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Kurz berichtet

Nationaler Bericht zu FFH- und Vogelschutzrichtlinie vorgelegt

Alle sechs Jahre haben die Länder an die EU zu berichten: Welchen Stand der Umsetzung haben sie bei der Anwendung der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie (FFH-Richtlinie) und der Vogelschutzrichtlinie erreicht, d.h. wie ist die Situation der zu schützenden Arten und Lebensräume? Erstmals legt der Bund nun für beide Richtlinien zeitgleich gemeinsam eine „Generalinventur“ vor. Auszüge aus den durch das BfN zusammengefassten Ergebnissen.

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„Lage der Natur“ immer schlechter

Die Inventarisierung von Arten und Lebensräumen mit europaweiter Bedeutung ist repräsentativ für Deutschland bzw. die Lebensräume decken weite Flächen Deutschlands ab, so dass damit auch eine Bewertung für wesentliche Bestandteile unserer biologischen Vielfalt vorliegt. Da die Befunde überwiegend auf Geländedaten beruhen, liegt nun im Naturschutz eine mit anderen Umweltbereichen vergleichbare Datenqualität vor. Die Daten wurden u.a. in fast 12000 Stichproben erhoben, die vom Gipfel des Feldbergs bis auf den Grund von Nord- und Ostsee reichen.

FFH-Richtlinie

Insgesamt ist bei 25 % der Arten der von der EU geforderte günstige Erhaltungszustand erreicht, 29 % zeigen einen schlechten und 31 % einen unzureichenden Erhaltungszustand (Tab. 1). Bei den Lebensräumen sind 28 % in einem günstigen, 39 % in einem unzureichenden und 31 % in einem schlechten Zustand. Dabei ist der Status in den Alpen überwiegend günstig, in Nordwestdeutschland mit seiner dichten Besiedlung und seinen landwirtschaftlich oft gut nutzbaren ebenen Flächen (Börden) ist die Situation am ungünstigsten (Tab. 1).

Besonders ungünstig ist der Zustand bei Amphibien, Wanderfischen, Schmetterlingen, Moosen sowie Meeren und Küsten, Heiden, Süßwasserlebensräumen, Mooren und allen Grünland-Lebensräumen. Abb.1 illustriert den Erhaltungszustand der Lebensraumtypen, gegliedert nach Formationen in den drei biogeographischen Regionen.

Im Grünland sind in der ganzen atlantischen und in der kontinentalen biogeografischen Region keine günstigen Bewertungen vorhanden. Auch bei den Binnengewässern ist in der atlantischen Region kein einziger Lebensraum günstig bewertet. Ein durchweg ungünstiger Erhaltungszustand liegt außerdem für die Moore, Sümpfe und Quellen für die atlantische und die kontinentale Region vor (Feuchtlebensräume des Offenlandes). Positiv fallen hingegen die Felsen und Schutthalden auf, bei denen alle Lebensräume über alle drei Regionen hinweg als günstig eingestuft werden.

Günstigere Zustände gibt es bei den Arten vor allem bei vielen Fischen (außer Wanderfischen), Säugetieren, insbesondere bei den Fledermäusen.

Neben dem Erhaltungszustand wird dessen Trend angegeben, d.h. ob sich Bestände – z.B. auf einem bestimmten Niveau – stabilisiert, positiv oder negativ entwickelt haben. 54 % der Arten und 58 % der Lebensräume haben hier einen zunehmenden oder stabilen Trend, 21 % bzw. 31 % einen abnehmenden (25 % bzw. 10 % unbekannt). Für Fischotter, Lachs und andere anspruchsvolle Wanderfische mit positivem Trend kann damit zukünftig der Sprung zu einem besseren Erhaltungszustand gelingen.

Vogelschutzrichtlinie

Der Vogelschutzbericht zeigt, dass etwa jeweils ein Drittel der Arten einen abnehmenden, einen stabilen bzw. fluktuierenden und einen zunehmenden Bestandstrend haben. Dabei ist der Anteil von Brutvogelarten mit Bestandsabnahmen in den letzten zwölf Jahren höher als der mit Bestandsabnahmen in den letzten 25 Jahren: Über den kurzfristigen Zeitraum zeigt ein Drittel aller Brutvogelarten (84 Arten) signifikante Bestandsrückgänge, über den längeren Zeitraum war es lediglich ein Viertel der Arten (65 Arten). Dieses deutet auf einen in den letzten zwölf Jahren insgesamt zunehmenden Druck auf die Vogelbestände hin. Die stärksten Anteile rückläufiger Bestände weisen dabei Arten des Offenlands und des Siedlungsbereiches auf.

Bei den überwinternden Wat- und Wasservögeln überwiegen die Arten mit zunehmenden Beständen, was sowohl für die Trends über die letzten 25 als auch über die letzten zwölf Jahre gilt. Knapp 30 % der überwinternden Wasservogelarten zeigten über den Zwölf-Jahres-Zeitraum Bestandszunahmen, während 17 % abnehmende Populationen aufwiesen (Abb. 2).

FFH-Vergleich 2007/2012

Im FFH-Bericht 2007 wurden – z.T. mit noch unvollständigen Geländedaten – erstmals die Erhaltungszustände von Arten und Lebensräumen erfasst. Vergleicht man die damaligen mit den jetzigen Ergebnissen, so fällt zuerst auf, dass ein erheblicher Teil der Veränderungen durch verbesserte Daten oder methodisch bedingt sind (s.u.). Betrachtet man nur die tatsächlichen, im Gelände manifestierten Ver­änderungen, so halten sich Verbesserungen und Verschlechterungen bei den Arten ungefähr die Waage: 18 Verschlechterungen (darunter viele Amphibien) stehen 16 Verbesserungen (vor allem bei Fischen, Reptilien und größeren Säugetieren wie Biber, Wildkatze, Kegelrobbe) gegenüber. Auch der Anteil der Arten mit günstigem bzw. ungünstigem und schlechtem Erhaltungszustand ist gegenüber 2007 weitgehend unverändert (Tab. 1).

Dagegen haben sich 13 Lebensräume tatsächlich verschlechtert, sechs davon sind Lebensräume, die auf eine nachhaltige Grünlandnutzung oder Biotoppflege angewiesen sind (z.B. Mähwiesen, Binnendünen, Heiden). Gleichzeitig verringert sich der Anteil von Lebensräumen in günstigem Erhaltungszustand und der mit ungünstigem und schlechtem Zustand steigt (Tab. 1).

Bei den Vögeln ist kein Vergleich möglich, da der Vogelschutzbericht erstmals Angaben zu Verbreitung, Status und Trend der Vogelarten enthält.

Analysen

In der Kurzfassung nimmt das BfN auch Analysen vor. Es stellt einerseits heraus, dass Naturschutz Erfolge verzeichnen kann – so hat sich der Zustand bei den geschützten Arten zwischen 2007 und 2013 insgesamt stabilisiert, etwa bei Wildkatze, Sand-Silberscharte und Seeadler. Auf der anderen Seite verweist das Amt eindringlich auf Warnsignale:

Folgen intensiver Landwirtschaft werden spürbar – trotz umfangreicher Förderung im Rahmen von Agrar­umweltprogrammen und Vertragsnaturschutz auf ca. 40 % der Agrarfläche sind die landwirtschaftlich genutzten Lebensräume der Agrarlandschaft überwiegend in einem schlechten Erhaltungszustand. Teilweise haben sie sich in den letzten sechs Jahren weiter verschlechtert – wie die Mageren Flachland- und die Berg-Mähwiesen. Die Feldlerche ist ein Beispiel für die Arten mit negativer Entwicklung in Ackerlandschaften. Kiebitz und Uferschnepfe zeigen schon seit Jahrzehnten fortgesetzte Bestandsverluste.

Flussauen spielen eine zentrale Rolle – nicht nur für den Naturschutz. Von natürlicher Dynamik abhängige Lebensräume wie Flüsse mit Pioniervegetation besitzen einen ebenso schlechten Erhaltungszustand wie darauf angewiesene Arten wie Fischotter, Geburtshelferkröte und Edelkrebs. Hinzu kommt die Rückhaltefunktion naturnaher Auen für den Hochwasserschutz ebenso wie für Nährstoffe. Von den ursprünglich in Deutschland vorhandenen Hartholzauenwäldern sind nur noch weniger als 1 % übrig geblieben. Nur noch 10 % der rezenten Auen der großen Flüsse sind naturnah und ökologisch funktionsfähig.

Schweinswale und Stellnetze kennzeichnen Herausforderungen im Meeresnaturschutz. Der FFH-Bericht zeigt deutlich, wie schlecht es den Arten und Lebensräumen des Meeres geht. Zwar zeigen sich bei Seehund und Kegelrobbe positive Entwicklungen in der Ostsee und in der Nordsee ist der günstige Zustand bereits erreicht. Schweinswal, Sandbänke und Riffe sind aber sowohl in der Nord- als auch in der Ostsee in einem unzureichenden oder sogar schlechten Zustand. Eine wesentliche Ursache dafür sind durch die Fischerei verursachte Beeinträchtigungen. So ertrinken viele Seevögel und Schweinswale qualvoll in Stellnetzten. Andere Nutzungen wie der Ausbau der Windenergie, Unterwasserlärm, die Gewinnung von Rohstoffen (Öl, Gas, Sand, Kies u.a.), Pipelines und Seekabel können ebenfalls negative Auswirkungen haben

Zugvögel leben besonders gefährlich. Während Bemühungen im Wattenmeer Erfolge zeigen, da viele Wasservögel stabile oder zunehmende Bestände zeigen, ist der Anteil abnehmender Arten bei den Langstreckenziehern besonders groß. Dieser Trend hat sich in den letzten zwölf Jahren sogar verstärkt. Wer weit zieht, lebt also besonders gefährlich (z.B. Rauch- und Mehlschwalbe). Daher reicht es nicht, nur die Lebensräume bei uns zu schützen, sondern es müssen alle Glieder der Lebensraumkette tragfähig sein.

Flächenverbrauch belastet unsere Umwelt – der Anstieg der Siedlungs- und Verkehrsfläche für das vierjährige Mittel von 2009 bis 2012 beträgt nach Angaben des Statistischen Bundesamts 74ha pro Tag. Damit hat sich der Anstieg gegenüber dem vormaligen Mittelwert von 81ha pro Tag (2008 – 2011) zwar leicht verlangsamt. Der Zielwert der Nationalen Nachhaltigkeitsstrategie (NHS) und der Nationalen Strategie über die biologische Vielfalt (NBS) beträgt 30ha pro Tag bis 2020. Wiedervernetzung kann Abhilfe gegenüber der wachsenden Zerschneidung schaffen. Gegenwärtig gibt es an Bundesfernstraßen in Deutschland 77 Grünbrücken. Sechs Grünbrücken sind im Bau (Stand 2013). Das 2012 verabschiedete Bundesprogramm Wiedervernetzung sieht 93 als prioritär eingestufte Maßnahmen vor – sie sind auch für die Kohärenz des Schutzgebietssystems Natura 2000 wichtig.

Wo sind die Ergebnisse verfügbar?

Die wichtigsten Ergebnisse (Erhaltungszustände und Trends der FFH-Arten und Lebensräume, Bestandszahlen und Bestandstrends der letzten zwölf Jahre bei den Vögeln) sind auf den Webseiten von BMUB ( http://www.bmub.bund.de/p2976 ) und BfN ( http://www.bfn.de/0405_hintergrundinfo.html ) verfügbar. Dort können auch Kreisdiagramme sowie Steckbriefe ausgewählter Arten und Lebensräume heruntergeladen werden.

Die vollständigen Angaben zu den FFH-Arten und Lebensräumen einschließlich der Verbreitungskarten sind ab sofort auf den Webseiten des BfN zu finden ( http://www.bfn.de/0316_bericht2013.html ). Die Angaben zu den Vogelarten werden derzeit noch aufbereitet und sollen ab Sommer 2014 verfügbar sein. Die Europäische Kommission wird die Ergebnisse aller Mitgliedstaaten ab Mitte 2014 im Internet veröffentlichen.

Quelle: Bundesamt für Naturschutz (Hrsg., 2014): Die Lage der Natur in Deutschland – Ergebnisse von EU-Vogelschutz- und FFH-Bericht. Bonn, 17S.

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