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Freibrief für Holzeinschläge in Schutzgebieten?

Wetzlar/Laubach (NABU). Der NABU Hessen will, dass Schutzgebiete auch wirklich geschützt werden. Daher hat der Umweltverband Klage vor dem Verwaltungsgericht Gießen gegen das Land Hessen eingereicht. „Wenigstens in besonders sensiblen Teilen von Schutzgebieten darf es keine Holzeinschläge geben!“, so NABU-Landesvorsitzender Gerhard Eppler.

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Anlass des Streits sei die Zerstörung eines alten, geschlossenen, moosreichen Laubwaldbestands im Natura-2000-Gebiet „Laubacher Wald“, teilte der Verband in einer Presse­er­klärung mit. Als der NABU daraufhin im April eine Umweltschadenanzeige einreichte, sei diese vom Regierungspräsidium Gießen im November zurückgewiesen worden. Begründung: Die normale und traditionelle Forstwirtschaft könne grundsätzlich keine Umweltschäden hervorrufen. „Es ist ein Skandal, das HessenForst einen Freibrief bekommt, selbst in Gebieten unter europäischem Schutzregime ohne Rücksicht auf die dort geschützten Arten einzuschlagen“, so Eppler.

Laut NABU ist es nicht das erste Mal, dass es zum Streit über die Behandlung der Wälder in Naturschutzgebieten kommt: 2013 führten massive Holzeinschläge im „Hohen Keller“ und in der „Sackpfeife“ (Waldeck-Frankenberg) zu Auseinandersetzungen mit Naturschützern, ebenso am „Galgenberg“ bei Hofheim (Main-Taunus) und 2015 im Odenwaldkreis. Ohne Konsequenzen. Mehrere Holzeinschläge des Landesbetriebs HessenForst im Laubacher Wald bei Langd waren nun „der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen gebracht hat“, so Eppler. Sie führten jetzt zur Umweltschadensanzeige des NABU.

Es bestand nicht nur eine Gefährdung für ein Vorkommen des seltenen und nach Anhang II der FFH-Richtlinie und Berner Konvention geschützten Grünes Besenmooses, sondern an fünf Standorten sei die Art ganz ausgelöscht worden. 84% des Vorkommens innerhalb des FFH-Gebietes seien damit zerstört worden. Dies wäre leicht vermeidbar gewesen, wenn sich HessenForst an die Empfehlung von Gutachtern gehalten hätte, die schon 2004 die Bäume GPS-vermessen hatten. Sie hatten den Verzicht auf Holznutzung im Umfeld von 500 m rund um jedes Vorkommen empfohlen.

Der NABU verwies auf die Bedeutung alter, geschlossener Wälder für manche Arten. Starke Holzeinschläge veränderten das feuchte Waldinnenklima, so dass die Arten verschwinden. Moose, die ohne Bodenkontakt an Baumstämmen wachsen, bräuchten diese hohe Luftfeuchtigkeit und die raue Borke, die nur sehr alte Bäume haben. Sie seien damit gute Indikatoren für die Naturnähe von Wäldern. Im Nationalpark Kellerwald-Edersee mit vielen alten Baumbeständen hätten so allein 346 verschiedene Moos- und 320 Flechtenarten nachgewiesen werden können. Für viele sei die traditionelle Forstwirtschaft ein großes Problem.

Nach Aussagen des Verbands sind vom als „gefährdet“ auf der Roten Liste geführten Grünen Besenmoos nur noch 70 Standorte in Hessen bekannt. Der EU sei es landesweit als im „ungünstigen-unzureichenden Erhaltungszustand“ mit „sich verschlechterndem Gesamttrend“ gemeldet worden. Auch störungsempfindliche Großvögel wie der Schwarzstorch seien auf Bereiche mit natürlicher Waldentwicklung ohne Holzeinschlag angewiesen. Fledermäuse und viele andere Lebewesen benötigten die hohe Dichte alter Bäume und spezieller Höhlen und Verstecke, wie es sie nur in Naturwäldern gibt.

Der NABU sieht in diesem Fall ein jahrzehntealtes Grundproblem in Hessen bestätigt: Der Naturschutz ende an den Grenzen des Waldes. Selbst in einer „Naturschutzleitlinie für den Hessischen Staatswald“ stehe geschrieben, dass innerhalb und außerhalb der europäischen Schutzgebiete dieselben Standards gelten.

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