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Gegen Düngung des Bodensees

Radolfzell (GNF). Der Umweltrat Bodensee hat sich entschieden gegen eine Änderung der gegenwärtigen Praxis ausgesprochen, das Gewässer mit möglichst wenig nicht-natür­lichem Phosphat zu belasten. Anders lautende Forderungen zur Förderung des Felchenwachstums widersprächen deutschem und europäischen Umwelt- und Naturschutzrecht.

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Aktuell geäußerte Forderungen, der Bodensee solle mit mehr als der gegenwärtig zulässigen Menge von 0,3 mg/m³ Phosphat im Abwasser aus Kläranlagen belastet werden, seien nach geltendem Recht verboten. Eine Änderung dieser Praxis würde unweigerlich Klagen nach europäischem Umweltrecht nach sich ziehen, heißt es in der Stellungnahme. Für die im Vergleich zu an­deren deutschen Gewässern stärkere Phosphatfällung gebe es gute Gründe: Halb Baden-Württemberg trinke Wasser aus dem Bodensee. Allein auf deutscher Seite seien über 4,5Mio. Menschen an die ­Bodensee-Wasserversorgung oder kommunale Entnahmestellen angeschlossen. „Nach einer aktuellen Studie zu den Ökosystemleistungen des Bodensees von Global Nature Fund und der FH Rottenburg entspricht das einer Wirtschaftskraft von mindestens 280 Mio. Euro, allein auf deutscher Seite. Die jährliche Wirtschaftskraft des Tourismus am Bodensee wird auf rund 1 Mrd. Euro beziffert“, erläuterte Jörg Dürr-Pucher im Namen des Umweltrats Bodensee. Dem gegenüber stünden gut 4Mio. Euro, die durch Fischfang am Bodensee generiert würden.

Fachleute hielten es für unwahrscheinlich, dass eine Erhöhung der Phosphatfracht aus den Kläranlagen kurzfristig zu schnellerem Wachstum der Felchen führen könnte. „Biologie funktioniert nicht über An-Aus-Schalter und ein See ist kein Rübenacker. Seen sind komplexe limnische Systeme, bei denen viele Phänomene nach wie vor nicht verstanden sind“, sagte Marion Hammerl, Geschäftsführerin der Bodensee-Stiftung. Die Konstanzer Kläranlage z.B. reinige jährlich 0,15 km³ Wasser. Bevor die 48 km³ des Sees vor allem in den Tiefen, in denen Felchen leben, durch künstlich verschlechterte Reinigungsleistung von Kläranlagen ausreichend gedüngt wären, könnten andernorts Prozesse ausgelöst werden, die nicht vorauszusagen seien.

Noch heute verstünden Wissenschaftler vieles nicht, was am Bodensee im vergangenen Jahrhundert zu beobachten war, und warnten eindringlich vor einer Änderung des aktuellen Zustands. Mehrere Milliarden Euro seien seit den 1960er Jahren investiert worden, um den Bodensee wieder auf den aktuellen Phosphatgehalt zu bringen, der einem natürlichen Zustand nahe komme. Dieses Ziel, das nach katastrophalen Zuständen in den 1970er Jahren mit Algenteppichen und stinkenden Uferbereichen teuer erkauft werden musste, technisch wieder rückführen zu wollen, sei absurd.

Die Diskussion um einen geförderten höheren Phosphatgehalt im Bodensee stoße auch bundesweit bei den Mitgliedern des Netzwerks Lebendige Seen Deutschland auf großes Unverständnis. Überdüngung sei an vielen deutschen Seen nach wie vor ein drängendes Thema. „Der Bodensee gilt in einigen Aspekten als positives Beispiel dafür, was mit einem konkreten Aktionsplan erreicht werden kann“, sagte Thomas Schaefer, Koordinator des Netzwerks. „Würde man den Forderungen der Fischer nachgeben, würde der Bodensee zu einem einzigartigen Beispiel für absurdes Management“.

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