Biber – ein tierischer Landschaftsarchitekt
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Frau Simon, Sie haben gerade Ihr erstes Buch veröffentlicht: „Der Biber“. Es entstand auf Basis Ihrer Bachelorarbeit, für die Sie auch mit dem Studienpreis Landschaftsarchitektur der Hochschule Geisenheim University ausgezeichnet wurden – herzlichen Glückwunsch dazu! Wie kam es zu diesem Thema?
Das Thema stand bei Weitem nicht von Anfang an fest. Allerdings hatte ich bereits während des Studiums einmal kurz mit dem Biber zu tun, und er ist mir im Kopf geblieben. Deshalb habe ich ihn als Thema für meine Bachelorarbeit vorgeschlagen, und mein Betreuer, Prof. Dr. Jedicke, fand die Idee gut. Damit war das Thema gesetzt.
Was reizt Sie an dem Thema „Biber“?
Spannend ist, dass der Biber auch ein kleiner Landschaftsarchitekt ist. Wir Landschaftsplaner versuchen, Gewässer zu renaturieren und natürliche Verhältnisse wiederherzustellen; und der Biber macht das sozusagen ganz umsonst und nach seinem Instinkt. Damit schafft er eine unglaubliche Artenvielfalt. Er fördert viele andere Tierarten, zum Beispiel Libellen, aber auch Amphibien und Reptilien, andere Säugetiere oder viele Vogelarten.
Ich habe erstaunlich vielfältige Biberreviere kennengelernt mit beeindruckenden Dämmen, gefällten Bäumen, Biberseen oder auch einer riesigen Biberburg – ich wusste vorher nicht, dass die so groß werden können! Man kann erkennen, dass die Gewässerbereiche durch den Biber stark aufgeweitet wurden. Aber auch die Umgebung wird beeinflusst. Er sorgt ebenso für natürliche Auwälder, schafft Totholzstrukturen und Kleinstbiotope. Von der Kombination vieler kleiner Aktivitäten profitieren enorm viele andere Arten.
Was gab den Ausschlag, die Arbeit zu einem Buch auszuweiten?
Damit hätte ich selbst gar nicht gerechnet. An der Abschlussfeier habe ich dann diesen Preis gewonnen, und Herr Jedicke meinte, eigentlich wäre die Arbeit so gut, dass man daraus auch ein Buch machen könnte. Das hat mich natürlich sehr gefreut. Ich habe dann später noch einmal mit ihm geredet. Da betonte er: Er meint das wirklich ernst!
Ich war dann im weiteren Prozess auch mehrfach mit Bibermanagern im Gelände. So konnte ich einen noch besseren Einblick in die Praxis bekommen. Hinzu kamen Telefonate mit Experten, zum Beispiel mit Wolfram Otto, der zugleich Fotograf ist und uns sehr schöne Aufnahmen für das Buch zur Verfügung stellen konnte. So hat sich dann allmählich aus der Abschlussarbeit etwas entwickelt, was auch für Laien spannend und anschaulich ist.
In Ihrem Buch stellen Sie nicht einfach nur die Art Castor fiber und ihre Ausbreitung vor. Berichten Sie uns vom Schwerpunkt Ihrer Publikation?
Im Fokus steht das Bibermanagement. Der Biber leistet ja nicht nur positive Dienste an der Natur. Er sorgt auch für Konflikte, gerade mit der Land- und Forstwirtschaft, da er massiv in die Landschaft eingreift, beispielsweise durch Stauaktivitäten und Fällaktivitäten oder durch das Untergraben von Flächen.
Beim Bibermanagement geht es darum, die Interessen des Menschen und des Bibers unter einen Hut zu bringen beziehungsweise die Konflikte zu entschärfen. Dabei soll der Biber als geschützte Art gleichzeitig gefördert werden. Ziel ist, einen Kompromiss zu finden zwischen den verschiedenen Nutzungsinteressen am Gewässer.
Ihr Buch kann als Leitfaden verstanden werden. Was möchten Sie mit diesem Leitfaden erreichen?
Zum einen richtet sich das Buch an Fachleute, die selbst mit dem Biber zu tun haben, die vielleicht auch Biberbetreuer sind, an Menschen, die in Naturschutzbehörden arbeiten. Zum anderen ist es aber auch geeignet für Interessierte, die sich über den Biber informieren möchten, auch Laien. Die Inhalte kann man gut verstehen, auch wenn man bisher gar nicht mit dem Biber zu tun hatte. Insbesondere sollen die Leser für den Biber und seine Naturschutzleistungen stärker sensibilisiert werden. So kann auch das zum Teil negative Image des Bibers aufgewertet werden.
Wie ist denn Ihre persönliche Meinung: Sollte der Artenschutz immer Vorrang vor der Bewirtschaftung haben?
Das ist eine schwierige Frage. Oft vertritt das Bibermanagement derzeit vorwiegend die Interessen des Menschen. Es geht aber um den Ausgleich. Ich glaube, gerade im Hinblick auf den Klimawandel und die damit verbundene Hochwasserthematik ist es auch für den Menschen sinnvoller, gar nicht so sehr in den Gewässerraum einzudringen, sondern dem Gewässer mehr Raum zu geben. Und genau das ist es auch, was den Biber fördert. Aufgrund dieser Synergien würde ich den Artenschutz in Zukunft im Bibermanagement im Vordergrund sehen.
Ich glaube, auch die Forstwirtschaft lässt sich von diesem Ansatz überzeugen. Es ist natürlich schwierig, einem Forstwirt vorzuschreiben, welche Gehölze er wo pflanzen darf. Aber meine Interviews haben gezeigt, dass eine gewisse Akzeptanz und Toleranz gegenüber dem Biber vorhanden sind. Gerade in Anbetracht der Wasserretention ist es sowieso sinnvoll, die Nutzung aus dem direkten Gewässerumfeld herauszunehmen, und auch der Klimawandel erfordert ein Nachdenken über andere Gehölzarten. Da findet gerade ein Umdenken statt.
Neugierig gefragt: Wird es bei diesem ersten Buch bleiben?
Ich kann mir vorstellen, ein weiteres Buch zu schreiben. Zwischendurch denkt man schon: Oh Gott, das ist noch so viel Arbeit! Aber wenn man das fertige Buch dann in den Händen hält, ist das ein sehr schönes Gefühl. Dafür würde ich es auch nochmal machen.
Wie geht es für Sie nach dem Bachelorstudium und der Buchveröffentlichung nun weiter?
Gerade studiere ich im Master, ebenfalls in Geisenheim. Das Thema meiner Masterarbeit weiß ich allerdings noch nicht. Wo es nach dem Abschluss hingehen soll, ist noch offen. Ich will mich jetzt noch nicht festlegen, eher noch Praxiserfahrung sammeln.
Ich bin sicher, Sie werden Ihren Weg machen. Auf jeden Fall wünsche ich Ihnen alles Gute!
Buchtipp:
Der Biber. Biologie, Schutz und Management eines Ökosystemingenieurs. Elena Simon. 2021. 154 S., 88 Farbfotos, 28 Diagramme und Zeichnungen, 2 Tabellen, geb. ISBN 978-3-8186-1150-7. 38,00 €.
Bestellung unter Webcode NuL4028
Autoren
Elena Simon hat im Bachelor an der Hochschule Geisenheim Landschaftsarchitektur studiert. In ihrem derzeitigen Masterstudium im gleichen Fach setzt sie den Schwerpunkt auf Kulturlandschaftsentwicklung. In ihrer Bachelorarbeit hat sie sich intensiv mit dem Biber auseinandergesetzt.
Kontakt: Elena.Simon@mail.hs-gm.de
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