Torfböden und Waldwildnis - Klimaschutz durch Naturschutz
Moore sind Hotspots für den Naturschutz, ja sie gehören zu den „hottesten" Brennpunkten, und das aus mehreren Gründen: als Lebensraum besonders spezialisierter Pflanzen- und Tierarten und Biotoptypen, mit ihren spezifischen Bodenbildungsprozessen und Torflagerstätten, als Wasserspeicher, als eine der weltweit größten Kohlenstoffsenken. „Torflandschaften sind die neue Herausforderung im Klimaschutz" lautete Mitte Mai das Leitmotiv des „Global Landscapes Forum: Peatlands Matter", zu dem sich politische Entscheidungsträger, Landwirte und Unternehmer in Jakarta (Indonesien) trafen. Sie berieten, wie sich Torflandschaften weltweit schützen, deren Bewohner unterstützen und CO2-Emissionen einschränken lassen.
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Moorböden zu 90 % genutzt
Torflandschaften machen nur 3 bis 5 % des Festlands der Erde aus, gehören aber zu den weltweit größten CO2-Senken. Werden sie durch Entwässerung, Torfabbau, Torfbrände und landwirtschaftliche Nutzung zerstört, heizt das mit massiven Emissionen von CO2und Lachgas (N2O) den Klimawandel weiter an. Auch in Deutschland ist das ein großes Problem: Nach Zahlen des Bundesamtes für Naturschutz nehmen Moorböden 4 % des Bundesgebiets ein – darin soll ähnlich viel Kohlenstoff wie in den Wäldern gebunden sein, die 30 % des Bundesgebiets bedecken. Etwa 90 % der Moorböden aber befinden sich in Nutzung – zur Hälfte als Grünland, zu gut einem Viertel als Acker. Und die setzt in starkem Maße klimarelevante Gase frei.
Das alles ist schon lange bekannt und dennoch bleiben dringend notwendige politische Schlussfolgerungen aus, wie eine klare Umsteuerung in Finanzierungsinstrumenten der EU wie die Gemeinsame Agrarpolitik – etwa durch ein Umbruchverbot für Moorböden als umweltsensibles Grünland (fakultativ möglich, aber nicht bindend) und Fördergelder für die Paludikultur. Es bleibt abzuwarten, ob die gerade abgeschlossene Konsultation zur GAP hier Impulse gibt (siehe „Bericht aus Brüssel").
Klimawandel bedroht Moorfalter
Die Lebensgemeinschaften der Moore sind nicht allein Opfer der Moorzerstörung, sondern die verbliebenen Mohikaner moortypischer Arten sind zusätzlich einer besonders hohen Gefährdung durch den Klimawandel ausgesetzt. Das belegen Volker Thiele und Tim Hoffmann mit einer Analyse für Mecklenburg-Vorpommern in dieser Ausgabe: Sie zeigen, dass Schmetterlingsarten der Hochmoore relativ ähnliche klimatische Toleranzbereiche aufweisen – es besteht die Gefahr, dass die Vorkommen einer ganzen Reihe von Arten gleichzeitig erlöschen, und das schon recht bald.
Ein Beispiel also, das einmal mehr die innere Zerrissenheit der Naturschutzziele illustriert: Die Begrenzung des Klimawandels ist auch für den Schutz der Biodiversität dringend nötig, doch hat der Klimaschutz mit der Energiewende auch selbst negative Auswirklungen auf Vögel und Fledermäuse. Da ist die Kunst des Kompromisses gefragt.
Naturwald als CO2-Senke
Relevant für den Klimaschutz ist auch die Entwicklung von Wildnis durch Nutzungsaufgabe in Wäldern. Im dritten Teil seiner Beitragsserie geht Mark Harthun auf Argumente der Kritiker gegen das 5-%-Wildnisziel der Bundesregierung ein. Anhand verschiedener Literaturquellen argumentiert er, dass Naturwälder Kohlenstoffsenken darstellen, weil sie CO2für mehrere hundert Jahre als Holzvorrat und im Boden festlegen. Wachstumsgeschwindigkeit und damit die Rate der Kohlenstoffbindung steige mit zunehmendem Baumalter.
Beim Schutz von Mooren und Moorböden wie von Naturwäldern gilt es also, die wissenschaftliche Literatur genau zu studieren und nicht auf Pauschalurteile hereinzufallen. Immer wieder versuchen Lobbyisten die Einflussnahme – wie der Massivholzverarbeiter Ralf Pollmeier, der in einer Petition an den Thüringer Landtag der im Koalitionsvertrag vorgesehenen Nutzungsaufgabe auf insgesamt 2 500 ha Waldfläche widersprach, die jedoch nur 1 672 Mitzeichner fand. Vor der Anhörung im Landtag demonstrierten ganze 60 Personen für die Ziele der Petition. Oder die AGDW, Interessensverband der Waldeigentümer, die gerade eine erleichterte und beschleunigte Zulassung von Pestizideinsätzen gegen die infolge des Klimawandels geförderten Kalamitäten von Schadinsekten forderte. Folgt nach dem Insektensterben in der Agrarlandschaft nun dasselbe im Forst? Jede Intensivierung der Landnutzung beginnt mit kleinen Schritten …
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