Naturschutz ex situ in Genbanken
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Ex-situ-Schutzmaßnahmen, die in zoologischen und botanischen Gärten schon lange praktiziert werden, haben in den letzten Jahrzehnten stark an Bedeutung gewonnen und reichen bis hin zu Genbanken. So verpflichtet Artikel 9 derConvention on Biological Diversity die Vertragsstaaten dazu, auch Maßnahmen zurex-situ conservation zu ergreifen – und zwar nicht nur zur Erhaltung der Diversität wilder Natur, sondern auch der Vielfalt gezüchteter Kulturpflanzen, Nutztierarten und so weiter.
Mit dem vorliegenden Buch, das im Rahmen eines BMBF-Verbundprojekts entstanden ist, wird erstmals die komplexe Theorie und Praxis der Ex-situ-Erhaltung in Lebendsammlungen umfassend und integrativ in den Blick genommen. Kapitel I thematisiert, wie, warum und wozu Lebendsammlungen angelegt werden, wobei sowohl die historische Entwicklung als auch das Spektrum unterschiedlicher Erhaltungstechniken in den Blick genommen werden. In Kapitel II stellen Expertinnen und Experten aus der Praxis ganz konkret verschiedene Institutionen von Lebendsammlungen vor: von Samen-Banken über Feld-Genbanken und Biologischen Ressourcen-Zentren bis zu Mikroben-Banken und virtuellen Registern (Beispiel Weinrebe). In der Erhaltungsarbeit spielen die Kryotechnik und die Digitalisierung eine maßgebliche Rolle. Kapitel III erschließt das Verhältnis von In-situ- und Ex-situ-Erhaltung und erörtert, wie Zoos und botanische Gärten darin eine vermittelnde Position einnehmen. Abstracts ermöglichen eine schnelle Orientierung über den Inhalt der insgesamt 12 Buchbeiträge. Über das Personenregister und das biologische Register kann man sich den Band auch „aus dem Material“ erschließen.
Zur systematischen Analyse, wie und wozu Leben „in der Bank“ gesammelt wird, greift der Band auf den Biofakt-Begriff zurück: den graduellen Begriff eines Lebewesens, das zwar noch selbst wachsen kann, aber auf verschiedenste Weise und in unterschiedlichem Ausmaß technisch zugerichtet ist und insofern nicht mehr von selbst wächst. So gelingt es, das komplexe Spannungsfeld von natürlich, „wild“, „unkontrolliert“ versus „künstlich“, „technisch“, „kultiviert“, „kontrolliert“ zu erschließen – was essenziell ist, um verstehen zu können, wie sich Lebendsammlungen auf je spezifische Weise von Praktiken nicht nur der In-situ-Erhaltung in Wildnisgebieten, sondern auch der Totsammlung in Museen unterscheiden. Damit wird auch verständlich, wo die konzeptionellen, technischen, ökologischen, ökonomischen und politischen Schwierigkeiten für Lebendsammlungen liegen und wie sie zu überwinden sind. Nicht zuletzt ist eine Grundlage geschaffen, um in der medialen Öffentlichkeit verbreiteten, vereinfachenden oder schlicht falschen Vorstellungen über Lebendsammlungen entgegenzuwirken. PD Dr. Thomas Kirchhoff, Heidelberg/München
Theorien der Lebendsammlung. Pflanzen, Mikroben und Tiere als Biofakte in Genbanken. (Lebenswissenschaften im Dialog 25). Herausgegeben von Nicole C. Karafyllis. 464 S., gebunden, 49 Euro. Verlag Karl Alber, Freiburg/München 2018. ISBN 978-3-495-48975-8.
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