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Tagungen

EU-Naturschutzfinanzierung muss neue Wege einschlagen

Stopp des Artensterbens bis 2020 – neue Wege für die Naturschutzfinanzierung: unter diesem Motto haben der NABU und sein Dachverband BirdLife Europe zu einer Fachveranstaltung in Brüssel getagt. In der prunkvollen Vertretung des Freistaats Bayern sollte damit noch vor der Halbzeitbewertung des EU-Haushalts und der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) der Grundstein für eine neue Diskussion über die EU-Naturschutzfinanzierung gelegt werden.

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Von Konstantin Kreiser und Raphael Weyland

Zum Auftakt erläuterte Konstantin Kreiser, Referent des NABU für internationale Biodiversitätspolitik, warum die bisherige EU-Naturschutzfinanzierung ihrem Anspruch nicht gerecht wird, das europäische Schutzgebietsnetz Natura 2000 ausreichend auszustatten. Aus diesem Grund schlägt der NABU in einem neuen Diskussionspapier das Modell eines eigenständigen Umweltfonds der EU vor, der u.a. dazu dienen solle, die Umsetzung der grundlegenden Naturschutzgesetzgebung zu finanzieren. Dieser Fonds könnte durch Förderprogramme der Umweltverwaltungen operationalisiert und durch Instrumente wie Managementplanungen oder konkrete Maßnahmen etwa zum Biotoperhalt instrumentalisiert werden. Alternativ müssten bestehende EU-Fonds zu einem wirklich integrierten Modell mit Mindestbudgets für den Naturschutz umgebaut werden.

Daran anknüpfend erläuterte Dr. Christian Barth vom bayerischen Umweltministerium, dass Bayern aktuell noch in der glücklichen Situation sei, etwaige Lücken der Naturschutzfinanzierung im Freistaat selbst zu decken. Anton Dippold vom bayerischen Landwirtschaftsministerium beklagte hingegen die bürokratischen Anforderungen, die seiner Ansicht nach bei einer Förderung aus dem europäischen Landwirtschaftsfonds für Europäische Entwicklung (ELER) bestehen.

Trees Robijns, Agrarreferentin bei BirdLife Europe, warf ihren Blick auf den Ausgangspunkt dieses vielfach beklagten Missstands, nämlich die letzte Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) mit ihren verschiedenen Finanzierungssäulen. Die dort geschaffenen Möglichkeiten der Naturschutzfinanzierung werden ihrer Ansicht nach vielfach nicht genutzt oder gar missbraucht. Auch sei das sogenannte „Greening“ der Direktzahlungen fehlgeschlagen. Weitgehende Einigkeit bestand somit unter den Referenten darin, dass zu wenig europäische Mittel in Naturschutzmaßnahmen fließen, dass Anreize für Landnutzer weiter ausgebaut werden könnten und dass es in den Naturschutzbehörden an Personal mangelt.

In der Diskussion trafen verschiedene Sichtweisen aufeinander. Aufschlussreich war zunächst, dass Karl Falkenberg, bis August 2015 Generaldirektor der Generaldirektion Umwelt der Europäischen Kommission, selbst auch die kritische Bewertung der GAP-Reform teilte; er erläuterte, dass man angesichts der sich abzeichnenden fortdauernden Unterfinanzierung des Naturschutzes auch in seinem Hause jetzt über einen eigenen Fonds nachdenke. MdEP Albert Deß (EVP/CSU) sprach sich indes eindeutig gegen einen eigenen Fonds für Naturschutzmaßnahmen aus und beklagte aber auch, dass das Ergebnis der letzten Agrarreform aus seiner Sicht unbefriedigend und für Landwirte zu bürokratisch sei.

MdEP Martin Häusling (Grüne) bemängelte, dass die EVP selbst eine große Verantwortung für die missglückte Reform trage. Der freiwillige Ansatz der GAP versage ohne ausreichende Finanzausstattung der zweiten Säule. MdEP Maria Noichl (S&D/SPD) kritisierte, dass nicht einmal die strategischen Ziele der EU-Agrarpolitik geklärt seien, weshalb man auch noch nicht über einzelne Instrumente diskutieren könne. Dr. Aard Mulders vom niederländischen Wirtschaftsministerium hielt es für interessanter, Fragen der Kooperation zwischen Landwirten und Naturschützern weiter zu klären, bevor Fragen der Naturschutzfinanzierung vertieft würden.

Der Fachbereichsleiter Naturschutz und Umweltpolitik des NABU, Dr. Eick von Ruschkowski, bekräftigte daraufhin, dass der NABU und auch BirdLife Europe nicht das Prinzip der Kooperation mit den Landwirten in Frage stellten; diese seien weiter unverzichtbare Partner für den Naturschutz. Der derzeitige Ansatz einer in die zweite Säule der GAP (ELER-Fonds) integrierten Naturschutzfinanzierung habe bisher zwar in Einzelfällen gute Resultate für die Artenvielfalt bewirkt, sei aber insgesamt bei weitem unzureichend, quantitativ wie qualitativ. Das System würde diejenigen Landwirte nicht angemessen honorieren, die etwas für den Naturschutz tun wollten. Nach mehreren Reformrunden müsse man nun die Frage stellen, ob es nicht Zeit für einen grundsätzlichen Wandel sei, echte Leistungen von Landnutzern über einen EU-Umweltfonds zu hono­rieren.

Ariel Brunner von BirdLife Europe resümierte abschließend, Einigkeit herrsche darüber, dass das derzeitige System der Naturschutzfinanzierung nicht funktioniere und weder für die Umwelt noch für Landwirte, Mitgliedstaaten oder Europäische Kommission zufriedenstellend sei. Aus diesem Grund sollten die Bürger Europas die Zahlungen der Europäischen Union an Landwirte zu Recht genau unter die Lupe nehmen. Pointiert wies er darauf hin, dass es sich hierbei nicht um Geld des Agrarsektors handele, sondern um das Geld der Steuerzahler, welches künftig nur noch bei Gegenleistungen, zum Beispiel für naturschutzverträgliche Landwirtschaft, aufgewandt werden sollte. Anders seien die Ziele der Biodiversitätsstrategie, das Artensterben bis zum Jahr 2020 zu stoppen, nicht zu erreichen. Insofern sei der Anstoß zu einer Diskussion über die Neuordnung der EU-Naturschutzfinanzierung sehr zu begrüßen.

Link zum Diskussionspapier des NABU zur zukünftigen Naturschutzfinanzierung:

http://www.nabu.de/imperia/md/content/nabude/europa/150527-nabu-naturschutzfinanzierung_nabu-diskussionspapier.pdf

Kontakt

Konstantin Kreiser, BABU-Bundesgeschäftsstelle, Referent für internationale Biodiversitätspolitik und Koordinator der BirdLife Task Force zur EU-Naturschutzpolitik, Berlin

> Konstantin.Kreiser@NABU.de>
http://www.nabu.de

Dr. Raphael Weyland, NABU, Referent für EU-Natur­schutzpolitik, Brüssel

> Raphael.Weyland@NABU.de

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