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Bericht aus Brüssel

Aktionsplan Naturschutzrichtlinien: neue Hausaufgaben für die EU-Kommission

Nachdem bereits im Juni die Umweltministerinnen und -minister der EU-Staaten zahlreiche Verbesserungen für den Aktionsplan zur besseren Umsetzung der EU-Naturschutzrichtlinien vorgeschlagen hatten, legten die EU-Parlamentarier in ihrer Plenarsitzung in Straßburg am 15. November nach. Sie folgten damit weitgehend den Empfehlungen des EP-Umweltausschusses vom 12. Oktober ( Naturschutz und Landschaftsplanung 49 (11): 338). In einer umfangreichen Entschließung fordern die Volksvertreter die EU-Kommission, einige der besonders gravierenden Lücken des „Aktionsplans für die Natur, die Menschen und die Wirtschaft“ zu schließen, damit die zuvor im „Fitness Check“ identifizierten Probleme gelöst werden können.

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Claus Mayr arbeitet als Direktor für Europapolitik des NABU in Brüssel. Er berichtet in dieser Kolumne regelmäßig über wichtige europäische Entwicklungen.
Claus Mayr arbeitet als Direktor für Europapolitik des NABU in Brüssel. Er berichtet in dieser Kolumne regelmäßig über wichtige europäische Entwicklungen.NABU NRW | Bernd Schaller
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Bessere Finanzierung

Aus Sicht des Naturschutzes sind vor allem die deutlichen Aussagen zur Gemeinsamen Agrarpolitik der EU (GAP) zu begrüßen, deren Reform für die nächste Förderperiode 2021 bis 2027 derzeit ganz oben auf der politischen Agenda in Brüssel und Straßburg steht. Zudem wurde auch die Forderung der Umweltverbände, der Umweltminister und des EP-Umweltausschusses nach besseren Finanzierungsinstrumenten für den Naturschutz aufgegriffen. So findet sich in § 29 eine ausführliche Ursachenanalyse des Zusammenhanges zwischen dem Verlust der biologischen Vielfalt und der intensiven Landwirtschaft. Die Parlamentarier erkennen an, dass der trotz aller Naturschutzbemühungen fortschreitende Biodiversitätsverlust vor allem auf die übermäßige Nutzung der Böden, die intensive Landwirtschaft und den Einsatz von Pestiziden zurückzuführen ist. Dies übrigens über alle Parteigrenzen hinweg, was sich aktuell auch die Jamaika-Verhandler in Berlin zum Vorbild nehmen sollten!

GAP für Nachhaltigkeit

Der von den Umweltverbänden seit langem geforderte „Fitness Check“ der EU-Agrarpolitik ( Naturschutz und Landschaftsplanung 48 (11): 334) wird zwar nicht explizit angesprochen. Immerhin verlangen die Abgeordneten aber von der Kommission im weiteren Verlauf der Evaluation der GAP, deren Auswirkungen auf die biologische Vielfalt zu bewerten. Ergänzend fordern sie in § 32, dass die Direktzahlungen im Rahmen der GAP hinsichtlich ihrer Auswirkungen auf die Biodiversität geprüft werden: „Das Europaparlament bekräftigt seine Forderung an die Kommission und die Mitgliedstaaten, dafür zu sorgen, dass die Finanzmittel im Rahmen der GAP anstatt für die Subventionierung von Tätigkeiten, die mit dem Rückgang der biologischen Vielfalt in Verbindung stehen, für die Finanzierung von ökologisch nachhaltigen Landbewirtschaftungsmethoden und die Aufrechterhaltung der damit verbundenen biologischen Vielfalt verwendet werden.“

Die Forderung nach einer besseren Finanzierung des Naturschutzes, ebenfalls im Rahmen des „Fitness Checks“ und im Frühjahr auch in einem Sonderbericht des Europäischen Rechnungshofes (ERH) ( Naturschutz und Landschaftsplanung 49 (4): 114) sehr deutlich adressiert, greifen die Abgeordneten in § 45 auf: In den nächsten Mehrjährigen Finanzrahmen der EU (MFR) sollten neue Mechanismen für die Finanzierung des Erhalts der biologischen Vielfalt aufgenommen werden. Zudem sollen zusätzlich auch Agrargelder der GAP speziell für den Naturschutz reserviert und durch die Umweltbehörden mit verwaltet werden. Als zwei weitere Bausteine des Aktionsplans fordert das Europäische Parlament einen eigenständigen Vorschlag für das Netzwerk Grüner Infrastruktur (TEN-G) und eine Bestäuber-Initiative. Hierzu soll die EU-Kommission endlich Vorschläge vorlegen.

Beutegreifer

Einige für den Naturschutz sehr kritische Änderungsanträge, insbesondere aus den Reihen der konservativen EVP, fanden im Plenum keine Mehrheit. Zwei aus Naturschutzsicht kritische Paragraphen allerdings, in abgeschwächter Form, schon: § 34 plädiert für eine gesonderte Überprüfung von besonders geschützten Arten, wenn sie in einer Region einen guten Erhaltungszustand erreicht haben und die „natürliche Balance des Ökosystems“ stören. § 35 adressiert die Koexistenz mit großen Beutegreifern, insbesondere Wölfen, in denen einige konservative Abgeordnete wie Herbert Dorfmann (Italien, Südtirol) und Jens Gieseke (CDU, Niedersachsen) Probleme für die „traditionelle Landwirtschaft“ und die „nachhaltige Entwicklung ländlicher Räume“ sehen. Immerhin erkennt das EP aber auch an, dass die Fauna- Flora-Habitat-Richtlinie hier genügend Flexibilität bietet – auch dies ein nicht ganz unwichtiger Hinweis auf die zum Teil hysterische Debatte deutscher Politiker, selbst in der Umweltministerkonferenz (UMK).

Vella ambitioniert

Am Tag vor der Abstimmung fand am 14. November eine Debatte mit EU-Umweltkommissar Vella statt. Auch hier machten die Abgeordneten deutlich, dass sie in der fehlenden Kohärenz der GAP mit den Naturschutzzielen sowie bei der unzureichenden Finanzierung erheblichen Nachbesserungsbedarf sehen. Vella präsentierte sich in dieser Diskussion sehr ambitioniert. So gab er ehrlich zu, dass der Aktionsplan allein nicht ausreichen werde, um die Ziele der EU-Biodiversitätsstrategie bis 2020 zu erreichen, schnelles Handeln sei erforderlich. In den Mitgliedstaaten müsse vor allem die Umsetzung der EU-Naturschutzrichtlinien beschleunigt werden.

Vella betonte, dass er mit dem bisherigen Stand der Managementplanung für die Natura-2000-Gebiete nicht zufrieden sei, insbesondere auch bei den marinen Gebieten. Außerdem versicherte er, die EU-Kommission werde sicherstellen, dass jeder einzelne Euro der GAP nachhaltig und auch im Interesse des Naturschutzes eingesetzt wird. Vella wörtlich: „What we are after is making certain that every single euro which is spent in the CAP is spent sustainably!” Auch alle anderen MFR-Gelder sollen unter Berücksichtigung der Nachhaltigkeit ausgegeben werden.

Kontakt

Claus Mayr arbeitet als Direktor für Europapolitik des NABU in Brüssel. Er berichtet in dieser Kolumne regelmäßig über wichtige europäische Entwicklungen.

Claus Mayr arbeitet als Direktor für Europapolitik des NABU in Brüssel. Er berichtet in dieser Kolumne regelmäßig über wichtige europäische Entwicklungen.

Claus.Mayr@NABU.de

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