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Editorial

Worthülsen, aber wenig messbare Ziele im Koalitionsvertrag

Multifunktionalität der Landnutzung

Die neue Bundesregierung ist im Amt. Neue Köpfe an den Spitzen von Umwelt- und Landwirtschaftsministerium, ein um Heimat erweitertes Innenministerium und viele weitere Personalien im 16-köpfigen Bundeskabinett lassen eine gewisse Unsicherheit erwarten: Was tut sich künftig für Natur und Landschaft? Ein Blick in den Koalitionsvertrag ist ganz spannend.

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nul@jedicke.de Twitter: @EckhardJedicke www.nul-online.de
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Dem Wolf gebührt die zweifelhafte Ehre, es in den Vertrag geschafft zu haben – als Problem für Weidetierhalter und die Sicherheit des Menschen. Das Insektensterben immerhin auch – als flächenhafte Knacknuss für den Naturschutz: „Wir werden das Insektensterben umfassend bekämpfen“, heißt es, durch ein „Aktionsprogramm Insektenschutz“ sollen die Lebensbedingungen verbessert werden. Die hierzu zwingend notwendige Verknüpfung mit der Agrarpolitik aber fehlt in dem Vertragswerk.

Das Landwirtschafts-Kapitel postuliert, dass nachhaltige Landwirtschaft und Naturschutz keine Gegensätze seien. Ein Ziel lautet, eine multifunktional ausgerichtete, bäuerlich-unternehmerische, familiengeführte und regional verwurzelte Landwirtschaft zu erhalten. Das klingt nach Worthülsen. Dazu brauche es eine Weiterentwicklung und Neujustierung der Gemeinsamen Agrarpolitik der EU. Die Reduktion des Flächenverbrauchs auf 30 ha/Tag bis 2030 ist ebenso erklärtes Ziel wie die Sicherung der Milcherzeugung und flächendeckenden Grünlandbewirtschaftung. Multifunktionale Forstwirtschaft findet sich als weiteres Schlagwort, die Waldstrategie 2020 soll – immerhin ergänzt „durch den Gedanken der Biodiversität“ (hoffentlich führt das Denken auch zum Handeln) – fortgesetzt werden.

Planung beschleunigen

Im Verkehrssektor ist ein Planungs- und Baubeschleunigungsgesetz vorgesehen, um „deutliche Verbesserungen und noch mehr Dynamik in den Bereichen Verkehr, Infrastruktur, Energie und Wohnen“ zu erreichen – das lässt Kollateralschäden für Natur und Umwelt erwarten, ähnlich dem in der letzten Legislaturperiode eingefügten § 13b BauGB zur Einbeziehung von Außenbereichsflächen in das beschleunigte Verfahren. Nichts Gutes lässt die beabsichtigte Überprüfung des Verbandsklagerechts und Wiedereinführung der Präklusion auf EU-Ebene erwarten.

„Naturschutz“ als Begriff taucht in der Gliederung des Vertrages nicht auf, im Text immerhin achtmal, biologische Vielfalt sechsmal, Bodenschutz zweimal (aber bezogen allein auf stoffliche Belastungen), Artenschutz und Gewässerschutz einmal, Wildnis und Natura 2000 je einmal. Landschafts- und Umweltplanung? Fehlanzeige. Erbsenzählerei? Nicht ganz, denn das sagt schon etwas über den Stellenwert aus, welchen Aspekte des Naturschutzes und der Landschaftsplanung auf umfangreichen 175 Seiten des Vertragswerks ausmachen: Er ist ziemlich bescheiden.

Finanzielle Weichenstellungen

Gute Zeichen sind die Erhöhung der Mittel für Naturschutzgroßprojekte des Bundes, ein Aktionsplan Schutzgebiete, eine geplante Moorschutzstrategie, ein Masterplan zur Umsetzung des Weißbuchs „Grün in der Stadt“, mehr EU-Mittel für den an Natura 2000 orientierten Bedarf und ein eigenständiger EU-Naturschutzfonds, der erneute Versuch für eine Bundeskompensations-Verordnung. Die meisten dieser Ziele wie etwa auch eine „gewässerschonende Bewirtschaftung“ bleiben aber unkonkret. Es ist nun abzuwarten, ob tatsächliches Handeln folgt.

Kritische Politikbegleitung nötig

Die Bundesländer, Fach- und Naturschutzverbände, Wissenschaft und viele andere Akteure haben die wichtige Rolle wahrzunehmen, in diesen und zahlreichen weiteren Punkten den Finger in die vielen Wunden zu legen und Umsetzung einzufordern.Naturschutz und Landschaftsplanung bleibt dran an diesen Themen und liefert weiterhin kritische Analysen und Handlungsempfehlungen für die Praxis – vom nächsten Heft an mit vergrößertem Umfang. Freuen Sie sich darauf, während Sie sich in dieser Ausgabe z.B. über den Luchs informieren: Obwohl sich die Population im Böhmerwald ausbreitet, ist sie zu klein und kann nur als Teil einer Metapopulation überleben. Illegale Tötungen sind das Hauptproblem des Luchses. Weitere Themen in diesem Heft: die Zerschneidungswirkung von Freileitungen und Verhaltensänderungen von Freeridern im Wintersport.

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