Bitte vorher fragen ... – mitsprechen über die Zukunft der Landschaft
„Flughafen, Oper, Bahnhof – wir fragen dich vorher!“. Ein Wahlplakat zur bevorstehenden Wahl zum Europäischen Parlament am 25. Mai bringt eigentlich eine Selbstverständlichkeit auf den Punkt: Es geht heute nicht mehr an, dass Politiker als gewählte Vertreter der Bevölkerung Zukunftsentscheidungen heimlich, still und leise unter sich ausmachen. Doch die „Wutbürger“, schon einmal thematisiert an dieser Stelle, empören sich nicht allein über die großen Bauprojekte, sondern auch über die flächenwirksamen Entscheidungen. Und mehr und mehr wandelt sich das „Dagegensein“ in ein konstruktives Bemühen, bessere Alternativen aufzuzeigen – man denke an den gerade in vielen Regionen laufenden Prozess zur Aufstellung Regionaler Entwicklungskonzepte für die Leader-Förderung.
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Was denkt die Bevölkerung über die schleichenden Veränderungen ihrer Lebensumwelt? Welche Umwelt wünscht sie? Schauen wir uns die Themen in der vorliegenden Mai-Ausgabe unter diesem Aspekt an:
Agrarlandschaften wandeln sich aufgrund förderpolitischer Entscheidungen. Wie sehen Erholungssuchende sich ausdehnende Maislandschaften und den Anbau von Kurzumtriebsplantagen? Thiemen Boll und Christina von Haaren ermittelten die Akzeptanz für den Dendromasseanbau in vier Erholungslandschaften der Metropolregion Hamburg. Grünlandverluste werden kritisch, mehr Gehölze gebietsspezifisch differenziert gesehen. Deutlich wird, dass daher eine räumliche Steuerung unter der Beteiligung aller Raum- und nicht allein der Landnutzer nötig ist.
Um zu bewerten, welche Bedeutung landwirtschaftliche Betriebe für Pflanzen und Tiere besitzen, stellen Helge Neumann und Uwe Dierking ein Verfahren zum „Biodiversitätswert“ vor. Ein hilfreiches Tool, um künftig eine zentrale gesellschaftliche Anforderung an die Agrarpolitik mess- und nachweisbar zu erfüllen. Gerade erst hat das „Eurobarometer“ der Europäischen Kommission ergeben, dass 91 % der Bürger(innen) eine Verknüpfung der Finanzhilfen für die Landwirte mit der Einhaltung umweltfreundlicher landwirtschaftlicher Verfahren wünschen.
Kleine Fließgewässer spielen bei der (schleppenden) Umsetzung der europäischen Wasserrahmenrichtlinie keine Rolle. Martin Reiss und Natascha Zipprich haben ein Verfahren entwickelt, wie Verrohrungen als künstliche Wanderbarrieren einfach erfasst und bewertet werden können. Auch hier gilt: Eine Anwendung des Verfahrens wird es nur auf breiter Front geben, wenn engagierte Bürger(innen) darauf drängen.
Geradezu alarmierend sind die Ergebnisse des nationalen Berichts zum Erhaltungszustand der Arten und Lebensräume nach FFH- und Vogelschutzrichtlinie. Selbst der Schutz in den Vorranggebieten des Naturschutzes klappt nicht ausreichend – die Mitsprache der Öffentlichkeit muss dazu führen, dass EU, Bund und Länder wenigstens hier so viel Geldmittel in die Hand nehmen, dass der Biodiversitätsverlust umgekehrt wird!
Die Macht der Entscheidung liegt aber nicht allein in der Politik, sondern ein gewichtiges Wörtchen hat auch die Verwaltung mitzureden. Das belegt Thomas Wegmann in einem Diskussionsbeitrag, in dem er ein Fallbeispiel aus der Stadt Münster schildert.
Claus Mayr weist in seiner monatlichen Kolumne auf das gewachsene Gewicht des Europäischen Parlaments hin. Auch in Brüssel und Straßburg bestehen mehr denn je Mitsprachemöglichkeiten, die über das Kreuzchen auf dem Wahlzettel am 25. Mai hinausgehen – etwa durch die öffentlichen Konsultationsprozesse.
Die (Fach-)Öffentlichkeit in Naturschutz und Landschaftsplanung darf nicht müde werden, den Finger immer wieder in die Wunden von Fehlentscheidungen zu legen. Agrar- und die überaus landschaftsrelevante Energiepolitik sind zwei Themen, die in diesem Sinne auch in Naturschutz und Landschaftsplanung immer wieder aufgegriffen werden.
Gerade flattert eine Pressemitteilung von Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt auf den Tisch. Er startete die Initiative „Bienen füttern“: „Wir brauchen mehr bienenfreundliche Pflanzen in unseren Gärten und auf den Balkonen“, propagiert gerade der, der den ungleich größeren Schlüssel für die Rettung der Bienen in der Hand hält, sich aber wie seine Vorgängerin Ilse Aigner weitgehend von einer einseitigen Agrarlobby soufflieren lässt: die Agrarpolitik.
Die Lehre der Geschicht‘: Bürgerinnen und Bürger, artikuliert eure Meinung! So wie die Bäuerliche Erzeugungsgemeinschaft Schwäbisch Hall, Vorreiter einer „anderen Agrarpolitik“, am selben Tag in ihrem Organ „Dreispitz“ Zivilcourage einfordert, wenn es um die laufenden geheimen Verhandlungen zwischen USA und EU um das Transatlantische Freihandelsabkommen TTIP geht: „Statt bäuerlicher Landwirtschaft ist Gentechnik und Freihandel mit der USA angesagt, die größtmögliche Bedrohung unserer bäuerlichen Strukturen, unserer indigenen Kultur und des freien Zugangs zu unseren natürlichen Ressourcen.“ Das ist etwas, was die breite Bevölkerung auf keinen Fall wünscht ... – hat sie mal jemand gefragt?
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