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Windenergie: Gutachten-Check belegt eklatante Mängel

Eine Qualitätsoffensive für Windenergie-Gutachten haben in Baden-Württemberg der Landesnaturschutzverband (LNV), NABU und BUND gefordert. Die drei großen Natur- und Umweltschutzverbände hatten artenschutzrechtliche Gutachten, die bei der Genehmigung von Windenergieanlagen eine Schlüsselrolle spielen, einer umfangreichen Prüfung unterzogen.
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„Das Ergebnis unserer Prüfung ist ernüchternd“, sagte der NABU-Landesvorsitzende Johannes Enssle. „Leider hat sich unser Anfangsverdacht bestätigt, dass die Gutachten teilweise in erheblichem Umfang methodische Mängel aufweisen.“ Die BUND-Landesvorsitzende Brigitte Dahlbender kritisierte: „Im Einzelfall reichen die Gutachten nicht aus, um eine fundierte naturschutzfachliche Bewertung möglicher Standorte für Windenergieanlagen vorzunehmen. Und die Genehmigungsbehörden in den Landratsämtern prüfen sie nicht genügend und genehmigen zu lasch.“ Die Landes-Chefin des BUND forderte: „Damit die Gutachten in der Praxis auch wirklich wirksam sind, müssen die Behörden in Zukunft Nachbesserungen von den Betreibern einfordern.“

Die artenschutzrechtlichen Gutachten seien der Schlüssel für die Bewertung, ob der Bau einer Windenergieanlage am geplanten Standort mit dem Natur- und Artenschutz in Einklang gebracht werden kann oder nicht. Damit bildeten sie die Grundlage dafür, ob die Behörden eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung zum Bau erteilen oder verweigern. Anhand einer Stichprobe von acht Genehmigungsverfahren hätten BUND, LNV und NABU geprüft, ob die Vorgaben der Landesanstalt für Umwelt, Messungen und Naturschutz (LUBW) bei der Erstellung dieser Gutachten eingehalten worden sind oder nicht. Dabei sei eine umfangreiche Checkliste mit rund 100 Prüfkriterien zum Einsatz gekommen.

Als häufigsten Mangel bezeichnen die Verbände, dass Gutachterinnen und Gutachter bei der Datenerhebung die anerkannten und empfohlenen Methoden der LUBW nicht konsequent anwenden. „In den LUBW-Richtlinien ist z.B. festgelegt, wie oft und nach welcher Zählmethode Vögel und Fledermäuse erfasst werden müssen. Hält sich der Gutachter oder die Gutachterin ohne plausible Begründung nicht an diese Vorgaben, sind die Daten nicht stichhaltig und das ganze Gutachten ist infrage gestellt“, erklärte der LNV-Landesvorsitzende Gerhard Bronner. Häufig würden auch Beobachtungsdaten Naturschutz-Aktiver vor Ort entgegen der LUBW-Vorgabe nicht ausreichend berücksichtigt. „Die Erhebungen ausgewiesener Gebietskennerinnen und -kenner zu ignorieren, ist mehr als ein Versäumnis.“

„Obwohl diese Defizite für geschultes Personal leicht zu erkennen wären, wurden sie von den Genehmigungsbehörden bei den Landratsämtern häufig nicht beanstandet. Entweder hat man bewusst weggeguckt oder wir haben ein Problem beim Personal“, sagte der NABU-Landesvorsitzende Enssle. Den zuständigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in den Landratsämtern fehle häufig die Zeit, um der Fülle an Aufgaben gerecht zu werden. Außerdem habe gerade vor dem Jahreswechsel ein enormer Druck auf ihnen gelastet, noch möglichst viele Verfahren zu genehmigen. Die Betreiberfirmen hatten den Behörden teilweise mit Klagen gedroht, da seit Januar 2017 geänderte Vergütungsregelungen für Windräder gelten. „Das zeigt, wie wichtig die Personalaufstockung im Umwelt- und Naturschutzbereich auf der unteren und mittleren Verwaltungsebene ist“, betont Enssle.

Die Landesvorsitzende des BUND, Dahlbender, betonte, dass die drei Umweltverbände den Ausbau der Windenergie begrüßen, dieser jedoch nur naturverträglich vonstattengehen könne, wenn sich alle an die vereinbarten Standards hielten: „Wir fordern eine Qualitätsoffensive bei der Erstellung von Artenschutzgutachten. Das Umweltministerium sollte durch einen Erlass die Genehmigungsbehörden dazu bringen, die LUBW-Hinweise zu beachten.“ Denn der Gutachten-Check habe gezeigt, dass der bloße Hinweis des Ministeriums auf freundliche Berücksichtigung seitens der Landratsämter nicht ausreiche. Gleichzeitig gelte es, in die Fort- und Weiterbildung von Behördenmitarbeiterinnen und -mitarbeitern zu investieren, erläuterte Dahlbender.

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