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Bericht aus Brüssel

Arbeit zur besseren Umsetzung der Naturschutzrichtlinien beginnt unter maltesischer EU-Ratspräsidentschaft

Die Runde der EU-Kommissare hat sich, wie in der letzten Kolumne gemeldet, in ihrer Sitzung am 07. Dezember 2016 für eine Beibe­haltung der EU-Naturschutzrichtlinien und die Erarbeitung eines Aktionsplans für ihre bessere Umsetzung ausge­sprochen. Das Votum erfolgte einstimmig, Kommis­sionspräsident Jean-Claude Juncker und sein Kabinettchef Martin Selmayr konnten sich nicht durchsetzen.

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Offenbar hat auch die massive Kritik der Öffentlichkeit, der Umweltminister und nicht zuletzt aus dem Europäischen Parlament (EP) an den massiven Verzögerungen Eindruck gemacht. Mit Schreiben vom 16. Dezember 2016 hat Juncker den obersten Vizepräsidenten der EU-Kommission, Frans Timmermans, gebeten, ein „Projekt-Team“ zur Erarbeitung des Aktionsplans zu bilden. Dieses Team soll offen sein für die Teilnahme anderer Kommissare und den Präsidenten des Ausschusses der Regionen (AdR), der bereits im Dezember 2015 einen überzeugenden Bericht zur Beibehaltung der Richtlinien und Vorschläge zur besseren Umsetzung verabschiedet hatte. Die Einbeziehung des AdR ist auch insofern hilfreich, als seine Mitglieder die Naturschutzpraxis vor Ort kennen.

Auf einen kritischen Brief, mit dem BirdLife Europe, das Euro­päische Umweltbüro (EEB), Friends of the Earth Europe und WWF Ende November Juncker zur schnellen Veröffentlichung der Ergebnisse des „Fitness Check“ gedrängt hatten, antwortete auch Selmayr im Namen Junckers am 06. Januar 2017: Man habe anerkannt, dass die Richtlinien „fit for purpose“ seien und die Kommis­sion Vorschläge zur besseren Umsetzung erarbeiten wolle. Selmayr wörtlich: „The Fitness Check has concluded that the EU nature directives are fit for purpose. However, achieving their objectives will depend on substantial improvement in their implementation. This will require working in partnership with national and regional authorities in the Member States”.

Zudem hat die Kommission auf der Website des „Fitness Check“ am 16. Dezember 2016 auch den seit März zurückgehaltenen Evaluationsbericht sowie das seit einigen Monaten angekündigte interne Arbeitspapier der Kommission („Staff Working Document“, SWD) veröffentlicht (SWD (2016) 472 final). Das etwa 600 Seiten starke Fachgutachten der für den „Fitness Check“ beauftragten externen Experten hatte bereits im März 2016 deutlich gemacht, dass die Naturschutzrichtlinien den im Rahmen der REFIT-Prozesse bei zahlreichen EU-Richtlinien abzuprüfenden Kriterien entsprechen, also wirksam, effizient, relevant, kohärent und von großem EU-Mehrwert sind (Naturschutz und Landschaftsplanung 48 (8): 238). Das SWD fasst diese Ergebnisse in komprimierter Form zusammen.

Aufbauend auf dem SWD will die EU-Kommission ihre Überlegungen für den Aktionsplan auf dem ersten Umwelt­ministerrat unter maltesischer EU-Ratspräsidentschaft am 28. Februar 2017 vorstellen. Der Zeitplan sieht vor, voraussichtlich bereits auf dem Umweltrat am 19. Juni den Entwurf einer entsprechenden Mitteilung der EU-Kommission vorzustellen.

Eine erste Orientierungsdebatte zur Agrarreform ist für die Sitzung des Agrarrates am 06. März geplant; der Kommissionsbericht zur Einrichtung der Ökologischen Vorrangflächen im Rahmen des Greenings und der vorgeschlagenen „Vereinfachungen“ ist für die Sitzung am 03./04. April geplant. Hier wird auch die Verknüpfung von Naturschutz- und Landwirtschaftspolitik entscheidend sein. Schon der Evaluationsbericht hat gezeigt, dass „mehr Naturschutz“ insbesondere außerhalb von Natura-2000-Gebieten nur durch eine Umorientierung der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) und eine Umschichtung von EU-Geldern möglich sein wird, wie dies auch das EP und der AdR in ihren Stellungnahmen gefordert hatten. Diesen Zusammenhang betonte auch Juncker in seinem Arbeitsauftrag an Timmermans vom 16. Dezember: „We have decided to work towards improving the implementation of these Directives and their coherence with broader social-economic objectives, including other EU policy areas such as energy or agriculture…”

Personalia

Aufgrund der Neuwahl des EP-Präsidenten und des Wechsels der Verantwortlichkeiten des deutschen EU-Kommissars Günther Oettinger ergeben sich zwei aus deutscher Sicht wichtige Änderungen. Zum einen haben die Sozialdemokraten, entgegen der nach der EP-Wahl 2014 getroffenen Absprache, dass wie bisher nach der Hälfte der Legislaturperiode wieder ein Konservativer das Präsidentenamt von Martin Schulz übernehmen soll, ihren bisherigen Fraktionsvorsitzenden Gianni Pitella als Kandidaten für das EP-Präsidentenamt nominiert. Er unterlag am 17. Januar im vierten Wahlgang dem Christdemokraten Antonio Tajani.

Unabhängig vom Ausgang der Präsidentenwahl wurde zuvor am 10. Januar Jens Geier (SPD, Essen) einstimmig zum S&D-Fraktionsvorsitzenden gewählt. In dieser neuen Position, aber auch als stellvertretender Vorsitzender des Haushaltsausschusses (BUDG), wird er damit im EP zu einer der Schlüsselpersonen für den nächsten Mehrjährigen Finanzrahmen (MFR) der EU und die GAP-Reform 2021-2027.

Zum anderen betrifft dies als weiteren Deutschen EU-Kommissar Günther Oettinger, den Juncker nach dem Ausscheiden der bisherigen Haushaltskommissarin zum 01. Januar zum EU-Kommissar für Haushalt und Personal berufen hat. Aus dem EP kamen zwar im Rahmen der Anhörungen des neuen Budget-Kommissars Kritik an seiner Nähe zur Industrie und Zweifel an seinen Kompetenzen in Personalführung auf, letztlich wurde Oettinger aber in seinem neuen Amt vom EP bestätigt. Er wird damit eine entscheidende Rolle für die Jahreshaushalte der EU und die jetzt beginnenden Diskussionen und Arbeiten zum MFR für die Jahre 2021 bis 2027 haben.

Link zum SWD (126 Seiten):

http://tinyurl.com/swd472

Link zu den (vorläufigen) Planungen der mal­tesischen EU-Ratspräsidentschaft:

http://tinyurl.com/malta-eu2017

Link zu den Forderungen der Umweltverbände an die EU-Ratspräsidentschaft:

http://tinyurl.com/eeb-malta

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