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Bücher

Fakten schaffen im Artenschutz

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Emotionen oder Wissenschaft – was ist die Basis des Naturschutzes? Es gehört sicher Beides dazu: Emotionen sind wichtig zur Motivation; wer Begeisterung für seine Aufgabe zeigt, wird auch besser überzeugen können. Allein genügen sie jedoch nicht: Naturschutz muss auf Fakten beruhen, die überprüf- und von Dritten nachvollziehbar sind. Meinungen, diffuse Erfahrungen und „gesunder Menschenverstand“ bilden keine ausreichende Basis für fundierte Entscheidungen. Und da liegt nach wie vor eine breite Kluft zwischen Theorie und Praxis im Naturschutz.

„Evidenzbasiert“ heißt der Gegenentwurf einer Arbeitsweise, die auf der Basis empirisch – aus der Beobachtung, heißt wissenschaftlicher Analyse – zusammengetragener und bewerteter Erkenntnisse fußt. Vor allem in der Medizin ist das ein etablierter Begriff: Patientenorientierte Entscheidungen sollen nach Möglichkeit auf der Grundlage einer empirisch nachgewiesenen Wirksamkeit getroffen werden, die wissenschaftliche Aussagefähigkeit klinischer Studien wird durch Evidenzlevel beschrieben. Mittlerweile hat der Begriff auch in den Naturschutz Einzug gehalten. „Evidenzbasierter Artenschutz – Begriffe, Konzepte, Methoden“ lautet der Titel eines Fachbuchs, welches den Kenntnisstand für die Praxisanwendung aufbereitet.

Ulrich Hofer, drei Jahrzehnte im praktischen Arten- und Naturschutz tätig und heute in der Medizintechnik arbeitend, fasst in dem Buch wichtige Grundlagen zusammen. Er richtet sich damit an Biologen und verwandte Fächer in der Ausbildung, aber ebenso an die Praktiker aus anderen Disziplinen. Die erfreulich komprimierte Darstellung schildert kompetent und gut nachvollziehbar die wichtigsten Methoden und Konzepte – als Einstiegs- und Orientierungshilfe. So bringt das Buch einen schnellen und dennoch fundierten Erkenntnisgewinn, das Nachschlagen erleichtert gerade auch den in der Naturschutz-Umsetzung Tätigen die fachliche Fundierung der Arbeit im hektischen Tagesgeschäft.

Ein Anwendungsbeispiel sind Wirkungskontrollen: Was wirklich zählt und den Sinn umgesetzter Maßnahmen belegt, sind nicht Tätigkeitsberichte, wie viel Geld umgesetzt und wie viele Kilometer Fließgewässer renaturiert wurden – sondern ob zuvor definierte Ziele wie die Entwicklung von Populationen ausgewählter Zielarten, denen die Maßnahmen gelten, auch erreicht wurden. Das aber wird in den seltensten Fällen überprüft, obwohl sich hieraus für künftige Projekte zugleich essenzielle Konsequenzen für die Weiterentwicklung und Validierung der Maßnahmen ableiten ließen.

Im ersten Abschnitt beschreibt Ulrich Hofer Artenschutz als Dienstleistung, wesentlich fußend auf dem durch die FFH-Richtlinie geforderten „guten Erhaltungszustand“. Wie sind Ziele und Maßnahmen im Artenschutz als „Leistung“ zu verstehen? Was kennzeichnet Leistungsempfänger und Leistungserbringer? Diese Grundlagen-Beschreibung mündet in die Begründung eines evidenzbasierten Artenschutzes. Der zweite Abschnitt konzentriert sich auf die Überprüfung der Wirkung von Erhaltungsmaßnahmen. Er geht auf Schätzwerte, Indikatoren, Indizes und Kenngrößen ein, stellt Designs zur Probenahme im Untersuchungsgebiet vor, beschreibt nötige Stichprobenumfänge und Erhaltungsmaßnahmen als Experiment. Mehr als die Hälfte des Buches befasst sich in Abschnitt 3 mit Kenngrößen, anhand derer sich die Wirkung von Erhaltungsmaßnahmen belegen lässt: Abundanz und Belegungsrate, Fortpflanzungsleistung, Konditionsindizes, Raumnutzung, Habitateigenschaften, Vernetzung. Themenkästen liefern jeweils sehr konkrete Praxisbeispiele.

Ulrich Hofer gelingt mit dem Buch hervorragend der Wissenstransfer zwischen Wissenschaft und Praxis – der Band sollte gleich neben dem Schreibtisch in Behörden, Planungs- und Gutachterbüros stehen, die sich mit Planung und Umsetzung von Maßnahmen im Artenschutz befassen.

Evidenzbasierter Artenschutz – Begriffe, Konzepte, Methoden. Von Ulrich Hofer. 184 Seiten mit ca. 60 farbigen Abbildungen. Flexbroschur. Haupt Verlag, Bern 2016. 32,90 €. ISBN 978-3-258-07955-4.

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