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Aktueller Stand und neue Herausforderungen durch die Kompensationsverordnung am Beispiel Bayern

Verwendung von kommunalen Wäldern für den Aufbau eines Ökokontos

Abstracts

Die Herausforderungen für den Aufbau eines Ökokontos im Wald haben in der Praxis durch die Änderungen der Naturschutzgesetzgebung an Bedeutung gewonnen. Der Beitrag stellt die Rahmenbedingungen in Deutschland dar und befasst sich detailliert mit den Verhältnissen in Bayern.

Im Mittelpunkt des Artikels stehen die Unterschiede zwischen dem durch die Bayerische Kompensationsverordnung (BayKompV) eingeführten Biotopwertverfahren und dem bestehenden, für die Bauleitplanung gültigen Modell, welches auf Kompensationsfaktoren basiert. Der Vergleich der beiden Methoden, die derzeit für Ausgleich und Ökokonto nach Baurecht sowie für Kompensation und Ökokonto nach Naturschutzrecht empfohlen werden, ergibt voneinander abweichende Ergebnisse, die auch in ihrer Relation (Umfang, fachliche Wertigkeit) nicht zusammenpassen.

Probleme ergaben sich weiterhin beim Biotopwertverfahren mit der fachgerechten Beurteilung der guten forstlichen Praxis, der Vorwertigkeit und einem relativ großen Interpretationsspielraum.

Im Ergebnis begünstigt die Bewertung nach der Bayerischen Kompensationsverordnung einen Bestandesumbau gegenüber pflegebedürftigen Sonder­standorten. Aus naturschutzfachlicher Sicht ist dies ein bedenkliches Signal.

Use of communal forests to establish an ecological accounting ­system – Current state and new challenges due to the compensation regulation using the example of Bavaria

The practical challenges for the establishment of an ecological accounting system (‘eco-account’) in forests have gained importance owing to the changes of nature conservation legislation. After outlining the general conditions in Germany the paper focuses on the situation in Bavaria. It analyses the differences between the system of biotope values introduced by the Bavarian "regulation for the compensation of impacts” (BayKompV) and the existing model of compensation factors which has to be applied in urban land use planning. The comparison of both methods which are currently recommended for compensation and eco-accounts according to the Federal Building Code respectively to the current nature conservation legislation identifies differing result, both in terms of scope and values. Further ­problems were identified when the system of biotope values was applied to the "qualified assessment of the good silvicultural practice”, in terms of the evaluation of the initial value of sites, and due to the large scope for interpretation.

Following the evaluation according to the system of biotope values the conversion of stands will be preferred to the maintenance of stands on specific sites. This approach has to be questioned from a nature conservation point of view.

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<strong>Abb. 1: </strong>Aufwertung eines Pflegebestands (von CD-ROM zum Leitfaden für das „Bauen im Einklang mit Natur und Landschaft", StMLU 2003). Improvement of a tending stand (from the CD-ROM included in the governmental guideline for the application of the impact regulation in urban land use planning, StMLU 2003).
Abb. 1: Aufwertung eines Pflegebestands (von CD-ROM zum Leitfaden für das „Bauen im Einklang mit Natur und Landschaft", StMLU 2003). Improvement of a tending stand (from the CD-ROM included in the governmental guideline for the application of the impact regulation in urban land use planning, StMLU 2003).© Ulrich Ammer (2016)
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1 Einleitung

Der Wald als Ausgleichsraum hat in den vergangenen Jahren an Bedeutung gewonnen. Dies gilt nicht nur für die allgemeine Anwendung der Eingriffsregelung nach dem Naturschutzrecht, sondern auch der Bauleitplanung. Die Änderung der Naturschutzgesetzgebung, die die Entwicklung von Ökokonten nicht mehr nur für die Bauleitplanung, sondern allgemein eingeführt hat, hat die Nachfrage nach dem Aufbau von privaten und kommunalen Ökokonten im Wald verstärkt.

Mit diesem Beitrag soll zunächst der Frage nach Leitlinien für die Aufwertung von Wäldern in Deutschland nachgegangen werden. Darauf aufbauend werden die zwei derzeit anwendbaren Berechnungsmodelle in Bayern für die Bauleitplanung einerseits und die allgemeine Eingriffsregelung im Hinblick auf den Aufbau eines Ökokontos im Wald anderseits überprüft und Empfehlungen vor allem aus kommunaler Sicht abgeleitet.

2 Ausgleich im Wald – ein Überblick

Mit der Anwendung der Eingriffsregelung in der Bauleitplanung und Regelungen im Zusammenhang mit der Novelle des BauGB im BauROG 1998 kam der Suche nach geeigneten kommunalen Ausgleichsflächen eine besondere Bedeutung zu. Insbesondere in waldreichen Landschaften ergaben sich Schwierigkeiten, den Ausgleich im Offenland zu realisieren.Busseet al. (2013) nennen, neben der eingeschränkten Verfügbarkeit, auch die in Teilräumen große Konkurrenz mit der landwirtschaftlichen Nutzung sowie die Kostenersparnis als wichtige Gründe für das steigende Interesse am Ausgleich im Wald. Im Rahmen einer schriftlichen Landtagsanfrage vom 26.02.2000 an die Bayerische Staatsregierung wurde explizit die Frage gestellt, ob nicht durch Ökokonten im Wald „erhebliche finanzielle Entlastungen" für die Kommunen und Waldbesitzer erreicht werden könnten. Weiterhin wurde der Ausgleich im Wald als Chance gesehen, Gemeinwohlleistungen ortsnah umsetzen zu können.

Vor diesem Hintergrund erstaunt nicht, dass sich in den jeweiligen Regelungen zum Wald in den verschiedenen Bundesländern Vorgaben zum Ausgleich im Wald wiederfinden. Den meisten Regelungen (vgl. Tab. 1) ist gemein, dass die Maßnahmen über die rechtlichen und fachlichen Grundpflichten der ordnungsgemäßen Waldbewirtschaftung hinausgehen und dauerhaft erhalten bleiben müssen. Vielfach wird der Ausgleich im Wald, soweit die Bewirtschaftung erhalten bleibt, auch im Zusammenhang mit produktionsintegriertem Ausgleich in Verbindung gebracht (vgl. StMUV 2014).

Mit Ausnahme der Stadtstaaten Berlin, Hamburg und Bremen besitzen alle Bundesländer Regelungen zum Ausgleich im Wald. Für das Land Berlin gibt es allerdings einen gesonderten Leitfaden zu „Waldumwandlung und Waldausgleich im Land Berlin", in dem Grundlagen für die Berechnung der Walderhaltungsabgabe und zur Berechnung von Ersatzflächen enthalten sind.

Weiterhin zeigt sich, dass auch im Hinblick auf die akzeptierten Ausgleichsmaßnahmen eine große Übereinstimmung bezogen auf grundsätzlich akzeptierte Aufwertungsmaßnahmen besteht. Analysiert man die Fachinformationen und Arbeitshilfen in den einzelnen Bundesländern, dann zählen folgende Maßnahmen in der Regel zu den anerkannten Aufwertungen, wobei vielfach zusätzliche Angaben zur Mindestqualität gemacht werden (Anhaltspunkte dazu werden in Klammern genannt).

  • Neuanlage von naturnahen, standortgerechten Wäldern, auch durch Sukzession;
  • Steigerung des standortgerechten Laubholzanteils bzw. von Weißtanne in montanen Gebieten (von mehr als 10 %);
  • Aufbau von naturnahen Waldaußen- und Waldinnenrändern (Mindesttiefe 10 m);
  • Vernässung von Waldbeständen, Entwicklung von Aue- und Bruchwäldern bzw. Moorwäldern;
  • Reduzierung des Gehölzanteils auf wertvollen Offenlandbiotopen bzw. Wiederherstellung von Waldinnenrändern;
  • Schaffung und langfristige Erhaltung von stehendem und liegendem Totholz, Horst- und Höhlenbäumen (mehr als 2 Biotopbäume pro ha; Totholz ab einem Vorrat von über 10 fm pro ha);
  • Maßnahmen zur Biotopentwicklung, zur Biotopvernetzung und zum Artenschutz;
  • Umsetzung von Maßnahmen in Natura-2000-Gebieten und von Maßnahmen der Managementpläne;
  • Maßnahmen zur Renaturierung von Gewässern und Quellen, insbesondere im Zusammenhang mit der europäischen Wasserrahmenrichtlinie (WRRL);
  • Rückbau von Infrastruktureinrichtungen und baulichen Anlagen.

Unterschiede zwischen den verschiedenen Bundesländern ergeben sich vor allem im Hinblick auf

  • die Förderung und das Einbringen seltener oder gefährdeter Baumarten (z.B. Eibe, Wildobst von mindestens 10 %);
  • die Wiederherstellung historischer Waldnutzungsformen, wie Nieder-, Mittel- oder Hutewälder;
  • dem Nutzungsverzicht bzw. der Ausweisung von Waldschutzgebieten.

Insbesondere die Regelungen rund um den Nutzungsverzicht sind kontrovers. Bayern sieht diese Maßnahme zwar grundsätzlich vor, verbindet dies jedoch mit dem Ziel, die Voraussetzungen für die Ausweisung eines Schutzgebiets bzw. Naturwaldreservats zu schaffen (nach Art. 1 i.V.m. Art. 19 (1) Sätze 4 und 5 BayWaldG oder als Schutzgebiet gemäß Art. 7 oder Art. 12 BayNatSchG). Im in Baden-Württemberg empfohlenen Regelwerk ist der Nutzungsverzicht auf Moorwälder beschränkt und darüber hinaus die Ausweisung von Bannwäldern genannt, sofern dies im Einklang mit der Waldschutzgebietkonzeption der Landesforstverwaltung steht. In Rheinland-Pfalz wurde im Hinblick auf den Nutzungsverzicht für Biotopbaumgruppen, Waldrefugien und Naturwaldflächen eine eigenständige, differenzierte Regelung erarbeitet. Weitergehende Ausführungen zu den länderspezifischen Regelungen enthältBusseet al. (2013).

Insgesamt sind beim Ausgleich im Wald bundesweit folgende Teilaspekte zu beachten:

1. das anzusetzende Ausgangsniveau, das sich in der Regel aus den Festlegungen von Forstbetriebsgutachten (Soll-Zustand) und Vorgaben des Waldgesetzes ableitet;

2. die Anrechenbarkeit der Maßnahmen unter Berücksichtigung der Ziele des Naturschutzes und der Landschaftspflege sowie im Einklang mit Naturschutz- und Waldgesetzgebung;

3. die Wertstufe des Ausgangszustandes und der Umfang der möglichen Wertsteigerung durch die Maßnahme;

4. die Dokumentation der Verbesserung auf genau bestimmbaren Flächen.

3 Aufbau eines Ökokontos im Wald in Bayern

3.1 Vorgaben

Für den Aufbau eines Ökokontos gibt es in Bayern derzeit zwei fachliche und gesetzliche Grundlagen. Für den naturschutzrechtlichen Ausgleich außerhalb der Bauleitplanung sind die Vorgaben der Bayerischen Naturschutzgesetzgebung und der Bayerischen Kompensationsverordnung zu beachten. Darüber hinaus wurde vom Landesamt für Umwelt 2014 eine „Arbeitshilfe zu Produktionsintegrierten Kompensationsmaßnahmen (PIK)" herausgegeben, die die Grundlagen für die Aufwertung zusammenstellen und festlegen, welcher Maßnahmentyp in ein Ökokonto eingestellt werden kann (Tab. 3). Für die Bauleitplanung gelten nach wie vor die Vorgaben des Leitfadens „Bauen im Einklang mit Natur und Landschaft" (Bayerisches Staatsministerium für Landesentwicklung und Umweltfragen 2003) und die in der 2. Auflage speziell für den Ausgleich im Wald entwickelten Grundlagen und Fallbeispiele. Diese unterschiedlichen gesetzlichen Vorgaben verpflichten die Gemeinde zu unterschiedlichen Vorgehensweisen und Rahmenbedingungen (Tab. 2).

Derzeit wird im Auftrag des Bayerischen Umweltministeriums und des Bayerischen Staatsministeriums des Innern eine spezielle Fassung der BayKompV für die Bauleitplanung erarbeitet. Allerdings können die Gemeinden nicht zur Anwendung eines bestimmten Verfahrens verpflichtet werden. Daher ist es rechtlich möglich und denkbar, dass Städte und Gemeinden – auch bei Einführung eines neuen Leitfadens für die Anwendung der BayKompV in der Bauleitplanung – auf die bestehenden Regelungen zurückgreifen. Damit die Kommunen für beide möglichen Eingriffsformen Ausgleichsflächen haben und weil man sich die Anwendung der Flächenberechnung in der Bauleitplanung als Option offenhalten möchte, werden derzeit vielfach die Berechnungen nach beiden methodischen Konzepten, d.h. als Flächenberechnung in m² und als Biotopwertpunkte (BWP), für die jeweiligen einzubuchenden Flächen von den Kommunen als Auftraggeber verlangt und von den beauftragten Planungsbüros entsprechend ermittelt. Weiterhin möchte man sich dadurch auch einen Überblick verschaffen, in welcher Vorgehensweise möglichst viele Maßnahmen (und gut erlebbar für den Bürger) umgesetzt und refinanziert werden können. Während für die Kommune vor allem die in Tab. 2 dargestellten Grundsätze relevant sind, interessiert aus fachplanerischer Sicht in erster Linie die Methode und der Methodenvergleich, um den zusätzlichen Aufwand abschätzen und die Kommunen optimal beraten zu können.

3.2 Vergleich der Vorgehensweise und Berechnung

Der Vergleich der möglichen Kompensationsmaßnahmen in Bayern (Tab. 3) zeigt, dass die meisten der bundesweit anerkannten Inhalte in beiden Vorgehensweisen Berücksichtigung finden. Vergleicht man die Maßnahmentypen, dann fallen zwei Unterschiede auf:

1. Die Neuformulierung der Inhalte, die in Spalte 1 der Tab. 3 wiedergegeben sind, verzichtet auf die bisherige Formulierung und Einschränkung zum Nutzungsverzicht, z.B. als Naturwaldreservat oder Schutzgebiet, sondern hat den Nutzungsverzicht als „Prozessschutzflächen" ohne entsprechende Einschränkungen auf Schutzgebietskategorien aufgenommen.

2. Obschon die Aufwertung im Zusammenhang mit der Offenhaltung von Lichtungen, Waldwiesen oder Brennen als Maßnahme auch in der BayKompV vorgesehen ist, ist sie nicht als zulässige Maßnahme für das Ökokonto gekennzeichnet.

Da sich die Unterschiede nur auf zwei Maßnahmentypen beziehen, sind die Voraussetzungen gut, wie von den Kommunen gewünscht, den selben Maßnahmentyp, wie z.B. den Rückbau von Wirtschaftswegen, mit zwei verschiedenen Methoden zu bewerten.

Aus fachplanerischer Sicht stellt sich weiterhin die Frage, ob die jeweiligen Berechnungsverfahren zu ähnlichen Ergebnissen kommen und ob die jeweilige Einheit, in Biotopwertpunkten oder Fläche, die Wertigkeit der Maßnahme bzw. den Aufwand hierfür adäquat abbildet. Weiterhin sind Reproduzierbarkeit und Transparenz wichtig, d.h. würde auch ein anderer Bearbeiter oder eine prüfende Fachbehörde unmittelbar zum selben Ergebnis kommen bzw. wie groß ist ein möglicher Interpretationsspielraum.

Um diesen Fragen nachzugehen, wurden drei charakteristische Fallbeispiele ausgewählt und am Beispiel des Waldökokontos für die Stadt Weilheim in Oberbayern (Arbeitsgruppe für Landnutzungsplanung 2016) getestet:

1. dauerhafte Steigerung des Laubholzanteils um mehr als 10 % gegenüber der sachgemäßen bzw. vorbildlichen Waldbewirtschaftung,

2. Entwicklung eines Bach-Eschen-Erlen-Waldes,

3. Verzicht auf Nutzung zur Anreicherung wertvoller Waldreifestadien.

Die jeweiligen methodischen Anforderungen sind nachstehend zusammenfassend dargestellt.

Für die Herleitung anerkennungsfähiger Ausgleichsmaßnahmen im Wald ist der Leitfaden „Bauen im Einklang mit Natur und Landschaft" (StMLU 2003: 37-39, ergänzt durch Fallberispiele auf CD-Rom) maßgebend.

Abb. 1 stellt die methodische Vorgehensweise dar, die den Fallbeispielen zum Leitfaden entnommen ist und gemeinsam von Vertretern des Bayerischen Umweltministeriums und dem Bayerischen Landwirtschaftsministeriums Abteilung Forstverwaltung entwickelt wurde.

Für die Kompensation im Wald wurden zur Anwendung der Bayerischen Kompensationsverordnung zusätzliche Dokumente erarbeitet, wie die vom LfU (2014) herausgegebene „Arbeitshilfe Produktionsintegrierte Kompensationsmaßnahmen (PIK)" oder die „Hinweise zu Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen im Wald für Eingriffe in Natur und Landschaft nach dem Naturschutzrecht" (Staatministerium für Umwelt und Verbraucherschutz, Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten, Oberste Baubehörde im Staatministerium des Innern, für Bau und Verkehr, Juli 2013).

Die „Arbeitshilfe Produktionsintegrierte Kompensationsmaßnahmen" (LfU 2014) definiert hierfür Mindestanforderungen, führt die je nach Maßnahme erreichbaren Biotop- und Nutzungstypen der Biotopwertliste auf und weist auf mögliche Zielarten hin.

Nach § 8 BayKompV wird der Kompensationsumfang für flächenbezogen bewertbare Merkmale und Ausprägungen des Schutzgutes Arten und Lebensräume über Wertpunkte ermittelt. Dabei wird der „Kompensationsumfang" über die „Aufwertung durch die Kompensationsmaßnahme" aus der Differenz der Wertpunkte zwischen Ausgangszustand und Prognosezustand [ggf. nach Abschlag von 1 – 3 Wertpunkten je nach Dauer der Entwicklungszeit (< 25 Jahre, 25 – 79 Jahre und > 80 Jahre)] und Multiplikation mit der „Kompensationsfläche in m²" ermittelt (siehe hierzu auch die Matrix in Tab. 4).

Dabei werden die Wertpunkte für die entsprechenden Biotop- und Nutzungstypen einer Biotopwertliste (Biotopwertliste zur Anwendung der BayKompV) entnommen, die die maßgebliche Grundlage für die Anwendung des Biotopwertverfahrens nach der BayKompV darstellt.

Weiterhin ist bei Wäldern, die regelmäßig einem erhöhten Entwicklungszeitraum unterliegen, auch noch ein sog. „Timelag" zu berücksichtigen. Hierfür erfolgt ein Abschlag vom Grundwert in einer Höhe von 1 bis 3 Wertpunkten, je nachdem, wie lange es dauert, bis die vollständige Funktionserfüllung des Zielbiotops erreicht ist. Bei 26 bis 49 Jahren ist dies ein Wertpunkt, bei einer Entwicklungszeit von 50 bis 79 Jahren 2 Wertpunkte und darüber 3 Wertpunkte (LfU 2014). Wenn es sich um geschützte Biotoptypen handelt, kann auch ein Zusatzpunkt gegeben werden (+ 1 BWP).

Anwendungsbeispiele

Um die Fallbeispiele, die Bewertung und Diskussion nachvollziehbar zu machen, werden Standorte und die vorgesehenen Maßnahmen immer kurz beschrieben.

zu 1. Steigerung des Laubholzanteils

Der Standort Feichtl (Abb. 2) auf der Gemarkung Polling im Eigentum der Stadt Weilheim ist durch überwiegend mäßig frische bis frische Feinlehme, z.T. mit Kalk im Oberboden, gekennzeichnet. Auf der 6,18 ha großen Teilfläche stockt aktuell ein mehr oder weniger reines, strukturarmes Fichten-Baumholz im Alter zwischen 50 und 70 Jahren. Die Forsteinrichtung sieht hier als Verjüngungsziel einen Mischbestand aus 70 % Fichte und 30 % Buche vor. Eine Aufwertung kann erreicht werden, wenn der Anteil von Laubholz und Tanne zu Lasten der Fichte erhöht wird. Als Entwicklungsziel wird in Abstimmung mit der Forstbehörde eine Bestandszusammensetzung von 50 % Buche, 30 % Tanne und 20 % Fichte festgelegt, was nach der Biotopwertliste für BayKompV dem Biotop-/Nutzungstyp L243 (Buchenwälder basenreicher Standorte, alte Ausprägung) bzw. dem FFH-Lebensraumtyp 9130 (Asperulo-Fagetum) zuzuordnen ist. Als Maßnahme ist der Beginn der Verjüngungsnutzung durch Voranbau von Tanne und Buche nach Durchforstung und Auflichtung vorgesehen. Insgesamt sollen zur Durchführung der Maßnahme 5 000 Tannen und 15 000 Buchen gepflanzt und durch Zäunung und Einzelschutz gegen Wildverbiss gesichert werden. Die Maßnahme soll schwerpunktmäßig in den Jahren 2020 – 2026 erfolgen und 2042 als abgeschlossen gelten.

zu 2. Entwicklung eines Bach-Eschen-Erlen-Waldes

Der Standort Gollner, im Besitz der Stadt Weilheim, ist gekennzeichnet durch die Lage in einer Bachaue mit humosem Boden mit Feinlehm und Kalk im Unterboden sowie Anschluss an das Grundwasser. Auf den 2,35 ha stocken derzeit 40 % Fichten im Alter von 100 bis 120 Jahren, 50 % Erlen zwischen 15 bis 60 Jahren und ca. 10 % Eschenjungwuchs. Der Bestockungsgrad liegt bei 0,9. Der Fichtenanteil ist aufgrund des hohen Grundwasserstands sturmwurfgefährdet. Ein flächiger und wüchsiger Fichten-Anflug einerseits und das Eschentriebsterben andererseits verhindern derzeit eine naturnahe Entwicklung (vgl. Abb. 3).

Durch den hohen Fichtenanteil wird der Bestand dem Biotop-/Nutzungstyp L62, d.h. sonstige standortgerechte Laubmischwälder mittlerer Ausprägung, zugeordnet. Die Forsteinrichtung sieht einen Anteil von 60 % Fichte, 30 % Esche und 10 % Schwarzerle vor. Aufgrund der Standortbedingungen, der Sturmwurfgefahr und dem hohen Potenzial für den Lebensraum- und Artenschutz wurde als Entwicklungsziel der Schwerpunkt auf die Schwarzerle (80 %) mit Beimischung von 10 % Fichte, 5 % Esche und 5 % sonstigen Laubholz gewählt. Der neue Waldbestand kann dem Biotop-/Nutzungstyp L512 Bach- und Flussauenwälder, mittlere Ausprägung, und dem FFH-Lebensraumtyp 91E0 (Subtyp Schwarzerlenwald an Fließgewässern) zugeordnet werden. Mit der Aufwertung ist auch die Verbesserung der Lebensräume für folgende Zielarten verbunden: Grasfrosch, Springfrosch, Grauspecht, Mittelspecht und Halsbandschnäpper. Neben dem vorsichtigen Auszug der hiebsreifen Fichten unter Beachtung des Laubholzjungwuchses ist ein aktives Freischneiden von Fichtenjungwuchs erforderlich, bevor mit der Pflanzung von 2 500 Heistern von Schwarzerle begonnen werden kann. Die Kosten werden aufgrund der Erschwernisse mit 8 000 bis 10 000 € angenommen. Das Zurückdrängen des Fichtenaufwuchses ist umgehend 2016 und 2017 durchzuführen. Der Abschluss der Maßnahme ist 2042 vorgesehen.

zu 3. Verzicht auf Nutzung

Am Standort Tankenrain (Abb. 4) befindet sich auf einem Aueboden auf vernässter Grundmoräne auf 1,06 ha ein 60- bis 85-jähriger Laubholzbestand aus Weiß- und Schwarzerlen, einzelnen starken Eichen, Aspen und Eschen. Entlang des angrenzenden Gewässers ist der Bestockungsgrad niedrig (bei 0,5), im nördlichen Teil höher (1,0). Die Fläche ist biotopkartiert und es zeigen sich Fraßspuren des Bibers. Der südliche Teil des Schwarzerlenbestands ist im Zerfall begriffen mit reichlich Totholz. Im Norden ist der Bestand noch geschlossen. Hier kommen Starkeichen mit Kronentotholz vor. Die Fläche wird dem Biotop-/Nutzungstyp L422 Schwarzerlen-Bruchwälder, mittlere Ausprägung, zugeordnet. Die Forsteinrichtung sieht hier Vorratspflege vor. Als Entwicklungsziel im Rahmen des Ökokontos wurde vorgeschlagen, hier auf jedwede Nutzung dauerhaft zu verzichten, was zu einem Schwarzerlen-Bruchwald alter Ausprägung (Biotop-/Nutzungstyp L423) führen würde. Außer der Beachtung der Verkehrssicherungspflicht sind daher keine Maßnahmen erforderlich. Die Entwicklung wird sich förderlich auf Biber, Grauspecht und xylobionte Käferarten auswirken. Der Nutzungsentgang durch nicht mehr nutzbares Brennholz ist gering. Es entstehen keine weiteren Kosten. Der Beginn des Nutzungsverzichtes ist auf 2017 festgelegt.

4 Diskussion

4.1 Relation und Kompatibilität der Ergebnisse

Die drei Fallbeispiele, die die Relation der zählbaren Aufwertung und jeweils für die Aufwertung geeignete Maßnahmentypen repräsentieren, zeigen bereits auf den ersten Blick, dass die beiden Vorgehensweisen nicht zu kompatiblen Ergebnissen führen:

Während der Leitfaden den Nutzungsverzicht als besonders wertvolle Maßnahme speziell honoriert (100 %), bringt der vollständige Verzicht nach BayKompV verhältnismäßig wenige Biotopwertpunkte.

Auch die sehr aufwändig durchzuführende Maßnahme mit Herausnahme alter Fichten und Einzelpflanzung von Heistern mit hohem naturschutzfachlichen Gewinn in der Aue ergibt unverhältnismäßig wenige Punkte, gemessen an einer Verbesserung auf 50 % der Fläche.

Der Nutzungsverzicht alter Eichenbestände – attraktive Zeichen alter Hutewaldnutzung – würde nach BayKompV gar keine Biotopwertpunkte ergeben und es stellt sich die Frage für die Kommune oder andere Auftraggeber, warum sie diese wichtige Naturschutzmaßnahme dennoch durchführen und auf den hier relativ hohen entgangenen Holzwert verzichten sollten.

Im Rahmen der Anwendung in der Bauleitplanung (Ökokonto nach BauGB) besitzt der Leitfaden bei der Einbuchung pflegeaufwändiger Maßnahmentypen oder Nutzungsverzicht deutliche Vorteile und ist daher für entsprechende Standorte eher zu empfehlen. Wer allerdings als Auftragnehmer nach Kompensationsverordnung arbeitet und gezwungen ist, möglichst viele Punkte in ein Ökokonto einzubuchen, wird daher diese planerisch aufwändigen Aufwertungen von Beständen mit Vorwertigkeit wohl nicht präferieren. Dieses Signal – ob gewünscht oder nicht – lenkt das Interesse eher auf produktive Standorte mit hohem Fichtenanteil.

Nachdem die Ökokonten nach BayKompV, wie eingangs dargestellt, auch von kommerziellen Anbietern für Eingriffe außerhalb der Bauleitplanung aufgebaut werden, sollte hier aus naturschutzfachlicher Sicht über Anpassungen nachgedacht werden. Der hohe Aufwand könnte zum Beispiel durch Zuschläge bei den Biotopwertpunkten attraktiver werden.

4.2 Durchführung und Reproduzierbarkeit der Bewertung

  • Beachten von Forsteinrichtung bzw. Forstbetriebsgutachten

Bei beiden Vorgehensweisen kommt dem ersten Schritt, nämlich der Beurteilung, ob die geplanten Maßnahmen im Wald als ausgleichs- bzw. ökokontofähig anerkannt werden können, da sie ohne anderweitige rechtliche Verpflichtung durchgeführt werden und über die gesetzlichen Bestimmungen des BayWaldG zur vorbildlichen Waldbewirtschaftung hinausgehen, eine wichtige Bedeutung zu. Der Leitfaden und die Arbeitshilfe Produktionsintegrierte Kompensationsmaßnahmen (PIK) (S. 7) verweisen hier beide auf die Forsteinrichtung, Forstbetriebsgutachten oder eine fachgutachterlich begründete Einschätzung, wenn keine Einrichtung oder sonstige Gutachten vorliegen. Danach wird also nicht der reale Bestand bewertet, sondern „Messlatte" ist hier die Vorgabe, was sein sollte.

Das bedeutet beispielsweise, dass bei der Aufwertung nicht vom realen (ökologisch schlechten) Bestand ausgegangen wird, sondern von einer (nach guter fachlicher Praxis) naturschutzfachlich höherwertigen Zielsetzung (im Fallbeispiel 1 von immerhin 30 % Buche bei 70 % Fichte). Während nach Leitfaden daher lediglich die Erhöhung des Buchenanteils um 20 % und zusätzlich die neu eingebrachten Tannen angerechnet werden können, ist unklar, wie die Vorgaben aus guter fachlicher Praxis bei der Bewertung nach BayKompV einfließen. Es stellt sich die Frage, wie bei dieser Methode die deutliche Verbesserung gegenüber einer vorbildlichen Waldbewirtschaftung gemessen werden soll. Bei Abgrenzungen von Biotoptypen mit Buchenanteil von über oder unter 50 % sind die Vorgaben der Forsteinrichtung und Veränderungen von 10 % bei Anwendung der BayKompV kaum durchzuführen. Das bedeutet letztendlich, dass die zwingend zu beachtenden Vorgaben der Forsteinrichtung oder von Forstbetriebsgutachten nicht 1:1 Beachtung finden können.

  • Umsetzungsumfang

Am Fallbeispiel 1 lässt sich nicht nur die Schwierigkeit mit dem anzusetzenden Ausgangszustand nach Forsteinrichtung zeigen, sondern auch das Problem diskutieren, wie ehrgeizig eigentlich der Zielbiotop L243 umgesetzt werden muss. Nachdem die Bewertungsvorgaben für diesen Biotop- bzw. LRT-Typ nur einen Buchenanteil von mehr als 50 % verlangt, könnte man nach BayKompV die hohe Punktzahl auch mit deutlich weniger Aufwand erreichen: Zum Beispiel ließe sich der Voranbau von Tanne „einsparen" und man könnte dennoch die gleiche Anzahl an Biotopwertpunkten erreichen. Hier fehlen Regelungen, die verhindern, dass durch die im Vergleich zur Leitfadenbewertung (mit klaren 10-%-Stufen sowohl für Ausgangs- und Zielzustand) unscharfen bzw. unklaren Zielvorgaben nur so viel an Maßnahmen umgesetzt wird, wie erforderlich ist, um die gewünschten Differenzpunkte zu erhalten. Diese Unklarheit ist insbesondere im Hinblick auf die mögliche kommerzielle Entwicklung von Ökokonten problematisch.

Die Aufwertung in 10-%-Schritten lässt sich beim Leitfaden hingegen leicht umsetzen. Bei der Einstufung nach Biotopwertpunkten ist dies schwierig, da die Messgröße wechselt und man nur zwischen den Biotoptypen sowie jungen, mittleren und alten Ausprägungen unterscheiden kann. Es fehlt hier also ein Handwerkszeug, um die in Tab. 3 (letzter Punkt) vorgeschlagenen Aufwertungsmaßnahmen fachgerecht umsetzen zu können.

  • Timelag

Die Anwendung der BaykompV sieht – im Gegensatz zum Leitfaden – die Berücksichtigung eines Timelags vor, d.h. eines zu berücksichtigenden, aufwertungsmindernden Entwicklungszeitraums bis zum Erreichen des Zielbiotoptyps. Der Praxistest ergab, dass auch in diesem Punkt Unsicherheiten bei der Anwendung bestehen. Ist etwa auch von einem Timelag auszugehen, wenn nur ein Drittel der nicht standortgerechten Fichten aus einem Bestand herausgenommen wird und der Restbestand die Funktionen im Naturhaushalt trotz der Teilräumung weiter ausfüllen kann? Im Praxistest wurde bei einer Veränderung auf 50 % der Fläche ein gewisser Timelag angenommen; man könnte – etwa in Anhängigkeit vom Alter und Bestandstyp – wohl auch einen anderen Standpunkt vertreten.

Weiterhin wäre festzulegen, ob und wann eine Neuberechnung der Biotopwertpunkte erfolgen müsste, z.B. wenn die Bestände zumindest einen Teil ihrer Funktionalität nach der Durchführung bereits wieder erreicht haben (z.B. von zwei Wertpunkten auf einen). In der Fallstudie für den Stadtwald Weilheim wurde daher vielfach der Vermerk ergänzt, dass eine Neuberechnung der Biotopwertpunkte bezogen auf den Timelag bei später Abbuchung zu prüfen ist. Ergänzende Erläuterungen zum Timelag im Rahmen der BaykompV beim Waldumbau wären in diesem Punkt ebenfalls erforderlich.

4.3 Vollzugskontrolle

WieEcker & Pröbstl(2016) zeigten, bestehen in Bayern bereits heute bei der Anwendung der Leitfadengestützten Eingriffsregelung erhebliche Vollzugsdefizite. Bei Anwendung der BayKompV im Wald ist davon auszugehen, dass sich die oben genannten Unsicherheiten im Bewertungsverfahren weiter negativ auf die Qualität der Umsetzung auswirken können. Zudem ist zu erwarten, dass sich Unklarheiten nicht nur zum Zeitpunkt der Abbuchung aus dem Ökokonto, sondern erst recht bei der Nachkontrolle (Monitoring) ergeben können. Auch um dies zu vermeiden, sind Anpassungen und Präzisierungen in den Arbeitshilfen zur BayKompV wünschenswert.

5 Konsequenzen für Planung und Beratung

Das Interesse an einem kommunalen Ökokonto in Waldflächen hat zugenommen. Gründe dafür sind unter anderem Schwierigkeiten bei der Beschaffung von Ausgleichsflächen im Offenland (Schonung landwirtschaftlicher Produktionsflächen, gestiegene Grundstückspreise) und die politisch gewollte Empfehlung, den Ausgleich stärker über produktionsintegrierte Kompensationsmaßnahmen sicherzustellen. Hierfür stehen in Bayern derzeit zwei fachlich abgestimmte Konzepte zur Verfügung. Der Beitrag geht der Frage nach, ob die verschiedenen Vorgehensweisen zu kompatiblen Ergebnisse führen. Im Rahmen einer im Stadtwald Weilheim in Oberbayern durchgeführten Fallstudie, bei der in 24 Beständen mit rund 57 ha Waldfläche beide Vorgehensweisen zur Anwendung kamen, ergaben sich bei der Anwendung des Leitfadens „Bauen im Einklang mit Natur und Landschaft" (STMLU 2003) sowie der Anwendung der BayKompV und zur Produktionsintegrierten Kompensation (LfU 2014) gravierende Unterschiede.

Aus methodischer Sicht ist hervorzuheben, dass trotz der nahezu identischen Voraussetzungen und anerkannten Maßnahmen bei den Materialien zu Anwendung der BayKompV keine Hinweise enthalten sind, die darlegen, wie die Vorgaben einer vorbildlichen Waldbewirtschaftung (z.B. aus der Forsteinrichtung) zu berücksichtigen sind und wie die in Anlage 4.1 vorgeschlagenen Maßnahmen der 10-%igen Steigerung des Laubholzanteils (vgl. Tab. 3) umzusetzen sind. Defizite wurden weiterhin für die Anwendung des Timelag in diesem Zusammenhang festgestellt. Unklar ist außerdem, warum für das Ökokonto Ausgleichsmaßnahmen in Verbindung mit der „Offenhaltung und Pflege von naturschutzfachlich wertvollen, aber zuwachsenden Lichtungen, Waldwiesen, Brennen und Bachtälern" ausgenommen wurden, da hier die Unteren Naturschutzbehörden gerade im Wald einen großen Handlungsbedarf sehen.

Aus naturschutzfachlicher Sicht zeigt sich, dass ein Vorgehen nach der BayKompV bei der Umwandlung monostrukturierter Nadelholzbestände zu deutlich günstigeren Ergebnissen im Sinne der Gestaltung eines Ökokontos (viele Biotopwertpunkte) führt, als die Bewertung nach dem Leitfaden „Bauen im Einklang mit Natur und Landschaft". Umgekehrt verhält es sich bei der Beurteilung von Ausgleichsflächen auf Sonderstandorten mit eher seltenen Waldgesellschaften oder beim Nutzungsverzicht. Diese Maßnahmen erbringen bei Anwendung der BayKompV unverhältnismäßig wenige bis gar keine Biotopwertpunkte.

Eine Kommune, die den Ausgleich eher auf die Aufwertung von bereits naturschutzfachlich vorwertigen Beständen lenken will, sollte in Bayern daher eher beim Vorgehen nach Leitfaden bleiben. Dies entspricht auch im vorgestellten Fallbeispiel den Wünschen und Erwartungen der Unteren Naturschutzbehörde, die vor allem eine Aufwertung auf Sonderstandorten und eher seltene Waldgesellschaften bevorzugen würde, anstelle von „normalen" Waldflächen (Hett2016). Das Biotopwertverfahren nach der BayKompV bietet sich demgegenüber dann an, wenn hohe Biotopwertzahlen für die Aufwertung von Wirtschaftswäldern erzielt werden sollen.

Insgesamt ergibt sich derzeit ein hoher Bearbeitungs- und Beratungsaufwand für beauftragte Büros. Dieser umfasst nicht nur die Abstimmung zwischen Forst- und Naturschutzbehörden, sondern betrifft auch die Vermittlung der Inhalte an kommunale Ausschüsse bzw. den Stadt- bzw. Gemeinderat. Naturschutz im Wald auf degradierten Sonderstandorten, wie vom örtlichen Naturschutz bevorzugt, ist bei Anwendung der Biotopwertverfahren der BayKompV – das zeigte der Praxistest – schwierig zu vermitteln. Auch im Bereich der Vollzugskontrolle ist zukünftig mit Unklarheiten und Mehraufwand zu rechnen.

Literatur

Arbeitsgruppe für Landnutzungsplanung (2016): Ökokonto Stadtwald Weilheim i. OB. Bearb.:Pröbstl-Haider, U., Ammer, U., Dorsch, C. Unveröff. Fachgutachten im Auftrag der Stadt Weilheim, Etting, 204 S.

Bayerische Staatsregierung (2013): Verordnung über die Kompensation von Eingriffen in Natur und Landschaft (Bayerische Kompensationsverordnung – BayKompV) vom 7. August 2013. Bayerisches Gesetz- und Verordnungsblatt Nr. 15/2013, 791-1-4-UG, Inkrafttreten am 01. September 2014, München.

Busse, J., Dirnberger, F., Pröbstl-Haider, U., Schmid, W. (2013): Die Umweltprüfung in der Gemeinde – mit Ökokonto, Umweltbericht, Artenschutzrecht, Energieplanung und Refinanzierung, 2. Aufl., München, 404 S.

Ecker, S., Pröbstl-Haider, U.(2016): Erfolgskontrolle von Ausgleichsflächen im Rahmen der Bauleitplanung in Bayern. Naturschutz und Landschaftsplanung 48 (5), 161-167.

Forstdirektion Freiburg,Strittmatter; Arbeitsgruppe für Landnutzungsplanung,Pröbstl(2003): Anwendung der naturschutzrechtlichen Eingriffsregelung in der Bauleitplanung in Bezug auf Waldflächen des Naturparks Schwarzwald Mitte/Nord. Modellprojekt im Rahmen der Naturparkplanung, abgestimmt mit dem Ministerium ländlicher Raum, Abt. 5 und 6. Unveröff. Mskr.

Hett, M.(2016): Schriftliche Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde zum Ökokonto der Stadt Weilheim. Aktenzeichen 1734.047 Sb. 41.3, 18.10.2016.

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–, LWF (Bayerische Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft, 2010): Handbuch der Lebensraumtypen nach Anhang I der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie in Bayern. Augsburg, Freising-Weihenstephan, 165 S. + Anh.

LfUG (Landesamt für Umweltschutz und Gewerbeaufsicht Rheinland-Pfalz, 1998): Hinweise zum Vollzug der Eingriffsregelung. Oppenheim.

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NLWKN & NLT (Niedersächsischer Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz & Niedersächsischer Landkreistag e.V., 2016): Arbeitshilfe Bevorratung Kompensationsflächen u. -maßnahmen – Hinweise für die Bevorratung von Flächen und Maßnahmen zur Kompensation von Eingriffsfolgen. Hannover, 12 S.

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SMUL (Sächsisches Staatsministerium für Umwelt und Landwirtschaft, 2014): Hinweise zu naturschutzrechtlichen Kompensationsmaßnahmen im Wald und im Zusammenhang mit Waldbegründung. Dresden, 19 S.

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– (1999): Die Eingriffsregelung in Thüringen, Anleitungen zur Bewertung der Biotoptypen Thüringens. Erfurt.

Kontakt

Prof. Dr. Ulrike Pröbstl-Haider ist Universitätsprofessorin an der Universität für Bodenkultur in Wien am Institut für Landschaftsentwicklung, Erholungs- und Naturschutzplanung. Studium der Landschaftsplanung an der TU München, Promotion im Bereich der Forstpolitik an der LMU München, Habilitation 2000 an der TU München. Arbeitsschwerpunkte: Landschaftsentwicklung, Naturschutz, Erholung und Naturtourismus.

> ulrike.proebstl@boku.ac.at

Prof. em. Dr. Dr. h.c. Ulrich Ammer ist emeritierter Ordinarius für Landnutzungsplanung und Naturschutz am Wissenschaftszentrum Weihenstephan der Technischen Universität München. Studium der Forstwissenschaft in Freiburg im Breisgau und in München, Promotion an der LMU München, Habilitation an der Universität Freiburg, Berufung zum ordentlichen Professor. Arbeitsschwerpunkte: ökologisch orientierte Planung, Landschaftstechnik, landschaftsbezogenes Erholungswesen, Umwelt- und Naturschutz.

> info@erholungsplanung.de

Fazit für die Praxis

Bei Aufwertung von Wald ist zu prüfen,

  • ob Mindeststandards bei der Aufwertung (z.B. aus Forsteinrichtung) zu berücksichtigen sind;
  • ob die vorgeschlagenen Maßnahmen im jeweiligen Bundesland vorgesehen sind;
  • welche Leitfäden bzw. Arbeitshilfen für die Ermittlung von Flächen und/oder Biotopwertpunkten bestehen, da dies Auswirkungen auf das Ergebnis haben kann.

Modellhafte Abschätzungen für den Bestandsumbau zur Erhöhung des Laubholzanteils, Nutzungsverzicht und Entwicklung wertvoller Biotopkomplexe sind eine wichtige Hilfestellung, um die Kommune oder den Grundbesitzer beim Aufbau des Ökokontos bei Flächenauswahl und Methode optimal zu beraten.

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