Bayerische Verbände fordern Umdenken
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Der Schwund der Biodiversität und speziell der Insekten-Biomasse insbesondere in der offenen Kulturlandschaft hat diverse Ursachen. Für diese Entwicklung wird vor allen Dingen die Intensivierung der Landbewirtschaftung verantwortlich gemacht. Wesentliche Rückgangsursachen sind in diesem Zusammenhang:
a) Der Verlust an Strukturen (Hecken, Feldraine, Brachen, Grünwege …) als Versteck- und Nahrunghabitate für alle Wildtiere der Agrarlandschaft.
b) Der Einsatz von Pestiziden: Herbizide verringern die Häufigkeit und Artenzahl von Ackerkräutern in den Feldern und damit indirekt die Insektendichten.
c) Mit Blick auf klimatische Veränderungen wie zunehmende Trockenperioden und Starkregenereignisse muss im Bereich Landwirtschaft auch bzgl. Erhalt und Förderung der Biodiversität der Wasserrückhalt in der Fläche verbessert werden.
d) Die hohe Mahdfrequenz und intensive Düngung führen zum dramatischen Rückgang von artenreichem Grünland.
e) Landwirtschaftliche Nutzung der ehemaligen Ausuferungsflächen von Gewässern (Auen) reduziert die Strukturvielfalt der Fließgewässer.
f) Die heute gängige Landtechnik für Bodenbearbeitung und Erntetechnik sowie deren Einsatzzeiten führen regelmäßig zu einer massiven Schädigung von Wildtieren.
Angesichts dieser Entwicklung haben der Landesbund für Vogelschutz in Bayern (LBV), der Bayerische Jagdverband (BJV) und der Landesfischereiverband Bayern (LFV) in Brüssel auf Basis eines gemeinsamen Positionspapiers neue Akzente in der Agrarpolitik gefordert. Unter dem Motto „Gemeinsame Europäische Agrarpolitik – Schlüssel zur Sicherung der Biodiversität in der Kulturlandschaft“ luden LBV, BJV und LFV am 10. April in die Bayerische Vertretung in Brüssel ein. In einer angeregten Podiumsdiskussion mit den Abgeordneten des Europaparlaments Karl-Heinz Florenz (EVP) und Martin Häusling (Die Grünen/EFA) sowie dem Vertreter der Europäischen Kommission, Generaldirektion Landwirtschaft, Mike MacKenzie, forderten die Verbandsvertreter ein Umdenken in der Agrarpolitik. Diese müsse endlich einen nachvollziehbaren Mehrwert für die Umwelt bringen. Landwirte sollen für die Erzeugung und Sicherung Biologischer Vielfalt angemessen entlohnt werden.
Für die anstehende Reform der GAP für die Jahre ab 2021 stellen die Verbände in einem Positionspapier klare Forderungen:
Erzeugung und Sicherung Biologischer Vielfalt müssen als neuer Betriebszweig in landwirtschaftlichen Betrieben anerkannt und die Bewirtschafter dafür angemessen entlohnt werden.
Die Direktzahlungen müssen sich an ökologischen Kriterien orientieren und so den Erhalt der Artenvielfalt garantieren.
Die bislang praktizierten sogenannten Greening-Maßnahmen müssen auf ihre Wirksamkeit hin überprüft und angepasst werden. Ausrichtung von einheitlichen Greeningauflagen für alle Betriebsformen ausschließlich auf die Erreichung von Umweltzielen. Dabei Etablierung von ökologischen Vorrangflächen (ÖVF) auf mindestens 7 % (10 %) der landwirtschaftlichen Nutzfläche.
Die Verbände fordern, dass mit den Fördermitteln die richtigen Weichen gestellt werden. Nachweisbar dürfe nur das gefördert werden, was wirklich einen Mehrwert für Wildtiere, für Vögel, Insekten und Fische bringt. Die Verbandsvorsitzenden betonten, dass sie mit dem gemeinsam vorgebrachten Anliegen die Mehrheit der Bevölkerung vertreten, aber eben auch die Interessen der Landnutzer.
Die Teilnehmer der Veranstaltung waren sich jedenfalls einig, dass es ein „Weiter-so“ in der EU-Agrarpolitik nicht geben darf. Diese muss nach Auffassung der Veranstalter auf allen Ebenen unsere Landwirte ökonomisch in die Lage versetzen, gesunde Lebensmittel zu produzieren und gleichzeitig die europäischen Ziele der biologischen Vielfalt, gesunder Gewässer und des Klimaschutzes zu erreichen. Durch richtig eingesetzte Agrarförderung könnten massive Synergieeffekte bei der Umsetzung von Natura 2000, der EU- Wasserrahmenrichtlinie und der Klimaschutzziele der EU bewirkt werden, stellten die Verbandsspitzen unisono fest.
Bedauerlich ist, dass der Bayerische Bauernverband (BBV) die Absicht dieser Veranstaltung trotz entsprechender Erläuterungen nicht nachvollziehen konnte. BBV-Generalsekretär Wimmer kritisierte im Bayerischen Landwirtschaftlichen Wochenblatt bereits im Vorfeld der Veranstaltung die Organisatoren heftig, dass in Brüssel über die bayerischen Bauern anstatt mit ihnen diskutiert würde. BJV, LFV und LBV seien offenbar nicht an einem sachorientierten Dialog mit den Landwirten interessiert. Die Vorwürfe gipfelten darin, dass Wimmer mutmaßte, die Verbände hätten anscheinend selbst ein Auge auf die Gelder aus Brüssel geworfen. Das wiesen die drei Veranstalter deutlich zurück.
Die GAP so einfach wie möglich zu gestalten ist offenbar das Ziel von Agrarkommissar Hogan. Gleichwohl darf sich die EU nach Auffassung von LBV, BJV und LFV nicht davor drücken, ihre steuernde Rolle im Bereich der Agrarpolitik wahrzunehmen. Mike MacKenzie, Vertreter der Generaldirektion Landwirtschaft in der EU-Kommission, kündigte an, dass die neue GAP mehr Flexibilität und Verantwortung für die Mitgliedstaaten bringen soll. Das haben viele Teilnehmer der Veranstaltung skeptisch gesehen. Notwendig seien vielmehr klare Vorgaben aus Brüssel für alle EU-Länder gleichermaßen, welche Maßnahmen zur Sicherung der Biologischen Vielfalt beitragen und von den Mitgliedstaaten in eigener Verantwortung umgesetzt werden können. Nur mit klaren Leitplanken sollten die Länder in der künftigen Förderperiode europäische Fördergelder einsetzen dürfen.
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