Geben Sie einen Suchbegriff ein
oder nutzen Sie einen Webcode aus dem Magazin.

Geben Sie einen Begriff oder Webcode ein und klicken Sie auf Suchen.

Wie breit ist der ­F(l)ussabdruck?

Berlin. Für uns Menschen endet ein Fluss in seiner Ausbreitung dort, wo Wasser in Land übergeht – an der Uferkante. Ein internationales Team von Ökologen, darunter Prof. Klement Tockner vom Leibniz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei (IGB) in Berlin, hat nun in einer in „The Ecological Society of America“ veröffentlichten Studie eine andere Definition der Gewässergrenze dargelegt – die aus Sicht einer Libelle oder eines Frosches weitaus plausibler sein dürfte.

Veröffentlicht am
Dieser Artikel ist in der erschienen.
PDF herunterladen
Artikel teilen:

Die Kernaussage: Der Fußabdruck eines Fließgewässers in der Landschaft ist weitaus größer/breiter als der F(l)uss. Das bezieht sich nicht darauf, dass kleine Rinnsale bei Hochwasser zu reißenden Strömen werden und die Ufer überfluten; die Forscher können in ihrer umfangreichen Analyse vielmehr aufzeigen, dass die biologische Wirkungsgrenze eines aquatischen Ökosystems weit über die sichtbare morphologische Begrenzung hinaus geht. Das teilte die Pressestelle des Forschungsverbunds Berlin mit.

Die Ergebnisse stellten bisherige Renaturierungsmaßnahmen von Fließgewässern in ein ganz neues Licht. Denn bei diesen habe der Fokus darauf gelegen, Anpassungen im Gewässer oder direkt am Gewässer vorzunehmen. Für den Schutz vieler Insektenarten, Amphibien oder Fledermäuse reiche das sicher oft nicht aus, wie die Ergebnisse der Studie nun zeigten.

Die Forscher analysierten die vorhandenen Daten aus vorausgegangenen Studien, um den biologischen „F(l)ussabdruck“ eines Wasserlaufs in der Landschaft zu definieren: der Eintrag von aquatischer Biomasse in die angrenzenden terrestrischen Systeme. Um die Daten skalieren zu können, bestimmten die Forscher einen 50-%igen und einen 10-%igen „F(l)ussabdruck“. Das ist die Entfernung zum Gewässer, bei der noch die Hälfte bzw. 10 % des maximalen Biomasseeintrags von aquatischen in terrestrische Nahrungsnetze zu beobachten ist. Viele Insekten leben als Larven im Gewässer, schlüpfen und fliegen dann an Land, wo sie Amphibien, Fledermäusen und anderen Insekten als Nahrung dienen.

Zwar befinde sich der 50- %ige „F(l)ussabdruck“ im nahen Uferbereich – wenige Meter vom Wasser entfernt werden also die Hälfte der Beutetiere aus dem Wasser von den terrestrischen Räubern verspeist. Aber über 500m und mehr vom Fluss entfernt seien immer noch 10 % dieser Tiere Teil des Nahrungsnetzes an Land. „Viele Renaturierungsmaßnahmen zeigen nicht den gewünschten Erfolg, etwa die Wiederherstellung der biologischen Vielfalt. Ein Grund ist, dass wir das Umland zu wenig in die Maßnahmen mit einbeziehen“, so Klement Tockner.

Mittels der Analyse konnten die Wissenschaftler auch die Variablen identifizieren, welche für den „F(l)ussabdruck“ in der Landschaft ausschlaggebend sind: Die Primärproduktion eines Gewässers spiele eine große Rolle. Je höher diese ist, desto größer sei auch der „F(l)ussabdruck“ und desto geringer auch der Gradient, mit dem er in der Landschaft abnimmt. Nicht stabile, weniger produktive Flüsse hätten demnach einen schmaleren „F(l)ussabdruck“ als stabile aquatische Ökosysteme. Ob ein Gewässer intakt ist oder nicht, spiele also nicht nur für die Lebewesen im Wasser, sondern auch für jene an Land eine zentrale Rolle, lautet das Fazit der Studie.

0 Kommentare
Was denken Sie? Artikel kommentieren

Zu diesem Artikel liegen noch keine Kommentare vor.
Schreiben Sie den ersten Kommentar.

Artikel kommentieren
Was denken Sie? Artikel kommentieren