Gemeinwohl statt Mein Wohl: Mehrgewinnstrategien als Antwort auf die Flut
Die Klimakrise schlägt mit Wucht zu – nach drei extrem trocken-heißen Sommern nun ein sehr nasses Jahr mit Flutkatastrophen, die in Deutschland ihresgleichen suchen. Todesopfer im dreistelligen Bereich sowie die Bilder völliger Vernichtung von Hab und Gut von Flutopfern gehen den Menschen verständlicherweise noch näher als die Waldbilder mit flächig abgestorbenen Fichtenbeständen. Zur Erinnerung: 2,4 % der Waldfläche Deutschlands stehen seit den Jahren 2018 bis 2020 plötzlich ohne Wald da. Zwei Seiten einer Medaille, die Klimakrise heißt und mit ihren Extremereignissen nur der zaghafte Beginn noch viel größerer Katastrophen ist. Die Wissenschaft hat das lange vorhergesagt. Hoffentlich verstummen nun auch die letzten Zweifler und steigt die Handlungsbereitschaft. Bei weitem nicht alle Signale in der Flutkatastrophe bieten Anlass zur Hoffnung – da bleibt nur Kopfschütteln über Äußerungen wie „... weil jetzt so ein Tag ist, ändert man nicht die Politik“ von der Spitze einer Volkspartei. Was muss eigentlich noch mehr passieren, bis das Primat der Wirtschaft endlich aufgehoben wird?
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Die Landwende als Ziel
Sehr treffend und fundiert hat der Wissenschaftliche Beirat der Bundesregierung Globale Umweltveränderungen (WBGU) in seinem Gutachten „Landwende im Anthropozän: Von der Konkurrenz zur Integration“ das Trilemma der Landnutzung charakterisiert: Die Klimakrise, die Krise des Ernährungssystems und die Biodiversitätskrise hängen zusammen. Übertragen auf die aktuelle Situation: Klimawandelbedingt veränderte globale Luftströmungen setzen Tief- oder Hochdruckgebiete länger an einem Ort fest. Großflächiger Ackerbau ohne Strukturen, Ausbau der Fließgewässer, Bodenversiegelung und Bauen in den Auen bewirken, dass immer weniger Wasser aufgesogen werden kann. Wo sich die Mengen von 150 bis 200 mm Niederschlag dann nicht in die Fläche verteilen können, schnellen die Pegel in die Höhe, verschärft in schmalen und bebauten Tälern.
Transformation zur Nachhaltigkeit
Der WGBU fordert mit guten Gründen einen nachhaltigen Umgang mit Land und entwickelt fünf Mehrgewinnstrategien zur Transformation in Richtung Nachhaltigkeit: Renaturierung, 30 % Schutzgebiete, eine diversifizierte, ökologisch intensive Landwirtschaft, tierproduktionsarme Ernährungsstile und eine nachhaltige Bioökonomie sind deren Eckpunkte. Synergien finden statt Landnutzungskonkurrenzen forcieren, ist das Ziel.
Nur vordergründig betrachtet haben die Hauptbeiträge in dieser Ausgabe wenig damit zu tun: Die Kenntnis, wie geschützte Vogelarten wie der Graureiher auf die Energiewende reagieren, ist ein Schlüssel für die Konfliktvermittlung. Grün-blaue Infrastruktur hilft, Wasser zurückzuhalten, Orte für die Naherholung zu schaffen und einen Schritt zur im Klimawandel geforderten Funktion von Schwammstädten zu gehen. Die Kooperation zwischen ehrenamtlicher und akademischer Forschung bildet nicht allein beim Monitoring der Biodiversität eine Zukunftsaufgabe, sondern beim dringend notwendigen gesellschaftlichen Wandel insgesamt.
Die Chance der Krise: Jetzt endlich muss die Gemeinwohlökonomie als Prinzip der Politik Aufwind gewinnen, das Wohl von Mensch und Umwelt zum obersten Ziel des Wirtschaftens erhoben werden – mit einer Landwende, für Klimaschutz und Klimaanpassung, für die Biodiversität und eine nachhaltige Landnutzung und Ernährungssicherung. Das Konzept der Ökosystemleistungen, von uns häufig thematisiert, hilft hier als Gradmesser.
Prof. Dr. Eckhard Jedicke
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E-Mail: nul@jedicke.de
Twitter: @EckhardJedicke
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