Stickstoffeinträge halbieren
Berlin (SRU/r). Der zu hohe Eintrag von reaktiven Stickstoffverbindungen in die Umwelt gefährdet die menschliche Gesundheit, die Gewässer, die Biodiversität und das Klima. „Die Politik muss dieses bedeutende Umweltproblem entschiedener als bisher angehen. Dies betrifft sowohl die Landwirtschafts-, Verkehrs- als auch die Energiepolitik. Deshalb ist eine Stickstoffstrategie nötig“, forderte Prof. Karin Holm-Müller, die stellvertretende Vorsitzende des Sachverständigenrates für Umweltfragen (SRU) der Bundesregierung. Der SRU übergab sein Sondergutachten „Stickstoff: Lösungsstrategien für ein drängendes Umweltproblem“ an Bundesumweltministerin Barbara Hendricks.
- Veröffentlicht am
Die Belastung der Umwelt mit reaktivem Stickstoff sei ein vielfach unterschätztes Problem. Es gehe nicht allein um die Vermeidung von Nitratbelastungen im Trinkwasser, erklären die „Umweltweisen“. Zu hohe Nährstoffeinträge führten zu weitreichenden Schäden an der Biodiversität. Zum Beispiel beeinträchtige die verminderte Vielfalt blühender Pflanzen auf Wiesen und Äckern die Ernährungsgrundlage von Bestäubern wie Bienen. Die Überdüngung der Meere führe zu verstärkter Algenbildung. Sichtbare Folge sei die Schaumbildung an den Stränden der Ost- und Nordsee. Zu hohe Stickstoffoxidkonzentrationen in der Luft gefährdeten die menschliche Gesundheit, Lachgasemissionen trügen zum Klimawandel bei. Die wichtigsten Ursachen seien die Düngung in der Landwirtschaft und die Verbrennung von Kohle, Öl oder Biomasse.
Wegen zu hohen Konzentrationen von reaktiven Stickstoffverbindungen in Luft und Gewässern verfehlt Deutschland vielfach die Vorgaben der europäischen Umweltpolitik, heißt es weiter. 27 % der Grundwasserkörper befänden sich aufgrund einer zu hohen Nitratkonzentration in schlechtem chemischen Zustand, 48 % der natürlichen und naturnahen Ökosysteme an Land seien von Eutrophierung betroffen (Zahl für das Jahr 2009) und an etwa 70 % der innerstädtischen, stark durch den Verkehr beeinflussten Messstationen werde der Langzeitgrenzwert für Stickstoffdioxid in der Luft von 40μg/m3 überschritten. „Eine umweltpolitische Vorreiterrolle sieht anders aus“, stellte das federführende Ratsmitglied, Prof. Heidi Foth, fest. Der SRU gehe davon aus, dass mindestens eine Halbierung der Stickstoffeinträge in Deutschland und der EU notwendig wäre, um nationale und internationale Qualitätsziele zu erreichen.
Um dem Thema ein angemessenes politisches Gewicht und eine deutlich höhere öffentliche Aufmerksamkeit zu verleihen, empfiehlt der SRU daher eine Stickstoffstrategie. Diese sollte von Bund und Ländern gemeinsam entwickelt werden. Dazu liefert der Rat in seinem Gutachten über 40 Handlungsvorschläge.
Die angesprochene Umweltministerin Hendricks unterstrich den Handlungsbedarf und verwies darauf, dass daher die Düngeverordnung novelliert werde. Der Entwurf liege derzeit den Bundesländern und Verbänden zur Stellungnahme vor. Begrüßt hat u.a. die Deutsche Bundesstiftung Umwelt das Sondergutachten. Der NABU forderte die Bundesregierung auf, ein verbindliches Aktionsprogramm aufzulegen.
Das Sondergutachten „Stickstoff: Lösungsstrategien für ein drängendes Umweltproblem“ kann unter http://www.umweltrat.de heruntergeladen werden. Ein Hintergrundpapier zum Stickstoff hat das Umweltbundesamt publiziert unter http://www.umweltbundesamt.de/stickstoff-belastet-waelder-trinkwasser.
Zu diesem Artikel liegen noch keine Kommentare vor.
Artikel kommentierenSchreiben Sie den ersten Kommentar.