Fokus-Naturtag – einzelbetriebliche Naturschutzberatung für landwirtschaftliche Betriebe
Abstracts
Das Beratungskonzept Fokus-Naturtag (FNT) wurde in Kooperation von staatlichen und nichtstaatlichen Einrichtungen aus den Bereichen Landwirtschaft und Naturschutz in drei Bundesländern entwickelt. Es wurden Beratungsmethoden und -materialien erarbeitet und auf 100 landwirtschaftlichen Betrieben mit ökologischer und konventioneller Wirtschaftsweise erprobt, optimiert und ausgewertet.
Mit vertetbarem Aufwand soll es das Beratungskonzept ermöglichen, Landwirte als Gestalter der Kulturlandschaft für Naturschutzthemen zu sensibilisieren, neue Denkanstöße zu setzen und ihre Motivation für Naturschutzbelange zu steigern. Beim FNT sind Methode und Materialien so aufeinander abgestimmt, dass eine Biodiversitätsberatung auf landwirtschaftlichen Betrieben innerhalb eines überschaubaren zeitlichen und finanziellen Rahmens durchgeführt werden kann. Der entwickelte Beratungsansatz ist kompatibel mit einer von der EU geforderten und finanziell geförderten Beratung im Bereich Umwelt- und Naturschutz.
Die im letzten Projektjahr durchgeführte Evaluierung diente einer ex-post-Bewertung des Fokus-Naturtags und hatte zum Ziel, die Eignung des Beratungskonzepts und die Wirksamkeit der Beratungen hinsichtlich der Umsetzung vorgeschlagener Naturschutzmaßnahmen und der Sensibilisierung für Naturschutzbelange zu ermitteln. Das Konzept hat sich als geeignet erwiesen und bereits Eingang in die Regelberatung einzelner Länder gefunden.
“Fokus-Naturtag” – individual nature conservation consultation for farms. Development, implementation and evaluation of a new consultation methodology
The consultation concept “Fokus-Naturtag” (“day of focus on nature”) has been elaborated in cooperation between governmental and non-governmental organisations from agriculture and nature conservation in three German federal states, and it was conducted from 2013 to 2015. Consultation methods and materials have been developed and tested on 100 farms, and the results have been analysed and optimized.
The aim of the consultation concept is to increase environmental awareness among farmers as vital designers of the agricultural landscape, to provide them with new ideas for nature conservation measures and to strengthen their motivation to implement these measures. Methodology and materials of the concept were harmonized in order to allow a cost-effective and efficient consultation which contributes to the enhancement of biodiversity on farm level. The concept is compatible with EU guidelines for consultancy in the fields of environmental and nature conservation.
The last year of the project was dedicated to the evaluation of the consultation concept, focussing on its practical applicability, on the effectiveness of the consultations and on its influence on the environmental awareness of the farmers. The concept has proven suitable and has been established as a standard consultation method in some federal states.
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1 Ausgangssituation
In den vergangenen 50 Jahren ist die Artenvielfalt in der Agrarlandschaft deutlich gesunken. Die systematische Datenerhebung der letzten Jahrzehnte zeigt, dass dieser Trend unvermindert anhält und sich aktuell trotz vielfältiger Schutzbemühungen und Agrarumweltprogrammen auf EU-, nationaler und Länderebene vermutlich noch verstärkt (Flade 2012, Hötker et al. 2014). Um dem entgegenzuwirken, wird in der Biodiversitätsstrategie der EU bis 2020 als Ziel 3 formuliert: „Erhöhung des Beitrags von Land- und Forstwirtschaft zur Erhaltung und Verbesserung der Biodiversität“ (Europäische Union 2011). Gefordert wird eine messbare Verbesserung des Erhaltungszustands von Arten und Lebensräumen, die von der Landwirtschaft abhängen oder beeinflusst werden (gemessen am EU-Referenzszenario von 2010). Auf möglichst vielen landwirtschaftlich genutzten Flächen sollen biodiversitätsbezogene Maßnahmen durchgeführt werden.
Der Teilindikator „Agrarland“ im Rahmen der Nationalen Strategie zur biologischen Vielfalt wies 2011 einen Zielerreichungsgrad von nur noch 56 % auf (BMUB 2011, Sudfeldt et al. 2013). Da die Gemeinsame Agrarpolitik der Europäischen Union die bedeutendsten Rahmenbedingungen für biologische Vielfalt in Agrarlandschaften setzt (Herberg et al. 2016), resultierte aus dem Paradigmenwechsel der letzten Reform und dem damit verbundenen sogenannten Greening die Hoffnung auf eine Verbesserung der Situation. Ob mit der derzeitigen Ausgestaltung der vorgeschriebenen Maßnahmen jedoch der Artenschwund tatsächlich gebremst werden kann, bezweifelt auch das landwirtschaftsnahe Thünen-Institut (Schmidt et al. 2014).
Die gesellschaftliche Forderung nach mehr Integration von Naturschutzaspekten in die Landwirtschaft wird im täglichen Handeln auf den Betrieben sehr unterschiedlich aufgenommen. Viele landwirtschaftliche Betriebe nehmen an Programmen des Vertragsnaturschutzes oder an Agrarumweltmaßnahmen (AUM) teil. Sie leisten so einen Beitrag zur Bereitstellung ökologisch wertvoller Lebensräume in der Agrarlandschaft. Auf der anderen Seite stehen immer intensiver wirtschaftende Betriebe z.B. mit einseitigen Fruchtfolgen, verstärktem Energiemaisanbau und hohem Tierbesatz, für die entsprechende Naturschutzprogramme aus arbeits- oder betriebswirtschaftlichen Gründen keine Option sind.
Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage, ob eine gezielte Naturschutzberatung (die Begriffe Naturschutzberatung und Biodiversitätsberatung werden hier synonym verwendet) einen Beitrag dazu leisten kann, landwirtschaftliche Betriebe für das Thema Biodiversität zu sensibilisieren und zu beraten, um bestenfalls die Umsetzung von Naturschutzmaßnahmen auf landwirtschaftlichen Flächen sowohl quantitativ als auch qualitativ zu steigern.
Die Evaluierung der Agrarumweltprogramme der Länder ergab mehrfach den Hinweis, dass eine Biodiversitätsberatung für Landwirte eine Schlüsselfunktion bei einer effektiveren Umsetzung von Naturschutzbelangen einnehmen könnte (Dickel et al. 2010a, b). In der noch nicht veröffentlichten anstehenden Ex-post-Bewertung der Agrarumweltprogramme wird mehrfach auf eine Biodiversitätsberatung eingegangen.
Es gab bereits im Vorfeld des Fokus-Naturtag-Projekts (FNT) eine Reihe von Modellprojekten zur Naturschutzberatung, z.B. das Modellvorhaben „Gesamtbetriebliche Beratung zur biologischen Vielfalt der Kulturlandschaft“ (Ministerium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz Baden-Württemberg 2012) und das Projekt „Kulturlandpläne“, gefördert vom Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz (Schertler & Bilau 2010). Damit konnten Betriebe erfolgreich beraten und Naturschutzmaßnahmen initiiert werden.
Die verschieden Ansätze lassen aber noch Fragen und Entwicklungsbedarf offen, was z.B. das Wecken von Interesse am Thema und die Motivation zur Maßnahmenumsetzung, den Zeitaufwand für die Beratung und die Verfügbarkeit von Beratungsmaterialien anbelangt. An diesen Punkten setzt das im Folgenden beschriebene Methodenentwicklungsprojekt an. Das Beratungsprodukt „Fokus-Naturtag“ wird als eine Möglichkeit der einzelbetrieblichen Naturschutzberatung mit bestimmten Grundvoraussetzungen und Inhalten beschrieben.
2 Das Fokus-Naturtag-Projekt
2.1 Arbeitsaufgaben und Entwicklungsrahmen
Die Aufgaben für die Entwicklung des FNT-Konzeptes waren folgende:
Der Zeitaufwand für die Betriebsleiter soll vier bis sechs Stunden nicht überschreiten, der Zeitbedarf für den Berater sollte nicht über 16 Stunden liegen. Der enge zeitliche Rahmen ergab sich aus dem Ziel, die Methode später im Rahmen von geförderten Biodiversitätsberatungen einsetzen zu können. Aus den Planungen der beteiligten Bundesländer war eine Begrenzung der förderfähigen Beratungsstunden im anvisierten Rahmen bereits bei der Konzeption des Projekts abzuleiten.
Alle Beratungsergebnisse sollen am Tag der Beratung in Bild und Schrift dokumentiert werden und dem Betrieb als Gedankenstütze dienen (Entstehung eines Posters oder Heftes direkt bei der Beratung auf dem Hof).
Standardisierte Beratungsmaterialien sollen den Beratungsprozess unterstützen.
Die Programmierung einer Datenbank (Grundlage: Kulturlandplan-Datenbank) soll eine schnelle und zielgerichtete Zusammenstellung von Hintergrundinformationen für den Landwirt ermöglichen.
Der Entwicklungsprozess beinhaltet die Erprobung von Konzept und Materialien auf Testbetrieben mit anschließender Optimierung. Die abschließende Evaluierung des Konzepts war Bestandteil des letzten Projektjahres.
Der FNT ist ein freiwilliges Beratungsangebot für Landwirte. Als Zielgruppe hat der FNT vor allem Betriebe außerhalb von besonderen Gebietskulissen (z.B. FFH-Gebieten) und ohne bereits bestehende Betriebsschwerpunkte in der Landschaftspflege. Er richtet sich damit eher an „naturschutzferne“ Landwirte. Der FNT greift die für den Betrieb relevanten Aspekte auf, gibt Informationen rund um den Naturschutz weiter und tritt mit dem Bewirtschafter in die Diskussion, in welcher Form Naturschutzmaßnahmen umgesetzt werden können. Eine FNT-Beratung beinhaltet immer Aspekte zur Finanzierung von Naturschutzmaßnahmen (z.B. AUM, Vertragsnaturschutz, Ersatzgeld), zum Greening, zu freiwilligen Naturschutzmaßnahmen ohne finanzielle Honorierung sowie zu rechtlichen Aspekten bis hin zu detaillierten Umsetzungsinformationen. Schutzgebietskulissen und Naturschutzplanungen werden entsprechend der Situation vor Ort berücksichtigt.
Je nach Betriebsleiter kann die grundsätzliche Sensibilisierung für Naturschutzbelange und die Vermittlung von grundlegenden Kenntnissen oder die gemeinsame Erarbeitung passender Maßnahmenvorschläge stärker im Vordergrund stehen. Die Beratung soll immer die Motivation zur positiven Auseinandersetzung mit dem Thema fördern.
Der FNT hat den Anspruch, gemeinsam mit dem Landwirt alle Bereiche des Betriebs (Wirtschaftsflächen, Landschaftselemente, Hofstelle) zu betrachten und realistische Maßnahmen mit Fotos und Text festzuhalten.
2.2 Finanzierung
Die Entwicklung und Erprobung des Beratungskonzepts sowie die Erarbeitung der Inhalte des FNT wurden vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft über das Bundesprogramm Ökologischer Landbau und andere Formen nachhaltiger Landnutzung (BÖLN) im Rahmen eines dreijährigen Projekts von 2013 bis 2015 gefördert (Jedelhauser et al. 2015).
2.3 Kooperationspartner
Im FNT-Projekt arbeiteten unter der Projektleitung der Bioland Beratung GmbH staatliche und nichtstaatliche Beratungseinrichtungen aus drei Bundesländern zusammen (s. Textkasten). Die Kooperationspartner verfügten bereits zu Projektbeginn über Erfahrungen in der gesamtbetrieblichen Naturschutzberatung, die in das Projektdesign zum FNT mit eingebunden wurden (Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen 2010, Ministerium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz Baden-Württemberg 2012, Schertler & Bilau 2010). Die Schnittstellenkoordinatoren der partizipierenden Einrichtungen bildeten eine Verbindung zu Verwaltung und Politik. Dies bot die Basis zur Entwicklung eines breit anwendbaren Beratungskonzepts mit Perspektive auf die von der EU geforderte und finanziell geförderte Beratung im Umwelt- und Naturschutz ab 2014 (Europäische Union 2013).
Acht Beratungskräfte für den ökologischen und konventionellen Landbau gewährleisteten mit ihren Erfahrungen in der Naturschutzberatung, dass die Entwicklung und Erprobung praxisorientiert erfolgte. Die Evaluierung wurde im Wesentlichen von der Ludwig-Maximilians-Universität München durchgeführt.
Kooperationspartner
Bioland Beratung GmbH
Landesanstalt für Entwicklung der Landwirtschaft und der ländlichen Räume (LEL) Schwäbisch Gmünd
Landschaftspflegeverband Göttingen (LPV Göttingen)
Landwirtschaftskammer Niedersachsen (LWK Nds.)
Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen (LWK NRW)
Ludwig-Maximilians-Universität München
Niedersächsischer Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz (NLWKN)
Kompetenzzentrum Ökolandbau Niedersachsen GmbH (KÖN
2.4 Testbetriebe
Der FNT wurde mit 100 landwirtschaftlichen Betrieben getestet und während der Projektlaufzeit fortentwickelt. Unter den Betrieben waren sowohl Nebenerwerbsbetriebe als auch Haupterwerbsbetriebe. Die Betriebsstruktur reichte von hoch spezialisierten bis hin zu Gemischtbetrieben. Höfe mit und ohne Tierhaltung, Milchvieh- und Marktfruchtbetriebe – sämtliche Betriebsschwerpunkte und -intensitäten wurden abgedeckt, um zu überprüfen, ob der FNT eine Beratungstool darstellt, das flexibel auf die jeweiligen Bedingungen auf den Höfen eingehen kann.
3 Fokus-Naturtag-Beratung
3.1 Ablauf
Schwerpunkt der Entwicklung des Beratungskonzepts war die Erarbeitung eines gemeinsamen Standards, der allgemein gültige Grundlagen der Beratung und zum Selbstverständnis der FNT-Berater beinhaltete. Es wurde ein erster methodischer Ansatz mit definierten Inhalten, Ablauf und Dokumentation entwickelt, der im Rahmen der ersten Projektphase zur Entwicklung und Erprobung in der Vegetationsperiode 2013 bei Beratungen auf insgesamt 32 Testbetrieben angewendet wurde. Die Erfahrungen zu Ablauf, Materialeinsatz, Zeitaufwand und den persönlichen Erkenntnissen der Berater wurden für jeden Beratungseinsatz festgehalten und ausgewertet. Dies führte zu einer weiteren Verbesserung der Beratungsmethode, mit der bis zum Herbst 2015 weitere 68 landwirtschaftliche Betriebe beraten wurden.
Durch die konsequente Weiterentwicklung der Methode und der Materialien während der Projektlaufzeit konnte der Zeitaufwand für die Naturschutzberatung ohne inhaltliche Abstriche reduziert werden (Tab. 1).
Zur Vorbereitung gehört neben einem Telefongespräch mit dem Betriebsleiter auch eine kurze Recherche über die naturschutzfachliche Ausgangssituation (Schutzgebietskulissen, besondere Art- und Biotopvorkommen) und bei Bedarf Vorgespräche mit den jeweiligen Fachbehörden und örtlichen Naturschutzakteuren.
Durchschnittlich verbringt der FNT-Berater gemeinsam mit dem Betriebsleiter etwa drei Stunden draußen auf den Flächen des Betriebs und der Hofstelle. Eine Kartierung der Flächen findet nicht statt und müsste, wenn naturschutzfachlich angezeigt, zusätzlich zum FNT durchgeführt werden. Bei der Flächenbegehung fotografiert der Berater an den Standorten, an denen gemeinsam über eine Naturschutzmaßnahme diskutiert wird. Wird am Ackerrand z.B. über die Anlage eines Blühstreifens, einer Feldholzinsel oder eines Ackerrandstreifen nachgedacht, so wird das Ackerstück fotografiert. Nach der Begehung druckt der Berater noch auf dem Betrieb mit einem mobilen Fotodrucker die Bilder für die Dokumentation aus.
Innovativ ist die sofortige Darstellung der Beratungsergebnisse nach der Flächenbegehung auf dem Betrieb. Gemeinsam mit dem Berater stellt der Betriebsleiter die diskutierten Naturschutzmaßnahmen in attraktiver und strukturierter Form mithilfe spezieller Dokumentationsmaterialien (s. Abschnitt 3.2) und Fotos vom Betrieb auf einem individuellen Poster (Abb. 1) oder in einem Heft zusammen. Er gestaltet somit seinen eigenen individuellen Maßnahmenplan, der am Ende auf dem Hof verbleibt. Diese gemeinsame grafische Aufbereitung vor Ort ermöglicht einen intensiven Dialog zwischen Landwirt und Berater sowie direkte Reflexionen zur praktischen Umsetzung der Maßnahmenideen. Durch das gemeinsame Festhalten der Beratungsergebnisse werden diese für den Landwirt konkret und er identifiziert sich mit „seinen“ Naturschutzmaßnahmen.
Um dem Landwirt zusätzlich weiterführende Infomaterialien zu den angesprochenen Themen zur Verfügung zu stellen, erhält der Bewirtschafter im Nachgang zur Beratung auf dem Hof ein Informationsheft (s. Abschnitt 3.3). Dort wird in standardisierter Form vertiefend auf alle besprochenen Maßnahmen eingegangen.
3.2 Beratungsmaterialien
Um eine inhaltlich angemessene Naturschutzberatung in einem deutlich begrenzten Rahmen durchzuführen, ist neben einem kompetenten Berater vor allem gutes Arbeitsmaterial unerlässlich. Für den FNT wurden standardisierte Materialien für alle Phasen des Beratungsprozesses entwickelt, von der Vorbereitung über die Feldbegehung bis hin zur Dokumentation. Dazu gehören beispielsweise Telefonfragebögen zur Vorbereitung des Betriebsbesuchs, Bildtafeln mit Informationen zu verschiedenen Naturschutzthemen zum Einsatz im Gelände sowie Materialien zur Dokumentation der Beratungsergebnisse in Form von Maßnahmenkarten, Bildtafeln und Artenaufklebern zur Erstellung der Hefte oder Plakate (Abb. 2).
Die Bildtafeln und die Dokumentationsmaterialien zeigen häufige Naturschutzthemen und Arten auf landwirtschaftlichen Betrieben. Betriebsindividuelle Themen können und sollen vom Berater zusätzlich aufgegriffen und dokumentiert werden. Diesen Freiraum bieten die Methode und das Dokumentationskonzept.
3.3 FNT-Datenbank
Um die Zeit für die Nachbereitung der Betriebsbesuche im Büro für den Berater auf ein Minimum zu beschränken, ist ein Werkzeug erforderlich, das es ermöglicht, wichtige naturschutzrelevante Hintergrundinformationen zu allen Themenfeldern, die bei einer Beratung angesprochen werden, in sehr kurzer Zeit für den Landwirt zusammenzustellen. Dazu bietet sich eine Datenbank mit vorgefertigten Textbausteinen an. Ein Grundgerüst für eine solche Datenbank existierte bereits aus dem Projekt „Kulturlandpläne“ (Schertler & Bilau 2010) und musste entsprechend überarbeitet und angepasst werden.
Im zweiten Projektjahr waren die Programmierungsarbeiten und die Erstellung der Textbausteine soweit fortgeschritten, dass Infohefte aus der Datenbank heraus erstellt werden konnten und dem Landwirt im Anschluss an den FNT als Nachschlagewerk zu einzelnen Naturschutzmaßnahmen für seinen Betrieb dienen. Ein Infoheft enthält Hintergrundwissen, Umsetzungsanleitungen und Informationen zur Fördersituation im jeweiligen Bundesland zu allen vorgeschlagenen Maßnahmen. Im Gegensatz zu Broschüren hat dies den Vorteil, dass Informationen einfach aktualisiert werden können und dass der Landwirt sie individuell zusammengestellt bekommt. Der Zeitaufwand für den Berater liegt dabei unter einer Stunde.
4 Evaluierung
4.1 Ziele
Die Evaluierung des FNT-Beratungskonzepts umfasste drei Ziele:
1. Ermittlung der Wirksamkeit der FNT-Beratung hinsichtlich der Umsetzung der vom Berater vorgeschlagenen Naturschutzmaßnahmen sowie im Hinblick auf eine Sensibilisierung des Betriebs für Naturschutzbelange;
2. Identifizierung der Faktoren, die eine Umsetzung der vorgeschlagenen Maßnahmen auf betrieblicher Ebene begünstigen oder behindern;
3. Bewertung des Beratungskonzepts hinsichtlich seiner Praxistauglichkeit aus Perspektive der Landwirte.
4.2 Methode
Als zentrale Methode der Evaluierung wurde eine standardisierte Befragung der Landwirte mittels Fragebögen gewählt (Porst 2014, Schnell et al. 2011, Stockmann & Meyer 2014). Hierfür wurden drei unterschiedliche Fragebögen erarbeitet:
Fragebogen zum Fokus-Naturtag 2013/ 14;
Fragebogen zum Fokus-Naturtag 2015 (Befragung vor der Beratung);
Fragebogen zum Fokus-Naturtag 2015 (Befragung nach der Beratung).
Bei Betrieben, die im Jahr 2015 eine FNT-Beratung erhielten, waren sowohl eine Vor- als auch eine Nachbefragung möglich. Dadurch standen andere Fragestellungen als bei den Betrieben 2013/14 im Mittelpunkt. Der Fokus der Vorabbefragung lag auf der Motivation für die Teilnahme an der Beratung und auf den Erwartungen an den Beratungstag. Die Nachbefragung zielte auf die Zufriedenheit mit konkreten Aspekten des Beratungsverlaufs, auf die Bedeutung diverser (potenzieller) unterstützender Faktoren bei der Maßnahmenumsetzung sowie auf die Beratungskosten ab.
Der Großteil der Fragen hatte geschlossenen, meist metrischen Charakter, was sowohl eine zügige Beantwortung als auch eine rasche und weitgehend standardisierte Auswertung der quantitativen Daten ermöglichte. Da jedoch nicht alle relevanten Fragestellungen mittels vorgegebener Antwortkategorien zu erfassen waren, wurden die Fragebögen um offene Fragen erweitert. Dieser Fragentyp wurde vor allem bei der Erfassung von Gründen für eine Nicht-Umsetzung von Naturschutzmaßnahmen und bei der Identifizierung von unterstützenden Faktoren für die Maßnahmenumsetzung sowie von Verbesserungsmöglichkeiten des Beratungskonzepts angewendet. Die Fragebögen des FNT 2013/ 14 enthielten darüber hinaus einen separaten Bogen, mit welchem die Umsetzung der Naturschutzmaßnahmen ermittelt wurde. Hierfür wurde der Umsetzungsstatus („Umsetzung nicht geplant“, „Umsetzung geplant“ und „Maßnahme wird umgesetzt/ist abgeschlossen“) für jede Maßnahme der betriebsindividuellen Maßnahmenliste (alle dokumentierten Maßnahmen auf dem FNT-Plakat bzw. im FNT-Heft) abgefragt.
Die Erhebung der Daten fand in Form von Telefongesprächen mit den jeweiligen Betrieben (i.d.R. mit dem Betriebsleiter) statt und erstreckte sich über den Zeitraum von März bis September 2015. Diese Methode der Datenerhebung wurde einer schriftlichen oder elektronischen Befragung aus drei Gründen vorgezogen:
1. Bei Telefonbefragungen ist ein höherer Rücklauf zu erwarten. Da die Grundgesamtheit der Befragungen mit 80 FNT in den Jahren 2013/14 und 20 FNT-Betrieben in 2015 relativ gering war, war ein umfassender Rücklauf notwendig, um die Repräsentativität und Validität der erhobenen Daten zu garantieren.
2. Bei einem unmittelbaren Gespräch ist die Wahrscheinlichkeit höher, dass die Befragung nicht vorzeitig abgebrochen wird oder gegen Ende des Fragebogens willkürlich Antworten angekreuzt werden, um die Befragung zu Ende zu bringen.
3. Der Fragebogen enthielt offene Fragen, die darauf abzielten, auf narrative Weise Wahrnehmungen und Handlungsmotive zu erfassen. Diese wären in rein schriftlicher Form komplizierter zu erfassen gewesen.
Für die Auswertung der Daten wurden mit Häufigkeits-, Mittelwert- und Streuungsberechnungen sowie Signifikanztests vorrangig Methoden der deskriptiven Statistik angewendet.
Es konnten 65 von 80 FNT-Betrieben aus 2013/14 sowie alle 21 FNT-Betrieben aus 2015 in der Vorbefragung und 18 von 20 in der Nachbefragung interviewt werden (ein Betrieb, der Teil der Vorbefragungen war, erhielt letztlich keine Fokus-Naturtag-Beratung und war folglich für die Nachbefragung nicht relevant). Dies entspricht einer Rücklaufquote von 86 % . Die durchschnittliche Interviewdauer der erstgenannten Befragung belief sich auf 31 min, die Vorbefragung dauerte im Mittel 14 min und die Nachbefragung 18 min.
53 % der Befragten führten einen konventionellen und 47 % einen Bio-Betrieb. Die durchschnittliche Betriebsgröße von konventionellen Höfen betrug 181ha und von Biohöfen 88ha. Die befragten Betriebe verteilten sich auf die Bundesländer Baden-Württemberg, Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen. Dominierende Betriebszweige waren Ackerbau (61 % ), Tiermast (Hühner, Schweine, Rinder) (29 % ) und Milchvieh (24 % ). 76 % der Befragten betrieben ihren Hof im Haupt- und 22 % im Nebenerwerb (diese Information wurde nicht in den Befragungen erhoben, sondern aus Datenblättern der Berater entnommen und standen nur für 58 der 86 befragten Betriebe zur Verfügung; die genannten Prozentzahlen beziehen sich auf die 58 Betriebe).
4.3 Ergebnisse
Motivation und Erwartung
Die als am bedeutendsten erachtete Motivation der Betriebe für eine Teilnahme am FNT war ein generelles Interesse an Naturschutzthemen. Über 80 % der befragten FNT-Betriebe 2015 nahmen außerdem die Beratung mit dem Ziel in Anspruch, Naturschutz zur Imagepflege nutzen zu können. Weniger bedeutsam für die Teilnahme an der Beratung war fehlendes Hintergrundwissen zum Naturschutz sowie der Wunsch, Informationen zu rechtlichen Aspekten zu erhalten.
Die Erwartungen, die die Betriebe an die Beratung hatten, waren relativ breit gefächert und umfassten vorrangig den Wunsch, frische, neue Ideen zu Naturschutzthemen zu bekommen, mehr über die Tier- und Pflanzenarten auf dem Betrieb zu erfahren sowie für einen Tag einen Naturschutzexperten auf dem Hof zu haben. Fragen nach der Wichtigkeit von Beratung zu rechtlichen Vorgaben und Fördermöglichkeiten führten zu keinem einheitlichen Meinungsbild und streuten in ihrer Beantwortung stark. Zwar wurden diese Aspekte in der Vorbefragung durchschnittlich als weniger relevant erachtet, für einen gewissen Teil der Betriebe waren sie jedoch von großer Bedeutung und sollten dementsprechend in der Beratung nicht vernachlässigt werden. Die telefonische Vorabbefragung, die Bestandteil des Beratungskonzepts ist, hilft dabei, die Erwartungen der Betriebe abzustecken und den Beratungsbedarf zu rechtlichen und förderspezifischen Aspekten zu ermitteln.
Beratungsmethode und -inhalte
Mehrere Fragen zielten auf die Bewertung der Beratungsmethode allgemein sowie konkret auf den Beratungsablauf, -inhalt und die Ergebnisdokumentation in Form des Posters bzw. Heftes ab. Hier wurde eine hohe Zufriedenheit nachgewiesen: Über 90 % der befragten Betriebe zeigten sich zufrieden bis äußerst zufrieden mit der Methode des FNT (Abb.3). Die Form der Ergebnisdokumentation wurde von 89 % der Betriebe als hilfreich für die Maßnahmenumsetzung erachtet. Ähnlich hohe Zufriedenheitsraten konnten für den Ablauf, die Inhalte und die Ergebnisse des Beratungstags sowie für die zur Verfügung gestellten Informationen nachgewiesen werden.
Die Nachbefragungen der 2015er-Betriebe nahmen außerdem Bezug auf die Erwartungen, die die Betriebe im Vorfeld an die Beratung hatten. Hierbei zeigte sich, dass die Erwartungen hinsichtlich der Fachkompetenz des Beraters in 83 % der Fälle voll und ganz sowie in 17 % weitestgehend erfüllt wurden. Auch die Erwartungen im Hinblick auf die Breite und Tiefe der erhaltenen Informationen (22 % voll und ganz erfüllt; 72 % weitestgehend erfüllt), auf die von den Betrieben gewünschten Inhalte und Schwerpunkte (28 % ; 61 % ) und auf die erhaltenen praktischen Hilfestellungen zur Umsetzung der Naturschutzmaßnahmen (24 % ; 53 % ) wurden in hohem Maße erfüllt.
Naturschutzmaßnahmen und deren Umsetzung
Pro Betrieb wurden durchschnittlich elf Naturschutzmaßnahmen als Ergebnis des FNT dokumentiert. Abb. 4 zeigt die thematische Verteilung der Maßnahmen. Demnach machten die Bereiche Strukturelemente, Acker, Hofstelle und Grünland über drei Viertel aller Maßnahmen aus.
Die befragten Betriebe gaben an, 60 % der Maßnahmen zum Befragungszeitpunkt umgesetzt zu haben bzw. gegenwärtig umzusetzen. Die Umsetzung weiterer 26 % der Maßnahmen war noch in Planung, während die Umsetzung von 14 % der Maßnahmen nicht geplant war. Differenziert nach Thema wiesen Maßnahmen zu Streuobst (64 % ), Acker (64 % ) die höchsten und zu Wald (47 % ) die niedrigsten Umsetzungsquoten auf (Abb. 5). Die Umsetzungsquoten der weiteren Maßnahmentypen Strukturelemente, Hofstelle, Grünland und sonstige Maßnahmen lagen zwischen 56 % und 63 % .
Auffallend in Abb. 5 sind die relativ großen Unterschiede zwischen den Anteilen geplanter und nicht mehr geplanter Maßnahmen. Der Anteil der nicht geplanten Maßnahmen war mit 26 % bei Wald am höchsten und mit 4 % bei Streuobst am niedrigsten. Der Bereich Hofstelle wies einen relativ hohen Anteil an noch geplanten Maßnahmen auf (38 % ), während nur 5 % der Maßnahmen nicht geplant waren. Ein hierzu konträres Bild ergab sich für den Bereich Acker, dessen Maßnahmen in 16 % der Fälle noch geplant waren und in 20 % hingegen sicher nicht umgesetzt werden sollten.
Der Vergleich zwischen ökologisch wirtschaftenden und konventionellen Betrieben zeigte geringe Unterschiede mit leicht höheren Umsetzungsquoten in der konventionellen Landwirtschaft (63 % im konventionellen zu 56 % im ökologischen Bereich). Keine signifikanten Unterschiede in der Maßnahmenumsetzung konnten zwischen Haupt- und Nebenerwerbsbetrieben nachgewiesen werden. Differenziert nach Beratungsjahr ergaben sich Umsetzungsquoten in Höhe von 64 % bei 2013er- und 58 % bei 2014er-Betrieben.
hindernde und unterstützende Faktoren bei der Maßnahmenumsetzung
Der Mangel an zeitlichen Ressourcen erwies sich klar als der wichtigste Grund für eine Nicht-Umsetzung von Maßnahmen. Zeitmangel wurde auch bei der offenen Frage nach den Gründen vorrangig genannt. Weitere, wenngleich weniger bedeutsame Gründe waren nicht vorhandene Förderprogramme, eine fehlende Überzeugung von Maßnahmenvorschlägen und dass die Umsetzung einzelner Maßnahmen schlicht nie in Betracht gezogen wurde.
Die Frage nach unterstützenden Faktoren, die die Maßnahmenumsetzung ermöglicht oder erleichtert hätten, ergab ein uneinheitliches Meinungsbild mit hohen Varianzen. Rückblickend äußerten die 2013/14er-Betriebe, dass insbesondere ein Mehr an passenden Förderprogrammen (37 % der Befragten) und an maßnahmenbezogener praktischer Unterstützung (35 % ) zu höheren Umsetzungsquoten geführt hätte. Letztere umfasst nicht nur die Unterstützung durch den Berater, sondern auch durch Organisationen wie z.B. einem Landschaftspflegeverband. Auch in den Nachbefragungen der 2015er-Betriebe wurde ein weiterführender Kontakt zum Berater als äußerst wichtiger Faktor für eine zukünftige Maßnahmenumsetzung genannt (61 % ). Eine Umsetzungsbegleitung der beratenen Betriebe durch den Berater konnte jedoch im Rahmen des Projekts nicht angeboten werden. Aus den Erfahrungen der Berater und den Ergebnissen der Evaluation ergibt sich daher die Forderung, dies bei der Konzeption der Beratungsförderung zu berücksichtigen und Möglichkeiten zu einer Finanzierung dieser zusätzlichen Stunden zu schaffen.
Sensibilisierung gegenüber Naturschutzthemen
Fragen nach der Wirkung der Beratung im Hinblick auf eine gesteigerte Sensibilisierung der Landwirte gegenüber Naturschutzthemen ergaben kein eindeutiges Bild. Die Antworten lassen nicht den Schluss zu, dass die FNT-Beratungen grundsätzlich zu einer signifikant gestiegenen Sensibilisierung führten, die über die Umsetzung der erarbeiteten Naturschutzmaßnahmen hinausgeht. Dennoch konnten vereinzelte Effekte nachgewiesen werden. So gaben 62 % der befragten Betriebe an, dass sie seit dem FNT mehr mit anderen Menschen über Naturschutzthemen sprächen und ihre Maßnahmen erklärten. Weitere Fragen zielten auf eine eventuell veränderte Wahrnehmung ökologischer Phänomene oder auf ein verstärktes Bewusstsein der ökologischen Folgen des eigenen Wirtschaftens auf dem Betrieb ab. Hierbei gaben einerseits etwa 50 % der Betriebe an, dass ihre Wahrnehmung und ihr Bewusstsein durch die Beratung geschärft wurde, andererseits äußerten aber viele Befragte, dass diese ohnehin bereits vor der Beratung vorhanden gewesen war.
Zugang zu Betrieben und Finanzierung der Beratung
Der Zugang zu den Betrieben erfolgte in zwei Dritteln der Fälle, indem sich die Betriebsleiter auf Aufrufe selbstständig gemeldet haben, während ein Drittel der Betriebe von den Beratungsanbietern oder Dritten kontaktiert wurde. Die FNT-Beratung wurde den Landwirten in der Projektphase kostenlos angeboten. Die Frage, inwieweit Betriebe bereit gewesen wären, Teile der Beratungskosten für den FNT zu übernehmen, eruierte das Potenzial förderunabhängiger Finanzierungsmöglichkeiten. Hierbei zeigte sich ein gespaltenes Meinungsbild. 49 % der Betriebe äußerten die Bereitschaft, sich an den Kosten zu beteiligen, während 51 % dies ablehnten. Die Antworten zeigten bei Bio-Betrieben (62 % ) eine signifikant höhere Bereitschaft zur Kostenbeteiligung als bei konventionellen Betrieben (40 % ). Der durchschnittliche Betrag, den Betriebe bereit wären, für das Beratungsangebot aufzuwenden, belief sich auf 134€.
Vorschläge zur Verbesserung des Beratungskonzepts
Mittels einer offenen Frage wurden die Betriebe abschließend gebeten, Vorschläge zu nennen, wie die FNT-Beratung weiter verbessert werden könnte. Mehrere Befragte äußerten hier den Wunsch, die Beratung bzw. die anschließend erfolgte Maßnahmenumsetzung öffentlichkeitswirksam besser verwerten zu können, beispielsweise über mediale Berichterstattung, Feldschilder oder Veranstaltungen auf dem Betrieb. Diese Äußerungen decken sich mit der eingangs erläuterten Motivation der Betriebe, Naturschutz als Imagepflege nutzen zu wollen.
5 Diskussion und Ausblick
Die Erfahrungen der beteiligten Beratungskräfte einerseits und die oben dargestellten Evaluierungsergebnisse andererseits zeigen, dass die FNT-Beratung eine flexible und betriebsindividuelle Schwerpunktsetzung einzelner Beratungsaspekte auf den Betrieben ermöglicht. Materialien und Methode wurden in mehreren Bundesländern auf einer Vielzahl verschiedenster landwirtschaftlicher Betriebe eingesetzt und haben eine breite Anwendungsmöglichkeit des FNT-Konzepts bestätigt. Die Stärken der FNT-Methode sind der klar abgegrenzte zeitliche Rahmen, die genau definierten Inhalte, in denen sich die Beratung bewegen kann, und die partizipative und umsetzungsmotivierende Dokumentation als Visualisierung der gemeinsam erarbeiteten Inhalte des Tages. Der FNT wurde nicht zur Bearbeitung von hochspezialisierten Fragestellungen (z.B. Artenschutzkonzeptionen besonders gefährdeter Arten) oder für Konfliktfälle (z.B. Bewirtschaftungsprobleme in FFH-Gebieten) konzipiert, sondern richtet sich an ein breites Spektrum landwirtschaftlicher Betriebe. Für spezielle Fragestellungen müsste die Methode um weitere Aspekte ergänzt und mit einem höheren Zeitbudget ausgestattet werden.
Die Testbetriebe gaben eine hohe Zufriedenheit mit dem Ablauf, den Inhalten und der Dokumentation der Ergebnisse an, was darauf hindeutet, dass die Bedürfnisse und Interessen der Landwirte ausreichend berücksichtigt wurden. Dies ist ein wichtiger Aspekt, besonders da der FNT als Einstiegsmöglichkeit in die Beschäftigung mit Naturschutzthemen gedacht ist.
Grundsätzlich lässt sich die Umsetzungsquote als erfreulich hoch einschätzen, wobei es im Rahmen der Evaluation nicht möglich war, einen Zusammenhang zwischen dem zeitlichen, finanziellen und sonstigen Aufwand für die Umsetzung einer Maßnahme und der Umsetzungsquote zu betrachten. Der vergleichsweise hohe Anteil nicht zur Umsetzung vorgesehener Maßnahmen im Bereich Acker könnte darin begründet sein, dass hier die größten Einflüsse auf Ertrag und Arbeitsorganisation zu erwarten waren. Der Blick auf einzelne Betriebe zeigt jedoch, dass man nicht grundsätzlich sagen kann, dass nur sehr einfache und kostenneutrale Maßnahmen umgesetzt wurden. Vergleichbare Erhebungen, die eine Einordnung der vorliegenden Daten ermöglichen würden, liegen dem Projektteam nicht vor.
Der Versuch einer Wirkungsmessung der Beratung im Hinblick auf eine gesteigerte Sensibilisierung der Landwirte führte zu keinem eindeutigen Ergebnis. Für eine zukünftige Erforschung dieses Aspekts würden sich qualitative Methoden anbieten, wie z.B. narrative Interviews. Dies war im Rahmen des vorliegenden Forschungs- und Entwicklungsprojekts nicht möglich.
Da lediglich die Hälfte der Betriebe bereit ist, sich an den Kosten der Beratung zu beteiligen und diese wiederum im Durchschnitt nur 134€ für eine FNT-Beratung beisteuern wollen, ist ein FNT darauf angewiesen, kostenlos angeboten oder zumindest großteils gefördert zu werden. Nur dann kann das Ziel erreicht werden, eine größere Anzahl an Betrieben für die Teilnahme zu motivieren. Dieses Ergebnis deckt sich mit der Einschätzung anderer Naturschutzberatungsangebote (Schertler & Bilau 2010).
Die finanzielle Möglichkeit der Förderung einer Biodiversitätsberatung steht den Ländern durch den EU-Rahmen (Europäische Union 2013) offen. Es bedarf jedoch über den politischen Willen hinaus auch viel Engagement und Hilfestellungen beim Aufbau einer solchen Beratung.
Eine erste Überführung von Biodiversitätsberatung in den Regelbetrieb ist in Baden-Württemberg erfolgt. Neben produktionstechnischen und betriebswirtschaftlichen Beratungsmodulen werden von anerkannten Beratungsorganisationen mit konzessionierten Beratungskräften auch ein Einstiegsmodul „Gesamtbetriebliche Biodiversitätsberatung“ und ein Spezialmodul „Maßnahmen zur Biodiversität“ angeboten. Diese beiden Beratungsmodule gehören zu den wenigen Modulen im neuen Beratungssystem, bei denen die Förderung 100 % der förderfähigen Kosten (Obergrenze 1100€), beträgt (Ministerium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz Baden-Württemberg 2015). Die in Baden-Württemberg und anderen Bundesländern gesetzte Obergrenze der Kosten zeigt, dass sich der FNT an den zu erwartenden Förderrealitäten orientiert hat. Der gesetzte Rahmen erlaubt keine umfangreicheren methodischen Ansätze. Detailliertere und fachlich genau abgestimmte Naturschutzpläne werden auch in Zukunft auf andere Finanzquellen angewiesen sein und damit nur bestimmten Landwirtsgruppen zur Verfügung stehen.
Andere Bundesländer wie z.B. Niedersachsen fördern ebenfalls auf dieser Grundlage (Europäische Union 2013) eine Biodiversitätsberatung.
Nicht nur die Förderung der Beratung ist ein wesentlicher Faktor für eine höhere Naturschutzmaßnahmenumsetzung der Betriebe. Eine FNT-Beratung kann nur dann in größerem Stil das Ziel der Biodiversitätsstrategie der EU bis 2020 unterstützen, wenn die Förderbedingungen (z.B. AUM) genügend finanzielle Anreize für die Landwirte bieten, naturschutzfreundlicher zu wirtschaften.
Eine weitere Herausforderung liegt in der Beraterqualifikation (vgl. dazu auch Knuth et al. 2015). Bei aller Überzeugung von der Methode und den Materialien des FNT sind sich die Projektbeteiligten einig, dass vor allem die Beraterkompetenz eine entscheidende Rolle für den Beratungserfolg spielt. Sie war nicht Gegenstand des hier beschriebenen Projekts, muss aber bei der Implementierung des FNT in den Regelbetrieb einer Biodiversitätsberatung unbedingt in den Blick genommen werden, zumal gerade die Beratung zur Biodiversität mit ganz besonderen Anforderungen (naturschutz- und landwirtschaftsfachliche, förderrechtliche, methodische und soziale Kompetenzen) verbunden ist.
Literatur
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