschutz und Landwirtschaft hätten viel mehr übereinstimmende Ziele als gemeinhin angenommen. Ob davon etwas in den folgenden Trilogverhandelungen zu spüren sein wird? Rat, Parlament und Kommission müssen nun den finalen Verordnungstext aushandeln. Das ist die letzte Chance, um beispielsweise die im Parlament gestrichene Wiedervernässung von Moorböden aufzunehmen.
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