Acht-Punkte-Programm zum Artenschutz
Berlin/Bonn (BfN). Deutschland beherbergt rund 48000 Tierarten, 9500 Pflanzen- und 14400 Pilzarten. In der Roten Liste Deutschlands wurden mehr als 32000 heimische Tiere, Pflanzen und Pilze hinsichtlich ihrer Gefährdung untersucht. Dabei zeigt sich ein ernüchterndes Bild: Rund 31 % wurden als bestandsgefährdet eingestuft, 4 % sind bereits ausgestorben. Das ist eine der Bilanzen, die das Bundesamt für Naturschutz in seinem ersten umfassenden Artenschutz-Report zieht.
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Von den aktuell untersuchten 11000 Tierarten sind 30 % bestandsgefährdet und 5 % ausgestorben. Fast 28 % der Wirbeltierarten sind aktuell bestandsgefährdet. Bei den Wirbellosen gelten sogar 45,8 % der bislang 6057 untersuchten Arten und Unterarten als bestandsgefährdet, extrem selten oder bereits ausgestorben. Die Situation der Brutvogelarten hat sich in den letzten Jahren spürbar verschlechtert: Über die letzten zwölf Jahre nahmen 34 % der Brutvogelarten in ihrem Bestand mehr oder weniger stark ab. Über 23 % der Zugvogelarten sind bestandsgefährdet und stehen auf der Roten Liste der wandernden Vogelarten.
An vorderster Stelle der Ursachen für die Gefährdung der Arten stehen intensive Formen der Landbewirtschaftung. Weitere wesentliche Gefährdungen liegen in Forstwirtschaft, Wasserbau und Gewässerunterhaltung, Baumaßnahmen sowie Sport- und Freizeitaktivitäten. Unter den 25 wichtigsten Gefährdungsursachen dominieren damit Maßnahmen, die mit einer Intensivierung der Nutzung von Natur und Landschaft und damit einhergehenden Veränderungen bzw. der Zerstörung der Lebensräume verbunden sind.
In einem Acht-Punkte-Programm stellt das BfN die wichtigsten erforderlichen Maßnahmen vor (redaktionell gekürzt):
1. Bestehende Artenschutzprogramme sind auszubauen und zu ergänzen, um die besonders gefährdeten Arten zu erhalten – v.a. solche, bei denen Flächenschutz allein nicht ausreicht, sowie Verantwortungsarten.
2. Das bestehende Schutzgebietssystem ist auf Lücken zu überprüfen und weiterzuentwickeln, denn ein repräsentatives und gut vernetztes System von Schutzgebieten ist wesentlich, um in der intensiv genutzten Kulturlandschaft hinreichend Rückzugsmöglichkeiten für Arten mit besonders spezialisierten Lebensraumansprüchen zu bieten. Wichtig sind zudem gebietsspezifische Managementpläne und eine ausreichende Ausstattung mit personellen und finanziellen Ressourcen.
3. Effektiver Artenschutz profitiert am besten vom Schutz der betreffenden Lebensräume und einer in der Fläche nachhaltigen und naturverträglichen Nutzung. Für landwirtschaftlich genutzte Flächen ist eine gestärkte ökologische Komponente der europäischen Agrarförderung (GAP) vorzusehen. Dazu gehören beispielsweise ein bundesweites vollständiges Grünlandumbruchsverbot sowie eine sinnvolle Ausgestaltung der ökologischen Vorrangflächen innerhalb der GAP. Vertragsnaturschutz ist finanziell besser auszustatten und noch zielgerichteter zu konzipieren.
4. Nutzungsfreie Wälder sind unabdingbar, um das gesamte Spektrum der Artenvielfalt zu erhalten. Der Anteil nutzungsfreier Wälder ist gemäß Nationaler Strategie zur biologischen Vielfalt auf 5 % an der Waldfläche zu erhöhen. Naturverträgliche Nutzung mit Strukturreichtum und einer natürlichen Baumartenauswahl müssen den Artenschutz fördern. Naturschutzleistungen im Wald sind angemessen zu honorieren.
5. Die Vernetzung von Lebensräumen ist wichtig, u.a. um Ausbreitung und Genaustausch von Individuen zu befördern und zugleich die Anpassung an den Klimawandel zu erleichtern. Um die Vernetzung der Lebensräume zu verbessern, sind ausreichend naturnahe Landschaftselemente vorzusehen und der gesetzlich geforderte bundesweite Biotopverbund auf 10 % der Fläche eines jeden Bundeslandes einzurichten.
6. Die Flüsse sind wieder durchgängig zu gestalten und mit ihren Auen zu verbinden. Die Fläche durchströmter Auen ist bundesweit zu vergrößern – als Lebensraum und zur Erbringung vielfältiger Ökosystemleistungen. Bei der Umsetzung von Hochwasserschutzmaßnahmen ist auf bestmögliche Synergien zwischen Belangen des Naturschutzes und des Hochwasserschutzes zu achten.
7. Für die marinen Schutzgebiete in der Ausschließlichen Wirtschaftszone sind die Voraussetzungen zu schaffen, dass diese tatsächlich Rückzugsgebiete und Ruheräume für gefährdete Arten darstellen – insbesondere durch eine ökosystemverträgliche, nachhaltige Fischerei.
8. Um noch zielgerichteter Schutzmaßnahmen für die Arten durchführen zu können, ist es erforderlich, bessere Datengrundlagen über die Gefährdungssituation bzw. den Erhaltungszustand der Schutzgüter zu schaffen, fortzuführen und weiterzuentwickeln. Die in diesem Zusammenhang unersetzlichen Leistungen des Ehrenamtes sind höher wertzuschätzen und professionell zu begleiten.
Download des Artenschutz-Reports: http://www.bfn.de.
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