Sternenparks – mehr als nur Naturtourismus
Sternenparks können den Naturtourismus fördern, sollten aber primär dem Schutz der natürlichen Nacht dienen. Das lässt sich in Deutschland am ehesten mit einer Anerkennung nach den Kriterien der International Dark Sky Association (IDA) erreichen. Dafür müssen mehrere Bedingungen erfüllt sein, vor allem aber die Anerkennung eines Beleuchtungsplans, der wesentlich voll abgeschirmte Leuchten ohne Lichtemissionen in den oberen Halbraum mit einem Upward Light Ratio (ULR) = 0 % erfordert.
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1 Einleitung
Auf die sehr gute Qualität des Nachthimmels in weiten Gebieten Mecklenburg-Vorpommerns und Möglichkeiten dessen Schutzes wurde bereits 2007 von Hänel (2007) hingewiesen. Diese Idee findet nach den Anerkennungen des Naturparks Westhavelland (Hänel 2014) und des Biosphärenreservats Rhön (Hänel 2015) als International Dark Sky (IDS) Reserves und des Nationalparks Eifel als International Dark Sky Park (Bardenhagen 2014) nach den Kriterien der International Dark Sky Association (IDA) zunehmend Interesse.
Als Oberbegriff wird für solche Schutzgebiete im Deutschen der Begriff Sternenpark verwendet, die IDA nennt sie International Dark Sky Places (IDSPlaces). Neben dem Mecklenburger ParkLand und einer Gemeinde auf dem Darß hat sich der Naturpark Nossentiner/Schwinzer Heide bereits intensiv mit dem Thema beschäftigt (Labuda et al. 2015). Der hierzu veröffentlichte Artikel enthält jedoch einige Fehler und Unzulänglichkeiten, auf die hier eingegangen werden soll.
2 Anerkennung von Sternenparks
Die Autoren haben die verschiedenen Organisationen Royal Astronomical Society (RASC), die allerdings nur in Kanada aktiv ist, International Dark Sky Association (IDA) und Starlight Foundation sowie deren Schutzgebietskategorien für Gebiete mit einem dunklen Himmel beschrieben. Da die Autoren mehrfach von „Befugnis“ sprechen, muss darauf hingewiesen werden, dass es sich um Zertifizierungen handelt, deren Erlangung auf einer Selbstverpflichtung der Antragsteller beruht. Zudem gibt es insbesondere bei den Kategorien der Starlight Foundation einige Ungenauigkeiten.
Die Starlight Initiative wurde von vielen Organisationen unterstützt und verabschiedete 2007 die Starlight Declaration zum Schutz des nächtlichen Himmels (Marín & Jafari 2007). Auch wenn die Starlight Initiative von der UNESCO der Kanarischen Inseln und anderen UNESCO-Organisationen unterstützt wird, gibt es keinen offiziellen Zusammenhang mit dem UNESCO Welterbe (UNESCO o.J.).
Sternenparks können nicht allein aufgrund ihres dunklen Nachthimmels als UNESCO-Welterbe anerkannt werden, zudem gibt es keine Schutzkategorie ähnlich den UNESCO-Geoparks. Zurzeit wird im Rahmen der Astronomy and World Heritage Initiative untersucht, in welchem allgemeineren astronomischen Zusammenhang auch Sternenparks eingebracht werden könnten.
Aus der Starlight Initiative wurde 2009 die Starlight Foundation gegründet, deren Hauptziel der Schutz des Nachthimmels ist, ferner astronomische Öffentlichkeitsarbeit und eine intelligente Beleuchtung und Energieeinsparung (Starlight Foundation 2015). Ein weiteres Ziel, jedoch nicht das Hauptziel, ist die Förderung eines astronomischen Tourismus. Die wichtigsten Kategorien zur Anerkennung sind die Starlight Touristic Destinations und Starlight Reserves, die vor allem in spanischsprachigen Ländern installiert wurden. Inzwischen sind Kategorien wie Starlight Hotels und Star Parks hinzugekommen. Entsprechend muss die Abb.1 von Labuda et al. (2015) abgeändert werden (Tab. 1). 2015 wurden bei den Vereinigungen IDA und RASC die Kategorien um ganz besonders dunkle Gebiete erweitert, diese wurden ebenfalls mit aufgenommen.
Für eine Anerkennung müssen Kriterien erfüllt werden, die primär den nachhaltigen Schutz einer dunklen Nacht gewährleisten. Die IDA hat die Kriterien für die verschiedenen Kategorien auf ihrer Webseite http://www.darksky.org veröffentlicht. Aufgrund der wachsenden Erfahrung durch eine steigende Zahl an Bewerbungen wurden sie in den letzten Jahren mehrfach geändert. Für die Anerkennung müssen neben Mindestanforderungen an die Qualität der nächtlichen Dunkelheit der klare Wille und konkrete Ansätze erkennbar sein, die Nacht zu schützen und die Qualität der natürlichen Nacht zu verbessern. Die erfolgreichen Anträge zur Anerkennung und Beleuchtungsrichtlinien für alle IDSPlaces sind auf der Webseite der IDA veröffentlicht.
Die Auszeichnungen der Starlight Foundation (2015) werden nach einem kostenpflichtigen Anerkennungsverfahren vergeben, zudem sind Kriterien wie 50 bzw. 60 % klare Nächte (Varela et al. 2012) im mitteleuropäischen Klima kaum zu erfüllen. Wegen des offeneren und durchsichtigeren Verfahrens wurden für die bislang ausgezeichneten deutschen Parks Anerkennungen nach den Kriterien der IDA angestrebt, wobei sich die Anerkennung IDS Reserve als das für mitteleuropäische Verhältnisse optimale Instrument erwiesen hat. Dabei werden dunkle Kerngebiete mit möglichst wenig künstlicher Beleuchtung durch Pufferzonen geschützt, in denen die Beleuchtung, etwa in Siedlungen, so auszulegen ist, dass sie die Aufhellung der dunklen Kerngebiete minimal hält.
Für die Anerkennung als IDS Reserve ist es jedoch nötig, mehr Kriterien zu erfüllen, als von Labuda et al. (2015) erwähnt. Dies sind unter anderen:
Mindestens 80 % (bezogen auf die Fläche und die Einwohnerzahl) der Kommunen im IDS Reserve muss den Beleuchtungsrichtlinien (s.u.) zustimmen.
Bei Antragstellung müssen zwei Drittel der Leuchten im Kerngebiet den Beleuchtungsrichtlinien entsprechen. Im gesamten Sternenpark müssen innerhalb von fünf Jahren 90 % und innerhalb von zehn Jahren 100 % der Leuchten diese Kriterien erfüllen – eine Bedingung, die erst in den letzten Jahren eingeführt wurde.
Beispiele (etwa 10 % der Leuchten) öffentlicher und privater Umrüstungen entsprechend den Beleuchtungsrichtlinien müssen im Rahmen der Antragstellung durchgeführt werden – als Zeichen der aktiven Unterstützung des Sternenparks durch die Beteiligten.
Die Kommunen müssen Programme entwickeln, die die Installation konformer Beleuchtung durch Informationen, Regelungen oder finanzielle Anreize fördern.
Ein Messprogramm muss die Himmelsqualität und deren Änderung überwachen.
Regelmäßige öffentliche Angebote sollen die Ziele des Sternenparks, aber auch den Wert des Schutzes der Nacht und astronomische Inhalte vermitteln.
Eine erfolgreiche Antragstellung bedarf daher längerer Vorarbeiten über mehrere Jahre.
3 Himmelshelligkeit
Die Messungen der Himmelshelligkeit von Labuda et al. (2015) sind über den ganzen Naturpark verteilt. Leider sind die Einzelmessungen nicht verfügbar, was für eine detaillierte Beurteilung nötig wäre. So ist es notwendig zu wissen, wann und wie die Messungen gemacht wurden:
Messungen in der Zeit von Mitte Mai bis Ende Juli machen auf der geografischen Breite des Naturparks wenig Sinn, da dort die astronomische Dämmerung nicht zu Ende geht und der nördliche Himmel durch die Mitternachtsdämmerung aufgehellt bleibt.
Es hat sich gezeigt, dass an vielen Orten die Himmelshelligkeit im Laufe der Nacht abnimmt, was auf Reduzierungen und Abschaltungen der künstlichen Beleuchtung zurückzuführen ist.
Zudem muss unterschieden werden zwischen Messungen im Frühjahr, wenn die Milchstraße nur flach am Horizont steht, und Messungen im Herbst, wenn sich die Milchstraße über den gesamten Himmel erstreckt und die Himmelshelligkeit im Zenit wesentlich heller ist. Die Messungen im Westhavelland und der Rhön haben Unterschiede von bis zu 0,35 mag/arcsec² ergeben!
Auch systematische Unterschiede zwischen unterschiedlichen Instrumenten müssen berücksichtigt werden, die unter Umständen über dem typischen Gerätefehler von 0,1 mag/arcsec² liegen können. So messen neuere SQM-Ls wegen eines geänderten Kalibrierverfahrens beim Hersteller etwa 0,15 mag/arcsec² heller als ältere, weshalb die Angabe der Geräteseriennummer wichtig ist.
Der Autor beobachtete während einer Messfahrt im August 2015 einen Mittelwert von 21,4 mag/arcsec² (größere Werte bedeuten dunkleren Himmel) für weite Bereiche des Naturparks und bestätigte damit den ausgezeichnet dunklen Himmel (Abb.1). Ein Helligkeitswert von 21,7 mag/arcsec² am Hellberg erscheint allerdings außergewöhnlich, nach den Lichtverschmutzungskarten müsste es dort heller als an den anderen Plätzen sein, zumal er zwischen den Lichterglocken von Goldberg und Dobbertin liegt, wo auch noch die Klosterkirche angestrahlt wird.
Eine Fischaugen-Aufnahme des gesamten Himmels, die knapp 3km nördlich des Beobachtungsplatzes Klessten aufgenommen wurde (eigene Helligkeitsmessung 21,45 mag/arcsec²), zeigt deutlich, dass die Himmelsqualität vor allem im Norden durch die Lichterglocken von Rostock und Güstrow beeinträchtigt ist, während die kleine Lichterglocke (teilweise durch ein Transformatorenhaus verdeckt) im Süden auf den Ort Goldberg mit etwa 3700 Einwohnern zurückzuführen ist (Abb. 2). Insofern wäre zu erwarten, dass die anderen drei vorgeschlagenen Beobachtungsplätze mindestens genau so dunkel sein sollten. Es ist daher notwendig, den Zeitpunkt der Helligkeitsmessungen zu berücksichtigen und diese gegebenenfalls zu korrigieren. Vermutlich dürften die Himmelshelligkeiten ohne Milchstraßeneinfluss in weiten Teilen des Naturparks bei 21,6 bis 21,7 mag/arcsec² liegen und nur nahe Ortschaften heller sein.
4 Beleuchtungsrichtlinien
Die zu zertifizierenden Schutzgebiete müssen Beleuchtungsrichtlinien entwickeln und in ihre Planungen einbringen, die sich an den gemeinsam von IDA und RASC entwickelten Empfehlungen orientieren (Dick 2013). Solche Beleuchtungsrichtlinien wurden beispielsweise gemeinsam für den Naturpark Westhavelland und das Biosphärenreservat Rhön erarbeitet (z.B. Hänel & Frank 2013). Sie gelten für zukünftig zu installierende oder umzurüstende Beleuchtung. Wesentliche Punkte dieser Richtlinien sind:
Es müssen Kriterien entwickelt werden, welche Gebiete mit welchen Lichtmengen beleuchtet werden dürfen, wobei diese möglichst gering zu wählen sind.
Voll abgeschirmte Leuchten müssen in dem Gebiet Standard sein. Das heißt, dass die Leuchten nicht weit nach außen abstrahlen, also möglichst nicht von der Seite zu sehen sind. Messtechnisch bedeutet dies, dass das Upward Light Ratio (ULR) = 0 % sein muss. Ein in Tab. 2 von Labuda et al. (2015) genannter Grenzwert von 50 % (dort auch mit vertauschten Größer-/Kleinerzeichen) ist allein aus energetischen Gründen absolut unzulänglich und würde für eine Anerkennung niemals ausreichen! Die in Abb. 6 links abgebildete Leuchte hat typischerweise ein ULR um 15 %, strahlt seitlich stark ab und erfüllt damit nicht die Kriterien. Die rechte Leuchte ist zwar gut abgeschirmt und würde bei horizontaler Montage ein ULR = 0 % haben. Offenbar scheint sie aber geneigt montiert zu sein, strahlt nach vorne und dürfte damit ein ULR >0 % haben.
Leuchtmittel sollten möglichst geringe Blauanteile haben, eine Farbtemperatur von unter 2000K (Kelvin) ist anzustreben, sie darf nicht größer als 3000K sein.
Die Beleuchtung sollte bedarfsorientiert sein, mit deutlichen Reduzierungen der Lichtmenge oder Abschaltungen in den späten Nachtstunden.
5 Fazit
Der Naturpark Nossentiner/Schwinzer Heide besitzt, wie sicher auch die benachbarten Naturparks, bezüglich der Himmelshelligkeiten das Potenzial für einen Sternenpark. Für eine Anerkennung reicht das allein jedoch noch nicht aus. Ebenso ist der zentrale Wunsch, einen Astrotourismus zu fördern, zu begrenzt. Wesentliches Ziel muss es sein, eine nächtliche Landschaft zu schützen, indem sorgsam mit künstlicher Beleuchtung umgegangen wird. Sicher ist es notwendig, eine enge Kooperation mit den lokalen Akteuren zu suchen, doch sind für eine Zertifizierung auch verbindliche Absprachen mit diesen Akteuren notwendig. Wesentlich sind dabei neben der Naturparkverwaltung die kommunalen Verwaltungen und Politiker, die ihre Unterstützung zu den Beleuchtungsempfehlungen geben müssen.
Da die Richtlinien für zukünftige Installationen und Umrüstungen gelten, muss deutlich sein, dass deren Annahme nicht mit zusätzlichen Kosten verbunden ist. Langfristig führt es zu Einsparungen, insbesondere, wenn die Beleuchtung bedarfsorientiert eingerichtet wird. Damit kommt die nächtliche Landschaft wieder näher zu ihrem ursprünglichen Charakter, die Tierwelt findet dunkle Ruhe- oder Aktivitätsräume und das menschliche Wohlbefinden und die Gesundheit wird gefördert. Dies kann eine zusätzliche Attraktivität für die Region darstellen und dann auch nicht nur den Astrotourismus fördern.
Dank
Der Autor bedankt sich bei Sabine Frank, Fulda, und Josiane Meier, Berlin, für wichtige Hinweise.
Literatur
Bardenhagen, H. (2014): International Dark Sky Park in der Eifel. Sterne und Weltraum 6/2014, 83-85.
Dick, R. (2013): Guidelines for Outdoor Lighting, RASC ( http://www.rasc.ca und http://www.darksky.org ).
Hänel, A. (2007): Schutzgebiete für den Sternenhimmel. Nationalpark 4/2007, 12-16.
– (2014): International Dark Sky Reserve in Brandenburg. Sterne und Weltraum 6/2014, 80-82.
– (2015): Sternenpark im Biosphärenreservat Rhön. Mitt. aus dem Biosphärenreservat Rhön 20, Zella/Rhön, 32-35.
–, Frank, S. (2013): Handreichungen für Kommunen. ARGE Rhön, Meiningen. Download: http://www.sternenpark-rhoen.de/informationsportal-fr-kommunen/nachhaltigen-lichtnutzung/m_31876.
Labuda, M., Koch, R., Nagyová, A. (2015): Sternenparks als Maßnahme zu Unterstützung des Naturtourismus in den Großschutzgebieten. Naturschutz und Landschaftsplanung 47 (12), 380-388.
Lorenz, D. (o.J.): Light Pollution Atlas 2006. djlorenz.github.io/astronomy/lp2006/ (27.12.2015).
Marín, C., Jafari, J. (ed., 2007): Starlight – a common heritage. IAC, Tenerife, http://www.starlight2007.net/proceedings.htm.
Starlight Foundation (2015): propuesta10112014.wordpress.com/el-universo-starlight/ (27.12.2015).
UNESCO: Statement concerning dark skies and celestial objects, whc.unesco.org/en/astronomy/ (27.12.2015)
Varela, A., Munoz-Tunon, C., Sachez, F., Martinez, L. (2012): Ensuring the excellence of Starlight Destinations: astronomical requirements for astrotourist activities. In: Hearnshaw, J. et al, Pros. 3rd Int. Starlight Conf., Lake Tekapo, 229-234.
Anmerkungen und Ergänzungen zum Beitrag von Labuda et al.
Von Andreas Hänel
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