Das Tötungsverbot in der Praxis bewerten
Bonn (r). Hinweise zu übergeordneten Kriterien zur Bewertung der Mortalität wildlebender Tiere im Rahmen von Projekten und Eingriffen gibt eine neue Anleitung, die im Auftrag des Bundesamtes für Naturschutz erstellt wurde. In einem Mortalitäts-Gefährdungs-Index wurden bereits 2012 Arten auf Grundlage einer Vielzahl an populationsbiologischen sowie naturschutzfachlichen Parametern hinsichtlich ihrer allgemeinen Gefährdung gegenüber anthropogener Mortalität eingestuft. In dem nun veröffentlichten Werk wurden diese Einstufungen aktualisiert. Zudem erfolgte erstmals auch eine Einstufung aller in Deutschland vorkommenden Gastvogelarten. In den Kapiteln 8 bis 10 wurden darüber hinaus weitere Hinweise ergänzt, wie der Mortalitäts-Gefährdungs-Index im Rahmen von Planungen und Prüfungen bei verschiedenen Vorhabentypen berücksichtigt werden kann. Download unter http://www.gavia-ecoresearch.de/ref/pdf/Bernotat_Dierschke_2015_MGI.pdf .
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Das Tötungsverbot nach §44 Abs.1 Nr.1 BNatSchG ist bei Eingriffen z.B. von Bedeutung im Hinblick auf „anlagebedingte Mortalität“ von Vögeln an Windenergieanlagen, Freileitungen, Masten, Schrägseilbrücken oder Glasscheiben. Auch bei Fledermäusen sind inzwischen bei vielen Arten höhere Totfundraten an Windenergieanlagen nachgewiesen worden. Bei Amphibien, Reptilien, Kleinsäugern, Laufkäfern oder anderen bodengebundenen Arten stellen häufig Konstruktionen mit Fallenwirkung wie z.B. Kanäle, Gruben, Schächte etc. ein Tötungsrisiko dar. Die Rechtsprechung hat deutlich gemacht, dass es hier bei unvermeidbaren Tötungen um die Frage geht, ob es sich für eine Art in einem konkreten Fall um eine „signifikant erhöhte Mortalität“ handelt (BVerwG 9A 3.06: Rn. 219f.). In der Praxis müssen daher naturschutzfachlich relevante Mortalitätsrisiken von weniger bedeutsamen bzw. planerisch vernachlässigbaren Individuenverlusten unterschieden werden.
Bei der Prognose der Mortalität zu berücksichtigen sind u.a.: (i) artspezifische Empfindlichkeiten bzw. Risiken (z.B. Bewegungsmuster, Flughöhen, Attraktionswirkungen etc.); (ii) projektspezifische Komponenten (z.B. Kfz-Intensitäten, Anlagenhöhen etc.); (iii) räumliche Konfliktkonstellationen (z.B. Querung von Migrationskorridoren oder Flugrouten etc.).
Für die Bewertung der Mortalität relevant sind u.a.:
(i) populationsbiologische Parameter (z.B. natürliche Reproduktionsrate bzw. Mortalitätsrate, artspezifisches Lebensalter der Individuen, Bestandsgrößen etc.);
(ii) naturschutzfachliche Parameter (z.B. Gefährdung, Seltenheit, Erhaltungszustand, nationale Verantwortlichkeit).
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